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72. Jahrgang. irr Mittwoch, 11. April ISA »«»ttchin, Aernlpkecher-Samniclnuininkr: 28 241 Nur lür Nachlgesprlichr: 20 Oll Negründel 18SK vom l. bi« IS. «prll isr« bn »ägttch ,weimoUger Zustellung srei La Postbe»ug«vret1 für Mona! »prll !> Marl odve Postjustellungtgebühr. M«»»>n»mm»r I» plennig. Die An,eigen werden nach Sloldmark berechnet: die einspaltige »» mm breite Zelle »s Big-, für au«w»rt» 4» Ptg. ffamittenan,eigen und Stellengesuche ohne »tabalt LlNgLlULlt'^»lkile. ,a Psa außerhalb rs Psg.< die uo mm breite ReNamejetle roo Big., ansierhalb «so Psg. Lssertengebkhi.10 Pfg. Auswärtige Austräge gegen Vorausbezahlung. Schristleitung und HauVlgeschästtstelle: Marienstrahe 3S/42 Truck und Verlag von Lieoich ck Reichardt in Treiben Posischeck-stonlo 1OSS Treiben Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe l,Dresdner Nachr.-l ruläilta. — »nver'nnaie kck,rII>-«Nck? werden Nicki! anlhewahrt. Rettet die evangelische Schule! Dlbelius über die deutsche Schulnot und die Kulturkrisis der Gegenwart. Die evangelische Aeichseliern-Tagung in Magdeburg. ^ lTigencr Drahtbericht der Dresdner Nachrichten.! Magdeburg, 11. April. Der HauptverhanblungStag deS evangelischen Retchselterntagcd, der heute vormittag eröffnet wurde, war außerordentlich stark besucht. Die bedcutcndsteu Führer der evangelischen Kirche waren anwesend. Der Vor sitzende Exz. Dr. Conce begrüßte eine große Reihe von Bcr- treteru hoher kirchlicher und kommunalpvlitischer Stellen. Den Festvortrag über .Di« deutsche Schulnot und die Kulturkrisis der Gegenwart" hielt Generalsiipcrintcndent D. Dr. Dibclius. Berlin. Er führt« etwa aus: Nach dem Scheitern des Kcudellschen ReichSschulgosetzes wird man zum mindeste» für geraume Zeit mit dem An dauern der gegenwärtigen Rechtslage auf dem Schulgcbiet zu rechnen haben. Die evangelische Elternschaft steht vor der Frage, wie sic unter diesen Verhältnissen ihre Aufgaben und Verantwortungen erfüllen könne. Charakteristisch für die gegenwärtige Lage Ist die U n - sicherheit auf dem gesamten (Gebiet des Schnllebens. Die Rechtslage ist so ungesichert, daß dieselbe» Schulen bald für Gemftnschaftsschnlen, bald für evangelische Schulen, bald üiitber für weltliche GemetiischastSschuien erklärt werden konnten, i« stach der Zusammensetzung der betreffenden llle- glerung. Das Schulgebet wird verboten, wieder cingeführt, wieder abgeschafst. Damit aber greift allst, I» bezng aus den Geist der Schule eine große Unsicherheit Platz. Weder weiß man genau, was für ein Geist in den weltlichen Schule» herrscht, noch ist man sicher, ob die evangelische» Schulen wirklich noch als evangelisch betrachtet werden Kinne». Unter dieser Unsicherheit leidet das Vertrauen der Eltern zur Schule. DaS aber ist ein Unrecht gegenüber der Lehrerschaft. Das ganze Bestreben der cvaiinclis-hrn Eltcrnschasl geht daraus, durch Klärung der Verhältnisse ein neues, unbefangenes Ver trauensverhältnis zwischen Eltern und Schule zu begründe». Dabei muß.man sich freilich klar machen, das, die Unsicherheit aus dem Schnlgebict ihre Wurzeln in der gegenwärtigen Sukturkrists hat. Diese ist durch die Revolution nicht geschaffen, wohl aber zur vollen Entfaltung gebracht worden. Das entscheidende Merkmal dieser Kulturkrisiö ist die Unsicherheit auf sittlichem Gebiet. Der Inhalt der sittlichen Norm steht nicht mehr fest, die sittlichen Triebkräfte sind dnrch die Verweltlichung der Kultur ihres letzte» Ernstes beraubt, und der Charakter des sittlichen Sollrns, das die Uebcrwindung des Triebhaften fordert, wird abgeschwLckt. Ohne kraftvolle Bestimmtheit des Sittlichen aber ist keine Kultur und vollends keine zielsichere Erziehung möglich. Man hat versucht, diese schwierige Lage, in die die Schule und ihre Arbeit dnrch diese Kulturkrise geraten sind, durch den Begriff der pädagogischen Autonomie" zu überwinden, so daß also die Schule ihre Arbeit in einer eigenen Welt und unter eigenen Gesetzen tun könnte. Aber das Leben der Schule läßt sich nicht isolieren. Nur durch positive Einwirkung aus das geistige Gesamt, leben der Ration ist der Schule zu Helsen. Hier liegt die Aufgabe der evangelischen Kirche. In den Nahmen dieser Gesamtausgabe gehört eS als be deutsame Einzelheit, die evangelischen Schulen, die jetzt be stehe». vor der „kalten Säkularisierung" zu schützen und sie mit kraftvollem, evangelischem Leben zu erfüllen. Das ist die Ausgabe der evangelischen Elternschaft, die dabei die evangelischen Lehrer und Lehrerinnen zu Bundesgenossen hat. Gerade im Kampf um die Schule wird eine evangelische Bolks- kirche erwachsen, bet deren Führung die evangelische Lehrer schaft notwendig mit an die erste Stelle rücken wird. Die evangelische Elternschaft hat mit der katholischen die Rolle gewechselt. Diese ist setzt im Besitz eines weltanschaulich ge sicherten Schulwesens, während die evangelische Elternschaft unausgesetzt über di« unfreundliche, ja feindliche Haltung kommunaler und staatlicher Behörden und über Eiugrisfe in Ihre ustverSußerNchen Ekternrechie zu klagen hat. Am Kampf der Geister aber ist immer hei der Unbedinglhcit ewiger Ziele »nd Verantwortungen der Siegs Der Kampf der evangelischen Elternschaft um die evangelische Erziehung ihrer Kinder kann nur mit einem vollen Siege enden! Es kommt für die evangelische Kirche daraus a», aus dem Sonntag in den Alltag hinabzustctgcn, aus dem heraus die Schule das Bild einer schweren Kulturkrisis widerspiegelt. Es genügt nicht, wenn die Schule die Kinder nur in die Pro blematik hineinführe. Man erweist der Jugend einen schlechten Dienst, wenn man ihr nicht die positiven Kräfte des Lebens znsührt. Der Redner schob dem Elterngewissen die ganze Ver antwortung für die Schulfrage zu. Die Familie sei noch immer nach seiner Auffassung die erste und vornehmste Erzieherin. Vom evangelischen Gewissen aus glaube er sich des Verständnisses »nd der Mitarbeit der evangelischen Lehrerpersönlichkeiten sicher. Es komme darauf an, daß all gemeine Priestertum zu statnteren. Er drückte zum Schluß die Hoffnung aus, daß wieder eine Zeit vollsten Vertrauens anbrechen werde, während das Vertraue» dieser Ncbergangs zeit vielfach erschüttert sei. Aus dem Amtsgericht Moabit entführt. WH-mest-riebersall durch junge Kommunislen B « rli». 11. April. Im Amtsgericht Moabit fand heute «arge» gegen 1V Uhr eine turbulente Szene statt. Aus dem Vorzimmer deS Neichsgcrichtsrates Dr. Vogt wurde von einer schwer bewaffneten Bande der wegen Landesverrates in Hast sitzende Schriftsteller OttoRrann befreit Trotz der sofort aufgcnommcncn Verfolgung konnte Braun nicht wieder verhaftet werden. Braun befand sich seit dem vorigen Jahre wegen Landcs- »errates in Untersuchungshaft. Seit einiger Zeit hatte seine Freundin, die SNjährige Olga Renario. die Erlaubnis, ihn ab «nd zu im Gefängnis zu besuchen. Neichögerichtsrat Vogt hatte ihr auch heute wieder diese Erlaubnis erteilt. Plötzlich drangen sechs bis acht sonntäglich gekleidete junge Burschen in das Zimmer, hielten den Beamten Revolver vor die Brust «nd forderten sic aus, die Hände hochznnehmen. Als ei» Fnftizwachtmcister versuchte, dem einen Burschen den Revolver ans der Hand zu schlagen, bekam er mit einem Gummiknüppel mehrere Schläge ans den Kopf, so daß er zu Boden siel. Zwei andere stürzten sich aus den Justizober- sckretär und würgten ihn, weil er um Hilsc rief. In dör Zwischenzeit alarmierten andere Justizbeamte, die die Hilfe rufe gehört hatten, mittels schrillen Pfcifcns daS ganze HauS. Bon allen Seiten eilten Justizbramtc und Polizisten herbei, doch ehe die Ansgänge versperrt worden waren, gelang es den Verbrechern, in einem bcreitftchendcn An io zu ent« fliehen Am Ausgange konnte man nur einen dieser Now- dyS seftnehmcn. Der sestgenommene Mitverschworene an dem Plan der gewaltsamen Befreiung des gefangenen Schriftstellers Brann gestand nach seiner ansänalicheu hartnäckige» Weigerung, eine Auskunft über sich und seine Mitbeteiligung zn geben, ein, daß der Plan seit acht Tagen sorgfältig vorbereitet worden sei. Er behauptete jedoch, daß er die anderen Mit» verschworenen nicht gekannt habe, «nd daß überhaupt keiner von der Persönlichkeit deS andern Kenntnis gehabt habe. Er gab dann z«, daß er Karl Philipp heiße. Sr sei Schlächter, geselle von Berus und LI Jahre alt. Die bei ihm gefundene Dreqse-Ptstole will er erhalten haben. Auch die anderen seien in derselben Weise ansgerüstet worden. iWTV! Des näheren wird uns hierzu »och gemeldet: Braun befand sich seit vorigem Jahre mit etnem anderen Komm»- nisten, Semmelmann, zusammen in Untersuchungshaft wegen Landesverrat. Olga Benarto wurde wie üblich in das Zimmer des Untersuchungsrichters geführt, an das sich dann das Sprechzimmer mit einer direkten Verbinbungstür zum Untersuchungsgefängnis anschließt. Während sich die Benarto unter Aufsicht des Obersekretärs Schmidt mit Braun unter hielt. drangen in das Vorzimmer» in dem sich nur ein Justiz. Wachtmeister aufhielt, die mit Pistolen bewaffneten jungen Burschen ein, riefen „Hände Hochs", stürzten sich im selben Augenblick auf den Justizwachtmeister und schlugen ihn zu Boden. Auf den Lärm hin eilte der Obersekretär Schmidt aus dem Nebenzimmer herbei, wurde aber gegen die Wand gedrückt. Die Burschen hielten ihm eine Pistole gegen die Stirn, so daß er eine leichte Verwundung davontrug. Dann verschwand die ganze Bande zusammen mit Braun. Derpahle Gelegenheit. 2» Wanderkino-Automobile von de« Kommunisten ansgekanst. lDraht Meldung unserer Berliner Schristleitung.! Berlin, 11. April. Bor einiger Zeit wurde in Naumburg a. d. Saale die Dcwolt als ein nationales Unternehmen gegründet, das sich zur Aufgabe machte, Wanderkinos durch ganz Deutschland zu schicken und in weiten Kreisen nationale Filme vorzuführen. Leider hat sich dieses Unternehmen wirtschaftlich nicht halten können »nd ist be kanntlich vor kurzer Zeit in KonkutS gegangen. Nun griffen t» Anbetracht der kommenden Reichstagswählen nicht etwa die nationalen Parteien zu. sondern man kümmerte sich leider auf der Rechten nicht um die Konkursmasse, mit dem Ergeb nis, daß die Kommunisten nun ihrerseits daS gesamte Unter nehme« ansgekanst habe« und daS Land mit 20 erstklassigen modernen Wanderkino-Automobilen mit ihren Propaganda» silme« überschwemmen werde«. Die gefährlichen Verladerampen. Koblenz, 11. April. Die Nhelnlandkommlssion hat »dt ^ ' -- - , di« Relchsbahnbirektion in Trier in etnem Schreiben angewiesen. In ihrem Bezirk sämtliche Verladerampen, die in der Zeit von 1014 bis 1018 zur Verladung von Truppen hcr- gertchtet worden sind, abzu reißen oder unbrauchbar zn machen. Um Spaniens Sitz im Dölkerbun-sral. tVon unserem Genfer Mitarbeiter.) Genf, den 10. April. Seitdem der spanische Wiedereintritt in den Völkerbund, d. h. die Zurücknahme der AnstrittLerklärung, verbindlich geworden ist, besaßt man sich in den politischen Kreisen Genfs allmählich bedeutend ausführlicher mit der Frage des spanischen Sitzes im Völkerbunüsrat. In den letzten Tagen haben sich einige Madrider Depeschen deutlich über diese Sitzfragc ausgesprochen und es liegt sogar eine Meldung vor, wonach Prtmo de Rivera sich persönlich in Genf vorzustcllcn die Absicht hat, wenn die Vollversammlung Spanien einen mit der Eigenschaft der Wiedcrwählbarkctt ver sehenen Ratssttz zugesprochcn habe. Es herrschte niemals irgendein Zweifel darüber, daß Spanten sehr schnell wieder in den Völkerbundsrat gelangen würde, obwohl ein ständiger Lttz natürlich nicht in Frage steht. Nach menschlichem Ermessen kommen für ständige Natssitzc nur noch die Vereinigten Staaten und Rußland von allen im Völkerbund noch fehlenden Län der» der Erde in Betracht. Der spanische Wiedereintritt ge schieht ohnedies, wie es übrigens von der Madrider Regierung anerkannt worden ist, „völltg bedingungslos". Mit dieser Bedingungslosigkeit dürfte es indessen doch eine gewisse Bewandtnis haben. Es liegen genügend An zeichen vor, daß Frankreich und England auch dieses Mal ivieder etwas optimistisch aus die Vollversammlung gerechnet haben, daß sie es aber zugleich an der Vorsicht nicht fehle» ließen, keine ganz offiziellen Zusicherungen zu geben. Die Voll versammlung hat berceits anläßlich zweier bemerkenswerter Sessionen gezeigt, ivie wenig sie willens ist, vorzeitige politi sche Versprechungen einiger Großer nachträglich einzulösen, und sic hat sich damit als ein für die Großmächte etwas un zuverlässiges Werkzeug erwiesen. Trotzdem dürsten die Groß mächte Spante» nicht viel weniger als die sofortige Wieder wahl i» den Rat versprochen und dafür als eine Art Rück versicherung die spanische Erklärung der „Bedingungs losigkeit" erhalten haben. Ohne das Bestehen einer der artigen Abmachung wäre kaum zu erklären, wieso die spanische Presse in der Lage war und ist, sich mit so großer Bestimmtheit über den zn erhaltenden nichtständigen, aber sicherlich als wtcdcrwählbar deklarierten Sitz zu äußern. Die praktische Lösung der Sthfrage wird allerdings nicht einfach sein. Es treten dieses Jahr Holland, Kolumbien und China aus dein Rate aus und nun dürfte sich die Frage erheben, in welche der leeren Stellen Spanien cingcschoben werden soll. Angesichts der besondere» lateinamerikanischen Verhältnisse, auch wenn Brasilien noch nicht wieder cintrttt und Argentinien sich weiterhin zurück hält, kann nicht damit gerechnet werden, daß der Sitz Kolumbiens ohne schwere Verwicklungen an Europa ab getreten werden könnte. An die Stelle Kolumbiens wird wieder ein lateinamerikanischer Staat gewählt werden müssen. Ganz ähnlich verhielt cS sich bis vor kurzem mit dem durch Holland fretwerdenden europäischen Ratssitz, den die nordi schen Neutralen im Turnus zu besitzen beanspruchen. Es blieb somit für Spanien nur die von China ge schaffene Lücke übrig, die aber eine ganze Reihe von Schön heitsfehlern auswies. Sobald der zweite asiatische Sitz an Europa überginge, wäre der gewaltige asiatische Erdteil nur noch non Japans ständigem Sitz vertreten und damit tn eine ganz klägliche Rolle gedrängt. Freilich kommt China nicht weiter tn Frage, obwohl es natürlich die Wiederwählbarkeit verlangen kann, was aber niemand erwartet. Als zweiter Vertreter Asiens steht Persien sprungbereit, zum zweiten Male: gewisse Rechtsansprüche macht dann schließlich noch die Türkei geltend. Gegen den Gedanken, Asien seinen zweiten Sitz wegzunchmen, bestehen ohnedies politische Bedenken von schwerem Gewichte: Rußland würde sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, bet der Propaganda in Asien gegen Europa im allgemeinen und gegen de» Völkerbund im besonderen diese Hintansetzung Asiens auf jeden Fall so weit als möglich auSzubciitcn. Das Problem der Neuwahl Spaniens in den Völker- bundsrat enthält zweifellos in jeder Beziehung seine Schwierigkeiten, auf deren Ueberivinduiig man gespannt sein kann. ES ist eine unwiderlegliche Tatsache, daß für einen nach wahrhafter Universalität strebenden Völkerbund die Ratssit-e zu sehr auf Europa znsammengedrängt sind, „nd daß die wechselnden Sitze besser über die ganze Erde verteilt »»erden müßten. Wie sich gegenwärtig die Lage darstcllt, kommt für Spanten »»r das ablaufendc holländische Rats- mandat in Frage, sicherlich gegen die Stimme» der nordi- chen Neutralen, die aber natürlich lange nicht hinreichen können, den „nordischen Turnus" ausrcchtzucrhaltcn. Für die Techniker der Sttzcvertcllung besteht glücklicherweise der Umstand, daß Finnland auch 1828/20 dem Rat angchört. was ihnen ermöglicht, die nordischen Königreiche zu veranlasse», ihrem Kreise auch Finnland zuzurcchne» und sich damit als vertreten zu fühlen. Keine Deukschen bei -em Smyrnaer Erdbeben verungiückk. Berlin, 11. April. Das dcntsche Konsulat in Smyrna hat dem Auswärtigen Amt berichtet, baß bei dem schwere« Erd beben, das jüngst Smyrna und Umgebung hetmgesucht hat, weder Dcntsche noch deutsches Eigentum zn Schaden ge kommen ist.