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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.09.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260930014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926093001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-30
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.09.1926
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Vo»ner»ttq. S0. September 1926 , p «Dresdner Ikachrichten" Nr. 489 Seile 9 Aerdstrvandermrg ln Dresden» «Schlier Am-ebn«-. Dte Umgebung Dresdens bietet sür den. der den Herbst tn seinem bunten Gewände sehen will, eine große Auswahl von Wanderztelen; aber die entzückenosten Wunder hat er doch über das Loschwitz-Pillnitzer Berggehänge auSgebrettet; da ent hüllt er un» den ganzen Steichtum seiner Farbenpracht, zu gleich mit dem Blick über das wette Slbtalaeländ«. — Daß er In diesem Gebiete all seine Schönheiten entsalten konnte, liegt in der außerordentlichen Mannigfaltigkeit der Formen, die hier in der Landschaft zusammengedrängt sind; Obstkulturen und Waldslächen. wohlgepslegte Blumengärten und wilde Hecken, rebenumsponnene Landhäuser, die unter alten Nuß- bäumen und Linden träume» und schmucke Billen, deren Türm chen und rote Walmdächer aus den Blätterkronen der Park anlagen auftauchen. Dazu die alten, durch Strebepfeiler ge- stützten Bergmauern, auf deren Flächen sich das glühende Rot des wilden Weines mit dem satten Dunkelgrün des Efeus und dem zarten Silbcrgrau der Federsträußchen vereint, die die Waldrebe sLK-madi, Vilatbaj ihren Fruchtdolden aufsetzt. ES sei hier auf einige Partien hingewtesen, die, ohne große Marsch, leistungen zu erfordern, Gelegenheit bieten, sich dem Voll- genuß de- Herbstzaubers hinzugebe». Bom Körnerplah in Loschwitz schlagen wir den „Veilchen weg* ein; an den dunkeln Laubtunneln des ersten und zweiten SteinwegS vorüber, gelangen wir an dte hundertjährige, noch tn voller Kraft prangende „Edelkastanie*. Hier am Ausgange zum dritten Steinwcg sRichard-Diez-Gtraße) steht auch ein altes, verwittertes WinzerhanS; der frühere Besitzer, Moritz Calberla, wollte eS schon vor Jahrzehnten abbrechen uüd durch einen Villenbau ersetzen lassen, aber er stand schließlich davon ab, „denn,* äußerte er sich uns gegenüber, „ich kriege sonst die ganze Malerhvrde auf den HalSl" Von hier ab folgt man der Ealberlastraße, und wo diese rechts abwärts biegt, dem an schließenden Fußweg; er bringt nns durch einen Teil des zu Königs Weinberg gehörigen, aus stolzen Eichen und Ulmen bestehenden Parkes, an der Villa des Bildhauers Siegel — einem entzückenden Fachwcrkbau — vorüber und beim Künstlerheim und der Villa Margarete, einem alten, stolzen Herrenhaus, aus die Pillnitzer Straße. Diese wandern wir lvier Mknuten) bis zum Roten Haus, dem ehemaligen Königl. Marstall. Hier biegen wir links ab auf die An Königs Weinberg genannte Straße, die u»S in einem entzückenden, stillen Tal winkel bringt. Die Villa Nr. I» bildete einst das Domizil deS Grasen Wolf von Baudissin 11° 1878), der hier den größten Teil seiner klassischen Uebersetzungen iShakespeare. Moliere, Gozzi, Gvlbonc usw.) schuf. Zwischen prächtigen Parkgrund- stückcn „am Steinberge* gelangen wir auf den Wachmitzer Dorsplatz. Bon hier folgen wir noch ein Stück der Pillnitzer Straße und schlagen dann links den Pappritzer Weg ein, an der Schule vorüber und den Hohlweg auswärts. Beim Aus tritt aus der Nußbaumallee drängt sich uns von den steilen Hängen die ganze lustige Schar der Bergsträncher entgegen, in buntem Gemisch die Hagebutten, der Weißdorn, die Wald rebe, Holunder, Haselnußsträucher und Brombeerrankcn, alle im Schmucke ihrer Früchte und in der Farbenpracht, die der Sonnenstrahl in ihrem Blättermerk weckt. Der Mispclstrauch überdeckt mit seinem breit ausladenden, knorrige» Astmerk die Bruchstcinmauern, deren manche ein halbtauscndjährigeS Alter aufweisen. Am Ende der Schlucht stoßen wir aus die Bergstraße, der mir nach rechts folgen; der Eichenwald, der die Höhen zu unserer Linken krönt, mischt einen ernsten Zug tn das weite, lachende Landschaftsgemälde. Der Weg leitet uns teilweise an Felsklippcn hin, der Bruchkante des hier zur Tiefe gegangenen Lausitzer Granitplateaus btS zu einer wald- nmsäumten, grünen Matte. Hier an der Balzcrschen Villa könnten mir nun auf der Stusenreihe hinab nach Nicdcrponritz elangcn. Aber wir überschreiten aus dem Fußwege die Wiese; urch den Eichenwald aufwärts ans die Höhe rechts und de» Gratweg rechts zu dem durch die Ruine eines LusthäuschenS ausgezeichneten Aussichtspunkte der Agneshöhe, dte einen be rauschenden Blick in dte Tiefe und Ferne gewährt. — De» Fußweg zurück, in der Are des Grates auf der Höhe hin. an einigen Ncnsiedclungen vorüber aus einen Fahrweg, der uns rechts aus den Pappritzer Weg bringt. Dieser sührt links zur Zimmerlinde, von wo aus wir den WachberG aufsuchcn und durch den Grund nach Wachwttz zurückkehren können; eS empfiehlt sich aber auch, rechts nach Papprttz und über den Staffelstein oder die Moosleite hinab nach Nicderpoyritz zu wandern: auch ans diesen Wegen umfängt uns der volle Zauber deS Herbstes. TheodSchäser. Derkeftrsverbesserungen sür da* Ofkerzgebirge. Auf Einladung des Verkehrsvereins Lauenstein fand am Montag in Lauenstetn eine Verkehrstagung statt, die von rund fünfzig Teilnehmern besucht war. Anwesend waren u. a. Vertreter der Oberpostdirektion Dresden und der Staatlichen Kraftwagcnverwaltung, der Deutschen Mcichsbahngcsellschaft, des Verkehrsausschusses des Dresdner VcrkehrSvercinö und zahlreicher Gemeinden des OsterzgebirgeS. ES sollte beraten werden über die Verbesserung der Verbindungen nach dem oberen Müglitztal und zwischen diesem und der Sächsischen Schweiz. Nach sehr lebhaftem Meinungsaustausch über die Frage, ob die Verbesserung des Verkehrs mit dem östlichsten 8 Oster,aebirge ISegenb von Lauenstetn, Grislng, Altenberg) tn erster Linie aus Dresden oder auf Pirna zugeschnitten «erden soll, einigte man sich auf erstere». Man beschloß, eineKrast- wagenverbtndungHeidena u-M üglttzta l-A lten. berg zu fordern, die vorläufig tn seber Richtung eine Fahrt täglich zur Ausfüllung der empfindlichsten Zugstücken leisten solle und die außerdem einmal wöchentlich einen Theater- wagen He i be n a u—A lten be rg stellt, tn beiden Fällen natürlich im Anschluß an die Dresdner Vorortzüge. Der Plan soll auch dann mit aller Entschiedenheit wetterverfolgt werden, wenn, was leider zu erwarten sei, dte RcichSbahngesellschaft Einspruch gegen eine solche vvn anderer Sette zu unter, nehmende Berkchrsverbesserung erhebt. Ferner einigte man sich auf eine Querverbindung, dte tn Form einer Kraft- wagenlinie die Orte am Ende -er Müglttztalbahn (Altenberg, Geising, Lanenstein) einerseits mit dem Ende der Gottleubatal- bahn (Bad Gottleuba) anderseits verbindet und die eine Flllgel- linie von Börnersdorf nach Liebstadt zum Anschluß an die Kraftwagcnlinie Licbstadt—Pirna erhält. Endlich soll im Interesse des AusflugSverkehrS eine Nundlinie Lauen, stein—Müglitz—VoitSdorf—Zinnwald — Altenberg — Geising— Lanenstein in beiden Richtungen befahren werben. Ihre Ge nehmigung durch die tschecho-flowakischen Behörden ist zu er warten und sic wird in Zinnwald Anschluß an «ine Linie Zinn wald—Teplitz erhalte». Dte erforderlichen Vorarbeiten sollen so gefördert werden, daß der Verkehr im kommenden Früh jahr ausgenommen werde» kann. Der Kraftwagen Heidenau —Altenberg und insbesondere der dem Besuche der Dresdner Theäter und Konzerte dienende Thcaterwagen sollen so bald als möglich in Verkehr gesetzt werden. Sin geseyNcher RuHelag für das Gasrroirlsgewerbe. Vor einiger Zeit hat sich in Dresden ein Ausschuß ge bildet, der einen gesetzlichen Ruhetag im Gastwirtsgewerbe erstrebt im Interesse aller Beteiligten, der Gäste, der An gestellten, der Wirte und ihrer Familien. In einer Zuschrift heißt es hierüber u. a.: „Es ist doch Tatsache, daß gerade in den kleinen Gaststätten Wirt und Wirtin den dort verkehren den jungen Leuten beiderlei Geschlechts eine gewisse väter- liche oder mütterliche Fürsorge entgegenbringen müßten, aber leider finden diese jungen Leute, dte vielleicht in der Fremde zum größten Teil auf das Wirtshaus angewiesen sind, nur allzu oft tn Wirt und Wirtin einen Menschenschlag, den dte unerträglichen ArbeitS. und Lebensverhältnisse ab gestumpft haben, dte verbittert und vergrämt ihr sonnen loses Erdendasein ohne jedes Mitgefühl sür andere und ohne jedes höhere Interesse, das sie vielleicht einst besaßen, lustlos verbringen. Wie notwendig wäre sür diese Wirtöleute ein Ruhetag, an dem sie sich einmal selbst auf sich und ihr Menschentum besinnen können. Wenn wir auch im Wirts- gewerbe einen allgemeinen Sonntagsschluh nicht erreichen können, so muß doch unsere Parole sein: Am siebenten Tage sollst du ruhen. Ein bestimmter Tag zur Erholung, zum Be sinnen auf sich selbst; nach einer Reihe von Werktagen ein bestimmter Tag, der der geistigen Erbauung, der körperlichen Ausspannung, der Pflege des Familiensinnes gewidmet ist, das ist Las, was uns nottnt. Das Gastwirtsgewerbe ist das einzige, das noch heute seinen Vertretern die soziale Grnnd- forderung einer wöchentlichen Ruhepause versagt." Am 27. September hielt der Ausschuß tn Dresden eine Versammlung ab, die, da interne Fragen zur Beratung standen, nur treuen Verfechtern und Gönnern der Nuhetags- bewcgung zugänglich mar. Bon dem Gedanken beseelt, baß dem Gastwirtsstande, vor allem den Inhabern kleiner un- mittlerer Betriebe, deren Familien und ihren Angestellten, besonders tn gesundheitlicher und sozialer Beziehung bessere Lebensbedingungrn erkämpft werden müssen, fand sich die Versammlung einmütig in dem Losungswort zusammen: Wir müssen unseres Schicksals Schmied sein! Bei der Frage der praktischen Durchführung dieser Bestrebung kam man ein stimmig zu folgendem Ergebnis: Die wandernde, wechselweise Bctrtebsschlteßung stellt die einzige Möglichkeit dar. Die einzelnen Gastwirte haben auf Ver anlassung der Fachverbände ihren geschäftlich ruhigsten Tag anzugeben, der zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Schadens für die betreffende Gaststätte zur Schließung in Frage kommt. Die Regelung muß gesetzlich erfolgen, da sonst eine strenge Durchführung dieser Schließungsmaßnahme un möglich ist. Bei besonderen Anlässen volkswirtschaftlicher oder lokaler Bedeutung muß dte Möglichkeit zum Offenhalten der Betriebe gewährleistet sein. — Der Gast erfährt bei der vvrgeschlagencn wechselweisen Schließung keinen Nachteil, im Gegenteil es erwachsen ihm besondere Vorteile dadurch, daß die allgemeine Besserung der Lebensverhältnisse des Gast wirtes, seiner im Betriebe tätigen Frau sowie seiner An gestellten, denen auch ein geregelter Ruhetag mehr als ein unbeständiger zusagt, sich unbedingt bet der Bedienung wie bei der Bewirtung auswirken wird. So wird er freundlicher ausgenommen werden, die Qualität der Speisen erfährt durch sorgsamere und liebevollere Zubereitung eine Steigerung, die Nüumlichkeitett findet er nach öfterer gründlicher Lüftung und Reinigung angenehmer. Allen Beteiligten erwachsen somit bei der Einführung eines Ruhetages im Gastwirts- gewcrbe Vorteile, die nicht hoch genug bewertet werben können. Ein grvtzerer Lelei-tgnngsprozek kam, wir schon gemeldet, am Dienstag vor dem Gemeinsamen Schöffengericht Dresden unter Vorsitz deS AmtSgertchlsrateS Dr. N o ux zur Verhandlung. Die Anklage richtete sich gegen den Schulleiter der Gemeinde Gittersee, Len 188ü zu Küntgs- brück geborenen BolkSschullehrer Erich Otto Nutzer, den 18»2 zu Leipztg-Neureudnttz geborenen Volksschullehrcr Bruno Otto Kurt König, den 1882 zu DrcSden-Löbtau geborenen Buchdruckereibesitzer Kurt Louis Liebig, beide tn Gittersee wohnhaft, und gegen den Bürgermeister vor- genannter Gemeinde, Alfred Willi Oben aus. geboren 18V7 zu Raden. Amtsh. Großenhain. Am l8. September v. I. er schien an den Anschlagtafeln der Gemeinde ein kleines Plakat, bas vom OrtSpfarrer Wildseuer versaßt war und sich an dt« evangelischen Väter und Mütter der Kirchgemeinde Gitter- see mit der Aufforderung richtete, die Kinder zum Neligtons- und Konfirmanbenunterricht zu schicken. Das Plakat enthielt unter anderem auch die Bemerkung: „Man ersehe täglich die Folgen der religionslosen Erziehung an der Zuchtlosigkeit der Heranwachsenden Jugend* Am Tage darauf, am Spät nachmittag des IS. September wurde an den Ankündigungs- tafeln der Gemeinde ein großes rotes Plakat angeschlagen, das mit großen schwarzen Lettern „Das Neueste vom Pfarrer* »verschrieben war und eine Entgegnung darstellcn sollte. Der Text war in äußerst scharfer Form gegen Pfarrer Wildfeuer und die Kirche allgemein gerichtet. Die Bemerkung auf dem kirchlichen Plakat bezüglich der Zuchtlosigkeit usw. wnrde alS der Gipfel der Unverschämtheit hingestrllt und weiter betont: „Gibt crs keine größere Zuchtlosigkeit als die der Kriegs verbrecher, Wucherer, Schieber, die alles treueste Schäfchen der Kirche sind?" Jenes rote Plakat enthielt ferner noch die Bemerkung: ,LSie steht es mit Jungdo, Wehrwols, Stahl helm Herr Pfarrer? Der politische Kampf mit Dolch und Knüppel ist eine Folge der christlichen Erziehung." Die An- klage legte nun dem Schulleiter Kuher öffentliche Beleidigung und Verleumdung, Vergehen nach den 88 186 und >86 StGB, zur Last, indem er den Text verfaßt und den Truckanftrag erteilt habe. König wurde beschuldigt, das fragliche Manu skript zu Liebig getragen und letzterer das Plakat gedruckt zu haben, während Bürgermeister Obenaus beschuldigt wurde, die Genehmigung zum Anschlag an den Gcmeiudctaseln er teilt zu haben. Vergehen der Beihilfe zur Beleidigung bei König, Liebig und Obenaus. Strafantrag war vom Kirchen vorstand und vom Pfarrer Wildfeuer gestellt und die Ver folgung seitens der Staatsanwaltschaft im öffentlichen Inter esse übernommen worden. Pfarrer Wildfeuer halte sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen. Die Anklage vcr- trat StaatSanwalt Dr. Arndt. Sämtliche Beschuldigte, die der frühere Ministerialrat Rechtsanwalt Günther verteidigte, bezeichneten sich als entschiedene Gegner -eS Religions- Unterrichts. Als erster Zeuge wurde Pfarrer Wildfeuer ge- hört. Er führte aus, der Anlaß, ein kleines Plakat drucken und anschlagen zu lassen, sei gegeben gewesen durch die fort gesetzten Angriffe in der „Frettaler Volkszeitung", die Eltern sollten ihre Kinder nicht zum Religionsunterricht schicken, man solle auS der Kirche austreten. Der Inhalt sei an dte evange lischen Väter und Mütter gerichtet gewesen, der beanstandete Ausdruck betreffs der Zuchtlosigkeit sei in summa summarum erwähnt worden. Jede Herausforderung habe ihm ferngclcgen, er biene der ganzen Gemeind«, er gehöre weder zum Stahl helm oder Wehrwolf noch Jungdo. Er, der Zeuge, habe sich an die Kinder wenden müssen, um zu erfahren, wer aus der Schule gehe. Seitens der Schule bekomme er keinerlei Unter lagen oder sonstige Unterstützung. Zeuge fühlte sich und daS kirchliche Amt beleidigt. Das Verhältnis mit der Lehrerschaft sei sehr gespannt, eS gehe aber von deren Seite aus, er befinde sich immer in der Abwehr. Beschwerden bei der Bezirks schulinspektion seien immer zu seinen Gunsten entschieden worben, an der Lehrerschaft lieg« es. wenn ein solches Ver hältnis bestehe. Der Staatsanwalt Dr. Arndt hielt den SchuldbewciS für erbracht. Die umfangreiche Beweiserhebung habe ohne weiteres eine Beleidigungsabsicht erkennen lassen. Das Urteil lautete gegen Nutzer wegen öffentlicher Beleidigung auf 150 NMk. hilfSwetse zehn Tage Gefängnis, gegen Liebig und Bürgermeister ÖbenauS wegen Beihilfe zur Be leidigung auf je 75 NMk. Geldstrafe oder fe fünf Tage Ge fängnis Ersatzstrafe, König wurde freigesprochen. Dem Neben kläger wurde die PnblikattonSbesugniS -»gesprochen in der Weise, daß das Urteil eine Woche lang an den Anschlagtafeln der Gemeinde und fe einmal im „Frettaler Tageblatt" und in der „Frettaler Volkszeitung* zu veröffentlichen ist. k orldilÄunKspklivIil Anaden unck dlSrictzen verclen lvr cken 4. OKI. unci kür Ortern ausgenommen. Volisctzule uack § l-ekrlingrsbteilung. dlükere» im Prospekt Uanävls- unä 8prack8ckule Ink. Mcd. Kackov u vr. krllr Ksckov. das Obergeschoß. Dte Bäuerin öffnet einen kleinen, nttchter- neu Raum, dessen Fenster auf die Dorfstraße hinauSgehen, Schillers Wohnzimmer, daneben befindet sich ein noch kleinerer Raum mit winzigem Fenster, „Schillers Schlaf kabinett". wie ihn die Bauersfrau zu benennen pflegt. Der wenige Schmuck deS Wohnraumes sind die an den Wänden hängenden alten Stiche, Silhouetten und Drucke, die Per- sönlichkeiten aus der Gocthe-Schiller-Zeit darstellen. Die Weimarer Berühmtheiten sin- alle vertreten. Aber sonst findet sich nichts Persönliches oder JntimeS, wie eS unS z. B. im Schloß Tiefurt bei Weimar so anhcimelt. Auf dem Tisch liegt rin Fremdenbuch auS. Es enthält di« Namen der Be- sucher seit Jahrzehnten; aber nur wenig Schiller-Freunde kommen nach Äauerbach. die meisten Besucher sind auS dem Werratal und der Rhön. Und doch — ein eigener Zauber umsängt uns in den nüchternen Räumen. Der Gedanke, daß ein Genius hier geweilt, daß ein stürmisches, junges Menschen. Herz hier schwere Kämpfe mit -er Not deS Lebens und mit dem eigenen Suchen und Sehnen zu bestehen gehabt hat. läßt unS nicht loö. Hier tn Bauerbach lebte Schiller unter dem Namen „D r. Ritter" eine Zeitlang, wie er selbst sagt, wie ein Schiff brüchiger, der sich mühselig aus den Wellen gekämpft hat, in „Drang und arger Widcrwart". Sein treuer Freund in diesen düsteren Tagen war der Meininger Bibliothekar Nei » malb, sein späterer Schwager, der glücklich war. daß „der junge Mann ihm sein Herz aufschloß", der fest darauf vertraute: „DaS Genie bricht sich Bahn und sollten alle Lei ben der Welt cs überfluten." Retnwald erkannte auch mit sicherem Blick, baß der Baucrbacher Aufenthalt nicht geeignet war, Schillers Lebcnsvcrdrosscnhcit zu heben. Er schrieb am 21. Mai 1783 an dessen Schwester Ehristophine: „Dte Gegend, wo er sich jetzt auslmlt, und die nur im Sommer ein wenig von der Seite lächelt, gleicht mehr der Gegend, wo Jxtons Rad sich immer auf einem Orte herumdrcht. als einer Dichter- Insel, und einen zweiten Winter da zugebracht, wird Friedrich Schiller völlig hypochondrisch machen." Aber Schiller „scheute beinahe die Gesellschaft der Menschen", und nur wenige konnten mit Retnwald sagen: ,Zch habe die Funken gesehen, di« diese vom Schicksal umdüstertcn Augen sprühe», und den reich?» Geist erkannt, den sie ahnen lassen," Wie mag der junge Dichter ausgejubclt haben. alS tn den Sommcrtagen >783 er vom Intendanten des Mannheimer Theaters, von Dalberg, znrückbernsen wnrde, er seine einsame Zufluchts stätte verlassen und tn die Welt zurückkehren konnte! — „Am Vorabend seines Abschiede» von Baucrbach". berichtet der Pfarrer Müller in Meiningen in seinen Aufzeichnungen, „soll Schwer bei den Freunden tn Bibra (einem Nachbarstädtchen) gewesen sein, welche ihn nur als Doktor Ritter kannten, und den alten Pfarrer um seine Meinung in betreff der „Räuber* gefragt haben, der st« übertrieben fand. Schiller soll darauf erwidert haben: ,/Sie haben ganz recht, aber die Tendenz ist doch edel und gut." Der junge Pfarrer Fretßltch soll ihn dann, wie öfter, bei Nacht eine Strecke zurückbegleitet haben. Auf dem Kirchhof bleibt Schiller stehen und zitiert, während der Mond über den Gräbern steht, den Anfang der „Leichen Phantasie". Er fragt seinen Begleiter, ob er das Gedicht kenne. Dieser antwortet: „Ja, ans der Anthologie; es ist von Schiller"... „Ja, eS ist von Schiller, und ich selbst — bin Schiller. Leben Sie wohl mit Ihrem ganzen Hause und betvahren Sie mir ein freundliches Angedenken." Nach Besuch dex Schiller-Räume -alten wir Ginkebr im einfachen Dorfkrug. Hier gesellt sich ein alte» Bäuerlein zu uns- Mit ihm kommen wir ins Gespräch, und er weiß unS mancherlei Erggötzliche» zu erzählen, auch vom großen Dichter; denn die Sage, die tn den Thüringer Bergen besonder» ge- schäftig spinnt, hat auch von dem vauerbacher Aufenthalt Schillers allerhand zu berichten. So soll er eine stille Neigung zur schönen PfarrerStochter tn Untermaßfel- gehabt haben. In dem Untermaßfelder Pfarrhause kehrte Schiller »mvetle« ein. Er fand aber keine Gegenliebe. DaS junge Blut ver schenkte sein Herz an einen russischen Offizier, der eS aber bald vergaß. Noch lange hat die Pfarrerstochter im Dorfs als „Jungfer Naschen" tn schwermütiger Einsamkeit gelebt Der redselige Bauersmann zeigt uns den abkürzenden Fnßweg nach Meiningen. ES ist derselbe Steig, auf dem Schiller wanderte. wenn er aus der herzoglichen Scbloß- bibliothck Bücher in sein einsames Bauerbacher Heim holte. Den Schillcrweg schlagen wir ein. Ein buchcnbestandenens Bächlein begleitet nns. Im satten Grasgrunde zerschmilzt daS seine Blau der Herbstzeitlose- Nach längerer Wanderung, an einer Krümmung, taucht ein reizendes LanbscbaftSbild vor unS auf. Im Tale dehnt sich ein Dörflein mit hoher, burgartiger Kirche, malerisch überragt von einer umfang reichen, von Efeu und Ginster umsponnenen Ruin«: e» ist bas Dorf Hcnnebcrg mit dem Henneberg. Von hier stammt die Venne im Wappen der Wettiner Fürsten. Im lebten Abend rot strahlt daS Gold des KtrchenkrcuzcS. Ein Glockensegen ladet zur Abendandacht ein. Durch das dichtbewalöete Haß- surttal steigen mir hinab ins Werratal. Dte Schatten deS Abends verschlingen schon Farben und Formen. Düsterer Nebel dampft ans dem Flußtale. AuS dem Ncbclmeere taucht alS eigenartige Silhouette LandSbcrg, die beliebte AuSslug- stättc der Meininger. I» den Abendstunden haben wir den Englischen Garten, den bescheidenen Korso von Meiningen, erreicht. Dr-Friedrich Schlegel. Bücher und Zeitschriften. X EaelhaasS Historisch-politisch« Jahresübersicht für isrs. Fort- geführt von Hermann Hang. tCarl Krabbe Verlag Erich Guß- monn in Stuttgart.) 418 S. Geheftet 11 M„ gebunden IS M. Der erste Abschnitt dieses zeitgeschichtlichen Jahrbuches gilt wie seit Jahren der Weltpolittk, diesmal dem SicherhettSpakt tn (einer Ver flechtung mlt EntwaffnungSforberungen, Kölner RäumungSsrag« und BölkerbundSzwang für Deutschland. In einem kleineren tnter- nattonalen Abschnitt sind Reparationsfragen und SriegSschulden- verhandlungen angeschlossen. Von den innerdeutschen Vorgängen sind insbesondere die Regierung Luther mit Ein- und Austritt der Dkutfchnationalen, der Tod EbcrtS und die Wahl HindcnburgS, der Varmat-Skandal und sein verlaus, sowie die AufwertungSsrage aus führlich dargestellt. Unter den AuSlandSeretgntsscn haben die Finanz- Sorgen Frankreich», di« Vollendung de» Faschismus in Italien, der Mossulstrett, der Marokkokrteg Frankreichs nud Spaniens, der Auf stand In Syrien, die Gärung tn China besondere Beachtung gefunden. DaS reichhaltige und sorgfältige Nachschlagebuch bringt durch seine «Inbringende, lebhafte Darstellung dem Benützer und Leser auch bet abweichenden Anschauungen vielt Ausschluß und Anregung. X „Osflet-Vuch. «nd Werbeknnst" Heft 8, wird durch eine« Aussatz: „Der Trtumphzug der Photographie» von Fritz Hellwag eln- aelettet und behandelt tm weiteren die Bedeutung der Photographie für alle aus st« anaewtesenen Gebiet«. Dr. Grundlach, Jena, nimmt zu der Frage: -Photographie und Wissenschaft" Stellung, während Professor Kee», Göttingen, da» Problem der Farbcnphotographie sür da» LandschastSblld berührt. Im tech»>sil>cn Teil Ist der Gchclmrat Dr. Mtethe. Berlin, durch einen Artikel über -Vergrößerungen" und Professor O. Mente durch einen Aussatz Uber: „Photographischer Selbstunterricht" vertreten. Interessant ist der Bericht von Dr.-Jng. Busch, Berlin, über die Wiedergabe mehrfarbiger Gegenstände durch die Schwarz-Wetß-Photographie. DaS Hest bringt schließlich noch Be trachtungen über den Bromölbruck, die Positlvretiische und den photo graphischen Gummidruck. X DaS neu« Hest (89) der «Münchner Illustrierte« Presse" gtbt von den historischen Genfer Vorgängen «Ine ausgezeichnete Vorstellung. Lin Ereignis von allerdings wesentlich geringerer Tragweite, von dem man aber nicht behaupten kann, baß es dte Münchner weniger Interessiere, Ist da» Oktobcrfcst, das In der gleichen Nummer der -Münchner Illustrierten" von Karl Arnold in sehr humoristischer Weise sestgcholten wurde. Einen Interessante« Gegensatz zu diesen Zeichnungen bilden zahlreiche Photographien auS der Revue, die eben letzt In den Pariser FollcS vergäre gegeben wird. Die allwöchentlichen Mobebilder der „Münchner Illustrierten" erfreuen sich in der Damenwelt bereit» größter Beliebtheit. X DaS W«»d«r von Gustav Neubau». lEdelgartenverla- Horst Posern, Freiberg In Sachsen.) X Der Arzt als Erzieher. Heft 84: Die Wechselsahre. Uv» che», Erscheinungen, Beschwerden »nb Behandlung von Dr. med. .corg Nahschuß, BreSIau. (Verlag der Acrztllchen Rundschau, Otto Gmelln, München.) Pofitt«« Lebensführung von Dr. Johanne« M. Berweyen» Pr»f. an der Universität Bonn. (Verlag Johanne» Baum, Pful lingen 1.
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