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Lre-Ae«, drn 8.' Juni. — Dein Oberstabsarzt Ur. List vom Sanitäts-Corps ist die nachgesuchte Entlastung aus der Armee mit Pension bewil ligt worden. — Chemnitzer sächsische Industrieausstellung. U. Wir waren in un'erer Wanderung durch die Parterreräume des rechten Hallenflügels bis an den Lcrbindungsgang nach der zweiten Halle gelangt, der das Büffet enthält. Hier lasten wir uns nieder, um ein wenig zu ruhen, und betrachten dabei ge mächlich, was dieser Theil des Gebäudes außer den materiellen Genüssen noch bietet. Da fallen uns große, schwarze, theilweise broncirte Figuren auf mächtigen Cartons in die Äugen, unter denen wir alterthümliche Schriftzüge bemerken, deren Lectüre dadurch erschwert wird, daß es verkehrte Zeichen, wie die Buch druckerlettern sind. Diese Cartonü, welche uns auf den ersten Anblick wunderlich erscheinen mögen, erweisen sich bei näherer Betrachtung als ein sehr verdienstliches Weck der Gerlachschen Officin in Freiberg, es sind nämlich Originalabvrücke von mes singenen Grabplatten aus den Domen zu Freiberg und Meißen, die für die sächsische Geschichte und auch in künstlerischem Sinne werthvoll sind. Es sind derartige Abdrücke für die Dresdner Sammlungen, das Germanische Museum in Nürnberg u. s. f. geliefert worden, auch existiren von denselben photographische Nachbildungen, welche neben handlicherem Format noch den Vortheil bieten, daß sie negative Bilder der Originalabdrücke sind und deshalb richtiges Ansehen der Schrift und des Bildes bieten. Wir begeben uns jetzt durch den bereits durchwanderten Theil der Halle zurück und betreten den mit «bezeichnten Mittelbau, welcher die Verbindung vom Ortogon nach der zweiten Halle bildet. Dieser beherbergt allerlei Producte des Mineralreiches in rohem und mehr oder minder verarbeitetem Zustande. An den Wänden dieses Theiles lausen rechts und links Tische hin, welche die Producte des Steinkohlenbergbaues tragen. Vertreten find die Burgstchen Werke deS Planenschen Grundes, ferner die Werke des Lugau-Oelsnitzer Kohlenlagers (Oelsnitz, Zwickau, Lugau, Niederwürschnitz, Hedwigsschacht, Gottes Segen Lugau) und ganz besonders reichlich die zahlreichen Kohlenwerke des Zwickauer Bassins. Es finden sich nicht nur große Blöcke von Kohlen, von denen jeder manchen Scheffel liefern würde, und sehr vollständige Zusammenstellungen von Kohlensorten, sowie Koke und Briquets, zur Veranschaulichung der Lagerungsver- hältniste find auch Karten und Schichtungsprosile ausgestellt und einige sehr schöne Suiten von Gesteinen, welche die beste An schauung der einzelnen vom Schachte durchsetzten Schichten lie fern. Auch eine recht hübsche Sammlung von Versteinerungen und Abdrücken der Kohlensormation ist bcigegeben. In dem rechten Theile des Mittelbaues finden wir ferner die Gegen stände des sächsischen Berg- und Hüttenbetriebs. Die Marien berger Silberbergbaugesellschast stellt eine Anzahl Silberstufen aus, unter denen ganz besonders schöne Exemplare von gediege nem Silber sich befinden. Allenberg, Bärenstein und Ehren friedersdorf bieten Zinnerze in verschiedenen Stufen der Ver arbeitung und metallisches Zinn. Das sächsische Blaufarben- werksconsortium hat die Ausstellung mit einer schönen Sammlung seiner Fabrikate beschickt. Verschiedene Kobaltfarben von ausgezeichneter Schönheit, sowie eine Schaale aus schön krystallisirtem und bunt angelaufenem Wismuth fallen besonders in die Augen. Aus Freiberg und Umgegend sind Erze in in struktiven Zusammenstellungen verschiedener Verarbeitungsstadien ausgestellt; von den Hüttenwerken (Muldner Hütten) verdienen mehrere Gegenstände unsere Beachtung. Die Edelmetalle find durch Barren von Feingold und Feinsilber und durch andere Silberproben vertreten; von dm sonstigen Hüttenproducten fallen blauer Kupfervitriol, rother, gelber und weißer Arsenik durch imponirendes Aeußere in die Augen. Hier findet sich auch das, waS von den meisten Besuchern vor Allem ausgesucht und ver wundert betrachtet wird: ein Barren des von Richter und Reich in Freiberg in sächsischer Zinkblende entdeckten neuen Metalls Indium, besten wissenschaftliche« Interesse und dessen schönes Aussehen, noch mehr aber dessen sehr hoher, durch die große Seltenheit bedingter Preis die Ursache dieser Bevorzugung sind. Bcmerkenswerth sind ferner sehr schöne Sortimente von bleiernen Fabrikaten der königlichen Werke (Rohre, Platten, Schrot und Kugeln). Von den sonstigen Producten des Mineralreiches sind die hervorragendsten die der Züblitzer Serpentinsteingesellschaft. Diese Gesellschaft hat das Verdienst, die Verwerthung dieses schönen Materials in kurzer Zeit auf eine viel höhere Stufe gehoben zu haben. Die ausgestellten Gegenstände zcigm die durch verbesserte Bearbeitungsmittel ermöglichte vorzügliche Arbeit und geschmackvolle Formen, welche wohl bestimmt sind, auch in Deutschland unserem Serpentin die Beachtung zu erwerben, die er in England schon vielfach, auch zu größeren monumentalen Zwecken findet. Der Serpentin nimmt den mittelsten Theil des von uns jetzt besuchten Mittelbaues ein ; mehr link« finden wir noch Schiefer und Marmor. Aus Sachsen und Thüringen (Asfalter, Gräfen- thal, Wurzbach bei Lvbenstcin) sind Schieferplatten zur Dachung und zu anderen Zwecken, z. B. zu Tischen, auch andere aus Schiefer verfertigte, kleinere Gegenstände ausgestellt. I. Müller in Leipzig hat runde Tischplatten in vorzüglicher Weise lackirt, so daß sie das Aussehen von buntem Marmor habm. Aus dem am Fürstenberg bei Grünhain gebrochenen, vorzüglich schö nen Marmor finden sich Kamine und Grabmonumente vor. Der Mittelbau enthält aber noch wettere, ursprünglich dem Mineral reiche abstammende, aber weiter verarbeitete Fabrikate, nämlich Glas, Porzellan und Thon. Von Hohlglaü finden wir nur die geringeren, gefärbten Sorten, aber in sehr schöner Vertre tung von Neudeck u. Comp, in Corbetha und von Zimmermann in Carlsfeld, sowie von der Glashütte Zwickau. Letztere stellt auch Fensterglas aus, und zwar auch einen der großen Cylin- der, welche nach dem Aufschneiden und Auseinanderrollen das Fensterglas liefern. Heckert in Halle a. d. S. bietet ein schö nes Sortiment der gemusterten und gemalten Fmstergläser, wie man sie zum Schmuck und um das Hereinsehen von außen zu verhindern anwendet. Unter den vertretenen Porzellanmanu fakturen nimmt natürlich die altbewährte Meißner die erste Stelle ein, recht schöne Leistungen finden wir auch von Chr. Fischer in Zwickau in Tafelgeschirr, und von Macheleidt, Trieb- ner u. Co. in Volkstedt bei Rudolstadt in bemalten Figuren. Von den sonstigem Produkten verwandter Art sind noch zu er wähnen die Terrakotten und Siderolithe von Thorschmidt u. Co. in Pirna, die eine große Auswahl von Figuren, Gefäßen re. von guter Arbeit und oft recht schönen Formen ausgestellt habm. Plastische Arbeiten in Thon von Heber in Chemnitz sind in dem linken Flügel der Vorderhalle ausgestellt und sollen unsere Be trachtung dieses Theiles, die baldigst folgen wird, eröffnen. — Der am 2. Juni d. I. in Helbigs Restauration am Theaterplatze abgehaltene dritte Sängertag des sächs. Elbgau- Sängerbundeü war von 35 Männergesangvereinen aus sechzehn Ortschaften durch 37 Abgeordnete beschickt worden. Die Stadt Dresden allein war diesmal mit 18 Vereinen bei einer Ge- sammtzahl von 54!> singenden Mitgliedern durch 21 Abgeord nete vertreten, wogegen der andere Theil auf die Ortschaften Freiberg (Liedertafel und Bürgersingverein, zusammen 132 Sän ger zählend), "Nossen, Brettnig, Liebstadt, Altenberg, Radeburg, Siebenlehn, Stolpen, Lockwitz, Loschwitz, Wachwitz, Niederpoyritz, Bärenstein, Laubegast und Rabenau zu rechnen war. Den Vorsitz führte Herr Versicherungsbeamter Noack. Nachdem dieser die Sitzung mit einer gewinnmden Ansprache unter speciellem Hin weis auf die verlebten Conjuncturen eröffnet und darnach auf die aus neun Punkten bestehende Tagesordnung übergegangen wordm war, kam die von den, Sängerbünde an der Oberelbe angeregte Arrondirung der im sächsischen Elbethale nebeneinan der bestehenden Einzelverbände zur Sprache, wozu sich der Sän gertag „zwar" geneigt zeigte, aber die weitere Verfolgung die ser Angelegenheit dem künftigen Ausschüsse überließ. Der Castenbericht, von dem Bundescassirer Herrn Arras vorgetragen, gab an die Hand, daß eine gute, ökonomische Verwaltung statt gefunden hatte, und daß der Bund bereits einm Fond in Staatspapieren gebildet hat. Die schon geprüfte Rechnung auf die Zeit vom 18. Juni 1865 bis zum 2. Juni 1867 wurde justificirt und einige in Rest gelassene Steuerbeträge unter den vorliegenden Verhältnissen in Wegfall gestellt, beziehentlich er lasten. Der Vorsitzende ward hierauf als Abgeordneter deS Bundes zu dem bevorstehenden dritten Sängertage des deutschen Bundes zu Eisenach gewählt. Als nächster Sitz des Bundes wurde Freiberg bestimmt*). — Einer unserer schönsten Punkte bei Dresden ist wohl unstreitig die Restauration zur Saloppe, indem man dort die schönste und weiteste Fernsicht unter schon schattigen Linden hat. Auch ist bekannt, daß der jetzige Wirth, Herr Ehrig, Talent und Umsicht besitzt, um sich die Gunst des Publikums zu er werben und durch Verabreichung guter Speisen und Getränke die Gäste zufrieden zu stellen. Sonntags findet stets Früh- concert statt. — Vor einigen Tagen fand die 15jährige Tochter einer hiesigen Familie die Summe von 50 Thlrn. in Castenmrwei- sungen; hocherfreut übergab dieselbe diesen glücklichen Fund ihren Eltern. Dieselben, obgleich selbst arm, lieferten ihn, da ihnen in den nächsten Tagen kein Verlustträger bekannt ge worden, der Behörde aus. Bei der großen Versuchung, welche 50 Thaler auf den Unbemittelten meistentheils ausüben, ver dient die bewiesene Ehrlichkeit gewiß die vollste Anerkennung, der wir hiermit öffentlich Ausdruck geben wollen. — — Auf Antrag der Klaffen- und Gruppen Jury der Pa riser Weltausstellung unter dem persönlichen Vorsitze des Kai sers ist den Herren Giesecke und Devrient in Leipzig die große goldene Medaille für ihre typographischen Kunsterzeugniste zu erkannt worden. Bon Seiten des Dresdner Allgem. Sängerv.-reins ist der Lultusminifterial Lasstlcr Herr Hartwig, als Abgeordneter für den dritten deutschen Sängertag zu Eisenach gewählt worden. — Bei dem gestern Nachmittag halb 2 Uhr stattgehabten h Gewitter wurden die Dörfer Loschwitz, Wachwitz, Niederpoiritz und Pappritz von einem furchtbaren Schloßenwetter heimgesucht - und dabei die Bäume, das Getreide und der Wein buchstäblich erschlagen. Die Schloßen Hatten fast durchgängig die Größe der Haselnüsse. ,,, — Vom 1. Juli ab tritt, wie aus allen preußischen Te- legraphenstationen, so auch auf den im Königreich Sachsen be- ) findlichen, eine Ermäßigung der Gebühren in Kraft. Für ein ) einfaches Telegramm zahlte man, je nachdem cs nach der ersten, zweiten oder dritten Zone ging, bisher 8, 10 oder 16 Ngr., in Zukunft zahlt man 5, 10 oder 15 Ngr. Bei Telegrammen ' in die erste Zone kosteten je 10 Worte mehr über den Einheit«-- ( satz von 20 Worten 4 Ngr. mehr; in Zukunft werden sie 3^ Ngr. mehr kosten. Auch für die Feststellung der Zonen tritt ein verändertes Verfahren ein. Möge dasselbe eben so günstig für das Publikum sein, wie die Herabsetzung des Tarifs. Möge aber auch die Beförderung der Depeschen in Zukunft wieder i schneller vor sich gehen! '» — Tag und Nacht haben im Sommertheater beim Dir« tor NeSmüller 24 Personen gearbeitet und ein Capital von ! 1000 Thalern in die Schanze geschlagen, um die neue Erfin- ! düng, genannt „Kalospinthechromocrene" dem Publikum vor->h zusühren, womit auf Berliner und Wiener Theatern so große Erfolge erzielt wurden. Morgen, Sonntag Abend, prangt daS Wunderwerk zum ersten Male gleichzeitig mit einer dramatischen Novität „Johannisfeuer, oder der Gemskönig". Volksstück von Arthur Müller. — Morgen werden die Mannschaften der hier garnisoni-» render Grenadier Regimenter zum ersten Male in neuer nord--i deutscher Vundesuniform auf Wache ziehen. Die Gala-Roß- .! haarstütze werden nur zum Theil ausgcsteckt werden, da die von H Berlin kommende Lieferung dem Vernehmen nach noch nicht ^ complet eingetroffen ist. H — Letztvergaugenen Dienstag fand in der Gartenrestau- D ration von Ranhardt in Friedrichstadt der erste Familienabach H des katholischen CentralvereinS statt, welcher überaus zahlreich A besucht war, und an welcher ernste und heitere Vorträge, ver«M Kunden mit Gesang und Musik, die Anwesenden auf daS An-> )- genehmste erheiterten. Die nächste Vereinsversammlung wird ^ der Feiertage wegen erst Donnerstag, den 13. Juni, Abend? M 8 Uhr in Mietzsch'S Hotel erfolgen. !. — Die Inhaber öffentlicher Lokalitäten in und um DreL--'^ den mögen sich gehörig für das Pfingstfest ausrüsten und Küche ^ und Keller füllen, da der Andrang und Besuch von auswärt- M diesmal, nachdem die Kümmernisse des vergangenen Kriegsjahr«- « abgeschüttelt sind, bei uns ein sehr starker sein wird. Am ersten , H Feiertag früh treffen Extrazüge von Berlin und Breslau hie« M ein, abgesehen von den vielen anderen Tausenden, welche die gewöhnlichen Züge benutzen. Aber nur gut Wetter im Ka lender! — Zum ersten Male nach dem Feldzuge wird Her« Stabstrompeter Wagner morgen und übermorgen in den Früh^ Concerten des königl. Belvedere, sowie in den Nachmittag«- Doppel-Concerten daselbst während der Pfingstfeiertage mit sei nem Trompeterchor austreten. Herrn Wagner, als Trompeten- Virtuos, Componist und Dirigent allseitig bekannt, wird daS wackere Francke sche Musikchor bei den Doppel-Concerten zu« Sette stehen. — Die preußische Garnison in Leipzig und Bautzen wird nicht bis zum Winter bleiben. DaS in Leipzig stehende 62.1 preußische Infanterie-Regiment wird uns im Anfang deS August Hi verlassen. — Vor einigen Tagen hat sich in unserer Stadt der be-s« trübende Vorfall ereignet, daß eine Dienstperson beim Aufziehen v von Spiritus in eine Lampe, in der sich bereits brenneiäer E! Spiritus befunden, sich so erheblich am ganzen Körper verbrannt hat, daß sie in Folge der erhaltenen Brandwunden alsbald nach sh ihrer Aufnahme im Krankenhause daselbst verstorben ist. Wie wir hören, war das Geschirr, in welchem sich der aufzugießende fl Spiritus befunden, dadurch, daß letzterer in Brand gerathen, gesprungen. Sein Inhalt hatte sich über die Kleider deSMäd- M chenö ergossen und diese angezündet. Trotz schneller Hilfe ist H es aber nicht möglich gewesen, die Kleider vor Eintritt de« ^ Brandwunden vom Leibe herunterzureißen oder daS Feuer auf ) andere Weise zu löschen. — < — In der Nacht vom 5. zum 6. d.M. wurde die Reih«) von Einbrüchen, die man seit einiger Zeit in der Altenberger ^ Umgegend mit seltener Frechheit verübte, abermals durch einen Fall bereichert, der die vorhergehenden an beispielloser Unser- schämtheit übcrbietct Im Herzen des Städtchens Altenberg. ^ unmittelbar an der Dresdner Poststraßc, liegt daS HauS de« Tuchmachermeisters Walther, welcher zu gleich«« Zeit ein Schnitt- ^ waarengeschäft betreibt. In dieses HauS stiegen die Spitzbuben, M wozu eine in der Nachbarschaft erst ausgesuchte und hergerichtet« Letter dienen mußte, und das geschah ^2 Uhr, unmittelbar un '