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Frankreich. Der Köln. Ztg. wird ^schrieben, daß das von ihr zuerst veröffentlichte Aktenstück' in dem sich Rußland ge gen die beabsichtigte FDssensenduNg nach Neapel ausspricht, in Paris großes Aufsehen gemacht habe; denn obgleich inan sich dort einbilde, Rußland zu Boden geworfen zu haben, zittere man doch allemal, wenn dasselbe eine entschiedene Sprache führt. Ruß land, sagt der Korrespoirdrnt der Köln. Ztg., hat übrigens Recht, daß cs kühn austritt, denn wo man auch Hinblicken möge, werde ilnn geschmeichelt. Nur England mache noch ein ernstes Gesicht, doch liege in seinen Mienen mehr Angst als Unmuth. Uebrigens scheint die Flottensenduug nach Neapel noch gar nicht fest be schlossen zu sein. — Der Kaiser und die Kaiserin werden am 2. von Bordeaux in St. Cloud eintrcffen. — Täglich fast finden in Paris Verhaftungen statt: aufrührerische Plakate an den Mauern fordern Herabsetzung der Miethpresse Hoffentlich wird die baldige Rückkehr des Kaisers in die französische Hauptstadt die aufgeregten Massen etwas beschwichtigen und zur Ruhe bringen. (Eingesandt.) Recht erfreulich ist die Wahrnehmung, daß jetzt die neuen Straßen in der Stadt sowohl, als wie auch in deren Umgebung, alle in gerader Richtung angelegt werden und daß man auch be dacht ist, bei etwaigen Veränderungen alter Straßen diesen eine möglichst gerade Richtung zu geben. Um desto auffälliger muß cs daher sein, wenn einmal der umgekehrte Fall statlfindct, daß man nämlich einem geraden Wege eine krumme Richtung giebt. Eine solche unzweckmäßige Veränderung hat nämlich stattgefun- den bei dem, von der ehemaligen Scharfrichtcrei nach der Pulver- mühlc zu, führenden Fußwege. Dieser Fußweg lief sonst in ge rader Richtung an der Mauer des Weißeritzholzhofes hin, jetzt ist aber derselbe in gebogener Richtung um ein Stück Feld herum verlegt worden. Es wäre sehr wünschcnswerth, zu erfahren, welche Interessen bei Verlegung dieses Weges «maßgebend gewe sen sind. F. denn Du bist bestraft mit ehrlosem Mer. Daß Du, Du — diese Pompadour gewesen bist,, das kann Dir Gott nur verzeihen! Begreifst Du nicht, Hyäne, daß in mir das zerlumpt«, verzweifelte, wahnsinnige Vaterland Dich "angrins't, das Dr» a^Leib und Seele dem Götzen Deines Ich geschlachtet? Ich trete sh« Dich als die Menschheit, deine Zeit! Sich her, das hast Du ans ihr gemacht." '"'E. Nach dieser erschütternden, von dem bezwingenden Hauche unerbittlicher Wahrheit beseelten Strafrede, die ihr Narciß im Namen seines unglücklichen Volkes hält, bricht hie frHer all mächtige Pompadour zerschmettert zusammen und Ngreiß giebt, indem er im Geist prophetisch die Sündfluth und die 6ÜP0 Lei chen der Revolution Hereinbrechen sieht, seinen Geist,auf:.^- Ueber ihn den Segen sprechend, spricht dieQuiüault: „ÜsiWlus der Sündfluth steigt in neuer Schöne die geläuterte Menschheit und betet wieder zu ihrem versöhnten Vater im Himmel. Dann wird's keinen Narciß mehr geben." Ich muß mich bescheiden, nach der ersten Aufführung schon mit einem fertigen Urthcilc über den „Narciß" hervorzutreten, dasselbe kann sich erst nach mehrmaligen Anschaun des Stückes hcrausbildcu. Daher für heute nur einige Worte über die Vor stellung. Die Rolle des „Narciß" ist wie geschaffen für Herrn Dawison und wenn dieses Genie aus dem Grabe erstehen und nochmals reden könnte, würde er sagen: „So war ich! So spielst du mich recht!" — Mit einer genial dvminirenden Sicherheit schuf Hr. Dawison eine Gestalt aus ihm, die über mein Lob er haben ist. Auch Frau Baycr-Bürk als Pompadour und Fräulein Berg als Königin waren beide vorzüglich. Uebcr die anderen Darsteller nach der zweiten morgen folgenden Auf führung, die voraussichtlich nicht minder zahlreich besucht sein wird als die heutige. Julius Schanz. Kunst und Literatur. Königliches Hoftheater. Mittwoch, den l. Oct. zum ersten Male: Narciß, Traue:spiel in fünf Akten. Von A. E. Brachvogel. Das Stück, über dessen männlichen Hauptcharaktcr ich be reits gestern einige Andeutungen gegeben habe, behandelt den Tob und zugleich die moralische Bestrafung und Vernichtung der Mar quise von Pompadour, der berühmten Maitresse Ludwig XV. von Frankreich. Die Pompadour war vor ihrer Glück- und Glanzperiode am königl. Hose mit einem Finanzpächter Namens d'Estioles vermählt gewesen. Um aber die tragische Nemesis an ihr vollziehen zu lassen, hat Hr. Brachvogel ihr einen ersten Gat ten angedichtet, den sic liebt und der sie liebt, dessen Leben sie aber verdüstert und zerstört, zerrüttet und zerknickt hat. indem sie, von dem Reichthum des Finanzpächters verlockt, ihm untreu ward und ihn verließ. Dieser der Pompadour angedichtete Gatte ist, wie aus den gestrigen Andeutungen hervorgeht, keine erfundene, sondern eben jene literar-historisch bereits sanktionirtc Gestalt des Neffen Rameaus. Die Didcrot'schc Figur ist, wie Jeder mann zugeben wird, in all' ihrer Verworfenheit äußerst komisch. Hr. Brachvogel dagegen läßt seinen Narciß durch sein Unglück ergreifend tragisch wirken. Er, den der Leichtsinn und die Treu losigkeit der Pompadour erst ins Unglück gestürzt hat, er selbst muß dem Herzog von Choiseul d'Amboise dazu dienen, sie von ihrer erbuhltcn Höhe herabzustürzen, nachdem er, der Premier minister von Frankreich, selbst eine Zcitlang die Gunst der schönen Frau genossen hat. Im Höhepunkt des Stückes ruft Narciß ihr zu: „Du hast mich verlassen, treuloses LLeib, Du hast ge schwelgt im Glücke, indcß ich gebettelt; Du hast dich selbst, die Gott erschaffen zu seinem Abbild, zerfetzt und zerschändet um das hohle Phantom von Ruhm und Macht — das sei Dir verziehen, Emil Weber, als Redacteur der hannoverschen Thea- terkronik in Hannover lebend, beabsichtigt einen „ Norddeutschen Musenalmanach" herauszugcben, um die Blüthen neuerer Dicht kunst dem Publikum zugänglicher zu machen, als es bisher in letzter Zeit geschehen und um überhaupt das Gedeihen der jungen Dichtergeneration auf energische Weise zu unterstützen. Bereits haben bedeutende Männer Emil Weber ihre Mitwirkung zugcsagt und die literarische'Jugend wird nun wieder einen Tummelplatz erhalten, auf dem sie unter dem Schutz und Schirm bewährter Namen zeigen kann, was sie vermag und was sie erstreben will. Außer der Lyrik, die bisher in den Musenalmanachen allein ver treten war, wird auch Novelle, Drama und Literaturgeschichte in dem neuen Unternehmen vertreten sein. ' — Bernhard Rollfuß, ein junger bereits in weitern Kreisen gekannter und geschätzter Planist in Dresden, hat so eben sein Opus I. ein „^ooturno'' herausgcgcbcn und damit den Be weis geliefert, daß er nicht allein die Technik, sondern auch die Klangfarbe seines Instruments studirt hat, und daß es ihm um den Ausdruck wahrhaft musikalischer Jdceen zu thun ist. Es prägt sich, sagt die Berliner Musikztg. „ Echo" in seiner Conipo- sition jene elegisch lyrische Stimmung aus, welche dem Nocturno in seiner ursprünglichen Bedeutung als „Nachtständchen" so wohl ansteht. Breite melodische Führung, durchbrochen von elegan tem, doch nicht schwierigem Passagenwerk, feine Harmonisirung, sind Vorzüge, deren sich ein Opus I. nicht so leicht zu rühmen hat und die dem jungen strebsamen Tonkünstler vielfache Sym- pathieen gewinnen dürften. — In Stockholm wnrdeGutzkows „EllaRose'* in schwedi scher Uebersetzung mit Beifall gegeben Die Kritik spricht sich über das Werk des deutschen Dichters sehr lobend aus.