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t « 1 Vahrgaug Donnerstag, 21. Oktober 122« Gegründet ISS« vom I». dt» Zt.ouober 1026 l>«> lSilNck W>«,m,Iimr Zull,Uun, lr»> x>au» 1.50 Wk. sLMg§vWel1Ul)k p,lld,pig,pr»i» ltlr «ona, vl>l»b»r 3 M«ri> ohn« Po»l»uft«llung»g«vvdr. «lN,,ln»»»»r >» Dt» An»«ta»n >o»rb«n nqch Gotdmar» »»r»chn«>: dl» »tnlvalNa« ZU mm vre»» 2»«' " Pia. >Ür au,wtlrl, 35 Plg. yamtll,nan,»,g»n und SI»ll»na»tuch« odn, jokölsL. U,d«>: 10 Pla.. auhrrkald 20 PIg„ dk SO mm dr»>>» «»laainez»»« >50 Pta. nuh«rkald 2M Vtm Osterl»na«dttl,r lOPla. Ausw. Nuftra«« n»n. Dorou»b«^ablunv Nackdruck nur n»> d«ulltch»r Q»»U«nanaad» Drr»dn»r Nackr "» lutitttta Unvrrlanal» SchriuMlck» merken nick« aulbrwakrl SchriiN»iluna und Hauplaeschäsloftell»: warlenltray» SS -52 Druck u. Verlag von rlepsch » «»Ichnrdl tn Dr««d«n. PoMckrck.jlonIo 1VSS Drr»d»n. DrahIanIchrM: «»chrlch»»n Dr,»»«,. 8*rn>pr«ch«r»Samm»mutnm»r^ 2» 2ck1 Dur ttr D,ck>a»I»r5«d»: 20 011. S>,lis«t»rlil«e «imiihem«. Englische Unterminierung der Frenndschast zwischen Rußland und der Türkei. Ämdendurg in Bremen. — Der belgische Franken ovr der Stabilisierung. — Eine schwere Slnrmflni in Sabona. Kemal Pascha unlerlieql -em englischen Druck. Berlin. 21. Oktober Wie der Asien-Osteuropa-Dienst auS Pari« meldet, erörtern dortige Diplomatenkreiie lebhast engliich-türkiiche Verhandlungen. die vor mehreren Wochen in Konstantinopel noch von dem inzwischen nach Berlin versetzten englischen Botschafter Lindkan begonnen worden sind und den Beitritt der Türkei zum Völker» bund zum Gegenstand haben. Bestrebt, die türkiich-rnsstiche Freundschaft »« zerschlage«, hat Euglaud Kemal.Paicha nicht mehr und nicht weniger als de» KankasnS, die Vormachtstellung ans de« Schwarzen Meer und eine gröbere Anleihe zu günstige« Bedingungen angebyte«. Angora ist ans die BcrhandlnngSbasis auch ein gegangen nnd ha« den Beitritt znm Völkerbund unter der Bedingung versprochen, das» cS eine« ständige« RatSsitz erhält. Seinen Anspruch begründet Kenia l-Pascha mit der Notwendigkeit, den Einfluß der Türkei in der Reihe der Groß mächte besonders fest zu verankern, da sie sich sa Nustlan- zum Feind machen würde, an daS sie In der Pölkerbundsfragc jetzt »och durch den Pariser Perhrag vvsp Dezember IE, gebunden sei. Da gin neuer ständiger Ratssitz in diesem Jähre-aber nicht mehr vergebe,« werben kqnnte und England große Vor» behalte in beztzg aus Aserbeidschan machte, versickerten die weiteren Verhandlungen Der Vertrag Ist sedoch schon para phiert und England setzt nun alle Hebel in Bewegung, «m die Türkei einznschüchter». Man erinnert dabei an die inzwischen widerlegten Meldungen über FeldzugSpläne Pe li tt aloS' gegen die Türket und über einen angeblichen anti türkischen Vertrag zwischen Griechenland und Italien, sowie an das kürzliche Steigen des englischen Pfundes in der Türkei. Wie verlgntrt. rechnet England mit dem Beitritt AngoraS zum Völkerbund, um so bestimmter, als die Skepsis Kemals wegen Moskau sich immer mehr verstärkt luid Kemal sich sogar mit einem seiner besten Freunde, dem türkischen Handels vertreter in Moskau, entzweit hat. weil dieser die Türket völlig an Moskau „verkauft" habe. Die Forderung Rußlands, wenigstens in den nächsten zwei Jahren, dem Völkerbund fern- zubleiben, soll Kemal aus EnalanbS Druck soeben abgelehnt haben. Gewisse neuere Kursschwankungen zuaunsten der tlir- kischen Währung werden seht auch von Finanzleuten alS Symptom eines neuen türkisch-englischen UeberetnkommenS «ngesehen. sT. U.) Meine Räterepublik an -er finnischen Grenze Moskau, Sl. Oktober. Die Telegraphen»Agentur der Sowjetunion dementiert heute die Nachricht, daß das Zentralkomitee der Sowictrepublik beschlossen habe, eine autonome Räterepublik a» der finnischen Grenze zu er richten. <TU.) > Polen verweigert -ie Auslieferung von Chor sw. Sine neue polnische Rote. Warscha«, 21. Oktober. Die polnische Telegraphen-Agentur teilt mit: Am 18. d. M. hat die polnische Regierung an die deutsche Gesandtschaft in Warschau eine Verbalnote ge- richtet, die eine Antwort darstellt.auf die von Deutschland am 2. d. M. tn der Angelegenheit der Stickstofswerke von Lhor- zow an bi« polnische Regierung gerichteten Note. Ent sprechend dem früher eingenommenen Standpunkte, in dem die Bereitwilligkeit ausgesprochen wird, eine schiedsrichterliche Erledigung der ganzen Angelegenheit zu suche», hält die pol- Nische Regierung ihre Bereitwilligkeit ausrecht. Verhandln«, gen über diesen Gegenstand anfzunehwen. Eie ist jedoch der AussassNng, bah stch okne Pslich« der polnische» Negl-rnnä Lke Chorzower Werk» al» solche znrltckznerstatten, weder ans dem Genfer Abkommen noch «ns dcm Schiebssprnch« des Haager Tribunals ergebe. (W. PolMlcher Mord in Lemdera. Warschau. 21. Oktober. In Lemberg fiel -er Schulbe.ztrks- kurator Dr. Spbtnski einem politischen Attentat zum Opfer. Von zwei ukrainischen Studenten wurde er durch zwei Rcvolverschüssc getütet. Ter Beweggrund zu dem Mord liegt in einer Broschüre Dr SobinfkiS. in der er die An sprüche der Rutbenen (Ukrainer» aus schnlvolitischcm Gebiet bekämpfte. AlS anSfübrendes Organ und Parteigenosse des gewesenen UntcrrichtSministerS Grabkki hat er dem ukrai nischen Schulwesen den Lkrteg erklärt und erreicht, dast fast alle ukrainischen Schulen, deren Zahl in Ostgaltzten 1007 betrug, vernichtet wurden. Im letzten Jahre allein hat er I'^4 ukrainische Schulen in Ostgaltzten tn polnische ner- o 'delt. obwohl 1814 ukrainische Gemeinden sich für die "'rainische Unterrichtssprache erklärten. Auch die ukrainischen Mittelschulen wurden gezwungen, die polnische Sprache als interne Amtssprache einzufübren. Deutschlands Außenhandel im September. Im reinen Warenverkehr geringer Ausfuhrüberschuß. (Durch tzunkspruch.f Berlin, 21. Oktober. Der deutsche Außenhandel weist im September >m reinen Warenverkehr einen Ausfuhr überschuß von 18 Millionen Reichsmark aus. Insgesamt ist er dagegen hauptsächlich infolge eines auS dem AuSlandc zuriickgenommenen GoldbepotS mit 01 Millionen Reichsmark passiv. Die reine Wareneinsuhr weist gegenüber dem Vormonat eine Abnahme um 00 Millionen Reichsmark auf. Die Einfuhr an LebenSmitteln und Getränken zeigt eine Ab nahme um 128 Millionen Reichsmark. Die Einsuhr an Roh. flössen und halbseitigen Waren ist dagegen um 18 Millionen Reichsmark, dt« Einfuhr an Fertigware» nm 11 Millionen Reichsmark gestiegen. Die Ausfuhr zeigt gegenüber dem Vormonat eine nur unwesentliche Zunahme um 2 Millionen RcichSmqrk. Gestiegen ist die Ausfuhr an Lebensmitteln um 8 Millionen Reichsmark und an Fertigwaren um 1l Millionen Reichsmark. Bei der Ausfuhr von Rohstoffen ist dagegen ein leichter Rückgang nm 11 Millionen Reichsmark fest,ilste"e><. Die Einsuht an Gold und Silber ist um 56,6 auf 107 Mil lionen Reichsmark gestiegen, wobei der grüßte Teil auf daS ans dem AuSlande zurückgenommene deutsche Goldbepot ent fällt. (W. T. B.j Die Reichsmark im Saaroebiel abgelehnt! Saarbrücken. 20. Okt. Die Saarregicrnng lehnte s« einem Schreibe« an den Völkerbund bi, von der Handelskammer ki> ,lich aesorderte Wiebereinslldrnüa der Reichsmark ab. weil ana-ß"* hl^ednech der Versailler Berteaa geändert mstrd» Angesichts des Rechtes Frankreich«. GrubenzaMungen In sranzöstschcm Gelb zu leisten, entstünde ein WäßrnnaS- di>-"^muS. den die Saarbevölkernng großenteils ablehne. Vor -er Stabilisier«»« -es belgischen Kranken Belgische Anleiheverhandlnnge« in London. Brüssel, 21. Oktober. Ftnan»min1ster Franca»! und der Gouverneur der Bank von Belgien. Franck. reisten gestern nach London ab. nm mit dem Gouverneur der Bank von England dt« Bedingungen der deigischen Anleihe »u be» sprechen. Die Stabilisier»«« d«S belgische« Franken soll Ende dieser »der Anfang kommender Woche z« einem Kurse von 178 Franke« für baS Pftznb erfolge«. In manchen Kreisen ist man der Auffassung, daß diese Maßnahme nur vorläufigen Charakter trage und die Stabilisierung des belgischen Franken erst dann endgültig sein werde, wenn auch der französische Franken stabilisiert sei. (TU.) Dt» neue SleuerdKlaN'mg in yeaukreich Annahme beS Budgets i« Finanzausschuß. Paris. 21. Oktober. Der Finanzausschuß der Kammer hat gestern sein« Arbeiten wieder ausgenommen und den Bericht seines GcneralberlchterstattrrS Chapprdelaine über das Bud get für 1027 angenommen. Danach ist der Betrag der zu sätzlichen Kosten, die der Steuerzahler in diesem Halbjahr auf Grund der neuen Steuevgesetze zu tragen hat, mlt IS 188 Millionen angegeben, davon entfallen im allge meinen Budget 10100 Millionen, ans die autonome Til- gungskasse 2S70 Millionen und ans das Zusahbudget zum Ausbau des Post- und TelegraphenwcsenS 580 Millionen. Der Berichterstatter machte auch Angaben darüber, was für 1027 als Ertrag des Dawes-Plane» zu erwarten ist. ferner An- gaben über die französischen Verpflichtungen im Sause des Haushaltsjahres. Schließlich soll nach dem „Temps" auch mtt- getcilt worden sein, daß der TilgnngSkasse Im kommenden Jahre a» B-l>oeteinnghmen 2846 Millionen zur Verfügung stehen. , . ^ Nack einer Information deS Journal" bat PotncarS dem Gcneralberichterktatter für dqS Budget gestern mitarteilt. dem Parlament werde nach Wtederzusammentrttt im Januar ein Gesetzentwurf zur Stabilisierung der Währung zuachen, über den unverzüglich abaesttmmt werden müsse. Spattung»er-«moI,raMch»nr*roktt»«<nMankre1ch Paris. 21. Okt. Gestern war tn den Wanbeigängen der Kammer daS Gerücht im Umlauf, daß der ans dem linken Flügel der radikalen Partei stehende Abgeordnete Leon Meyer und eine Anzahl seiner FrakttonSgtnosfen gleicher Richtung die Bildung einer neuen Kammerfraktion planen, die sich Radikale Link« nennen werde. Man nehme an, daß dieser Fraktion etwa 80 Mitglieder der radikalen Partei beitreten würden. Ein enbaültigrr Beschluß dürfte erst bet der Wiederaufnahme der PärsamentSarbeitcn, also in den ersten Tagen de» November, gefaßt werden. Wklschask, Politik und Landlagswahi. Bon Syndikus Karl Tögcl. CoßmannSdorf. Einer unserer einflußreichsten sächsischen WlrtschaftSflihrer hat vor kurzem gesagt, daß wir an einem „wichtigen Dreh punkte der deutschen Staats, und Wirtschastöpolittk" stünden. Die vor uns stehende Landtagswahl wird dabei gerade auch für Sachsen aus manche Kragen Antwort geben müssen, die vielleicht für die nächste Zeit noch einer mehr verborgenen Entwicklung anvertraut bleiben konnten. Ob durch Zufall oder durch Absicht ist gleichgültig, iedensalls hat die viel besprochene Dresdner Rede des Herrn Dr. Silvcrberg aus der Dresdner Tagung gerade auch die Probleme des Unter nehmertums herausgestellt. Wenn schon der von Silvcrberg gekennzeichnete Weg in seinen parteipolitischen Folgerungen für das Reich verhängnisvoll erscheint, für Sachsen ist sein Vorschlag besonders irreführend. Einmal haben wir in Sachsen eine neue Entwicklung der Sozialdemokratie zum Radikalismus, die die Gefahr neuer politischer Komplikationen nur um so greifbarer macht, je mehr man sieht, wie gering der Einfluß der sogenannten Altsozialisten auf die Massen ist. Ter Klasscnkamps hat in Sachsen seine schlimmsten Aus wirkungen tn der Zeigner-Zeit gesunden, und wer die soziali stischen sächsischen Zeitungen gelesen hat, wird wißen, daß gerade die von Dr. Tilverbera gebotene Hand erst recht be nutzt worden ist. um von neuem in besonders scharfem Maße zum Kampfe auszurufen. Die Frage des Klaffcnkampses hat tn Sachsen eine besondere Bedeutung, weil der Wille zur ge meinsamen Arbeit vollständig zu vermissen ist, soweit cs sich um die radikalen Sozialisten handelt. Auf der anderen Seite haben wir gerade tn Sachsen eine Entrvickluna der sogenannten m e r k s s r i c d l i ch e n Arbeiterbewegung, di« be sonders schöne Erfolge gezeitigt hat. Ster stehen sich die beiden geistigen Exponenten gegenüber. Auf der einen Seite die Be hauptung: „Eine für die Arbeiter ersprießliche Sozialpolitik kann nur im Kampfe gegen den Unternehmer und nur ans breitester Gewcrkschastsbasis durchgesetzt werden", und anderseits: „Worauf es ankommt ist nicht die Gründung einer Organisation, die man Arbeitsgemeinschaft tauft, sondern die neue geistige Einstellung, ohne die wir nicht aus» kommen". Diese neue Einstellung wird sich nicht in den zcn- traten Organisationen bilden. „In den Werkstätten wächst der ArbeitsgemetnIchastSgedanke oder er bleibt ewig unfruchtbar." Das ist die Frage: Wolle« wir weiter' versuchen, in gegenseitig unfruchtbarem Ringen zwischen Zeiitralgewerkichasi und Zentralverband die Lage des einen mit der deS anderen abzuwägen — oder wollen wir nicht Sen einzig möglichen Weg gehen: durch völlig neue geistige Einstellung, durch gemeinsame wirtschaftliche und soziale Erkenntnis das Werk fördern, an dem mir doch einer wie der andere aus Gedeih und Verderb -usammen- gebunden sind. Dann aber heißt auch die Frage an die Parteien: Seid Ihr bereit, den Marxismus bewußt zu über winden? Oder seid Ihr bereit, weiter einen MechaniS - muS am Leben zu erhalten, der in neben einanderstehendem Gegrn süßlichen von Kom- promiß zu Konpromiß schreitet. Wir brauchen eine klare Zielstellung und eine unzweideutige Antwort. Mit Dr. Silvcrberg weiß das deutsche Unternehmertum und hat es immer gewußt, daß eS nur m i t dem deutschen Arbeiter den Weg auswärts »nd vorwärts gehen kann. Es will aber setzt von den Parteien die klare Antwort hören, ob sie diesen Weg, soweit er politisch gegangen werden muß. gehen wollen, unter bewußter Erhaltung des marxistischen Sozialismus, der immer klasscnkämpscrtich sein wird und sein muß — oder ob auch der politische Weg als geistiges Ziel die Ncbermlndung des marxistischen Gedankens mit allen Kräften erstrebt. Hier liegt zugleich der Schlüssel der unsagbaren Verdrossenheit, die innerhalb der Unternehmerschaft vorhanden ist. Weil man bisher immer die Uebcrzeugnng und den Beweis hatte, daß die Parteien ihre Entschlüße „nicht von>der Sache her. sondern von partettaktiichcn Erwägungen" bestimmen lieben. Gerade a»S diesem Grundgedanken heraus hat auch daS sächsische Unternehmertum den Gedanken einer einheit lichen Front für die nächste politische Arbeit begrüßt und sich zu tbm bekannt. Es muß offen ausgesprochen werden, daß dabet als wesentliches Motiv der oben ausgesprochene Ge- banke wirksam war: wie kann man den Marxismus politisch und gcistia überwinden. Mit tiefem Ernste und großer Sorge wird die Entwicklung der nächsten Zukunft beurteilt. Es ist iglkch, dem Unternehmer dabet vorruwerien. daß er aus reinem materiellen Egoismus handele. Er weiß heute ganz genau, daß er nur mit der Ucbrrwindung der wirtschaftlichen Krise, die zugleich dem gesamten Volke wieder zugute kommt, seine Ausgabe Im Dienste des Volksganzcn lösen kann. Aber er weiß auch ganz genau, daß dabei ke'ne schädlicheren Einflüße vorhanden sein können als die d«S KlaßenkampieS und des Sozialismus. Wir stehen an einem Drehpunkte auch unserer parteipolitischen Entwicklung und daS Ziel muß dabei die Ueberwindung des Marxismus sein. Der Wirtschaftler und der dcntichc Unternehmer werden iedoch daS 0>cs1lbl nicht los. als wären sie nur Objekt des parteipolitische« Handelns. Die Frage der einheitlichen Front ist zunächst für diese Wahl ncaativ entschieden, daß Ne sich wieder melden wird, lieat ln der zivangsläustgen Entwickln««, brr Dinge. Wir müsse».