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Dresdner Nachrichten : 15.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189910157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991015
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991015
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-15
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 15.10.1899
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Seite 488. Belletristische Beilage zu den „Dresdner Nachrichten Atker^er Hre A^crrrenrvekt. Mrrlsprnch: Nichte nicht dm Werth des Mcnschm - ' - - - - Schnell nach einer kurzen Stunde. ..... . . Oben sind bcivcgte Wellen, Und die Perle liegt am Grunde. Kindesliebe! Mau füllte meinen, daß man über diesen Punkt gar nicht zu sprechen brauche, weil die Liebe des Kindes zn seinen Eltern ein io selbstverständliches Gefühl darstellen soll und muß. daß man es sich nur in der Brust eines ganz und gar sittlich und moralisch verdorbenen Menschen als erloschen vorslellen kann. Aber dem ist nicht so. Man kann leider nur zu oft die traurige Bemerkung machen, daß Eltern nicht den geringsten Dan! für alt' ihre Liede, Muhe, Sorgfalt und tausendfachen Entbehrungen ernten, unter denen sie einst die Erziehung ihrer Kinder geleitet, in» ans ihnen tüchtige Menschen zu machen, die der Welt unken. In nur zn vielen Fällen wird alles Sorgen und Scheinen der Eltern von den.sondern einzig als deren Pflicht betrachtet, und dem Herrn Sohn oder der Fräulein Tochter fällt es gar nicht ein. daran zu denken, daß sie ihnen dafür taufend fülligen Dunk schulden. Und diese schändliche Undankbarkeit ist keineswegs nur in den unteren Volksschichten zn finden, sic ist üverall zn Hause, bei Hoch und Gering, und überall«iviid es Eitern geben, denen bittere Enttäuschungen durch Kinder zu Tbeil wurden, und je schmerzlicher wird diese Erkeiinttuß je:». — je größere Opfer ernst gebracht werden mußten. Wenn es einen Trost für derartige Fälle bieten kann, io ist es den einzelnen Eltern das Wissen, baß es ihnen nicht allein so geht, sondern daß es der häßlichen undankbaren Kinder leider mühr giedt, a's man meistens glaubt. Tenn Jeder verschweigt gewöhnlich »ein Leid, weil Las kummervolle Gefühl, welches durch die bittere Enttäuschnna in der Ellern Brust anslebt, nicht das wohl tröstlich'ein sollende Wort des Anderen verträgt, aus dem nur zu oft heimliche Schadenfreude heraustönt. Aber dieses Nichtanerkennen der aufopfernden Mühe einer sorg fältigen Erziehung ist noch lange nicht das Schlimmste und Schmerzlichste, was Eltern treffen kann. Sie müssen oft noch sroh sein, wenn sie nur einer glimpflichen Censnr betreffs Erfüllung ihrer Pflichten wegkemmen. Giebt es doch Fälle, wo die Kinder meinen, daß das Vermögen, welches sich der Vater in einem mühevollen, entbehrungsreichen Leben lauer erworben, ihr alleiniges Eigenthum sei. und wehe dem Vater, der cs wagen sollte, in anderer Sinnes weise, als der der erwachsenen Kinder, darüber zu verfügen! Ter mit Her; und Gcmüth gesegnete Mensch wird ia solche Tbatsachen sür Unmöglichkeiten Hallen, weil er es sich nicht denken kann, daß ein Sohn oder eine Tochter das vom Vater erworbene Vermögen rein nur als für sich geivonnen be trachten, und dem Elfteren eine gewisse Beschränkung in der Verfügung über dasselbe auszuerlegen sich «dreisten könnte. Und doch ist dein so. Manches Vaters graues Haupt, — und mancher Mutter gebleichter Scheite! ist als ein stummer Zeuge jenes Augenblickes anzusehen, in welchem die nichts würdige Anmaßung undankbarer, ja. nian muß sagen schlechter Kinder an den Tag gekommen. Ich sehe ihn noch, jenen silberhacuügen Greis, dessen zitternde Hände vor tiefer Erregung in dem schneeweißen Barle hernm- wühlten. als er mir von seinen. Herzeleide erzählte. Er hatte sich ein langes Leben hindurch rechtschaffen gemüht, und durste ein amehnlichcs Vermögen sein, eigen nennen, obwohl er eine gleiche Summe an die Erziehung seiner Kinder gewendet, um sie zu tüchtigen Menschen hcranzubilden, die der Welt Etwas nützen sollten. Wie schon oft, betheiligte er sich zu einer Zeit, da er bereits die Schwelle des gereiften Mannesalters überschritten, an durchaus reellen aber doch gewagten Unternehinnnge», die noch stets zu aller Freude mih gutem Gewinn, ohne jede Gefahr, nbgelansen waren. Diesmal -,edoch schlug es fehl und der Aermste büßte sein Vermögen dabei ein. Obwohl der Mann mit doppelten Kräften nnn arbeitete, um ,edc <Lvrge von seiner Familie few zu halten, konnten ihin seine Tochter, welche sich durch ihre Er ziehung in den besten Kreiser, verheirathet batten, doch diele Schuld nicht ver reihen, und keine von ihnen kümmert sich seit Jahren um ihn. der ein alter Mann geworden, und einsam und verlasse», nur in dem tiescn Schmerze dahin lebt, welcher ihm durch seine lieblosen Töchter geworden. Was dieser Gram für den bedanernswcrthen Greis bedenket, kann Jever ermessen, der nur einigermaßen Herz und Gemütb besitzt. Fremde Hände besorgen ihm Tein ein sames Stübchen, fremde Theilnahme m>ü: ihm das alte im bittersten Lchmerzc klopfende Herz erwärmen, fremde Lippe» müssen ihn tröffen, und Fremder Hochachtung und Ehrerbietung muffen ihm das ersetzen, was ihm seine sieben olle gleich leiblosen Töchter verweigern. Es wirst diele, Fall, der durchaus nicht einzig dasteht, ein häßliches Licht aus die moralischen Anschauungen der Menschen, gleichviel in welchen Kreisen sic sich bewegen, jedoch nin so be dauerlicher, wenn es in den Kreisen, welche sich durch ihre Bildung anS- zeichnen sollen und können, vorkommk, was überall^ als eine nuvcrzechliche Rohheit angesehen werden muß. Wo in einer Jranenbrust so alles mensch liche Gefühl erstorben und jede Regung des Herzens unter der Maske ge'ell- fchastlicher Formen erstickt ist. — dienend nur dem kalten, leblosen Götzen Gold, — da kann der sittlich denkende Mensch mir Verachtung oder im mildesten Sinne nur Mitleid haben mit Denen, die Gottes Gebote so mit Füßen treten. „Ehret Vater und Mutter, ans daß es Euch wohl gehe und Ihr lange lebet auf Erden!" Müßte nicht Gott mit Feuer und Flammen vom Himmel auf solche pflichtvergessene Kinder herniederfabren, um sie zu strasen?! Wie werden solche Frauen, die den leiblichen Vater mißachten, weil er das Unglück hatte, fein sauer erworbenes Vermögen wieder zu verlieren, ihre Kinder erziehen? „Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher." Hoffentlich erwacht auch in diesen weltlich gesinnten Mensche» noch das Gewissen, damit sie ihre schwere Schuld einsehen lernen und verlnchen, »och bei Zeiten ihre Sunden an dem alten Vater wieder gut zu machen, ehe sich feine müden Augen znm ewigen Schlummer schließen. Gott aber getroste den alten Mann, und in der Liebe seiner zwei braven Sohne möge er Ver gessen finden für Das, was ibm seine Töchter angetban, die ihm den ver dienten fricdcnvollen Lebensabend jo kummervoll gestalten und verbittern' Hedwig MattheS. Traum und Wirklichkeit. Nicht an die Traume denkeich, die uns des Nachts der mohnbekränztc Gott schenkt, aus welchen man oil mit einem Gefühl der Erleichterung, vft aber auch mit einem Seufzer des Be dauerns erwacht, daß Alles eben nur ein flüchtiger Traum gewesen, sondern an jene Träume, in die sich die Seele bei Hellem Sonnenschein einspinnt. „Traume versüßen das Leben." sagt man wohl, aber allzu viel Träumen ver weichlicht die Seele, die sich dann nur schwer in der Wirklichkeit zurcchtsindet. Diese Träume sind dem Irrlicht gleich, das den Wanderer schmeichelnd vom rechten Pfade ablockt. das ihn bethört mit trügerischem Schein. Weiter und weiter führt cs ihn hinein in jenes phantastische Zanberland. bis- er endlich den festen Grund verliert und unsanft erwacht zur rauhen Wirklichkeit. Treie aber hat einen Fellenboden. ans dem cs keine Irrwege giebt, und wohl dem Menschenkind, das mit beiden Füßen daraus steht und mit Hellem Blick von dieser Warte in's Leben hinailSichaut! Träume sind Schäume, auch die lieb lichsten. leicht und luftig sind sic ansgebaut, und beim geringsten Anlaß zer stieben sie in trostloses Nichts. Unsere Zeit aber braucht klarängige Menschen — Menschen, die mir der Wirklichkeit rechnen und nicht. sockwäbrend in sich hiiiciuttäiimcn. Ct!a Lilldner. Die Neide. O weite Heide, wie bist Du schon. Wenn Früblingslüsle über Dich a.'h'n. Wenn schüchtern das Grün aus der Knospe tagt Und die Lerche ihr erstes Liedchen versucht, Mil rartfriichcu Nadel» die Föhre» steh'». Und lustige Schleier die Birken umweh',,! O weite Heide, wie bist Tu schön. Wenn Sommecgnithen über Dich gehn. Ter Sonne brennender Kuß Dich nmiängt Und Alles dem Blüben enigcgendrängt. Unzählige Glöckchen bedecken den Sand. Wiidröslein duslet am Waldes-rnnd! — O weite Heide, wie bist Du schön, Wenn .Hcchstesstürme über Dick, geh'». I» Biaun sich mandelr Tein Teppich bunt, Und Nebel wogen im Wiesengrnnd. Wenn über die Fluren und durch de» Wald Ter Weidmann sireist und das Jagdhorn scyallt! — O weite Heide, wie bist Dn schön. Wenn Winke,schauer über Dich geh'»! Wie friedlich ruhst Du, tief eingeichncit. I», weiße», glitzernde» Todtenkteid. So traumvcrmnkcn dalüngestreckt. Bis Lenz zu neuem Leben Dich weckt' Adelaide o 6or:ve:g-Herzog. Lösungen der Ilnfgcrben in Nr. j<>8. ft)9, jlO, NI u- N2. S ka t-A nsg a b e: Im Skat liegen Grün Zehn. Roth-Zehn. A. hat: Eichel-Unter, Eichel Zeh», Grün-König. Grün Ober. Grün Neun. Grün-Acht, Schellen-König, Schellen - Ober. -Schellen Acht. Schellen-Sicben. E. hat: Schellen-Unter. Eichel Taus, Eiche! König. Eichel-Acht. Eichel-Siebe». Roth- König. Roth - Ober. Roll, - Neun. Roth-Acht. Roth-Sieben. Erster Stich: Schellen Ober, Schellen Taus. Eickel,DouS.^, Zweiter Stich: Roll,-König, Eichel - Zehn. Roth Taus. Dritter^ Stich: Schellen König. Schellen Zehn, Eichel König. Vielter Stich: Roll, Ober, Eichel-Unter, Grün-Sieben. Fünfter Stich: Grün König. Grün-Laus. Schellcn-Uiitcr. B hat nun Rest, aber ein schließlich -rlak nur ls" Points — Logogruph: Preis, Reis, Eis, Ei — Homo » i> ni: Barren. — Rock, Bock, Schock. Gclock, Stock — (ffricg, Krieg. — S il b cn - R ä th s el: Voltaire, Isaak, Krakowiak, Themie, Ottenbach, Rezia. Vttcher, Ovid, Ncneiibmg. Savonarola, Ehapeau. Haverland, Euryanthe. Freia, Forum, Elan, Lipsins. Ergirbt: Viktor von Schessel und Ektehard. Gaudc a in ns. — Silbcn - Rüthsel: Alabieff, Dollar, Edda, Lenau, Busse, Edison. Radziwill. Toni, Vendse. Ob. Ninive, Eorbincan, .Haiiplman», Alard, Mvsenthul, Iphigenie, Schwab, Tophvinsbc, Orkan. Eigiebt: Adelbcrt von Ehainijjo und Frauen- Liebe und Leben. —Wein, Hein. Bein, S t e in. — L i st, Last, L u st. — Kohlra n sich. — Ober, Oder, Ogcr.Oker. — Quadrat- Räthsel: Movs, O Iga, Oger, Sara. — Schutzaeist. — Ear r-u sse, Uhr, Rosa Sucher. — Rüster. Küster, Nüster, Düster. — Initial - Räthiel: Roger, Ubald, Barbarin», Jupiter, Norman», Snlpice. Thoas, Erik, Isaak, Radori. Eigiebt: Nu bin st ein. Uiclztige Lösungen sandten ein: Mar'.e Lols. Herr.lül'.ll Funke, Lidorne Büttner-, Fritz und Karl Echani. rllwin Lehnerl, Georg Kumrnrl-, Bertha Müller, r-ioonie Toring, Emilie T. und A. Dzondi. säinmtlich m Dressen. H. Kammer in kamen;, Alma Boiler in Estew-.z. Martüa Bär zn HiviLiesis Ct'e Kr.'üsN in Aue, Marie in Deutsche uvora. Hf». L2S. Erscheint jede« H>k»§i«!. Imnstn Nmt«t. Sonntag, den 15. Oktober. L8S» bin Gottesmann. Roman von Marie Bernhard. (MchünrS verboten.) (Fortsetzung.) „Ich will mein Möglichstes thnn," betbenerte Friedhelin. „und Ihnen getreulich berichten, wie der Versuch abgelansen ist. Gnädiges Fräulein kennen ja meine Schwestern —" „Ach, kennen darf man nicht sagen! Hede und ich haben freilich oft zusammen geivielt, — Ebristine zog sich immer gern von uns zurück, sie betonte stets, wir wären ihr zu dumm und zn klein! — aber das hörte allmählich auch ans, ich ging nicht mehr anf'S Schloß und wir sahen einander nur noch gelegentlich. Und ob jetzt —" Maria stockte und wurde etwas verlegen. Sie kannte die Gründe nicht, die das Thun ihres Vaters beeinflußte!:, aber sie wußte bestimmt, daß er einen Verkehr für sic aus dem Schloß nicht wünschte. Das ginge Mädchen war aiifgcttanden und rief Raemi herbei, die an den Rand des- Waldbacbs liinabgeklcttert war und dort Vergißmeinnicht und weiße Krternblumchen gepflückt batte. Ans Marias Rns kam sie gehorsam herbei, in ledem Fäustchen einen Strauß emporhaltend. „Sieh' 'mal. Mieze, was ich Hab'! Der ist für das Mütterchen und der —" sie langte zu Friedhelin empor — „der ist für Dich!" „Dank' Dir. mein herziges Käserchen!" sagte der junge Offizier erfreut und neigte sich nieder. „Bekomm' ich nun auch noch einen Kuß ?" „Ja. den bekommst Du auch!" erklärte das Kind in seinem ehrenfesten, bestimmten Ton. Es stellte sich ans die Fußspitzen und machte ein spitzes Mäulchen. ,.sie haben eine Eroberung an innerer Kleinen gemacht!" bemerkte Maria lächelnd, als der Kuß gegeben und genommen war. „Sie kommt wenig mit Fremden zusammen und ist Ihnen gegenüber gewöhnlich etwas scheu!" „Sie merkt cS. wie gut sic mir gefällt, die kleine Prinzen»!! Zriedbelm nestelte das Sträußchen an seinem Rock fest, dabei fielen ihm die halbwelken Kleeblütben vor die Füße. Nacmi bückte sich mich darnach „Willst Dn sie wieder haben oder darf ich sie behalten ?" „Wenn Tn sie magst. — aber sie sind nicht mehr frisch „Schadet nichts, sie riechen so gut, und zu Hau'e stell' ich sie ins Wasser!" Und das- .Kind steckte sorgsam die ersten Blumen, die ihm von einem jungen Mann kamen, in eine Aalte seines Kleidchens. Einträchtig gingen die Drei miteinander durch den Wald. Das Bächlein murmelte und schwante neben ihnen, alle Bäume wäre» belebt von huschenden, schlüpfenden Vögeln, von zwitschernden Stimmchen. die einander riesen. Kleine wilde Waldblumen, rotb und gelb und weiß, blüihen, wo immer der Fuß hintraf, hier und da leuchtete eine scharlach'arbeiic Erdbeere. Ans dem Dickicht lachte ein Waldtmibenpaar — das klang traumhaft binübcr. Auch das seine Köpfchen eines Rehes wuide für einen Augenblick über einem niedrig gewachicnen Erleubnich sichtbar, — wie Maria mit dem Finger daran? deutete und Naemi entzückt in die Hände schlug, tauchte das zierliche Tinerchcn als bald ini Gesträuch unter, und nur die üppigen Farrenwedcl, die zitterten und schwauttcn, verriethcn noch seine Gegenwart. Wo die Sonne hinttas, roch cs würzig nach Han »nd Pilzen, unter dem Schattendach der Bäume lag märchenhafte grüne Dämmerung hingebreiict. — Sie sprachen nicht viel mit einander, selbst da-s Kind war schweigsam geworden: hoffte es, von Neuem ein Reh zu sehen und fürchtete, cs durch sein Geplauder zu vcischenchcn? Marias Augen hingen wie m Verklärung an Busch und Bamn und Sonnen schein, — der Zauber der Heimalh hielt sie ganz gelangen. Friedhelm beobachtete sie niiaufsällig. wie sic leichten FnßcS neben ihm herging, — un- ivilltürlich siel ihm des älteren Schelling Acußernng ein: „Was will das beißen, wenn man von einer junge» Dame sagt, sie habe eine schöne Gestalt? Die Hauptsache ist doch, wa-s sic damit anfängt. — will sagen, wie sie sich ball und bewegt, ob sie. mit einem Wort, Grazie besitzt! Und hier ist dieier beut zu Tage so wie Allste! in der That vorhanden." Auch Gvekhe's Aus spruch über Friederike vo» Leicnheim kam ihm in den Sinn: „Sic schritt >o leicht, als od pe nicbts an sich zu trage» bättc!" — Ter innge Mann empfand die langen Pallien im Gespräch gar nicht als etwas Peinliches oder Unpassendes, er bittre immerfort so durch den grünen Wald geben und schauen und empfinden mögen. Ein seltsames Wohlgesühl war über ihn gekommen, dessen er sich nicht entsinnen konnte, so weil er auch zurückdachte. Aber die Stämme der Bäume standen weniger dicht zusammen — traten auseinander — verschwanden endlich ganz. Ter Wald war zu Ende und vor den drei Wanderern dehnte sich die sonnige, staubige Landstraße bin. „Wie schade!" sagte Mieze halblaut und seufzte, und idr Begleiter stimmte ihr bei. Sonderbarer Weise hatten sie Beide das gleiche Gefühl, sich im Walde ganz außerordentlich gut miteinander unterhalten zu habe», während sie kaum etwas Nennenswerthes gesprochen hatten. „Nnn haben wir nicht mehr weit bis nach Hause, nein?" sragie Naemi. „Bist Du müde, mein Käserckcn? Soll ich Dich tragen ?" tragte Fried Helm freundlich. „Ach. das fehlte noch!" cntgrgnete Maria lebhaft statt des Kindes. „Da würde sie sich doch wohl schämen! Ein großes Mädchen von sechs Jahren, das schon liest und lernt und seine gesunden Füße hat I Ueberdies haben wir höchstens noch zehn Minuten zu laufen, dann sind wir beim Mütterchen!" „Ta kommt ein Neitersmann!" ries Naemi und wies mit dem Zeige» singcrchen geradeaus. In schlankem Trabe kam ein hochgcbauter Grauschimmel daher. Seinen federnden Husen merkic man keine Ermüdung an -, der langgestreckte Hals, die feinen Beine, der schmale Kopf verricrden oaS Rassepferd. Es trug seinen schlanken Reiter mit einem gewissen lapriziöscn Wiegen, das Beiden, Man» und Roß. sehr vortheilbafl war. „Das- ist mein Vetter Sylvester!" sagte Friedhelin. ^ „Was Ihr für komische Namen habt!" meinte Naemi altklug. „Der heißt Sylvester und Dn Friedhelin!" Tantel Fncdhelm!" verbesserte Maria. „Ach. der ist gar nicht wie cin/Onkel, der ist blvs cm! um den jriedhclm!" leitcr passiren zu Ttte Drei waren etwas bei Seite getreten, lassen. Friedhelin war cs nicht angenehm, von seinem Vetter hier in Marias Gesellschaft angetroffcn zn werden. Er konnte sich ungefähr die Fragen. An spielungen und Witze denken, dic Svlvester an diese Begegnuug knüpfen würde. Und dann — Friedhelin war gewiß kein eitler Geck — aber daß der im eleganten Reiikownn zn Pferde sitzende Vetter, der ohnehin viel hübscher war. wie er. eine viel beffere Figur spielen mußte als er, der hier bestaubt und erhitzt im Leiuenanzug längs der Landstraße gegangen kam, — das lag wohl aus der Hand, — und wozu mußte ein so herausfordernder Vergleich gerade heute gestellt werden ? Schwester von Winterfestst hob sich ein wenig in den Steigbügeln und kniff leicht die Augen zusammen, da er sein Monocle nicht einsetzen konnte. Jetzt batte er gesehen, was er sehen wollte. — es war richtig Vieler Duck mäuser, der Friedhelin, der hier unbefangen, als müßte es w sein, mit dem reizenden Mädchen, um da-s man im Schloß schon so lebhaft dedattirt harte, die Landstraße daher gegangen kam. „Den Seinen giebt's der Herr im Schlaf!" dachte der Hauvtmann, — nun. etwas Vergnügen mußte für ihn bei dieier Begegnung doch auch abfallcn! Er ließ den Grauschimmel sehr büd'ch knrhettiren, grüßte schon von Weitem militärisch und parirte dicht neben der kleinen Gruppe geschickt, so daß das Pferd wie eine Mauer stand. In seinem knappen cuglnchen Rcrtanzug mit denr belle» kleinen Hut und den tadellos sitzenden Handschuhen ans rothem Hnndelcder bildete der schöne Sylvester eine ungewöhnlich elegante Erscheinung, und das Bewußtsein dessen hob seine Stimmung noch um ein paar Grad höher. „Servus, mein gnädigstes Fräulein! 'n Tag, Friedhelin! Ich habe Deines Papas Schimmel mal ein bischen L ewegung gemacht, er wollte bocken, aber ich Hab' ihm die Mucken cmsgett.eben. Waren die Herrschaften im Walde, wenn ich fragen darf?" „Jawohl, wir trafen dort zufällig zusammen, als ich vom Kleefeld kam!" enigegnete Friedhelin. Maria hatte Noemis Hand gefaßt und betrachtete Roß und Reiter mit offenbarem Wohlgefallen. „Und dürfen wir hoffen," — Sylvester bog sich geschmeidig nieder, so daß das neue Helle Riemenzeug knirschte und knisterte, „unseren neuen Star dem nächst über unseren Häuptern aufgehen zn sehen?" Er sprach zn Mieze und sah chr mit seinen feurig blickenden Augen cin- tchmcichclnd ins Gesicht. „Neuer Star? Soll ich das »ein?" fragte sie lachend ..Wer sonst, meine Gnädigste? Auf jeden einzigen Fall nur Sic!" „Aber wie komme ich zu der ehrenvollen Bezeichnung. Herr Hauptmann? Werden heiingetehrlc Psarrerstöchter immer so bezeichnet?" „O, Gott bewahre, gnädiges Fräulein! Ich muß Sie davor warnen, Ihre eigene Person so ohne Weiteres in die Kategorie beliebiger heimkchrender Psarrerstöchter schüchtweg cinznreihen. Wer etwas so ganz Exzeptionelles ist, wie Sie —" „Das können Sie doch noch gar nicht wissen!" „Und wenn ich es trotzdem schon wüßte ? Ganz genau wüßte, dank sei cs einer glücklichen dwinatonschen Begabung, die die gütige Natur mir iu besonderen Fällen verliehen hat?" „So wäre zu wünschen, daß diese Tivimstionsgabe Sie in diesem speziellen- Fall nicht täuschte!" Mieze sagte dies ernster, als der Charakter der galanten Wortplänkclek es eigentlich gestattete, sic schien ihre eigene Persönlichkeit ganz außer Acht zu lassen und eine!» besonderen Hintergedanken nach:»hängen. „Das unteillcgt sür mich nicht dem leisesten Zweifel!" erwiderte Sylvester verbindlich. „Doch haben gnädiges Fräulein noch nicht die Güte gehabt, meine Frage zu beantworten!" „Das kann ich auch nicht, da die Bestimmung darüber nicht allein von mir abbängt!" . „Wirklich nicht? Ich dächte, eine junge Dame wie Sw, siegt, wo sie sich nur zeigt!" „Eine ningc Dame wie ich hat sich in manchen Punkten ;u fügen, wenn sie als Tochter in ihr Elternhaus znrückkehrt!" rntgegnete Maria mit Nach druck. „Geb nicht immer so nah' an das Pferd heran, Naemi, cS könnte Sich schlagen'" Sic zog die Kleine, die »»merklich drin Grauschimmel immer näher aeriickl war, an der Hand zurück.
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