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Dresdner Nachrichten : 24.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189911247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-11
- Tag 1899-11-24
-
Monat
1899-11
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 24.11.1899
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Seite 556. Belletristische Beilage zu den „Dresdner Nachrichten Atkevtei Hie Av<rrrenrVett. Merkstzruch: Ucber ei« Kleiner, o zürnender Freund, Scheidet der Tod, die noch heute vereint. Gieb mir die Hand, ch der Abend vergeht, lieber ein Kleines — so ist es zu spät. Terok. Di« Klav rers eu che. Die Klaviersenche, das Bearbeiten des.Marter instruments. die furchtbarste Landplage — so Heist es oft genug, wenn von der edlen Kunst des Klavierspielens die Rede ist, und zwar mit einem Seiten blick des Hohns und des Hasses aus die klavrerspielende weibliche Jugend. Da giebt es Manche, die allen Jammer im häuslichen Leben, etwa einmal üue versalzene Suppe oder eine gar zu brünett gelungene Koteleite auf das zu häufige Klavieriprelen in der Kindheit und Jugend der weiblichen Ehehäliie schieben. Auch wenn die Letztere schon längst nicht mehr eine Taste unrülirt und lieber dem Geschrei ihrer kleinen Herren Söhne zuhött. als einer Beechoven'ichen Sinfonie, so ist doch das böse Kiavierspiel an Allem schuld. Ans alle» Fenstern dringt es auf die Straße hinaus, über allen Kopsen erklingt es» die in ersten, zweiten, dritten Stockwerken wohnen, denn man ist ja iogar nicht sicher, daß auch im vierten und fünften Stockwerk sich ein solches Marter wertzeug befindet, auf dem die schwärmerische Jungfrau noch Abends in der elften Stunde beim Licht des Mondes ihre sehnsuchtsvollen Weisen ertönen läßt. Nein, es ist nicht zum Aushalten, Musik über und unter mir. auf beiden Seiten und zuguterletzt auch bei mir selbst, denn auch ich bin ia von der furchtbaren Klavierepidemie ergriffen worden! Ist es denn wirklich io schlimm? — Allerdings lassen sich nicht alle Klaviergreue! beschönigen, läßt sich nicht das Gewimmel von falschen Tönen vertuschen, lassen sich nicht die tosende» Ktavierorkane verleugnen, die in unserer kultivirten Weit den sensitiven nervöse» Sprötzliug des neunzehnten Jahrhunderts erbeben machen. Aber welche Poesie, welche Fülle erhebender Eindrücke, welche Wonnen vermittelt auch dem Erdenpilger dieses viel geschmähte Instrument l Nein, es braucht ketzr Marterinstrument zu sein, wenn es richtig gehandhabt wird. und ebenso wenig fallen ihm die Dissonanzen im häuslichen Leben zur Last, sondern es ist sogar vorzüglich geeignet, dem Familienleben einen poetischen Zug aufzu- präaen, ihm die Weihe der idealen Richtung zu geben, es mit herrlichen goche» Harmonien zu erfüllen. Scheltet nicht die armen Mädchen, die .höheren Töchter", die. nachdem sie schon viele Stunden am Tage auf der Schulbank gesessen haben und voraussichtlich noch zwei bis drei Stunden über Schulausgaben brüten müssen, nun auch noch dazu verurtheilt sind, Klavier zu üben.. Das ist es eben, es kommt zu viel zusammen. So viel auch die Rüw ist von den klavierpaukenden inngen Damen, w sehr dieselben auch als ein Schreckdild für alle aus Freierssüßen einherwandclnden Männer htogestellt werden, io giebt eS doch »ehr wenige unter Ersteren, die im Staude sind, ein mäßig schweres Klavierstück von tiefem Gedankeninhalt korrekt und Mit innigem Berständniß vorzutragen. Und da steckt der Haken. es wird viel gespielt, aber wenig gelernt. Daran sind indes; nicht blos die Lehrer schuld, wie man immer fälschlich betont, sondern ebenso die Eltern und die ganzen Schul- und gesellschaftlichen Verhältnisse. Ja, die Musik ist mir Recht ein wichtiger UnterrichtSgegenstand, denn in ihr liegt eine große Bildungsmacht. Und gerade die Frauen sind dazu berufen, sich diese Bildungsmacht zu eigen » machen, i» doppeltem Hinblick aus sich selbst und aus ihre erziehende Miffron Anderen gegenüber. Gerade das Aesthetiiche bildet das innere Leben kräftig auS. Wo der Sinn auch nur für eine Kunst geweckt wird, dort regt sich's überhaupt poetisch in den Tiefen der Seele. Ein Mensch, der tiefes Ver- ständntß für Kunst besitzt, macht oft den Eindruck größerer Bildung wie em gelehrter Bücherwurm ohne jenes Verständniß. Durch richtige Anleitung zum Schönen kann in verhältnismäßig kurzer Zeit ein reiches Seelenleben ver anlaßt werden. Wich die Begabung gepflegt, so ist das Refliltar derselben ei»e geförderte geistige Bildung selbst dort, wo alle sogenannten gelehrten Studien fehlen. Deshalb muß eben auch der Klavierunterrichr als ein Gegen stand betrachtet wnden. der Geist und Gemülh bilden, veredeln und erheben soll. Es handelt sich hier nicht blos um ein eigenes Können, sondern um Erweckung des Verständnisses sür Kunst. Alle Eitelkeit muß bei Leite gesetzt werden: den Eltern darf es nicht darum zu thun sein, daß die Kinder ein womöglich recht schweres Stück vor Anderen müdiam heiunlerarbeilen, sondern daß die kleinen Schüler selbst geistig wachsen. Es ist stauneiiswerlh. wie lehr der Musikunterricht und ganz speziell der Klavierunterrichr das geistige Ver- mögcn des Meirichen in Anspruch nimmt: Konzenlrirung. Ueberbiick, Geistes gegenwart. Korrellheit, Beharrlichkeit. Energie, alles Das wird dadurch geweckt und vermehrt, vor Allem Gründlichkeit. Freilich muß die Schülerin wirklich gediegenen Klavierunterricht empfangen. Ein weicher elastischer Anschlag muß gelehrt werden. Korrektheit im Spiel, Berständniß auch sür die kleinsten Stücke m«ß geweckt und ebenso darf nur Schritt für Schritt vorwärts gegangen werden Es fehlt nicht an guten Klavierschulen, die geeignet sind, die Kleinen bald einer gediegeneren Musikrichtung zuzusühreir Einfache Volkslieder, für Klavier eingerichtet, können damit Hand in Hand gehen und somit wird nach und nach die Stufe erreicht werden, um unsere klassischen Meister spielen und verstehen zu lernen, der alles Neuere dann nachsolgt. Gutes Vonvrelen des Lehrers oder der Lehrerin ist für das Gewinnen eines tieferen Musilvcrständ- infscs ungemein wichtig, besonders wenn das erläuternde Wort des Lehrers noch dazu kommt, welches auf den Gedankeugang des Stückes und die Schön heit einzelner Gedanken aufmerksam macht Freilich ist es gut, wenn den, noch I»r Seite steht ein Anhören tieferer Musik in Evncerten. was aber nicht zu oft geschehen darf, damit die Eindrücke nicht verwischt werden. Triviale, sentimentale Stücke soll die Schülerin nicht spielen und ebensowenig darf sie in Cvncerte gesührt werden, die solches bieten, wo Musik nur ertönt, um womöglich durch lautes Geschwätz, Taffen- und Gläser-Geklapper noch üdertönt j» werden. Das ist Entweihung der Kunst. Auch darf cs nicht darauf ankommen, daß die Klavierschülerin mit ihren Leistungen glänzen soll, sondern wenn sie vorivielt. muß sie nur Anderen damit Freude bereiten wollen. Das einfachste gute Stück muß sie mit derselbe» Sorgfalt vortragen wie ein schweres, welches ihre Fingerfertigkeit mehr zur Geltung bringt Es muß ihr nur um die Sache zu thun iein. So wie sie sich selbst zu veredeln trachtet durch Musikausübung, ebenso muß sie damit auch aus Andere nur in vielem Sinne einwirken wollen. Das muß ihr eine ernste Mission sein. Und diese Mission kann die Jungfrau, und die Frau und Mutter schon erfüllen, wenn sie es auch zu keiner großen Fingerfertigkeit gebracht har. wenn sie eben nur leichtere, aber doch gediegene Sachen korrekt und mit Verständniß spielen gelernt hat ja, auch nur ein Volkslied, ein Eboral, am Klavier richtig vor- zetragen. durchdringt das ganze Haus mit dem Zauber der Poesie Um in dieser Welle Musik auszuüben, dazu vedarf es nicht stundenlangen täglichen Uebens. In der Kindheit erst ein Viertelstündchen täglich, dann ein halbes Stündchen wirklich korrekt geübt, mit dem richtigen Anschläge, nicht gehackt und nicht gepaukt, fördert ichon ungemein. Wenn die'es Quantum an Zeit auch dann sväter noch etwas vergrößert wird, so leidet darunter noch kein Nachbar, besonders aber, wenn in der richtigen Weise geübt wird. Wo größere Begabung sich zeigt oder der Kriiistbenll als Lebensaufgabe ergriffen werden soll, muß natürlich ein weit längeres Ueben stattfinden, aber auch in solchen Fälle» wird in unserer Zeit vielfach übertriebe», und es giebt Manche, die sich Künstler nennen, die lieber in einem anderen Beruf ihr Lebensglück hätten suchen sollen. A. Schuvpe. was icb liebe. Stets bin dem Guten und Edlen ich hold Und das Schöne ich liebe ,u schauen; Ich liebe der Sonne lichtMssiges Gold Auf Bergen, Tbälern und Auen! Ich liebe zu wandeln aus saftgrünem Wan, Ju rubcn an traulicher Stelle, Verträumt, umfangen vom Zauberbann Des Waldes, beim Murmeln der Quelle. Ich liebe des Himmels tiefdunkles Blau, Der Bäume Klaftern und Rauschen, Im demantglchernden Morgenlbau Dem Sange der Vöglein zu lauichen! Ich liebe das wilde, das brandende Meer Mit leinen Tresen und Gründen, Und die weite, weite Welt io hehr, In der Wunder aus Wunder sich finden. Ich liebe den süßen, den holdesten Klang, Die weiche Stimme des Liebsten, Sie schmeichelt sich ein wie Engelsgesang Jn'S Herz mir, wenn es am trübftcn. Ja, Alles ich lieb', was erhaben und schön, Was gut ist und edel btnieden, — So lang ich msAug'dem Geliebten darssebn, Und seine Treu' mir beschieben ! M. Beren-mann. Räthsel-Lcke. O, nenne mir das Wort: das lieblichste von allen In leder Meillchenbrust erweckt es neuen Mulh, Selbst wenn auch schwer Dein Loos! — Und ist der Mensch gefallen. Nimmt, wenn er Reue fühlt, es ihn in seine Hut. Wenn Glanz und Reichtbum drohen zu entschwinden, Wenn auch Dein Liebstes mußte von Dir geh'». Hast Du dies Eine noch, wirst Du die Lösung finden. Hast Du den Glauben an ein Wiederieh'n! Ja. nenne mir dies Wort, so lind und leise, Wie Baliam legi es sich auf jedes wunde Herz: Ein sich'rer Anker auf der Pilgerreise, Ein strahlend Licht: es leuchtet himmelwärts! AgneS Mk. Initial-Räthsel. Folgende Bezeichnungen ergeben von oben nach unten in de» Anfangs buchstaben einen deutschen Dichter, in den Endbuchstaben ei» Schloß, das derselbe besungen und den Fluß, daran es liegt, l. Fiemder Ausdruck für Wahrheit. 2. Weiblicher Name aus Goethe'schcm Drama. 3. Weiblicher Name aus Shakespeare'schem Lustspiel .4. Amerikanische Pflanze. 5 Kleidungs stück. 6 Militärische Truppe. 7. Alter Militär. 6. Norddeutscher Staat. 9 Else. 10, Insel des Mittelmeeres. kl. Eine Pest. 12 Sammlung gepreßter Blumen rc. 13. Fluß und Stadt in Böhmen. 14. Heidnllche Götter. 15. Raubvogel. 16. Verachtete Sünde. 17- Berg im heiligen Lande. viersilbige Charade. Spricht man mit jungen Mädchen von meiner Eins und Zwei, Gleich schlagen ihre Füßchen den Takt so: EinS, zwei, drei! Die Letzten kannst Du finden im deutschen Kartenspiel. Das Manchem zum Verderben ward, ohne Maß und Ziel! Einst zog durch viele Laude mein Ganzes, ein Genie, lind manche Eva seufzte: Schön war'S doch, „Wie noch nie!" «gne» Mk, Charade. Es hat die Erste guten Klang t Der Ersten, immer reiche Leute. Für alle Handelsleute, I Das Ganze schießt mit Windesichnellc Denn ibre Letzten machen, Dank l Geschäftig durch des Meeres Welle. Freitag, den L4 November x«Wk »,t * G-gvürrdet 1856 ^ Erscheint setze« Hinstsr. Lmerstli lü Lmtsr No ISN Ein Gottesmann. Roman von Marie Bernhard. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Die Stadt D .... könne sich glücklich schätzen, hieß es, einen rasch am Himmel der Kunst aufgestiegenen Stern voraussichtlich für längere Zeit, wenigstens bis zum kommenden Herbst, ihr eigen zu nennen, gewissermaßen der Generalprobe beizuwohnen, die dies ganz ungewöhnliche Talent hier in Scene setzen werde, ehe es seiner Bestimmung, an einer der Hosdühnen den ihm zweifellos gebührenden Platz einzunehmeii. Folge geben werde. — Es wurde in einem anderen Artikel der «Studien der >ungen Dame gedacht, — Oldini'S Name wurde erwähnt, als wirksamste Reklame; wußte man doch in der ganzen musilalisch gebildeten Well, daß der einst so berühmte matzstro in äußerster Zurückgezogenheit lebe und nur einer ganz außergewöhnlichen Be gabung zuliebe sich bereit finde» ließ, sein Urtheil abzugeben, gor den Lehr gang der Kunsliiovrze zu beslinimen, wre es hier thatiächsich der Fall gewesen war. Mit einigen Sätze» wurde der gewinnenden äußeren Erscheinung der inngen Dame Erwähnung gelhair; ans ihre Herkunft wurde nur mir kurzen Worten vorsichtig, wie tastend, hingedeutet. Es hieß, sie habe ihrer Künstler- iniien-Lausbahn persönlich große Opfer gebracht, bürst aber auch in ihrer reiche» Begabung, wir in dem sicher zu erwartenden einstimmigen Beifall des Publikums und ihren bevorstehenden Erfolgen Lohn und Entickädigung sür alle etwa vorausgegangenen Kämpfe finden. Gerade genug, um die Neugier eines sensationslüsternen Publikums zu wecken und die fremde, junge Künstlerin mit einem Nimbus zu umgeben, der ihr von vornherein Interesse sichern mußte. Friedhelm von Küster war durchaus kein schmachtender Schäfer, und es lag nichts Sentimentales in keiner Natur. Daß chm das reizende Mädchen damals in der Kirche aus den ersten Blick gefallen, daß er es später rasch lieben gelernt hakte, konnte und wollte er sich nicht ableugnen. Ebenso fest aber, wie diese eine Thatiache. stand ihm die andere, daß daraus nichts werden konnte .... erst recht nichts werden konnte, seitdem Mieze Deinhardt sich der Bühne zuwandte. Mithin war der Hauvtmann redlich und^ tapfer bestrebt gcweien, das etnnedmende Geschöpf zu vergessen, und dos Schicklal war ihm dabei zu Hilfe gekommen. Es hatte ihn in eine andere Garnison, unter lauter neue Memchen geworfen, die alle nichts von Mieze Deinhardt wußten, ausgenommen iein Vetter Sylvester von Winterfestst, der sehr selten nur ihren Nomen ausiprach Freilich geschah das dann stets mit einem ge wissen Lächeln, bas Friedhelm in des Vetters Gesicht nur zu gut kannte, und das ihn. er mochte nun wollen oder nicht, icdes Mal an die Ecntifolie er innerte, die Svwester dereinst im Knopfloch seines Rockes getragen hatte und von Maria Temhardt erhalten haben wollte. Friedbelm hätte gar nichts da gegen gehabt, sich hier in D.. . auf's Neue zu verlieben, er gab sich sogar Mühe dazu aus den unvermeidlichen Kasinobällen und Kommislhees. Ader, weiß der Himmel, es wollte damit nichts werden! Das süße Gesicht von Mieze Deinhardt ließ ihn nun einmal nicht los, und sowie er sich emreoen wollte, irgend ein nettes ^RegunentStöchrerchen" besonders nett zu finden, Hörle er unfehlbar eine Stimme in seinem Innern: „Ist eS nicht Maria Deinhardt, io ist es überhaupt Keine!" und dabei war es geblieben. Absicht lich halte er nicht nach ihrem Verbleib, nach ihrem Ergehen geforscht: „wozu denn?" hatte er sich gefragt „das hat doch absolut keinen Zweck'" Im letzten Briei an Onkel Keimeweg. der übrigens ichon vom Oktober her datirte, war ihm die dringlich klingende Frage nach den Bewohner» des Lndenower Pfarrhauses und nach Allem, waS damit ui Verbindung stand, so in die Feder gekommen .... er hatte sie auch noch ausstreichen wollen — schließlich war sie doch stehen geblieben. Vielleicht vergaß Onkel Kenneweg, daraus zu anrworlen! Wann trat sie eigentlich zum ersten Mal aus. diese Marietta Hardini? Wo ivar denn die heutige Abendzeitung? Endlich hier: „Heute am acht- zehnlen Dezember: „Taiinhäuser oder der Sängerkrieg auf der Wartburg. Große romantische Oper i» drei Akten von Richard Wagner. Ansang sieben Uhr. — Elisabeth. Nichte des Landgrafen: Marietta Hardini!" Friedhelm sab nach der Pendnle aus dem Kanlinrand — zehn Minuten über lechs. Vollauf Zeit — er hatte eS nicht weil bis zum Theater. Er ließ Alles flehen und liegen, nahm die Lampe und ging rn's Nebenzimmer, um sich nmzukleiden Eden wollte er seinen Bauchen herbciklingeln. als es draußen schellte und ei auch schon seines biederen Wasserpolacken Stimme Hörle: „Natürlich is sick Pani Hauplmann zuhaus — iS in Salon! Bitt' Pani Rittmeister, immer näher gehen!" Sylvester! Das war seine Art, die Thür auhurerßen und mit all' dem Gerassel von Säbel und Sporen anzutreten. Fatal! Ader es war nichts zu ändern. „Abeich, Friedrichen! Hier herrscht 'n Rembraudt'scheS, sehr interessantes oiair-obseour. Hast Du im Dunkeln gesessen?" „Durchaus nicht! Bin eben mit der Lampe hier nebenbei gegangen, um mich anzuziehen!" „Schön! Komm' ich Dir nach! Bin pfropfend voll von Neuigkeiten! Eine immer netter, wie die andere'" „Bitte, nein, bleib', wo Du bist! Du weißt, ich hab's nicht gern, wen» mir Einer beim Anziehen zusieht. Pnrwin dringt sofort 'ne andere Lampe zu Dir hinein. — mach' Dir's einstweilen bequem." _Wie Dir's beliebt, kleines verschämtes, Mädchen I" SyloHter hakte de» Säbel los und knöpfte sich den Bettrock auf. es war scharfe Kälte draußen. Vorsichtig rastend bekam er einen Sessel zu fallen und ließ sich darauf nieder; eine Miliuter später erschien der Burich' mit der brennenden Lampe .Stell' sich hier aus Tisch. Pnrwin!" bemerkte Sylvester, der eS «ie lassen konnte, den Dialekt des inngen Polen nachzuahmen. „Wo haben Pani Hauvtmann was zu trinken verwahrt? Weis fick nix? Is sich Blech. Pnrwin, — glaub' rck ihm doch nix" — wird sick ichon wissen! Mach'sick mal aus kleine Schrank. - dring sick 'mal her grüne Flasch'l So recht! Prost Friedhelm! Sehr guter Chartrense!" „Prost!" kam es aus dem Nebenraum. „Laß mir auch noch '» Tropfe» d'rin!" „Soll besorgt werden, well Du es bist!" Sylvester streckte die Beine lang von sich weg und sah sich um. Seines Vetters Wohnung war hübsch und behaglich. — mehr als die seine, in der es immer unordentlich und uu- aufgeräumt uussah. Friedhelms Salon war sehr geräumig, hatte ge'Sllig ge formte Sofas und Sessel von dunklem gemusterten Plüsch mrt Heller getönten Kameeltaichen. — Teppich und Fenstervorhänge stimmten mit den Möbel» überein. Sehr gute große Kupferstiche, an den Wänden, ein hübscher Bücher schrank — der Kamin mit seinen Zierrachen und der kleinen Gruppe von Sltz- möbeln iin Halbkreis — es gab ein anmuchendes Bild, „aber charakteristisch für'» Offizier ist's nicht!" dachte Sylevester zum io und so vielten Mal. „Keine 'rnmliegenden Reitpeitschen, woichlederiren Handschutze. Interims- Uniformen. keine Pferdebildcr, Alles so aufgeräumt, — «a, Gott sei Dank, da liegt 'ne angerauchle Eigarrette, 'n Haufen Zeitungen. aha l" Sylvester goß ein zweites Gläschen Chartreuse herunter, wuchte sich de« Hart und lächelte. — er wußte Bescheid. „Friedbelm — Du!" „Hm?" kam es von nebenan. „Du weißt rs also auch schon?" „Was?" „Mach' Dich nicht niedlich, alter Sohn! Wer Marietta Hardini ik 1" „Ich — ja — ich habe gchört —" „Na also! Ich habe auch gehört! Wird ja kolossal amnsant! Da» Mädel arff der Bühne! Die Tochter des Pfarrers von Lubenow, — de» Propheten, der einen so herunterkanzeln konnte, daß kein Hund '» Stückchen Brod von einem genommen hütl'! Und dazu die Elisabeth im Tannhäuser l Heinrich — Heinrich — was thatet Ihr mir an? Hast Du denn schon '» Bild von ihr gesehen?" „Bewahre!" „Aber ich! Bei Wilke und Koch, in unserer ersten Kunsthandlung, find Phvtograhpicn von ihr ausgestellt. Die hat sich nicht schlecht seitdem, und was war sie schon für 'o herziger Käfer damals, die süße Miere l Wird übrigens gar nicht so ganz leicht sein, sich da ran zu bngsirea. — die Tanke - . Lotte, glaub' ich. hieß sie I — spielt Ehrendame, und daS ist '» ganz respektabler Drachen, um solch' feines Prinzeßchea zu bewachen Na, hingeschwenkt wird, da sind wir alle d'rin einig! — Dn. Friedhelm, was ich sagen wollte. . . . bist Du denn eigentlich noch nie in den neuen .Glasballen" gewesen? Wirklich nicht?" ..sitein, wirklich nicht! Du weißt doch, für Tingrl-Tangel habe ich keine» Sinn —" „Erlaub' 'mal, Tingel-Tangel ist in diesem Fall '» zu hartes Wort! Sag' wenigstens Bariötb-Tbeater!" „Auch das, wenn Du willst. Also keinen Sinn und auch kein Geld!" „Lä vocew, Geld!" Sylvester zog lein Portefeuille hervor „Bin Dir ja noch immer hundertfünszig Böhm schuldig von anno Schnee! Well ick gerad' zufällig bei Kasse bin. — ich leg' sie Dir hier auf den kleinen Tiich! „Schön!" sagte Freiddelm. Bei sich dachte er. nicht ohne einen gewisse» Humor: „Jetzt zahlt der mir mit dem Geld, das er sich von meinem Vate« pumpt hat, die Schulden ab!" „Also in diesen „Glashaüen", die Du so tugendhaft verschmähst, — Herr gott. Mensch, wie lange machst Du eigentlich Toilette? Kommst Dn heute überhaupt noch mal zum Vorschein? Ich kann doch nicht ewig Pvramus und Tbisbe mit Dir aufführen! Puderst und schminkst Du Dich vielleicht da drta in Deinem Sanktuarium?" „Bis jetzt noch nicht. Ick komme sofort. Uebrigens hat's keine ko un geheure Eile, wir kommen reichlich zur Zeit in's Theater." „Na ja, — unsere Mieze hat m auch im ersten Akt nicht zu erscheine« ? Also, um auf besagte „Glashaüen znrückzukommeir. — 's ist da allerlei Nettes, Sehenswerthes darin. — 'ne niedliche Serpentintänzerin, dann sehe was Patentes auf m Drahtseil — na, da wären wir ja," — Friedhlem wae unter die Portiöre getreten — „und unter Linderem eine alte, das Hecht jung« Bekannte von uns Beiden!" „Von mir auch? Da wär' ich aber neugierig!" Friedhelm steckte dl« beiden Kassemcheine zu sich und gotz sich ein Gläschen Eixrrtreusc ein. „Auf dem Gebiet bin ich nämlich recht arm an Bekaimffchaften!" „Du thust wenigstens immer riesig tugendhaft, auch nicht ohne Erfol». wie ich zngebcn muß Na, rcsthen lassen lohnt nicht. Also, — 's ist hie Lina
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