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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.09.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050922018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905092201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905092201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-22
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.09.1905
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«tgrw » von < — »Derlei ,n finden, lir Hede» Unbeteü .jäbnmltte» geben, das hmunaen bei der Behandlulw und »wischen Arbeitgebern und Arbeit- :e von lrgrud emer Seite Wider- luß. daß e» nickt richtig und auch ins unverständlich sei, wrnn sich aus den Standpunkt stellten, dah »war den Arbeit- Recht der Koalition »ustehr, das gleiche Recht der de-Landwirtschaetlichen KreiSvereins aufdaS lau fende Iabr 1905 sind setzt vom Könlal. Ministerium des Innern vollständig erfolgt. Liese- hat unter Festsetzung des Bedarfs des Dt-vosition-fonds ans 25826 Mk. den StaatSzuschrch filr denselben in Höhe von W885 Mk., fiir die landwirtschaftliche Schule zu Freidera 5300 Mk.. für die Landwirtschaftliche Schule zu Meiden 1t 87V Mk.. für den ReblnnSknrsns lOO Mk., für den Wlnzerkursus 1750 Mk.. für die Landwirtschaftliche Hnnshaltschnle 1000 Mk. auf da- Iabr 1905 bewilligt. Dein Kreisverein sind initbin für landwirtschaftliche Zwecke an lausenden Unterstützungen aus Staatsmitteln 43805 Mk. bewilligt worden. Ungerechnet sind bierbri alle diejenigen Staatsbeibilsen, welche nicht in den Haus- hgltpltlnen Ausdruck finden, so z. B. die Stipendien für Schüle rinnen der Landwirtschaftlichen HnnSkialtschnle von 825 Mk.. ferner 600 Mk. BerechnnngSgeld für die Fortsetzung des Wettervvrber- sagediensies für landwirtschaftliche Zwecke s» Dresden und Leipzig, dann Beikilfen zur erstmaligen Beschaffung von GeirosseuschastS- bnllen, wie eine solche erst in letzter Zeit wieder der Zuchtgenosscu- lchast Kleinschirma im Betrage von 1060 Btt. zni» Ankauf dreier Rassebullen bewilligt wurde. AnS alledem ist zn erkennen, das; daS Königl. Ministerium des Innern dem Kreisverein und seinen Bestrebungen ein dauerndes Wohlwollen beweist und alle zur Er haltung und Wetterführung der vorhandenen Einrichtungen not wendige» Mittel bewilligt hat. Der Kreisverein seinerseits lässt cs auch an der tatkräftigsten Förderung dieser Einrichtungen nicht fehlen. Seine hauptsächlichsten Bestrebungen gelten der Hebung der Viehzucht, um eine ausreichende Versorgung des deutschen Vaterlandes mit allen notwendigen Erzeugnissen der Tierzucht auch zu seinem Teile mit zu unterstützen. U. a. wurde die Ein richtung von Inngvielnvewen, die eine rationellere Aufzucht des Jungviehes berdeifuhren und eine liühereA usuiitznug wertvoller Zucht tiere ermöglichen, angeregt und infolgedessen sind an verschiedenen Orten im rrzgebirgischen Teile des Dresdner Bezirks schon größere Flächen für Jnngvirbweidcn bestimmt und als solche angelegt worden. Die seit mehreren Jahren gegebenen Anregungen zur Gründling von Ko»trollvcrcine» haben ebenfalls nunmehr greif bare Nesiiltate gezeitigt, indem ein solcher im Vcreinsbezirk Wils druff entstanden ist. Die Bemühungen des Kreisvercins gelten aber nicht nur der Hebung der Großviehzncht, sondern auch der Kleinvieh- (insbesondere der Ziegen-) und der Geflügelzucht So sind namentlich zur Förderung der Produktivität der Geflügel- stämmc in neuester Zeit Massnahmen zur Veredelung dieser Stämme getroffen worden. Die zur Hebung des Waldbaues be willigten Mittel werden zu Beihilfe» ziim Ankauf von Wald- vlla»zen und zur Honoriening fvrsllechnischen Beirates verwendet. Erfreulich ist die Erscheinung, dah die bäuerlichen Landwirte dem rationellen Waldbau vermehrte Aufmerksamkeit znwenden, und zu wünschen bleibt nur. dah die Waldbesichtigungc» in de» Bezirke» landwirtschaftlicher Vereine auch in solchen Gegenden weiter ver anstaltet werden, in welchen sich Wgldbestäude in den Händen des mittlere» und kleinen Grundbesitzes finden. Die Tätigkeit in bezug auf Meliorationen, insbesondere im Hinblick auf die Ent rind Bewässerungsanlagen, läßt einen Rückgang erkennen. Die Sveisekartoffel-Anbanversnche sollen vorläufig noch weiter fort gesetzt werden, obwohl dieselbe» bisher noch recht wenig Resultate ergebe» haben, die allgemeine Anhaltspunkte für die Nutzbarkeit der verschiedenen Speisekartosfelsorten darbieten. Ans dem Gebiete deS landwirtschaftliche» Genossenschastswcsens macht sich auch im laufenden Jahre erfreulicherweise mit zunehmender Energie eine recht lebendige Bewegung geltend. — Zur Besichtigung der grossen Station für drahtlose Ferntelegraphie rm städtischen Elektrizitätswerke an der Wettiner Straße und zur Ausführung einiger Versuche i» der Nackt zum Sonntag trafen Sonnabend abend der Direktor der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie Graf Arco ans Beilin, der als Spezialist für Fuukentclcgraphic bekannte Kapitän Feind ans Paris und Ingenieur Chaponlis ous Paris hier ein. Die Herren arbeitete» in Gcnieiuschaft mit Professor Knblcr von der Techni schen Hochschule und den Ingenieuren Dr. Morch und Bohe bis zinn frühen Morgen. Tie Unterstützung, die die Stadt Dresden der wissenschaftlichen Forschung durch die Zulassung der Errichtung der Station im Elektrizitätswerke gewährt hat, »nd das Interesse der Ingenieure des Elektrizitätswerkes, iinmcntlich auch des Herrn Oberiiigenieurs Meng, fanden die Anerkennung der fremde» Herren, die nicht inüde wurden, ihrem Beifall lebhaften Ausdruck zu geben. — Der Text zu Devrients Festspiel „Luther", das vom 27. d. M. ab im Ansstellungspalast ausaeführt wird, ist zum Preise von 1 Mk. in Justus Naumanns Buchhandlung, Mallstratze, zu haben. — Die „Barbarin e", die steinerne Jungfrau, der sagen- »mwobcne Felskegel am wildromantischen Pfaffenstcine, ist er stiegen worden. Zwei Dresdner Herren, Slud. jur Pfehr- inann und Oliver Perry-Smith, erreichten den Gipfel. Lang und beschwerlich war der Aufstieg, gefährlicher wohl noch der Abstieg. Aber mit Ruhe und Sicherheit überwanden beide die Schwierigkeiten. Zur Erinnerung an die gefahrvolle Fahrt hinterlegten sie ihre Karte und pflanzten als sichtbares Zeichen einen vom Bergwirt Keiler gestifteten Bergstock auf. — Schon am vergangenen Sonntag versuchten zwei Dresdner Herren den Gipse! zu erklimmen, kamen aber nur ungefähr bis zur Hälfte. — Central-Theater. Das vortreffliHe September- Programm mit seinen Glanznummern Marccll L>alzer, Paul Jülich, Toch u. Tard, Les Floridas, Erna Ko sch et u!w. wird allabendlich mit ganz außerordentlichem Beifall aus- genommen, der sich Zugabe auf Zugabe aus den programm mäßigen Nummern erzwingt. Um von vielen Seiten geäußer ten Wünschen gerecht zu werden, hat sich Herr Marccll Salzer entschlossen, von morgen ab für die letzten acht Tage des Monats außer den ausgezeichneten Rideamus-Satyren noch den „Böhmischen Fremdenführer" zum Vortrag zu bringen. — Der heutigen Nummer d. Bl. liegt für die Postauflage ianswärtige Lesers ein Prospekt über den sogen. Venhkt- Dämpfer sKartoffel-Dämpser für die Landwirtschafts von der Maschinenfabrik A. Venhki, Aktiengesellschaft inGraudcnz und Kassel, bei. — In Friedersdorf bei Pulsnitz erhängte sich am Dienstag der 30 Jahre alte WirtschaftSgehiise Kind. — In Brambach wurde gestern mittag die in den 50er Jahren stehende Witwe Heinrich wegen eines Gift- Mordversuchs verhaftet, der gegen ihren Schwiegersohn, den Geiaenboaenmacher Wolfram und dessen Familie gerichtet war. Die Heinrich hatte versucht, durch Giftpilze, die sie ins Mittagessen der Wolsramschen Familie mischte, diese ans dem Wege zu räumen, was aber rechtzeitig vereitelt werden konnte. Als Grund nimmt man an, daß die Witwe das Grundstück ihres Schwiegersohnes, das dieser von ihrem vor zwei Jahren er tränkt aufgesundenen, damals stark verschuldeten Manne über nommen hatte, wiederhaben wollte. — Landgericht. Die 1853 in Notzwein geborene Dienst- magd Marie Ernestine Weber kann sich nicht mehr auf ehrliche Weise ernähren und verfällt deshalb immer und immer wieder dem Strafrichter. Im Juni d. I. verübte sie in der Gegend von Wilsdruff und Mohorn in 5 Fällen Mietgeldprellereien und erlangte in jedem Falle 3 Mark. Sie wandert auf 10 Monate inS Gefängnis und verliert die Ehrenrechte auf 3 Jahre; die Untersuchungshaft kommt mit 2 Wochen in Anrechnung. — Als rückfälliger Betrüger verübte der 1875 in KIcinopitz geborene „Arbeiter" Friedrich August Scharschuch im Juli in Coschütz und Dresden drei Zechprellereien und nannte einem hiesigen Gendarmen gegenüber einen falschen Namen. DaS Urteil lautet auf 5 Monate Gefängnis, wovon 3 Wochen als verbüßt gelten, und 8 Jahre Ehrverlust. — In Niederlößnitz erbrach der auS Großenhain gebürtige 18jäbrige Glasarbeiter Karl Friedrich Schindler die Wohnung eines Hausgenossen and einen Wein keller und erbeutete ein silbernes Besteck und zwei Flaschen Spirituosen. Er wird wegen schweren Diebstahls zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Beziiglich der Genu ßniittcl-Ent,oendung mutz da» Verfahren eingestellt werden, da kein Strafantrag»-, pellt fft. — Der mindesten» sechsmal vorbestrafte Arbeiter Wil- Helm Robert Ulbrich, 1881 in Grünwald geboren, stahl im Juni ,n Limbach. N.iederrödern und Hirichfeld Mitbcdiensteten keine Geldbeträge, eme Taschenuhr im Werte von 38 Mark und eine Uhrkette. Im Juli betrog er in Pirna einen Wcinbändler um 80 Psg. und in Seidcwiß einen Esirstwirt um 1 Mark Zeche. Dem herbeigeholten Gendarmen gegenüber nannte er sich „Wil helm". Die 6. Strafkammer diktiert ihm 1 Jahr 6 Monate Gefängnis, 8 Wochen Haft und 3 Jahre Ehrverlust zu. — In dem Buchmacher - Prozesse gegen den Stellenvcrmiltlcr Raspe und Genossen ergab sich durch die Beweisaufnahme am ersten Verhandlungstage nichts von Belang. Die vernommenen Zeugen sagten lediglich über die Einrichtung der Weltbureaus, ins- oejondere des Raspeschen, ausF Im allgemeinen wiederholen sich dieselben Feststellungen, welche bereits in den früheren Pro- -essen gemacht worden sind. Eine lange Auseinanderietzuna ent spann sich zwischen dem Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Kroch Leipzig, und einem als Zeugen geladenen Steuerbeamten. Der Verteidiger behauptete, daß ein Weltbureau gar nicht in der Lage sei, dem Wettenden einen schriftlichen Ausweis über die Versteuerung einer Wette zu geben, wenigstens soweit cs sich um Jnlandswetten handelt. Bei diesen su»giere der Totalisator als Unternehmer, gebe aber dem Vermittler keinen Steuer- Ausweis. Würde der Vermiltler Stenermarken kaufen und auf die den Kunden ausgeliändigtcn Wettscheinc kleben, so würde eine strafbare Doppelbesteuerung vorliegen. Einfacher liege es bei Äuslandswetten, bei denen der Vermittler als steuer- pflichticer Unternehmer gilt. Der Zeuge kann die Einwendungen des Verteidigers nicht voll widerlegen. Sozialdemokratischer Parteitag. An dcni M i l t w o ch - N a ch m i t t a g - A u s s l u g nach Dornvurg an der Saale nahmen trotz des wenig günstigen Wetters sowohl die auswärtigen Delegierten wie auch die Jenenser Genosse» in großer Zahl teil. Alan fuhr mit der Bahn heraus, trank an der Saale Kaffee, trieb allerlei Allotria und suhr abends nach Jena zurück, wo sich bald alle Lokale mit Ge nossen füllten. Das kleine Jena, m dem nun schon seit süns Tagen aus dem Karl Zciß-Piake die rote Fahne weht, siebt völlig unter dem Bann der Genossen, die die wenigen Hotels und Gasihöse bis unters Dach gestillt haben. Alle Trinkjläften der Stadt sind mit Genossen besetzt. Auch hierbei zeigen sich die beiden Richtungen des Parteitages: während Singer, Bebel, Ttadthagen, Kautsch und die übrigen Radikalen sich um eine» Tisch gruppieren, sitzen um einen anderen Tisch Bernstein, Heine, Tr. Braun u. a. eng zusammen. Tie Wirte sehe» den Besuch der Genossen sehr gern. Sind es doch meistens'bester situierte Leiste, die ein schönes Stück Geld in Jena lassen. Viele haben auch lbre Frauen mitgcbracht. Tic schone Umgebung Jenas übt ebenfalls eine starke Anziehungskraft aus die Genossen aus. So kann man käst jeden Abend Singer und Nasa Luxem burg im Paradiese, dem herrlichen Jenenser Stadlpärk an der Saale, sich ergehen sehen, beide estrig in einem Parleidisvul vertieft. Interessant ist, daß die behördlichen Verbote in diesem Parke wie „Im Paradiese sind Hunde an der Leine zu sichren" nsw. von einem Namensvetter Singers, dem Oberbürgermeister Singer, unterzeichnet sind. Zu Beginn der Donnerstag-Vormittag. Sitzung ist Dr. Friedeberg, der Vater des Anarcho Sozialismus, im Saale erschienen. Aus der Tagesordnung steht zunächst die Debatte über die Maifeier. Zu diesem Punkte liegt vom Neichstagsabgeordneten Richard Fstcher bekanntlich eine Resolution vor, die auch für die Zukunft die Arbeilsruhe am 1. Mai als die würdigste Form der Maifeier bezeichnet. Erster Redner ist Rothe-Berlin. Ter in Köln hervorgetretenc Gegensatz habe viele Parteigenossen stutzig gemacht. Man habe sich gefragt: Was ist denn geschehen, daß jetzt mit einem Maie die Maifeier abgehalstert werden soll? Es werde ernstlich zu erwcigcn sein, ob die Stellung mancher Gewerkschaftsführer mit der Stellung in der Partei vereinbar ist. Man kann hier sehen, wie recht Bebel mit seinem Worte von den „Genossen in g^e h o b e n e r L e b e n s st e l l u n g" laste. Solange Robert Schmidt Arbeiter war, hat er energisch wie jeder andere den Maiieicr-Gedanken propagiert. Krüger-Dresden tritt für die Beibehaltung der Maifeier in der bisherigen Form ein. — Hierauf nimmt Reichstagsabgeordneter Robert Schmidt- Berlin zn einer cinstündigeii Rede das Wort. Er betrachte es als ein gutes Omen, daß der Parteitag einen Antrag ange nommen habe, der die Fraktion beauslraat, für Arheiterkammcrn einzntrctc». Darin sehe er ein gutes Zeichen dafür, daß man den Wünschen der Gewerkschaften cntgcacnkoiiime und vorhabe, vorhandene Gegensätze zu beseitigen. Wir wollen keine Aends- rung der Maifeier selbständig herbeiftihren, sondern wir wissen, daß sie nur möglich sein wird aus Grund der Beschlüsse eines neuen internationalen Kongresses. Es liegt uns auch fern, etwa eine Kraftprobe zwischen Partei und Gewerkschaften herbeisühren zu wollen, und hoffentlich gelingt cs noch vor dem kommenden Internationalen Kongreß in Stuttgart, eine Einigung zn stände zu bringen und den Wünschen einer großen Zahl von Gewerk schaftsführern entgcgenznkommen. Die Maifeier als M assen de m o n st r a t i o n soll von uns nicht nngetastct werden. Aber cs hat sich im Lause von 15 Jahren gezeigt, daß nur ein kleiner Teil der Industriearbeiter in der Lage ist, die Maifeier durch Arbeitsruhe zu begehen. Wenn das der Fall ist, dann macht die Maifeier gar keinen Eindruck aus die Kapitalisten. Das kann nur geschehen durch gewaltige Massendemonstrationen am Abend, wie wir sic wollen. Heute ist die Maifeier keine Massen demonstration. Den Gewerkschaften liegt es icrn, ihren Beamten die Tätigkeit kür die Partei zu verbieten. Aber die Gewerk- schäften sollen doch nicht eine Art TiSkistierklub iiir die Partei sein. Die Streitfrage über die Neutralität der Gewerkschaften ist müßig. Tie Gewerkschaften sind nicht gewillt, von ihrem bis Hermen Standpunkte abzuqeben. Aber man muß einen Unter, schied zwischen Partei- und Gewerkschaftsmitgliedern machen. TlllltSaeschichte. A»S Deutsch-Südwcstasrika. Aus der englischen Kolonie wird, wie bereits einem Teil der Leser mitgeteilt, von einem schweren Verluste dcrDeutschen im Kampfe gegen dieWltboi be richtet. Da über die jüngsten kriegerischen Ereignisse in jenem Gebiet eine ausführliche Meldung des Generals von Trotha vorliegt, die nichts von einem solchen Vorgänge besagt, wird auch diese Kapstädter Nachricht wohl hoffentlich wie die früheren in den Bereich der Erfindung zu verweisen sein, zumal an maß gebender Stelle in Berlin eine Bestätigung dieser Meldung nicht vorlicgt. Die erwähnte Hiobspost lautet: Während der Ver folgung Wilbois durch General v. Trotha entkam Witboi den vereinigten Abteilungen. Witboi griff den langen deutschen Konvoi in der Nachhut bei Keetmansboop an. Tie Begleit mannschaft wurde überrascht und fast völlig niedergemacht. Der Feind erbeutete 1000 Stück Vieh, 122 Wagen, darunter einige mit Munition beladene, und eine Anzahl Gewehre. Eins ist jedenfalls klar, daß die endgültige Beruhigung der schwergeprüften Kolonie noch immer nicht in greifbarer Nähe und das mindestens so lange, bis Hendrik Witboi aiisacstindcn und ergriffen ist, tot oder lebendig. General v. Trotha wird nun seinerseits kaum noch zu größeren Unternehmungen schreiten. In Keetmansboop beabsichtigt er möglicherweise in Verhand lungen mit Morenga zu treten, um wenigstens den äußersten Süden des Schutzgebietes dem neuen Gouverneur von Lindequist pazisiziert zu Hinterlossen. Diesem bleibt jedoch unter allen Umständen die schwierige Aufgabe, im Namalande wieder Ordnung und Ruhe z» schaffen. Der Jriedcnsakt aus dem Kriegsschauplätze. lieber den Vorgang, der sich beim Abschluß des Waffen stillstandes vom 16. September abspielte, sendet ein Spezial- bericksterstattcr aus Godsiadan folgende Einzelheiten: Der russische General Oranowskij und der japanische General Fuku- schima kamen unweit der Station Schachedsy zusammen und, ohne sich nur Zeit ,u nehmen, die gegenseitige Suite vorzuslelleu, traten die beiden Generale in die Verhandlungen ein. Die beiden Gruppen boten ein eigenartige? Bild: einerseits die kleinen kernigen Japaner in einfacher Kakiuniform, fast ohne merkliche Mikitärabzeickien außer dem Säbel, anderseits die ausgesucht riesigen Russen in weißen Uniformröcken und. wie es scheinen konnte, absichtlich bunt zusammenaestcllten Uniformen, mit gelben, roten und blauen Streifen. Nach der Ausstellung der Grundpunkte: Einstellung der militärischen Operationen, Bestimmung der Demarkationslinie und Inkrafttreten des Waffenstillstandes gingen die Parteien vorläufig auseinander, um den Vertrag anszuarbeiten. Russischerseits sind 9 Punkte vorgeschlagen worden, darunter die Einrichtung einer Reihe von Durchlabposten und Ernennung besonderer Kommissare zur Auf klärung etwaiger Mißverständnisse. Tie Japaner bestanden jedoch darauf, daß die Ncutralzone für niemanden zugänglich fein soll. Hierbei betonten die Japaner jedesmal: „aus Grund des in Portsmouth geschlossenen Friedens", dem man russischer seits enlgegnele. daß in Portsmouth nur die Präliminar, bedingungen angenommen worden sind, der Friede aber von der Ratifikation des Vertrages abhängt. Erst gegen Abend wurde eine Einigung erstell. Interessant ist cs, daß die Japaner hartnäckig daraus bestanden, jeden Zugang zu sich zu verwehren Ais erster Unterzeichnete Generalleutnant Fukuschima, dann der Generalmajor Oranowskij den Vertrag. Jeder erhielt ei» Exemplar des Vertrages; ei» Händedruck, und die ganze Kaval- kade sprengte in entgegengesetzter Richtung zu ihren Truppen. Der letzte Akt der Tragödie im fernen Osten ist geschlossen. Ruß land ist von dem cs so furchtbar bedrückenden A!p befreit; nun kann es zu seinem eigenen Heile und zum Nutzen der ganzen Welt zur Friedensarbeit schreiten. Witte über die deutsch-russischen Beziehungen. Der Präsident des russischen Ministerkomitees Witte gab, wie in einem Teile der gestrigen Morgenausgabe bereits ge meldet, einem Mitarbeiter des „Temps" gegenüber, der ihn über de» gegenwärtigen Stand der sranzösisch-rnssisären Allianz und über Gerüchte über eine r u s s i s ch-d e u t s ch e An näherung befragte, folgende Erklärung ab: „Ko i s e r W i l- helm zeigte sich während des Krieges wahrhaft großherzig. Er verabsäumte u, diesen fiir Rußland so schwierigen Zeitläuften keine Gelegenheit, uns Verlegenheiten zu ersparen und, soweit es von ihm abliing, olle Verwicklungen seruzuhalten. Solches Vorgehen vergißt inan nicht. Die Freunde im Unglück sind selten. — Ich glaube, daß durch den Frieden an der allgemeinen volitischen Lage Rußlands nichts geändert werden wird. Sie sagen, daß inan in Fraiikceich den Eindruck von einer russisch- deutschen Annähe rung hat. Das ist ous den geschilder ten Ursachen nur natürlich, daß diese Annäherung besteht. Frei mütig muß ich erklären, daß wir durch die Haftung eines Teiles der öffentlichen Meinung Frankreichs unangenehm berührt wurden, besonders nach jenen lauten franco-ruffischeit Kund gebungen, die sich oft ganz ohne äußeren Anlaß entstellten. Gleichwohl bleiben die Beziehungen Frankreichs und Rußlands, was sie waren. Ich sage nicht einmal, daß die Sympathien sich vermindert haben, vermute nur, daß di« russisch- deutschen Sympathien gewachsen sind. Tie Ab nahme ihrer Herzlichkeit ist nur scheinbar. Wenn von zwei Größen eine unverändert bleibt, während die andere zunimuit ffmd diese andere ist die deutsch-russische Freundschaft), so hat man den Eindruck, als sei die erstere im Abnehmcn. Tie franca- russische Allianz ist augenblicklich solcher optischen Täuschung aus gesetzt. Dieses Gleichnis soll nur meine Ansicht über den her- vorgernsenen Eindruck erklären. Tie französisch-russische Allianz enffpricht den Interessen beider Völker; an dieser ist nichts ge ändert und darf nichts geändert werden. Das ist meine auf- richlige Meinung." Deutsches Reich. Tie Beförderung deS Erbgroß- herzogs Friedrich von Baden zum General-Obersten ist in Baden mit aufrichtiger Freude begrüßt worden. Da dem letzt im 80. Lebenssahre stehenden Großherzog sein Alter immer gebieterischer Schonung auserlegt, dürfte sein Rücktritt von der vernntworiungsvollc» Stelle eines Inspekteurs der 5. Armee- Jnspektion lll., 15., 16. Armeekorps) und die Uebertragung der Inspektion an den Erbgroßherzog wohl nur noch eine Frage der allernächsten Zeit sein. Reichskanzler F ü r st B ü l o w kebrt Ende der Woche nach Berlin zurück; auch die übrigen Minister werden in den nächsten Tagen in Berlin cintceffen. Unter der Ueberschrift: „Wie Statistik zur Jleisch- not gemacht wird" schreibt dos „Pos. Tgbl.": „Das „Berl. Tgbl." druckte kürzlich mit Behagen eine Statistik zur „Fleisch- not" aus der ,,Alla. Flcischer-Ztg." ab, die einen Ueverblick über Fleischerei-Vetriebseinstellungen in den ersten acht Monaten d. I. geben sollte. Wie wenig zuverlässig diese Angaben sind, ersieht man aus den betreffenden Mitteilungen, die sich aus die Stadt Posen beziehen. Hiernach sollen näm lich in dem angegebenen Zeiträume nickt weniger als neun Fleischereien ihren Betrieb eingestellt bavcn. Wir haben uns nun der Mühe unterzogen und dieses „statistische" Material auf seinen wahren Wert geprüft. Eingcgangen sind, nach den von uns eingezogcnen Ermittlungen, im Laufe der ersten acht Monate dieses Jahres 7 stricht 9) Fleischereien, die jedoch, wie uns ganz ausdrücklich versichert wird, samt und sonders keine Opfer der „Fleischnot" geworden sind. Eine Fleischerei mußte deshalb ihren Betrieb einstellen, weil der ganze Ladenvorrat als ver dorbene Ware von der Polizei beschlagnahmt worden war; eine andere gab de» Betrieb auf, weil ihr Besitzer beim Einschmuagcln schlechten Fleisches ertappt wurde' an ihre Stelle trat sofort eine andere. In einem Falle gaben Familien-Verhältnisse den Anlaß zur Betriebsciifftcllung. Die übrigen waren von vorn herein finanziell so schlecht fundiert, dah sie selbst dann, wenn das Vieh bald so teuer wie setzt wäre, nicht vorwärts gekommen wären. Tic „Allg. Flcischer-Ztg." und nach ihr das „Berl. Tgbl." hat also nach den Angaben, soweit Posen in Betracht kommt, wenig Glück gestabt. Recht interessant wäre jedenfalls eine Prüfung der betreffenden Angaben für die übrigen Städte. Vielleicht, ja sogar sehr wahrscheinlich kommt man dann auch zu ähnlichen Ergebnissen und beweist damit, daß man mit einer Statistik alles beweisen kann, je nachdem es einem beliebt." Das neue Linienschiss „Hessen" ist Dienstag, wie schon kurz gemeldet, auf der Kaiserlichen Werft zu Kiel zu Probe fahrten in Dienst gestellt worden. Der Bau des Schiffes be- gann im Frühjahr 1902. Am 18. Sevtembcr 1903, also vor zwei Jahren, lief das Linienschiff im Beisein des Großherzogs von Hessen vom Stavcl. Der Bau des 13 200 Tonnen großen Panzers hat also fast 3V2 Jahre in Anspruch genommen. „Hessen" tritt mit seinem gleichfalls sertiggcstellten Schwester- schiff „Preußen" sofort nach Beendigung der Probefahrten in den Verband der akiioen Scblachtflotte. Es ist das vierte Sckiff der „Braunschweig"-Klasse, deren Vorzug in der Anwenduna der 28 Zentimeter- und 17 Zentimeter-Schnellfeuer-Geschütze liegt. Kommandant ist Kavitän z. S. Dcrzewski. Zur gleichen Klasse gehören noch die im vorigen Jabre vom Stavel gelaufenen Schwesterschiffe „Lothringen" und „Deutschland", sowie die schon seit Jahresfrist zur Schlachtflotte gehörigen „Braunschweig" und „Elsoß". Eine beachtenswerte Anregung zur Vermeidung von S 0 ld a t c » m i ßb a n d l» n g c n geben die „Hgmv. Nachr.". Ost genug kommt es vor, daß geistig Anormale znm Militärdienst für tonalicki e,klärt werden. Die lintersnchendcn Acrzte können diese Möglichkeit nicht unter allen Umständen ciussckialten. die Vorgesetzten aber stoben oft keine Kenntnis von dem geistigen Defekt, so daß sie für Faulheit und Widersetzlichkeit halten, was vielleicht nur horrender Unverstand ist. In Hamburg und den meisten deutsche» Städten werden seit längerer Zeit schwachsinnige, scliwachstcfähigte oder in physischer Beziehung onorinnle Kinder in liesi'iidere» „Hilfsschulen für Scliwackistefäliigte" unterrichtet. Ein Lehrer an einer solchen Schule wandte sich Ende vorigen Jahres in einer längeren Eingabe an das Gcneralkoniinando des 9. Armeekorps in Altona, in» die Befrei 11 ng ehemaliger „ Hi l ss s ch ü l e r" vom Militärdienste ans de» eingangs angeführten Gründen in Anregung zu bringen. Kurz darauf er hielt er vom Generalkommando die Nachricht, daß die in Anregung gebrachte Maßregel den Gegenstand weiterer Eovägung bilden werde. Das Generaltommando setzte sich darauf mit der Ham- bnrgisckien Obcrschnlbchördc in Verbindung, was zn einem erfreu lichen Resultat geführt hat. Denn bald darauf erhielte» die Lehr kräfte an den „Hilfsschulen" folgendes Schreiben: „Von der 3. Sektion der Obelschnlbehörde ist in gegebener Veranlassung beschlossen worden : den hiesigen Militär-Ersatzkommissionen sowohl im dienstlichen Interesse wie in dem der Rekruten alljährlich A b - schrifte» der bei der Entlassung der Schüler aus den Hilfs- chnlen für Scbwachbcsciliigte cmsgestellten Abgangszeug nisse, sowie die über diese Schüler vorhandene» Gesuiidlieits- bogen bekannt zu geben, damit von den Ersatzkomniissionen seiner zeit entsprechende Eintragungen in die Relnilicriingsstammrolle bezw weitere Ermittlungen veranlaßt werden können." — Ein derartiges Hnndinbandarbeiten der Militär» und Schulbehörden kann mir mit Freude beguckt werden! lieber englische Verdächtigungen gegen Deutsch land wird anS Schanghai geschrieben: In englischen Blättern, die hier und in Tientsin erscheinen, kann man die Nachricht lesen, die deutsche Militärverwaltung habe an die Japaner eine ganze Jelbeisenbahit zur Verwendung auf dem Kriegsschauplätze verkauft. Dverdne* Nachrichten. Oir. 2«3. Seite 3. d gsreitag. 22. September LAOS
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