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"ft. ,7 — Vodendä» kr. 7. 9. IC. S. 7, M. I». - Amber«, fr. 8. Am. S. «. «1. 9. - Lbarand» kr. T 1 Gerichtsamt Döhlen Steudtner zu 8 Tagen Gefängniß, Diese Strafe fand er zu hoch und appellirte. Staatsanwalt Held ver wendet sich bei der Schwankung des WertheS der Peitsche für eine geringfügige Herabsetzung. Der Gerichtshof entschied, daß Steudtner nur vier Tage Gefängniß zu verbüßen hat. — Am Gallusmarkt des vorigen Jahres befand sich der hiesige Schnei dermeister Wadewitz an der Kreuzkirche, um sich bei dein Band händler Burkhardt aus Großröhrsdorf, wie gewöhnlich, Zwirn zu kaufen. An der Bude war großes Gedränge, viele Käufer umstanden dieselbe. Auf einmal sich er zwei Frauen sich dahin begeben, sich durch die Menschenmenge durcharbeitcn, und be merkte, daß die ältere derselben Etwas an sich nahm, wo dann Beide sich entfernten. Wadewitz ging ihnen nach und fordeite Herausgabe des Gestohlenen. Die Aeltere leugnete, während die Andere sagte, gieb ihn nur heraus. Dies geschah und Beide entfernten sich auf den Markt. Wadewitz ging ihnen nach und veranlaßtc zwei Genödarmen, die ältere Person, die als die Schneidermeisteröwittwe Hoyer erkannt wurde, mit zur Zwirn bude und von da auf die Polizei zu führen. Den wiedererlang ten Zwirn im Werthe von 2 Ngr, erkannte Burkhardt bestimmt als ihm gehörig an, da eö ein Rest von bestellter Waare sei. Die Hoyer verneint die Absicht, jenen Zwirn rechtswidrig sich « geeignet zu haben, nur aus Versehen habe sie ihn an sich genommen, denn sie habe geglaubt, es sei der Zwirn, den ihre Tochter dort gekauft habe, da diese sich noch weißen Zwirn habe vorlegen lassen. Die Tochter der Hoyer bestätigt diese An gaben, denen aber die Aussage Wadewitz's entgegcnstcht, daß diese beiden Personen nur etwa eine Minute an der Bude sich aufgehalten und dann schnell sich entfernt hätten, so wie die Angabe BurkhardtS, daß er sich nicht besinnen könne, an die ihm vorgestellten Personen schwarzen Zwirn verkauft zu haben. Da die Hoyer bereits fünfmal mit Gefängniß und Arbeitshaus wegen Diebstahls bestraft worden ist, lautete die Verurteilung ans l Jahr Arbeitshaus. Dagegen erhob sie Einspruch; das Urtel wurde aber dem Anträge der Staatsanwaltschaft gemäß bestätigt. — Auf der Anklagsbank erscheint der Bergarbeiter Carl -Heinrich Helbig aus Tuttendorf. Angeklagter ist 36 Jahr alt «nd bereits 13 Mal wegen Eigenthumsvergchen mit Ge fängniß, Arbeitshaus und Zuchthaus bestraft. Wegen eines Dieb stahls von einem Stück Holz, im Werthe von 3 Ngr., von einem Holzhaufen eines KshlenschachteS der Pofscr.dorfer Kohlen compagnie war Helbig neuerdings zu einein Jahre Arbeitshaus verurtheilt worden. Dagegen erhob er Einspruch, weil er un schuldig sei, und benannte mehrere Zeugen, welche darthun soll ten, daß er zu jener Zeit, wo das Holz gestohlen wurde, im Kohlenschachte gearbeitet habe. Aus dem Arbeitsbuche ging aber hervor, daß er am 3. Mai früh auS dem Schachte auSgefahren sei. Acht Zeugen waren erschienen, sämmtlich Bergarbeiter im Herrmannschacht zu Possenvorf, welche aber erklären, nicht zu wissen, ob sie am 3. Mai 1866 Früh oder Nachtschicht gehabt haben und ob Helbig mit ihnen an jenem Tage angefahren sei. Auf Grund dieses Ergebnisses beantragt Staatsanwalt Held Bestätigung des gcrichtsamtlichen Bescheids, welcher auch erfolgte. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen. Heute den 14. d. M. Bormittag 6 Uhr wider Johanne Eleonore verehel. Schulze, wegen Verleitung zur Doppelehe. Borsitzend.: Ger-Rath Ebert. Den k V d. Vormittags 9 Uhr wider den Dienstknecht Ernst Herrmann Alexander Koch ans Potschappel, «egen Betrug, Diebstahl, Unterschlagung. Vorsitz.: Ger.-Rath Einert. 12 Uhr wider den Formerlehrling Joh. Carl August Naumann a. Spittel wegen Eisenbahn-Beschädigung. Vorsitz.: Ger. -Rath Jungnickel. Tagesgeschichte. Berlin, Donnerstag, 13. Juni. Die ministerielle „N. Allg, Ztg" schreibt: Die innigen und freundschaftlichen Begeg nungen zwischen den Paris besuchenden Monarchen und dem Kaiser Napoleon, sowie die Besprechungen von den Ministern derselben sind Ereignisse, durch welche die Sicherheit des Ein verständnisses zwischen den Regierungen definitiv sestgestellt wird. Für uns ist es erhebend, die dadurch herbeigeführte Befestigung des Friedens in Europa verkündigen zu können. Wien, 6. Juni. Die Theilnahme, welche das Hinschei den der in vollster Jugendblüthe gestandenen Erzherzogin Ma thilde hcrvorrief, ist eine allgemeine. Wen sollte auch das Ge schick der Erzherzogin nicht rühren, welche ein grausamer Zufall auS einem Leben, das schön begonnen, sich reich entfalten sollte, hinwegriß. Der Anblick einer Blume, welche, vom Frost ge streift, vorzeitig verwelkte, rührt uns, um wie viel größer muß unsere Theilnahme sein, da ein schönes und ungewöhnlich be gabtes Mädchen, von der kalten Hand des TodeS berührt, zu einer Zeit von dieser Erde schied, da eine Zukunft roll von Bildern von Glück und Zufriedenheit vor ihren Blicken lag. Die Erzherzogin fühlte diesen schmerzlichen Gegensatz, welcher in dem über sie hereingebrochenen Geschicke lag, auch, wie wir vernehmen, in keiner vollen Schwere. Wiederholt sprach sie am 5. Nachmittags, während Thränen aus ihren Augen ström ten: „Ach, so muß ich denn wirklich sterben, und ich liebe doch das Leben so sehr!" Am Tage zhres Tode brachte ein Lakai eine riesige Schachtel: „Für die durchlauchtigste Frau Erzher zogin Mathilde!" Es waren frische Alpenblumen aus Berch tesgaden. Der alte König Ludwig von Bayern hatte sich be eilt, als er von dem Unglücke hörte, das seinen Liebling be troffen, der Erzherzogin eine Freude zu machen und ihr „Al penblumen" zu senden; sie trafen ihre Leiche und werden ihren Sarg schmücken. Paris. Der „Abendmoniteur" schreibt in seiner Wochen rundschau: Alle deutschen Blätter beglückwünschen als ein glück liches Ereigniß die Anwesenheit des Königs von Preußen am Hofe der Tuilerien und den herzlichen Empfang desselben seiten d«S Kaisers. Die Schwierigkeiten der Luxemburger Frage seien jetzt zu beiderseitiger Zufriedenheit geebnet; die ganze preußische ? Garnison werde nächstens die Festung und das Großherzogthum ! Luxemburg räumen und durch eine Besatzung von 1000 Mann ' Luxemburgern ersetzt werden. — Der Kaiser hat in Anbetracht ! d«r Thcucrung der Lebensmittel den Sold der Linientruppen um vier Centimes täglich bis zum 31 December d I. erhöht ' (Dr. I. , ' London, 9. Juni. Schärfer al» je tp die Fehde unter den Schneidern entbrannt. In dem Hauptquartiere der Union war gemeldet worden, daß die Besitzer der lahm gelegten Werk stätten in London ihre dringmdsten Bestellungen größtentheil» in Brighton anfertigen ließen. Sofort schickte der Präsident Agenten dahin ab, um sich zu überzeugen, ob die Sache ihre Richtigkeit habe. Die abgesandten Späher fanden die Meldung vollkommen bestätigt und die Majorität der Meister in Brighton in vollster Arbeit über einer ganzen Fluth von Kleidern, die von London auS von den kriegführenden Meistern bestellt wa ren. Alsbald nachdem die Union diese Kunde erhalten hatte, wurde eine Versammlung einberufen, die ohne lange DiLcussion sich einstimmig dahin erklärte, dem müsse ein Ende gemacht werden Keine Arbeit für London dürfe in Brighton gefertigt werden und das einfachste Mittel sei, die mit diesen Aufträgen beschäftigten Arbeiter auS der Beschäftigung zu ziehen. Eine dahin lautende Ordre ging augenblicklich nach Brighton ab und gestern stellten 200 Schneider daselbst die Arbeit ein. Aus Rache benutzten die Arbeitgeber hier ihren Einfluß auf die noch arbeitenden Firmen und vermochten eine Anzahl vrn ihnen, ihre zur Union gehörenden Arbeiter zu entlasten, so daß gegenwär tig, incl. 300 Schneiderinnen, 3000 Arbeiter von den Zu schüssen der Union leben. Wie stark übrigens die Sympathien der übrigen Gewerke für die Schneidcrgesellen sind, ist aus der Thatssche zu ersehen, daß durch die Beiträge der noch Arbei tenden und die Unterstützungen anderer Vereine es auch für diese Woche, trotz der vermehrten Anzahl der Nichtbeschäftigten, dem Comite möglich sein wird, die volle Strike-Zulagc an die Feiernden auszuzahlen. Italien. Den König drücken Gcldsorgen und machen ihn unmuthig; auch der Tod der Erzherzogin Mathilde soll einen sehr niederschtagmdm Eindruck auf ihn heroorgebracht haben. Er und seine Umgebung hatten die Verbindung zwischen dieser Prinzessin und seinem Sohne lebhaft gewünscht. Unsere Cleri- calen erblicken in dem plötzlichen Tode der jungen Prinzessin das Gericht Gottes. Das fromme Haus der Habsburger hat sich versündigt, indem es sich mit dem gottlosen Hause von Sa- voizcn verbinden wollte. Es sind neben diplomatischen Rück sichten insbesondere finanzielle, welche den König Victor Ema- nuel von dem kostspieligen Besuch in Paris abhalten. Königliches Hoftheater. k 8. Wmn die neue General-Direktion in der eigent lichen Theatcrsaison ebenso viel Anstrengung entfalten wird, als sic jetzt in der ,si-on morlv thut, so wird man in der That mit den Intentionen und Leistungen derselben nur vollständig sich befriedigt erklären können. Eine ganze Reihe von Jahren ist vergangen, wo man von Frcytag nur die unvermeidlichen „Journalisten" aufführte ; das Wiederaufgreisen der „Valentine" am 12. d. M. gewährte dem Publikum zum großen Theil eine neue Bekanntschaft. Der Valentine liegt eine treffliche, sittliche Maxime zu Grunde; ein weibliches Wesen wird aus einer sitt lich und gesellschaftlich gefährlichen Stellung durch aufrichtige Liebe gerissen. Um dieses Problem durchzuführen, versetzt uns der Dichter in die phantastische Sommerresidenz eines Duodez- Fürsten — beiläufig bemerkt, ein patriarchalisches Terrain, auf welchem moderne Autoren, wie z. B, Hackländer im „Agenten", „Marionetten" rc., mit großer Vorliebe nach dramatischen Blu men botanisiren gehen. Im abgeschiedenen Sillleben dieses Ho fes, wo der Fürst gewöhnlich ein guter, aber unbedeutender Mensch, unfreiwilliger Mittelpuickt einer Cabale ist, lasten sich allerhand abenteuerliche Voraussetzungen aufstellen, die sonst in der ganzen Welt nicht verkommen, dem Dichter aber den freiesten Spielraum für seine Gestalten gewähren. Nimmt man aber dieses Terrain als gegeben an, so muß man gestehen, daß Freytag in discreter Weise diese Verhältnisse auöbeutet. Mit einem außerordentlichen scmischm Geschick führt er die Exposi tion durch, führt er die Katastrophe herbei, hält er in der Pe ripetie mit starken Händen die sich entwirrenden Fäden in Ord nung. Nur überschleicht ihn dabei zeitweilig eine Rcminiscenz an die Birch-Pfciffer'sche Rührseligkeit; die Scene zwischen Va lentinen und Saalfeld im Kerker, das Ueberbieten an gegen seitiger Großherzigkeit erinnert trotz der Freytag cigenthümlichen Dialektik an eine Scene der „Tochter des Südens". Die Stärke Frcytag'S liegt, außer dem trefflichen Vau, in der gra ziösen Eharakterzeichnung, dem eleganten Dialog und der mil den, humanistischen Verllärung, welche auf alle Gestalten einen freundlichen Reflex fallen läßt. Unwillkürlich lebt man sich in seine Kreise ein, und die Freude, so dankbare Rollen vor sich zu haben, theilt sich allen Milwirkenden mit. In der That merkte man dem glücklichen Ensemble und der ganzen Auffüh rung die Lust der Spielenden an. Fräulein Ulrich stellte die Titelrolle ganz vorzüglich hin, als das geniale, nach einem Fürstenhut lüsterne, dabei sich ihrer weiblichen Würde bewußte und über einen unbedeutenden Fürsten hinweg nach einem ihr ebenbürtigen Geiste sich sehnende Weib. Gern bekennen wir, daß Fräulein Ulrich, von einem ehrenvollen Gastspiele zurück gekehrt, die Lei Anderen sonst daraus hervortretenden Folgen einer zuviel thuenden Virtuosität nicht zeigte, im Gegentheil durch echt künstlerische Mäßigung ausgezeichnet wirkte. Herr Dcttmcr theilte sich mit ihr in den Beifall, sein Saalfeld war der frische, unverdorbene, geistig so bedeutende Mann, der allein sich und die Valentine aus einem unsicheren gesellschaftlichen Kreise zu neuem Leben retten konnte. Nicht minderes Lob verdient Herr Jauner für die köstliche Art, wie er seinen Spitzbuben „Benjamin" durchsührte; auch Herr v, Strantz erlangte in dem etwas von Schummrich's Manieren angekränkelten Hofmarschall „van der Gurten" reichen Beifall. Hofleute mit derartigen Bewegungen mögen in der That — wenigstens war diese Uebcr- zcugung im Publikum sehr verbreitet — hin und wieder an Höfen Vorkommen Fräulein Guinand, sowie die Herren Wal ther, Wilhelmi, Kobcrstein, Sengcr, Herbold, Böhme, Marchion und Meißner trugen in ihren mehr oder weniger zurücktretenden Rollen sehr zum Gelingen des Abends bei. Daß die Soldaten des Stückes bereits in der neuen norddeutschen Bundesuniform erschienen, erregte einige heitere Theilnahme, jedenfalls deswe gen, weil die Regie dawit den kleinen Anachronismus begangen hat, diese Uniforme« in ei« Stück, da« Mitte der dreißig« Jahre spielt, zu versetze«. Unter dem rvthen Kreuz, j (Fortsetzung und Schluß) ES ist der SanitätSruf wiederholt geblasen worden. Ra« hofft, daß irgend ein Helfer ihn vernehmen wird. „Es ist ver gebens", sagt der junge Offizier, „fügen wir uns darein", und zu dem Adjutant gewendet, fährt er fort: „bringe meiner Fra« meinen letzten Scheidcgruß, wenn es mit mir vorbei sein sollte." Die SanitätSpatrouille kommt jetzt athemloS auf dem Platz« an. Was wird sie helfen? Sie legt eine Aderpresse und Ver bände an, so weit sie cS vermag. Aber die Augen deü Com- ! Mandanten haben sich geschloffen. Nur leise, leise bewegt sich ! die Brust. „Emm Wagen, wer nur einm Wagm schaffen ! könnte", sagt der Sanitätöcorporal. „Der Transport auf einer Trage ist unmöglich. Es wäre der sichere Tod." Wo solle« solche Wagen hierherkommm? — Schon strömm die Wellen des Rückzuges an ihnm vorüber. Da ist kein Halt. Kugel» schlagen rechts und links ein und werfen Erde, Eisen und Feuer umher. Bis hierher dringt keine Hilfe. „Tragt uns fort", ruft der verwundete Adjutant - „nur fort von hier, auf jede Gefahr hin. Nur nicht in Gefangenschaft, nicht ir Jener Hände fallen — fort!" Die Anstrengung, mit welche« er diese Worte au-stößt, sprengt den nur oberflächlich angelegten Verband. Ein Heller Blutstrom entquillt der Brust. Er hatte sich erhöbe«, aber jetzt sinkt er zurück, von Nacht umflort. Die SanitätS- mannschaften rufm ein paar Leichtverwundete herbei, es ist kein Mangel an ihnm, sie bildm aus Gewehren eine Trage und wollen auf jede Gefahr hin die Rettung der beiden Offizier« versuchen. Da dringt durch das Getöse deS Kampfes das Ras seln eines schnellfahrenden Wagens. Durch dm Pulverrauch hindurch werden in weißen Schaum gehüllte Pferde sichtbar — daü rothe Kreuz im weißen Felde leuchtet ihnen entgegen — die Johanniter sind es — ihr Krankenwagen hat sich Bahn gebrochen, sie eilen herbei, die Verwundeten aufzusuchen und der eigenen Ambulance zuzusührm. Es sind Hände gmug mit ihm und unterstützt von den Sanitätssoldaten ist bald gethan, was zu thun ist. Die Schwerverwundetm sind schnell und gut gelagert. Der Wagen wendet und geht zurück, diesmal lang sam und vorsichtig, von einer verständigen Hand geleitet. — „Dorthin, Sanität", sagt ein Hauptman» zu der Patrouille, die sich zurück zu dm Verwundeten begeben will, denen sie ihre Hilfe versprach. „Dorthin, von meiner Compagnie liegt mancher Brave dort, den ich nicht zurücklaffen will, und dem zu heißen ist, wenn Ihr Euch beeilt." Der Befehl kann nicht «ngehört bleiben. „Sie werden noch einen Augenblick länger warten", denkt der Corpora! und dann eilt er mit seinm Leuten von Neuem vorwärts in die brennende Schlacht. Aber ihre Flam men schlagen nach rückwärts. ,Lurück", blasm die Hörner, „Zurück!" tönt die Stimme der Offiziere. In stolzer Ordnung treten die tapferen Soldaten dm Rückmarsch an. Sie haben ihre Lücken geschloffen, sie nehmm ihre Verwundeten mit sich, so weit sie es können, ihre zerschossene Fahne weht noch hoch in der Luft, aber sie hinterlassm eine blutige Spur. Der ver folgende Feind ist ihnen dicht auf dm Fersm. Line Compagnie stellt sich ihm mtgegen, unterstützt von einer Schwadron, welch« versucht, seine Plänkerkette unter die Hufe ihrer Rosse zu wer fen. Es ist ein Kampf mit Bajonnet und Kolbm. Mann gegen Mann. Eine grimmige Erbitterung blitzt aus dm glühenden Augen und giebt dem Raufen einm Charakter der Verzweif lung. So kämpft der Löwe mit dem Tiger um dm getödtete« Hirsch, so stritt man in jenen blutigen Racmkämpfen, in denen sich Geschlechter vernichteten, — so ringt der Haß mit dem Haß! Der Platz wird ein Todtenacker; die welche aus diesem Gefecht verwundet zurückgehm, find schwer gezeichnet. Mit Mühe nur schleppen sie sich fort. Sie treffen auf die SanitätSpatrouille, die sich bereits in einem Kreis von anderen Verwundeten ein gekeilt findet und nicht mehr vorwärts, nicht zurück kann. — „Gebt mir einm Trunk — einen einzigen Schluck der Küh lung", tönt es ringsumher. „Lasse mich nicht verschmachten, Kamerad. Ich habe Weib und Kind und kann nicht fort" — klagt dort ein alter Unteroffizier, der einm Schuß in den Schenkel und zwei Bajonnetstiche in dm Arm erhalten hat und ebm zusammengebrochm ist. — „Carl, Carl, Du bist es!" — ruft die Stimme eines jungm Soldaten, aus dessen Gesicht ein Säbelhieb ein Stück Wange gerissen und der eS mit einem blutigen Tuch umwunden hat, um die Reihen der Brüder nicht verlassen zu müssen, der aber eben jetzt noch einm Schuß er hielt, welcher ihm die linke Hand durchbohrt. — „Carl, kennst Du mich nicht? Ich bin es, Friedrich, Dein Bruder!" —und er streckt einein der Sanitätssoldaten die noch gesunde Rechte mtgegen, welche dieser mit Innigkeit drückt. „Nun, Bruder, schnell ein Tuch um diese, damit sie nicht so blutet, und gieb mir etwas zu trinken, Carl, sonst muß ich umkommen. Schnell — —" „Ach, Friedrich, ich habe langst nichts mehr, aber ich werde Dich tragm, Du solllt nicht hier Zurückbleiben." Er bückt sich, um den Bruder auf seine Schultern zu heben; doch dieser wehrt ihn ab. „Nein, nein", sagt er, „es giebt deren gmug, die schlimmer daran sind als ich. Sie trage. Ich habe noch gesunde Füße und meine Wunden sind nicht der Rede werth. Eö war nur des Blutes halber. Wenn Du nichts zu trinke« hast, ist es um so schlimmer für Dich; man muß Geduld habe«. Auf Wiedersehen, Bruder!" In der That, die Sanitätssoldaten haben nichts mehr. Ihre Verbandtaschen, ihre Flaschen mit den Stärkungs- und ErquickungSmitteln, Alles leer. Ihre Rolle inmitten aller dieser Hilfehcischmden ist eine traurige. Wieviele sind darunter, welche unter dem Mutteraugc groß gewachsen sind, jeden Wunsch erfüllt sahen, von denen jedes Ungemach fern gehalten wurde und welche unter der liebevollen Sorgfalt des Elternhauses bei dem geringsten Leid sich von vielen Hän den umgeben und gepflegt wußten. Und hier? — hier schwanke» sie hin, dem Verschmachten nahe, matt bis zum Sterben, aus schweren Wunden blutend, mit zerrissenen Körpern, und stehen zu diesen Sanitätssoldaten, welche so hilsleü wie sie selbst sind, um einen Trunk Wasser, um einen Bissen Brod, um einen wenn auch flüchtigen Verband, ihr strömendes Blut zu stillen. Daheim bei ihnm herrscht vielleicht der Ncberfluß deS Reich-