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SV. Sohrgang. AK 4S2 Freitag» 7. November 1VL4 GtzgrUn-el 18SK Dr-btantchrM: «»chrtchl.» »r«,»,». S«rnlp»a,»r-S»mm»lnumm»r: 2S241 Nur »Ur NachI,»IprLch,i 20 011. XM^o.8cmxot.^ ME opctgtNL firmn gsg?. 1633. Schniil.Uun» und jZaupIgetchLtlrNill«: Mariruslrutzr 2S-1O. Drrlaz von Ulrpich L IlrichardI m Dr»,d«u. PoMchrclt-^vnIki IOSs Dresden. Bezugs-Gebühr NachdruN, nur mu deutticher QueUennngad» «»Dresdner Nachr.- lUtätkq. - Unnertnnolk EchrMftuUi, »erden nicht auidewaorl. I.sinenkau8 I^Orll vsSböen-k. k^sr-cilnsricistr-slZs 2 lDLunenclseksri vor, ^i. so.- sn 81SppcisQksk>, itoppstsoit.LsIin, m Wotllütlung, von 3S.— SN ^tgsn« /Xrifsettgung 8r-c>8« ^uswstit Oskö Nülkert »rorirlNo^«« ?raxer 81raöe, Lcke 8!6on1en8lrLÜv. f. ügsmsnn ksez K.-8. ürssiien-z. siS>oKl,S>IigS8 l^luslöllsgöc! Sscjs-, V^/Lsol^- uncl XIO s ri I Lg 6 ri llsiekksltigss I/,^tec>sgsc! Reformmatznahmen der Reichsregiem En-e -es Personalabbaues. — Erhöhung -er Beamtengehälter. — Erweiterung der Auswertung. Die Minijlerlisle Baldwins. — Zwei weitere Deuksche in Frankreich verhaftet. — Die neuen Aeichsbanknolen. Ein einstimmiger Deschtuh -es Äeichs- kabinetts. Berlin, ki. Nov. Das Rctchökabinett befaßte sich in seiner heutigen Sitzung mit einer Reihe von Kragen, deren Lösung aus dem normalen gesetzliche» Wege durch die Auflösung des Reichstages verhindert worden ist. Unter Zugrundelegung non Vorschlägen des N e i ch ö f i n a n z >>> i n i st e r s D r. Luther führten die Verhandlungen zu folgendem ciu- ftimmig festgestellten Ergebnis: I« der aus Antrag des Final,zminiftcrs vom Kabinett bereits grundsätzlich beschlossenen Steuerermäßigung erblickt die Rcichsregiernng nur eine» Teil der durchgreifenden Reformarbciten, die sofort in Angriff genommen werden mtNsei», nachdem durch Verwirklichung der 8»1> - Millioncn- Anlethe die Ausführung des Sachverständigengutachtens ge sichert ist. Sin Teil der erforderlichen Mastnahmcn kann auf verwaltungStechnlschem Wege schon setzt getroffen werden, das, er durch die künftige Reichsregicrung dem neuen Reichstag sofort zur Beschlussfassung vorgelegt werden kann. Km Verwaltungswege sollen die Lchutzbcstimmuugen und Milderungen auf dem Gebiete des Personal abba ues, welche der Rcici»stag in Aussicht genommen hatte, dnrchgesührt werden, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Insbesondere soll mit Ablauf dieses Kalenderjahres der allgemeine Abbau eingestellt werden, «ur noch bei einzelnen Verwaltungen, die bisher im Ab bau behindert waren, soll mit Zustimmung des Reichsratcs und des Haupiausschusfes des Reichstages ein weiterer Ab bau stattsindeu Die Rcicharcgieruug wird ihre Bestrebungen aus Senkung der Preise weiter sorisetzc», weil sonst alle Bemühungen um eine endgültige Besserstellung der Gehalts, «nd Lohnempfänger erfolglos bleiben müssen. Außerdem be absichtigt die Reichsrcgieruiig, eine matzvollc allgemeine Ausbesserung der Beamtengehälter zum Zwecke ihrer weiteren Annäherung an die Fricdcns- nomiualgehälter sobald wie möglich durchznsührcu. Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Einheit Deutsch lands, die Hercinbringung der Ausländsanleihe von 80» Mil lionen Mark, die Wiedererlangung der handelspolitischen Krciheit des Reiches, endlich die Tatsache, das, die »nü vom Auslände anfcrlegtcn Lasten jetzt einigermaßen übersehe» werden könne», hat nunmehr die Möglichkeit geschossen, auch der Milderung der durch den Kriegsanogang und die Geld entwertung hcrvorgeruscnen Nöte nähcrzutrctcn. Dabei kann nunmehr über die früher in Aussicht genommene Be grenzung für die bedürftigen Kreise im Rahmen des wirt schaftlich Möglichen hinansgegangcn werden. Diesbezügliche Vorschläge unterliege» der Prüfung der Neichsrcgierung. Spekulative Gewinne sollen dabct ausgeschlossen werden. Die DötgerungLn 'aus diesen Maßnahmen für die Länder und Ge meinden zu ziehen, wird erst möglich sein, wenn über den Finanzausgleich durch den neuen Reichstag endgültig entschieden ist, da der jetzige Einnahmezustand einer Reihe von Gemeinde» durchaus vorübergehender Natur sei» dürfte. Die Reichsregicrung erwartet, daß auch diese Maßnahmen zur Gesundung des Volkes und Wirtschaftskörpers beitragen werden. jW. T. B.i . So begrüßenswert cs »st, daß die Rcichsregiernng endlich an die Durchführung eines innerpoliiisch wirtschaftlichen Pro gramms herangcht und Maßnahmen ankündigt, die schon fängst hätten getroffen werden müssen, so muß cs doch auf- sallcn, wie stiefmütterlich in dieser erste» programmatischen Ankündigung das ganze Wtrtschastsprogramm zur Erfüllung der Dawcs-Lasteii behandelt »nd wie offensichtlich Vorteile aus dem Londoner Pakt und Vorteile für einzelne V e v ö l k c r » » g s k r e i s c in den Vordergrund gestellt werden, lieber die Berechtigung der Maßnahmen, der Bc- amtcnfragen sowohl wie der in Aussicht gestellten günstigeren Anfwcrtnngsbcstimmiingen, soll nicht gestritten werden, aber diese einseitiac Hervorhebung der Fürsorge für große Kreise gerade zur Zeit des Wahlkampfes hintcrläßt einen nicht gerade günstigen Eindruck. Das neue englische Kabinett. Daldwins Minislerlijie vom König genehmigt. London, k. Nov. Der König hat die ihm von Baldwin vorgclegtc Mtnifterlistc genehmigt. Das Kabinett ist nach Reuter wie folgt gebildet worden: Baldwin Premierminister, Anften Ehambcrlgin Staatssekretär sür Acußercs, Churchill Lchatzkanzler, Eurzon Lordpräsidcnt des Geheimen Rates, Sir Worth» ugton Evans Staatssekretär sür den Krieg. Bridge man Erster Lord der Admiralität, Sir Samuel Hoarc Staatssekretär sür die Luftfahrt, Lord Birkenhcad Staatssekretär sür Indien, Nmcrq Staatssekretär sür die Kolonien, Sir Johnson HickS Staatssekretär für Inneres, Sir S t e e l c - M a i t l a n i> Staatssekretär des Arbeitsamtes, Sir Lloyd Greamc Staatssekretär des Handclsamtcs. Uebcr die Zusammensetzung des neuen Kabinetts wird weiter gemeldet: Lord Salisbury Wood Staatssekretär für Landwirtschaft, Lord 6 ave Lordkanzlcr, Sir John G t l »> o u r Sekretär sür Schottland, Lord Enstace P c r e n Staatssekretär sür Untcrrichtswcsen, 9t evillc El> a m bcr - lain Staatssekretär sür die Wohlfahrt und Douglas Hoag Gencralsiaatsaiiivall. -Hiermit ist die Minlstcrliste vollständig. Reuter znkolgc bildet die Ernennt'»« EhtlrchiNs zum Schatzkanzlcr die Sensation in politische» Kreisen, da eS sich »m einen n ichtigen Posten in der Regierung bandelt. Wenn a»ch Allsten Ehamb-'rlain znm stellvertretenden Führer des Unterhauses ernannt sei, was in der Praris bedeute, daß er der eigentliche Führer sei. so werde doch die enge Verbind»»,» zwischen Ehurchill »nd Valdivin In konservativen Kreisen lebhaft erörtert. Die nunmehr bckanntgegebene englische Ministerlistc muß nach mehreren Seiten überraschend wirken. Was vvr allen Dingen ausfüllt, ist das über Erwarten starke .Oeriwrtretcn gerade der Persönlichkeiten, die einst mit Lloud George das liberal-konservative Koalition Kabinett bildeten. Sie -Kten bisher in der konservativen Partei als geächtet, nachdem der verstorbene Bvnar Law vor zwei Jabre» in jener denlin,,, lügen Versammlung im Earlton - Klub diele» gemäßigten Flügel ausschaltetc. Seitdem waren seine Vertreter weder im Kabinett Bvnar Law »och i» dem Baldivins vertreten. Und wenn nun Männer wie Austen Ehambcrlatu und Lord Btrkenhead hervorragende Posten erhielten, so mnß das NN» so mehr wunder nehme», als noch »NI Mai dieses Kahres gerade Baldwin in sehr geharnischten Erklärun gen gegen sie zu Felde gezogen war, weil sic entgegen der Politik Bglä"'t»a die Arbeitcrregierung durch ein neue lonservativ-Itberale Koalition ersetzen wollten. -Heute steht gerade Austen Ehawbcrlain als Außenminister an der erben Stelle in der englischen Politik. Ein Beivcis sür die poli tische Einsicht Baldwins, daß gerade die hervorragendsten, io lange ansgcschalteten Köpfe der Univnisten nicht obne Scha de» für die Partei dauernd von führenden Stellen serngehal- te» werden können. Zugleich aber auch ein Beweis dafür, daß Baldwin durchaus nicht in» Fahrwasser der radikalen, zugleich auch eingeschivorcn deutschfeindlichen Dichards zu segeln beabsichtigt. Dieses Ziel wird noch klarer durch die Berufung Ebnrcbills in dar wich'tge Schanministcrium, das Sir Robert -Hvrne verweigert wurde. Ehurchill stand einst eng an der Seite Llond Georges, versuchte als Kvali- tivnslibcralcr mit ihm die Gründung einer neuen national- liberalen Partei. Er ist erst im jetzigen Wahlkampf ans die Seite der Konservativen getreten, »nd cs ist darum ver ständlich, daß kvnservalive Blätter forderten, er mußte sich erst kvnservative Sporen verdienen, ehe er einen Platz im Kabinett erhalten könne. Sicherlich werden sich die Dichards nicht sehr bereitwillig mit ihm absurden. Baldwin, der Führer des Kabinetts und der Kvnscr- vative» Partei, ist zweifellos keine nnsgesprochcnc Führer- persönlichleit, aber er hat durch die Berufung Allsten Ehamber- lains zum Vertreter der Regierung im Unterhaus und der hervorragendsten Köpfe der Partei einen ebenso klaren Blick bewiesen, wie der jetzige Wahlerfolg seine Taktik gegenüber Maedonalü glänzend gerechtfertigt hat. Trotz der maßvollen Politik, die die Zusammensetzung des Kabinetts andeutet, ist aber nicht zu verkenne»», daß die neue Regierung wieder deut licher Machtpolittk nach anbei» treiben und die Interessen der englische» Kndnstric noch stärker als bisher vertreten wird, was ans die deutsch-englischen Wtrtschgftsvcrhgndlnngen viel leicht nachteilig ciiiivtrken kann. Der aemüszigle Kurs Baldwins. London, 0. Nov. Sir W i l l i g IN Johnson Hi ct s er klärte heute nachmittag tu einer Rede, er wisse, daß Baldwin entschlossen sei, kein» Reaktiv» in der Konservative» Partei znznlaffen. Eine große Mehrheit derer, die für die Kon servative Partei stimmte, gehörte der arbeitenden Klasse an. »nd die Parlel bcabsichliae. das Ihrige zu tun, »im deren Lage z» verbessern. sW.T. B.) Reichskontrolle über Länderanleihen und Steuererleichterungen. Die chronische Unfertigkeit unserer parlamentarischen Zu stände bringt es mit sich, daß die Neichsregierung mehr, als sich eigentlich mit dem deinokratischen Prinzip vereinigen läßt, von dem Artikel 48 der Weimarer Verfassung Gebrauch zu machen gezwungen ist, der dem Reichspräsidenten bei Vorliegen eines Notstandes das Recht verleiht, die jeweils erforderlichen Maßnahmen aus eigener Machlvollkommcn heit unter Ausschaltung der regelmäßigen gesetzgeberischen Faktoren zu treffen. Der öffentlichen Kritik erwächst aus diesem Mißstandc — denn ein solcher ist die häufige An- wcndung des Artikels 48 zweifellos — die geschärfte Pflicht, mit besonderer Sorgfalt darüber zu wachen, daß Verordnun gen solcher Art unter alten Umständen streng auf wirt liche Notstands fälle beschränkt bleiben. Die leitenden Stellen sowohl wie die Politiker und Parteien dürfen nie die Empfindung dafür verlieren, daß der Artikel 4.8 eine zweischneidige Waffe Sarstellt, deren leichtherziger Gebrauch unvermeidlich zu einer allgemeinen Abstumpfung des poli tischen Lebens und des parlamentarischen Verantwortungs- bewutztseins führen mutz. Gerade jetzt ist wieder eine doppelte Gelegenheit gegeben, sich mit der Zulässigkeit oder Unzu lässigteil der Berufung auf den Artikel 48 zu beschäftigen, und zwar aus Anlaß der Verordnung des Reichspräsidenten über Ausländsanleihen der Länder und Gemeinden, sowie im Zusammenhang mit den von der Rcichsregiernng ins Ange gefaßten Steuererleichterungen. Tic genannte Verordnung bestimmt, daß Länder, G e - m c i n d e n u n d Gc m c i n d e v c r b ä n d e zur rechtsgültigen Begebung von Anleihen oder zur Aufnahme von Krediten im Airslande der Genehmigung des Reichsfinanz ministers bedürfen; die Versagung bedarf der Genehmigung des Rcichsrats. In einer offiziösen Münchner Mitteilung wurde unmittelbar nach dem Erlaß der Verordnung erklärt, daß sie von der bayrischen Negierung als ein Mißbrauch des Artikels 48 angesehen würde, und daß sic rasch wieder auf gehoben werden müsse,- andernfalls werde Bauern sic ein fach ignorieren. Wenn man den Verhältnissen, die durch die Verordnung in ihrem Lebensnerv berührt werden, auf den Grund geht, so kann man nur sagen, daß Bauern seinen bis herigen bundesstaatlichen Standpunkt völlig preisgeben müßte, wollte cs in diesem Falle nicht mit aller Energie die grundsätzliche Seite der Angelegenheit betonen und vertreten. Tatsächlich liegt die Sacke so, daß hier die Länder mit einem Federstrich in völlige Abhängigkeit von der Rcichsgewalt hin- cingctrieben werden ans einen» Gebiete, das auch jetzt noch, nachdem ihnen die Weimarer Verfassung sovicle Rechte ge nomine» hat, zu ihrer ureigenen Domäne gehört und das letzte Bollwerk ihrer staatlichen Selbständigkeit darstcllt. ES handelt sich nämlich um nichts mehr und nichts weniger als darum, daß den Ländern, Gemeinde» nnd Gemeindcver- bändcn die freie Verfügung über ihre Vermögcnsbeständc genommen werden soll. Wenn Länder oder Gemeinden heute aus den ausländischen Anleihemarkt gehen, »in Mittel zur Stärkung ihrer Finanzwirtschgst zu suchen, so stützen sie ihre Kreditfähigkeit ans den Wert des eigenen Vermögens, das ihnen nach der Begründung der ausschließliche», aber jetzt bereits als ans die Dauer »»haltbar erkannten Rcichö- finanzhoheit noch übriggebliebcn ist. Mil anderen Worten: Durch die Ansnahmcvervrdnung des Reichspräsidenten auf Grund des Artikels 48 wird kurzerhand das ver fassungsrechtlich sestgclegte Verhältnis zwischen Reich und Ländern zugunsten des Reiches und z u in Nachteil der Länder über die in der Verfassung selbst gezogenen Grenzen hinaus verschoben und der den Ländern noch verbliebenen finanziellen Selbständigkeit geradezu der Todesstoß versetzt. Eine derartige Aus dehnung darf Art. 48 nie und nimmermehr gegeben werden,- da durch wird geradezu die Gefahr heraufbeschworcn, daß am Ende der gesamte bundesstaatliche Eharaktcr des Reiches, sowcit er noch versassnngsmähig gewährleistet ist, mit diesem einfachen -Hilfsmittel" beseitigt werden könnte. Man wird daher uneingeschränkt der in der bayrischen Presse vertretenen Anfsassnng bcipslichten müsse», daß die Kontrollvcrordnung des Reichspräsidenten sowohl staatö wie sinanzpolitisch einen schweren Eingrisf in die Rechte der Länder darstcllt, der durch keine währniigspoltttschc» Erwägungen, wie sic in der Be gründung angeführt werden, entschuldigt werden kann. Auch die Bestimmung, daß der RcickSrat einer Ablehnung d«S