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71. Jahrgang. M 2S1 Menü-Avsgabe FreUag. 17. Juni 1927 Gegründet 185« DrabtansLrtfti SI»«hrtcht«n D»«»d«n Fernivrrcker-Tammelimimner - 2S 241 Nur illr NacktaetvrtlLe, 20 011 Bezugs-Gebühr Anzeigen-Preise: > l«. bk ». Juni >027 bei I ta« , bUreis iür Monai Juni Z Mark ohne Posiruttellünasaebübr. Etuielun««»» 10 Piennig irei Haus t.SO Mk. ebl ««»> marb^berechnei! die etnivMoe ZV mm breite ^ ellenaeiuche ohne Sie Anieiaen werden na» So„— . —- 8«il, » Psa., iür auswLrt, 10 Pia. ffamilienametgen und Stellenaeiuchc oh Rabatt » Pia., auherbalb 2S Pia., die SO mm breite Reklam»eile 200 Psa.. luherbalb 2»>Pia. viferlengebübrlOPsa. Ausw.Auiträae acaen Borausberabla. Schriftleiiuna und Hauotgelchästsstelle: Marienttrab« 3S -12 Druck u. Verlag von Liepich L Retchardt in Dresden Postscheck-Konto lOSS Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenanaabe «.Dresdner Nachr.'t »ulSssla. Unverlangte Schriftstücke werden nicht auibewahrt. Weitere Rußland-Besprechungen? Unter veränderten Bedingungen.—Briands Erkrankung ein willkommener Abschluß für Genf. Fünf Deutsche als Spione in Moskau verhaftet — Die Frauen -er Ozeanslieger in Bremen — Die Verlängerung -es Jotltariss noch ungewiß Die Besahungszisser nicht verhandtungsrels. Paris. 17. Juni. Marcel Ray betont im „Petit Journal" die bedeutende Nolle LtreiemannS in Gens bei der Behandlung der russischen Frage. Der etwas überraschend ftkkommenc Abbruch der Bcrhandlnngcn der sechs Staats männer sei daraus znrückzusiihrcn. dag man die Besvrcchnn- qeu weniaer iisscnilich aestalten wolle. Die Beratun gen würden übrigens an einem anderen Ort und unter anderen Bedingungen sortgcstthrt werden. Für die Lösung der rein deutsch-französischen Fragen be deuteten die Genfer Besprechungen einen günstigen Fort schritt. Dr. Stresemann habe der UntcrstandSkvniroUc nur unter der V o r a n S ' e ft n » a »naor»i„'mt daft die I » itia - tioe für diese Mafmahme der RcichSrealernng zusallc und der Nebcrvrllfnng selbst ein „Ansnahmc-Eharaktcr" betgeniessen werde — In der Frage de» Herabsetzung der B c s a tz u u g s - truppen hätte eine Aussprache nicht viel neues bringen können, da die französische Negierung nicht in der Lage sei, über die Zahl zn verhandeln, so lange die Forderungen der Bo i sch a f t e r k o n s e r c n z in der A b r n st u n g s f r a g e «och offen ständen. Brian- „verlangsamt" -as Tempo -er Annäherung. Die französische Presse über Genf. Paris, 17. Juni. In einem Kominentar zn den gestrige» ltzenser Ereignisse» spricht Pertinax im „Echo de Paris" oon einem plötzlichen Abbruch der Bcrhaiidlnngcn zwischen Strescmann und Briand. Briand hätte Strescinann wohl eine Berniindernng der Nhcinlandsbesatznng z u - gesagt, ohne das» Stresemann hierfür feste Bindungen erhalten hatte. Gestern hätte noch eine entscheidende Unter redung zwischen den beiden Anstenilitiiistern über diesen Pttiiki stattfinden solle». Briand dürste durch seine Er krankung für Wochen vom Quai d'Orsay fcrngchaltcn werden. Pcrtinaz führt weiter ans, das; Briand nur infolge der Schwierigkeiten, denen er bei der Bcrmirklichung der Politik von Thoirn begegnet sei, das Tempo der Annäherung .verlangsamt" habe. In den Unterredungen zwischen Strcsemann und Briand soll auch von der Nänmung selbst die Nedc gewesen sein. Die Forderung Briands nach Schäf tung einer K ontroll - K o in »> issi o n in der cntmilitari- tiertcii Zone hätte Strescmann aber mit der Forderung nach Ausdehnung der Kontrolle ans französisches Ge biet beantwortet. Der Genfer .Korrespondent dcö „Petit P a r i s i e n " erklärt, dast Dr. St re sein an» diesmal nicht ni i t leeren Händen nach Berlin zurücktehrc. Als Erfolge deS RcichSaußcnministcrs bezeichnet er die als sicher anzuschcndc Ausnahme Deutschlands in die Mandatskommission deS Völkerbundes, sowie das Uebercinkommen in der Mcmclfragd. — DaS Ergebnis der Besprechungen dcS BülkerbuiidSrateS über das russische Problem saht der Korrespondent dahin zusammen, das; bis auf weiteres jeder Staat seine volle Handlungsfreiheit bcibchalte und Chamberlain seine antirnssischc Politik allein sort- fuhre. Zn der gleichen Frage erklärt Saucrwein im „Matin", dost Frankreich als Verbündeter Polens daS grösste Inter esse daran habe, im voraus die Haltung Deutschlands hin sichtlich des Artikels 1« des Bölkerbundspaktes zu kennen, das von der Entscheidung Deutschlands abhängcn würde, ob Frankreich seinem polnischen Verbündeten militärisch bci- stehcn könne. Wie Brian- sein Verhalten in Gens begründet Paris, l7. Juni. Briand hat erklärt, das; seine Unter redung mit dem deutschen Reichsaußenminister Dr. Strcse mann zn einer völligen Einigung über alle zwischen Deutsch land und Frankreich augenblicklich schwebenden akuten Fragen geführt habe. In der Frage der .Kontrolle der zerstörten deutschen Ostfcstungcn sei der deutsche Anstcnministcr ent gegenkommend. In der Frage der Reduktion der Be- satzungsarmcc habe er, Briand, an dem bereits früher ver tretenen Standpunkte sestgchaltcn, daß nämlich eine Erleich terung der Besatz» ugsla ft cn die logische Konsequenz sowohl der Politik von Locarno wie vor allem auch der Erfüllung der deutschen A b r ü st u n g ö Verpflichtungen sei, nnd daß Frankreich dazu bereit sei, sobald die technischen Borbercitungcn erledigt sein werden. Diese Erklärungen werden so ausgclegt, daß Briand vermeiden wolle, der von ihm beabsichtigten Verminderung der Bcsatznngsarmee um einige tausend Mann den Anschein zu geben, als sei sie unter dem Druck der deutschen For derungen erfolgt, und das; deshalb die Zurückziehung der französischen Truppen erst in einigen Wochen erfolgen werde. Nach der deutschen Seite hin wird diese Verzögerung an scheinend damit begründet werden, daß der Abtransport der Truppen und die dadurch bedingte Umgrnppiernng der Bc- satzungSarmcc umfangreiche technische Vorbereitun gen notwendig mache. ES wird übrigens die Frage auf geworfen, ob nicht vielleicht Vriand durch einen ränmnngs- seindlichen Beschluß dcS Kabinetts Poincaro in seinen Berhandlnngcn um die Rhcinlandsragc mehr gehemmt sei als durch seine Krankheit. Kehraus in Genf. Abweisung des jugoslawisch-albanischen Streitfalles. Genf. i7. Juni. Nach Erledigung der letzte» Programm- pnnkte in der heute vormittag beginnenden Volkerbundörats- sitzung werde» die meisten Delegationen voraussichtlich bereits heute abend Gens verlassen. Chamberlain dürste heute abend abrciscn, mährend Dr. Stresemann nach de» bisherigen Dispositionen vermutlich erst am Sonnabend abend oder Sonntag früh Genf verlassen wird. Ein Teil der deutschen Delegation reist bereits Sonnabend früh ab. Wie jetzt bekannt wird, ist in den Besprechungen der sechs Staatsmänner auch die Regelung der jugoslawisch- albanische» Streitfalles eingehend behandelt worden. ES soll eine Einigung dahin erzielt worden sein, daß eine Völkerbunds-Intervention in diesem Konflikt als unzweckmäßig angesehen werde. Ferner soll beschlossen worden sei», bei den beiden beteiligten Regierungen auf mög lich baldige Regelung der Streitfrage hinzuwirkcn. Wie ver lautet, ist der Vertrag von Ti r a n a in den Verhandlungen nicht berührt worden. Die Danziger Beschwerde aus dem Programm. Berlin, 17. Juni. Ans der Tagesordnung der heutigen Sitzung des BölkcrbundsratS steht die Danziger Beschwerde gegen die Anlegung eines polnischen MiinitionSdepots auf der W e st e r p l a t t e. Fünf Deutsche in Moskau verhaftet. Angeblicher Spionagever-achi. (Durch F u n k 1 p r u ch.l Berlin, 17. Juni. Von einem soeben ans Moskau zurückgekehrten deutschen Großkanfman» kommt die Mit teilung, daß am Mittwoch, dem Tage seiner Abreise, fünf Deutsche von der G. P. U. sdcr früheren Tschekaj verhaftet worden sind. Zwei dieser Deutsche» wohnte» In dem gleichen Hotel wie unser Gewährsmann. Er konnte daher ihre Name» scslstellen: Dr. Jörns nnd Ernst Thiede. Die Namen der drei andere» konnte er nicht erfahren. Alle fünf, die sv- qlcich ins Gefängnis der G. P. U. ttbergcsührt wurden, wur den der Spionage zugunsten einer fremden Macht verdächtigt. Vorwürfe gegen -as polnische Skan-gerichk. «Durch F » >rkspru ch.) Moskau. 17. Juni. lTcl. Ag. d. Sowj.-Un.s „JSwcstija" weist Hb» daß da« milde Urteil dcS Warschauer anßcr- orteotstt»».» l»^rlch««botcö gegen K o w e r d a In der Ocffent- lichkcst Z-r * i ««"-ii berechtigte Entrüstung her vor-»sc. De"" k'chlcunigtc Gerichtsverfahren, so cr- klä-t vaS Biut» *ic r-o>»'she Regierung znr raschesten und sicherste» V »'ceaana aller Fäden des Verbrechens be nötigt. Die von der Sowjctrcgiernng in ihrer Note ge stellte Forderung hinsichtlich der Untersuchung des Ver brechens und der strenge« Bestrafung des Mörders ist von der polnischen Regierung faktisch abgelchut worden. Die Sowjetregierung wartet nunmehr die Stellungnahme Polens zur dritten Forderung der Ltqntdierung der w e i ß g a r d > st i- schen terroristischen Organisationen in Polen ab, um ihre endgültigen Schlüsse zu ziehen, inwieweit die Erklärungen der polnischen Regierung über den Wunsch, die frcnndnach- barlichcn Beziehungen zur Sowjetunion zu wahren nnd zn besser», de» Tatsachen entsprechen. sW. T. B.i Ein Dementi -er Sowjelunion. Moskau, Ist. Juni. Die Telegraphenagcntnr der Sowjet union ist ermächtigt, die von der Auslandspreise wiederholt verbreitete Meldung über die V c r h ä n g n » g d c s » r i c g s- zustandcS über Mvökau und Leningrad, über Mobilmachung in der Ukraine »»d angebliche Massen- repressalie» i» verschiedenen Städten der Svwictunivn als Erfindung zu bezeichne» und aufs entschiedenste zn dementieren. Jeder Grundlage entbehrten insbesondere die Meldungen von der Erschießung weiterer 28 ehemaliger Offi ziere in Moskau, sowie von Masscncrschicßnngen in Wladi wostok, Tscheljabinsk, TifliS, Charkow und anderen Städten. Das normale Leben sei nirgends gestört, und keinerlei Maß nahmen In Abänderung der Einreise-und Ausreiseordnung der Sowietunion seien getroffen. Eine Masscnansrcisc von Aus länder« sei keineswegs -« verzeichnen. jW. T. B.) Die neuesle Kel-enkal Minisker Grzefinskis. lVo» »liscrcm KönigSberger Mitarbeiter.! Man schreibt uns ans .Königsberg: Am 8. Juni tras in Königsberg der Innenminister Herr Grzesinski ein. Man wußte schon vorher, daß der verdienstvolle Kommandeur der KönigSberger Schutzpolizei, Polizei- oberst Rvosen, dessen außerordentliche Verdienste von allen Seiten anerkannt worden sind, ohne Angabe von Gründen seines Postens enthoben und in das Jnncnministerinm nach Berlin versetzt worden war. Dieser Akt, der die BrüSkicrung eines tüchtige» und chrenwericn Be amten bedeutete, geschah, obwohl Polizeivbcrst Rooscn nur anderthalb Jahr noch von der Altersgrenze entfernt war nnd daher, wenn nicht zwingende Gründe Vorlagen, seine Ver setzung nur als eine politische Maßnahme ausgefaßt werden konnte. Wir enthalten uns, in der Ocsfentlichkcit über die direkte Veranlassung zu reden, welche den Vorwand zu der Verabschiedung des Polizciobcrsten gegeben hat. Es sollen verschiedene Auffassungen in einem Pcrsonalsall gewesen sein. Der Minister hat eS nun aber für notwendig befunden, in Königsberg vor der versammelten Front der un- mittelbaren Untergebenen dcS Polizciobcrsten Roosen — sämtliche .Hundertschaften waren auf dem inneren -Hof der Pvlizeiknscriie versammelt — seine Kritik über den Vorgesetzten in einer Weise znm Ausdruck zu bringen, die für jeden Menschen, der die G r u » d b e g r i f f e von Autorität und Disziplin kennt — und daS sollte selbst ein sozia listischer Parteiministcr — unerhört nnd unfaßbar ist. Wie wir nämlich der sozialdemokratischen „Volkszeitung" ent- nchincn, die ihren Parteigenossen gewiß nichts Unrichtiges nachsage» wird, erklärte der Minister vor den versammelten -Hundertschaften, aber auch so, daß auch die Angehörigen der Tchntzpolizeibcamte», deren Familie» in der Kaserne wohnen, Gelegenheit hatten, äns de» Fenstern die Donnerrcde des übelgelaunte» Ministers aiizuhöre», „daß er den Kommandenr der KönigSbcrger Schutzpolizei, Oberst Roosen, entfernt habe, weil er IGrzesinski) nicht gewillt sei, Cliquenbildungen in der Polizei zu dulden. In der Schutzpolizei muß ein kamcradschasilicheS Verhältnis herrschen, damit das Publikum Vertrauen znr Schutzpolizei gewinnt. Von dem bisherigen Kommandenr habe er nicht die Uebcrzeugung gehabt, daß er die Schutzpolizei in diesem Sinne leite." Der Minister schnauzte daraus auch die übrigen Offiziere und Wachtmeister an nnd erteilte sogar seinem Parteigenossen, dem Polizei präsident Brandt, einen strengen Rüffel, indem er sagte, er würde ihm zeigen, -as; die staatliche Polizeigewalt von dem Leiter der Polizei ausgeübt werden müsse, womit er offen bar sagen wollte, daß Brandt dem Polizeivbcrst Roosen zu viel freie Hand gelassen habe. Uebcr diesen »»erhörten Vorgang herrscht in Königsberg in den weitesten Kreisen die größte Entrüstung. Diese kommt auch in der K ö » i g s b e r g e r Presse zu deutlichem Ausdruck. Die „Ostprcußischc Zeitung" und die „Königsberger Allgemeine Zeitung" erkläre» in nicht mißzuverstehender Schärfe, daß das Urteil dcS Ministers ohne jeden Untergrund sei, da Oberst Rooscn cS verstanden habe, einen gesunden und echt kameradschaftliche» Geist zwischen allen Dienstgraden zu wecke» und zu pflegen. Sie betonen, baß kein Wort scharf ge nug für die Art sein könne, in der der Minister cs für gut besnndcn habe, sein Urteil über den Kommandeur der KönigS- bergcr Schutzpolizei abzugcben. Eine solche „Brandrede" sagt die „KönigSberger Allgemeine Zeitung", verrate einen bedenk lichen Mangel an Takt, einem hochverdienten Manne gegen über, der sein Leben lang dem Staat in Ehren gedient hat, der sich den Orden Pour lc Meritc ehrlich erworben hat und sich nun i» dieser Weise brüskiert und bloßgcstellt sieht. Wie angesehen und beliebt der gemaßregeltc Polizeivbcrst Roosen ist. geht daraus hervor, daß der Polizcisportvcrcin ihn zu seinem Elirciivorsitzcndcn ernannt hat und daß der polizeiliche Gesangverein »nd der Verein der Schutzpolizei- offiziere ihn durch wertvolle Abschiedsgeschenke geehrt habe». Es war auch eine Abschiedsfcier für ihn geplant, von -er er jedoch Abstand zn nehmen in vornehmem Takt gebeten Hai Die KönigSbcrger Presse bezeichnet die unerhörte Be handlung dcS Pvlizeiobcrst Rooscn aber auch als eine schwere Beleidigung der Stadt Königsberg, deren Interessen durch die Versetzung des tüchtige» Kommandeurs der Schutzpolizei ge schädigt würde». Sic verwahrt sich dagegen, daß aus partei politischen Gründen eine Pcrsonalpolitik getrieben werde, die jede gedeihliche Amtstätigkeit auf die Dauer unterbinde. Wenn der Minister an dem gleichen Tage, a» dem er diese Rede hielt, bei dem Empfang im Obcrpräsidium um daS Vertrauen der ostvrcnßischc» Bevölkerung bat, und zugleich gIS erste posi tive Leistung einen Parteigenossen zum Polizeipräsidenten in Elbing ernannte, so wird er sich nicht wundern könne», daß ihm die „KönigSberger Allgemeine Zeitung" offen erklärt, daß er in diesem Zeichen in Ostpreußen niemals siegen werde. ES ist in der Tat die Versetzung des Polizeiobcrstcn Rooscn nur ein weiterer Schritt jener sozialdemokratischen Partci- politik, die daraus ausgeht. überall waschechte Republikaner oder noch besser Rcichsbannerlcute in die OfsizierSstellen der Schupo hincinzubringcn. Herr Abegg. früher königlicher preußischer Rittmeister d. N.. und Herr Grzesinski arbeiten ln dieser Richtung Hand in Hand. Die Absägung des hoch verdienten Berliner Polizcilommandcurs Kanpis im vorigcü