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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.09.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260930014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926093001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-30
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.09.1926
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Don großen und kleinen Schicksalen. Trotz TacttuS, besten Germanle aus einer starken Er» »lehunaSabsicht entstanden ist. wissen wir sehr wenig über den Charakter unserer Vorfahren. Daß sie tapfer gewesen sind, versteht sich von selbst: gibt ev überhaupt Völker, die diese Eigenschaft nicht besitzen- Not macht Mut. wer nicht unter geben will, muh sich wehren, und die beste Verteidigung — das hat der Mensch früh gelernt — ist immer der Angriff. Auch Sittenstrenge dürste bei den Germanen geherrscht haben. Daö nordische Klima war nicht geeignet, sinnliche Leidenschaften zu «r-eugen, und wo der Luxus mangelt, da sind meist die Ver suchungen fern. Erst Zivilisation rust Vielfältigkeit des Be gehrens hervor. So sind mir es gewohnt, die früheren Ein. wohner unseres Landes als kampflustig und keusch zu be» trachten und zu schildern. Unsere Dichter seit Klvpstock sehen in ihnen Jdealgestalten, deren Bild höchstens wie bei Heinrich von Kleist durch einen Uneinigkeitötrieb verdunkelt wirb. Auch Walter Bloem stattet in seinem bei K. F. Kochler in Berlin und Leipzig erschienenen Roman „Teutonen" die Urdeutschen mit allen Tugenden a»S und stellt sie auf die Art tu Gegensatz zu den Römern, die zur Zeit des zimbrisch. teutonischen Anpralls schon in gelockerten moralische» An schauungen dahinlebten. ES erstehen vor uns der proble matische Sulla, besten Geliebte die Vestalin Julia ist, der prole tarisch denkende, soldatisch eiserne Marius, der diese Pricstcrin aus ihrem heiligen Kollegium löst und zwingt, seine Gattin ,u werden. — wir schauen in daS kriegerische und politische Ge triebe der ewigen Stadt, für die selbst der verderbendrvhende Einsall der nebelländischen Stämme nur eine Episode bedeutet. Rom kann wanken, aber nicht stürzen, mögen auch die furcht barsten Völkergewitter wider seine Mauern Heraufziehen. Unter der Führung Teutobrands kommen die Germanen, die ihre Halbinsel verlassen haben, nach dem besseren Süden, um sich eine neue Heimat zu suchen: sie schlagen die Römer bei Norete aufS Haupt, lassen sich aber dann im Maingau nieder, doch dauert der Ruhezustand nur wenige Jahre. Der Wanderdrang führt sie nach Gallien und Spanien, bis sich bei Aauae Sextiae ihr Schicksal erfüllt, weil sie der überlegenen Kriegskunst eines Marius nur mit tvbverachtendem Drauf gängertum zu begegnen misten. In dem Helden des Romans, dem jungen Teutobod, hat Bloem einen siegsriedhasten Charakter geschaffen: die Frische, die wir an diesem Erzähler schätzen, bewährt sich vollauf in seinem neuen Buche, die Dar- stellung ist kühn und schwungvoll, und überall strahlt die heiße Liebe des Dichters zum Baterlande hervor. Deshalb nehmen wir an dem gewaltigen Schicksal eines an sich kerngesunden und dennoch dem Zusammenbruche geweihten Stammes mit seinen stolzen Männern und den ihnen ebenbürtigen Frauen den regsten Anteil. Hat Bloem ein ganzes, plötzlich aus dem Dunkel auf- tauchendes und rasch für immer versinkendes Volk im Auge, so beschäftigt sich Emil Hadina mit dem Geschick eines ein zelnen Menschen. Caroline Michaelis, die im Jahre 1763 zu Göttingen als Tochter des damals recht geachteten Orientalisten geborene seltsame Frau ist eS, deren Wesen ihn so fesselte, daß er ihrer Seele weit nachging. „Madame Luzifer" heißt sein von Staackmann in Leipzig hcrausgegcbenes Werk, — eine Lebensbeschreibung, die man als ebenso wahr wie dichterisch empfindet. Das junge Weib hungert geistig im engen Clanstal in der engen Ehe mit dem Berg- und StadtmediknS Böhmer, Ne wird auS den Banden durch den Tod ihres Mannes be freit, — hat ihr eigener Wunsch ihm das Ende bereitet, ist cs ein mystischer Einfluß deS rätselhaften Gärtnersohnes Tatter, dem sie zwei ihrer Kinder opfert? Sie fühlt eine Schuld auf sich, aber sie muß weiter, sie muß mit ihrem ungeheuren LcbenSdurste nach dem Glück suchen, und sie erreicht es doch noch lange nicht. Mag sie sich Männern hingeben, sie kann sie nicht lieben: auch in den Armen d'Oyrcs, der sie zur Mutter macht, wird ihr keine Erlösung zuteil. August Wilhelm Schlegel heiratet sie, nachdem sic für die Welt tief gefallen ist und äußerlich Schweres erlitten hat. und auf die Weise kommt sie mit den Großen zu Weimar in Beziehung. Schiller gibt ihr den Namen einer Madame Luzifer, der mir für ihre Persönlich keit nicht recht zu stimmen scheint. Denn eigentlich dämonische oder gar teusliche Züge vermag ich nicht in ihr zu entdecken. Eie ist ein Mensch, nehmt alles nur in allem: ein Weib mit sinnenhaftem, sich impulsiv schenkenden Körper und einem hoch fliegenden Geiste: von einer Verderberin steckt nichts in ihr. Sieben Jahre dauert ihre zweite Ehe. dann vermählt sie sich mit Schilling, in dem sie ihre Ergänzung findet. Ihr unehe liches und auch daS dritte Kind Böhmers sterben ebenfalls: sie selbst hat 1889 dem Dasein entsagt. Der Roman stellt sich, was Caroline selbst betrifft, als eine psychologisch ungemein seine Arbeit dar. und er ist zugleich ein Abbild jener Zeit, wo Klassizismus und Romantik miteinander kämpften, und wo es mit dem Verkehr der Geschlechter nicht sehr genau genommen wurde. UebrigcnS gibt es in der Hinsicht auch heute noch genügend Duldsamkeit, wenigstens aus jener gesegneten Insel, die Rügen heißt und — wie man sich dort ausdrückt — nördlich von Europa liegt. Mein lieber Landsmann Max Drcycr hat die Bewohner des Eilands von seinem Wikingcrhanse in Göhren aus mit scharfen Augen beobachtet: er kennt sie gut, die derben, sinnenfrohen Leutchen, die sich selbstherrlich ihre eigene Moral zurcchtzimmern und nicht daran zugVundc gehen, wenn ihnen einmal ein kleines „Mallör" passiert. Es ist ein Büchlein von breitbchaalichcm Inhalt, das »uS der Verfasser so mancher hübschen Geschichten unter dem Titel „Das R i e s e n s p i e l z e » g" bietet. sGlcichsalls bei L. Staack mann.) Vater Kloband hat lohnende Fischzüge getan. Da kann er sich's leisten, seinem Töchterlein Alice, sprich Liehe, ein Klavier zu schenke». Zu solchem Möbel gehört nun aber auch ei» Klavierlehrer, und den holt sich daS unverfrorene Mägde lein heran, er mag wolle» oder nicht. Gnst Bötefür ist cs, ein junger Musikus — er ringt schwer mit seiner Kunst, um als Geiger und als Komponist etwas Bedeutendes z» werden, und spielt in der Kurkapelle des Badeortes. Die Stunden be ginnen. und eS geht, wie cs oft zu geben pflegt: geistlich An fang, leiblich Mittel, fleischlich End': „Klavierstunde und nicht küssen, — bat wicr noch bedcr", sagt Liehe eines Tages, und nun wird sic z» einer Art von Nicsenmädchcn, das ihr Spiel zeug gesunden hat. Nicht ungestraft schließen die beiden die Fensterläden, die Natur fordert ihr Recht, und fröhlich erklärt das Fischcrktnd dem arg Vcrdnhtcn, daß sic — Familie kriegen sollen. Er will sic heiraten, der Vater denkt jedoch gar nicht daran, seine» Augapfel solchem „Vagcbondicrer" zn geben, und Liehe nimmt herzvergnügten Abschied von ihm. Ihre Brüder sinnen freilich ans Rache. Sie wolle» ihn mit Gewalt in ihr Boot bringe» und nach dem Festlandc abschieben: eS wäre ja indes möglich, daß er unterwegs „verloren" ginge. Gnst hat Glück. Die Tanzlnst ergreift die rauhen EnakSsöhne, sic ver schieben die Fahrt, und der MusiknS geigt ihnen so auf. daß sie in eine» Rausch hincingcratcn und des Rachewerkes vergessen. Gnst flieht: er hat durch die seelischen Erregungen seine Reife als Künstler gewonnen. Erzählt ist das alles mit Schmun zeln und Gitte. mit Freude an den hvlzschnittigcn Personen, wie sie da aus dem hohen Krcidcuscr herumlauscn. Demselben Leipziger Verlage haben wir neben diesem nordischen ein süddeutsches Buch voll HnmorS zu verdanken. Rudolf Haas versenkte sich mit seinem liebevollen Ver ständnis für das kleine Menschentum in die Biedermeierzeit. .Die drei Kuppelpelze des KriminalratS" sind Krtminalrat Hollengut hat etwas von Reuters Amtmann Weber. Gerecht und unbestechlich sorgt er dafür, daß in seinem Bezirk alles i» Ordnung ist, und er stiftet drei Ehe», die vor- aussichtltch glücklich werden. Der HanSmichel, der einen Henkersknecht angerührt hat und deshalb versehmt ist, wird durch Hollenguts festes Auftreten wieder als ehrlich anerkannt und bekommt sei» ersehntes Katl, die Schneiderbabettl bringt er mit ihrem Adam zusammen, nachdem er eine böse Bier» geschichte — es bricht das Gerücht aus. der Labetrunk sei ver- gistet! — aus der Welt geschafft hat, und zuletzt mischt er sich als veu, cx moctnns noch in eine Zuckerbäckerei hinein: Mariannl, die von dem falschen Altgesellen schwer bedrängt war, wird erlöst und kann ihrem Peter in die Arme sinken. Große Schicksale — kleine Schicksale, wie unsere Dichter davon angezogcn werden und sie schauen, — aus der Geschichte oder ans der Phantasie geschöpft und so wledergegeben, daß unser Gemüt dadurch ernst bewegt oder heiter gestimmt wird. Prof. Ottomar Enking. scharfem Geist und bester Unterhaltungsgabe verrät. DaS ist eS, was auch den Feinerempsindenden von diesem Roma» mit seinen derbe» Ktno-Esfekten nicht lvökymmen läßt. Er wird fein Publikum todsicher finden. P r o f e s s o r F e l i x R e i ch a r d t. Roman und Kino. Die Wechselbeziehungen zwischen Roman und Kino, zwischen -er dichterischen Erörterung praktischer, geistiger und seelischer Probleme i» erzählender Form und der Sichtbar machung epischen Geschehens im beweglichen Bilde, beschränken sich heutzutage keineswegs daraus, daß man eine große Zahl von Romanen aller Zeiten und Länder für den Film „be arbeitet" hat. Umgekehrt zeigt vielmehr auch die neuere Rvmanlitcratur in vielen Fällen eine starke Beeinflussung durch die Welt und den Geist des Kinos. Daö rasende Tempo, in dem die Geschehnisse des Films abzulaufen pflegen, die Fülle abenteuerlicher Ereignisse, der beständig wechselnde Schauplatz der Handlung, die Neigung zur Sensation und zum Geheimnis vollen. wie sie für die meisten Erzeugnisse der modernen Film- kunst kennzeichnend sind und das Wohlgefallen der großen Menge mit bezwingender Gewalt an sich gefesselt haben, sind auch vielfach aus den Roman von heute übertragen worden und haben die ruhige Beschaulichkeit, das liebevolle Verweile» bet Einzelheiten, das tiefere Ergründen seelischer Zustände und Absonderlichkeiten, das Einbringen in geistige Zcitströmungen und die kritische Behandlung politischer, wirtschaftlicher oder künstlerischer Probleme, wie sie dem Roman von gestern zu eigen waren, zu einem guten Teile in den Hintergrund ge- drängt. Typisch für den Kinogeist, der in die Romanschriftstellerei unserer Tage eingedrungen ist, sind zwei neue Romane von Rudolph Stratz und Horst Wolfram Geißler, beide im Verlag von August Scherl, Berlin, erschienen. Rudolph Stratz betitelt sein neuestes OpuS gleich: „F i l m g e w t t t e r" und kennzeichnet damit von vornherein die Abhängigkeit seines Stoffes vom Kino. DaS Buch lebt in der Tat von der ersten bis zur letzten Seite ganz in der Welt des FilmS. Die Helden seines RomanS sind ein ideal gesinnter, aber wirtschaftlich etwas heruntergekommener Filmregisseur, ein gerissener jüdischer „Generaldirektor" eines Ftlmunter- nchmens und mehrere weibliche und männliche Filmsterne, von denen der eine, Hansine Peterncll, mit besonderem Glanze den Roman durchleuchtet. Hansine erlebt nicht nur den glänzenden Aufstieg von einer kleinen Statistin zur Hauptdarstellerin, sondern wandelt sich auch seelisch von einem Flederwisch, der leichtherzig den Gatten im Stich ließ, zu einem treulicbenden, opferbereiten Weib dieses selben Gatten, nämlich jenes oben» ermähnten Regisseurs. DaS Leben und Treiben im Berliner Filmatelier und bei Naturaufnahmen in Wien, Bulgarien, Stambul und in Kleinasten ist mit einer Sachkenntnis und An schaulichkeit geschildert, als ob Stratz zehn Jahre lang unter Filmleuten gelebt hätte. Höchst ergötzlich ist der Jargon, in dem diese Leute reden: mit dem Blitzlicht einer Jupiterlampe leuchtet in dieser fchnoddrtgen Ftlmateltcrsprache allenthalben Strahscher Geist auf. Kinomäßiger SpannungSreiz wird vor allem dadurch in den Roman hineingetragen, daß es sich im „Filmgewitter" um die Verfilmung von großen Ereignissen und Verbrechen handelt, die sich irgendwo im Balkan wirklich zugctragen haben, und daß die noch lebenden Verbrecher alle Hebel in Bewegung setzen, um das Zustandekommen dieses Films zu hintertreibcn, da sie bet einer öffentlichen Vor führung des FilmS in aller Welt ihre Entlarvung fürchten müssen. Auf diese Weise sind die Filmdarsteller, die der jüdische Filmuntcrnehmer mit Bedacht so auSgewählt hat, daß sie ihren Urbildern zum Verwechseln ähnlich sehen sund auch tatsächlich mit diesen verwechselt werden), beständig in persön- licher Gefahr. Wenn man die außergewöhnlichen Spannungs werte des Romans und das erstaunliche Geschick deS Verfassers für .eine fvrtreißende, lebenslrotzende, originalgetreue Schilde rung der Filmwelt von heute rühmend hervorgehoben hat, so hat man damit allerdings auch alle Vorzüge dieses „Film- gcwittcrs" erschöpft. Kinoluft und Kinogeist durchwehen auch Len neuen Roman von Horst W o l f r a m G e i ß l e r, München: „Entweder- oder". obschon die Handlung äußerlich mit der Welt deS Films nichts zu tun hat. Es gibt sogar etwas wie eine Pro blemstellung bei H. W. Geißler, die auch den Titel beö RomanS veranlaßt hat. Aber gerade Art und Behandlung dieses Pro- blemS tragen etwas stark KinomäßigeS zur Schau. Einen Satz Oswald Spenglers aufgreifend: „Man sei entweder Held oder Heiliger — in der Mitte liegt nicht die Weisheit, sondern die Alltäglichkeit" — formuliert Geißler sein Entweder-Oder-Pro- blcm etwa so: Zwei Gegensätze beherrschen die Welt: hell und dunkel, Nord und Süd, kalt und warm, gut und böse, positiv und negativ — das ist das große Entweder-Oder der Ewigkeit. . . . Was dazwischen liegt, ist gleichgültiges Material, das von den beiden Mühlsteinen zerrieben wird, weil eS dazu da ist." Oder an einer anderen Stelle: „ES gibt nur zwei Sorten von Menschen: die ganz Guten und die ganz Schlechten . . . Die Welt ist anfgehängt zwischen zwei Polen ... an einem Ende steht Franz v. Assifi, am andern Franz Moor. Was dazwischen liegt, ist . . . Masscnkitsch aus dem Markte des Lebens." Ans eine tiefere Erörterung und Begründung dieser Schmarz-wcitz- Thcoric läßt sich Geißler In seinem Roman nicht ein: er be gnügt sich damit, in der Schwarz-weiß-Manter von Kinobildern Rvmanhcldcn von unschuldsvoller Engelsreinheit und pcch schwarzer Niedertracht, von nordischer Blondheit und südlicher Schwarzäugigkeit, von raffiniertem Hochstaplertum und aristo kratischem Dctektivspürstnu. von glitzernd-gleißenderSchlangen- üastigkctt und weltfremder Vertrauensseligkeit einander gegen, übcrzustclien. Fügt man noch hinzu, daß eS sich in dem Roman letzten Endes um den listretchen Raub eine» unbezahlbar wertvollen fürstlichen Brillantschmuckes handelt, daß Vcr- brechcr und Verfolger sich Im Legen von Minen und Gegen, minen überbietcn. daß Spiritistensihungen mit Getsterbeschwö- rung, ein tödlicher Nevolverschuß durch das Loch im Theater vorhang nach einer Zuschauerin, aufregende Szenen im Spiel- saalc mit OhnmachtSansällcn und Raub eines wichtigen Doku ments. ein Einbruchsversuch in der Stahlkammer einer Groß bank, eine abenteuerliche Verfolgung des Brillantschmuck. räubcrS in Indien, das schlicßlicl»« Durchbrcnncn der sanften blonden Hanpthcldin mit einem robusten chinesischen Meister- boxer und zwanzig andere Sensationen die Lektüre deö Gcißlerschcn RomanS würzen, so hat man wohl genug gesagt, um die nnvcrkcnnbarc» Einflüsse des Kinos auf Erfindung und Gestaltung dieses RomanS darzutun. Was gleichwohl daS nngcmct» spannende Buch himmelhoch über den Durchschnitt Ein Beethoven-Roman. Die Mode, große Männer der Kunst als Nomanheldeu zu wählen, macht sich neuerdings wieder einmal sehr breit. Uttd doch streift diese Art Erzählungsliteratur manchmal recht hart an der Grenze geschichtsklitternder Sensationslust hin. Der neue Beethoven-Roman von Joseph August Lux, im Verlag von Richard Bong lBcrlin W.) erschiene», ist in- dessen nicht von solcher Art. Zwar klingt sein Titel „Beet hovens unsterbliche Geliebte" zunächst ganz da nach. Aber Lux nimmt das von strengen Historikern und elegant historisierenden Erzählern schon so viel gedeutete Ltebesgcheimnis des Großmeisters mit einer, fast möchte man sagen, gewissen sachlichen Nüchternheit zum Anlaß, um im Erzählerin,, eine ziemlich umfassende Beethoven-Biographie zu geben, die von den ersten Wiener Meisterjahrcn bis zum Begräbnis reicht, aber in zahlreichen Rückblicken sogar die Bonner Jugendzeit noch mit hcreinzicht. Gewiß ist die edle Erscheinung der Gräfin Therese Brunswik, der historischen „unsterblichen Geliebten", stark in den Mittelpunkt gerückt, und erdichtete Tagcbuchblätter von ihr bilden auf weite Strecken das Mittel der Schilderung. Daneben erscheinen auch die anderen Frauen, die für den Genius Bedeutung ge- wannen: die Guiccardi, der die „Mondschcinsonatc" gewidmet ist. die Therese Malsatti, die Amalte Sebald, die liebevoll mütterliche Gräfin Erdödy. Aber trotzdem trägt die Er zählung nicht den Charakter des Liebesromans, sondern lebt vom Wechsel aller großen und kleinen Ereignisse im Dasein des Meisters. Lux hält sich dabei so ziemlich an die histori schen Tatsachen: romanhaft ist weniger der Inhalt als die Form der ausschmttckenden Darstellung. Doch behält auch hier ein manchmal fast „quellenmäßiger" Ton die Vorherr schaft, dem nur ganz ausnahmsweise gehobenerem Schwung der Sprache weicht. Als ein Ausfluß dichterischer Schöpfer kraft ist mithin dieses Beethoven-Buch nicht zu bewerten: eS ist eine freie Nacherzählung bekannter biographischer Ereig nisse, die aber immerhin manchem, der richtiggehende musik- geschichtlich« Lektüre nicht pflegt, doch einen Begriff von der Persönlichkeit Beethovens und ihren Schicksalen geben kann. Der Grcnzcharakter der Darstellung prägt sich auch in dem Bilder, und Faksimileschmuck des Buches aus, der ganz unter historischen Gesichtspunkten gewählt erscheint. Dr. Eugen Schmitz. ^ v»- v - - n - „»„l voii Hintertreppenromanen emporhebt, ist die wohlgepflegte, sehr ergötzliche Szenen aus dem Lebe» einer Kleinstadt, feinpointicrte Sprache, die allenthalben einen Schriftsteller von Des Zaren Untergang. Diel ist bereits über die bolschewistische Schreckens herrschaft geschrieben worden. Als eine der wertvollsten letzten Schilderungen seien di« im Frühjahr erschienenen „Erinnerungen aus Rußland und die Macht deS Bolschewis mus" der Prinzessin Paley, Witwe d«8 von den Bolschewisten ermordeten Großfürsten Paul Alexandrowitsch genannt. Nu» liegt von dem als Militärschriftsteller wohlbekannten Oberst a. D. Friedrich Immanuel ein geschichtlicher Roman vor: „Des Zaren Untergang". lVetcranen- dank-Vcrlag Adolf Wegener. Berlin, 1928.) Der Verfasser wählte zur Darstellung der erschütternden Ereignisse -ie Ge stalt und das Wesen des geschichtlichen RomanS, „mn auf dem Boden der geschichtlichen Wahrheit die durch den Roman geschaffene Bewegungsfreiheit zur eindrucksvollsten C-Harakter- zeichnung und zur lebhaften Ausmalung aller Nobenumstände auszu werten". Eine eigenartige Spannung zittert durch das ganze Buch, Bet seinem guten dramatischen Aufbau und seiner packenden Darstellung muß dieses auf gründlichem Quellenstudium be ruhende, volkstümlich geschriebene Werk stark fesseln. Noch einmal spielt sich das erschütternde Drama der russische« Revolution und der Vernichtung der Romanows vor unseren Augen ab. Mit einer Schilderung der Ncujahrsnacht 1918/17 ln Petersburg beginnt der Roman. Schwer lastet der Krieg auf dem Zarenreiche. Ueberall gährt und brodelt eS, Während von der Peter-PaulS-Festung hundert Kanonen» schläge das neue Jahr verkünden und zur mitternächtlichen Stunde tausende vor dem Winterpalais die Zarenhymn« singen, führt uns der Verfasser in die „Eden-Halle", der vor nehmsten Gaststätte am Newskij-Prospekt. In einer kleine» Gefellschaft — Mitglieder des Hofes, der Diplomatie, Oper und Ballett — erfahren wir Näheres über Rasputtn und dessen unheilvolle Roll« am Zareirhofe. ES klingt wle ein Märchen, daß dieser sittenlose Mönch durch raffiniertest« Mittel sich zur einflußreichsten Stellung in der ZarenfamMe Lmporschwindcln und elf Jahre halten konnte. Ich besinne mich selbst noch, als ich zur Zeit der russischen Revolution 1988 in Petersburg und Moskau war. wie in den ersten Ge sellschaftskreisen, aber auch in allen anderen Ständen schon damals die Entsernuirg Nasputins vom Zarenhofe gefordert wurde. Die Zarin sah in Rasputin einen mit überirdischen Gnadengaben ansgcstatteten frommen Mann, den Retter für den kranken Großfürsben-DHroufolger. Mit aller Schärfe legt der Verfasser dar, daß die sittenstrenge Zarin Himmel- hoch steht über den Verleumdungen, die man über sie und Nasputin ausstreute. Wir erfahren die Einzelheiten der Er mordung RaspnttnS im Hause des Fürsten Jnssupow. Dann führt uns der Verfasser in ein russisches Dorf, wo wir di« Auffassungen der Bauern vom Krieg kennen lernen. Das nächste Kapitel schildert das Leben des russischen Soldaten im Schützengraben am Narocz-See. Bereits haben revolutionäre Flugschriften vergiftend gewirkt. Im Hauptquartier deS Zaren, in Mogilew, lernen wir dteBerater des,-S«lbstherrschers aller Reußen" kennen. Der Gencraladjutant Iwanow rät zur Einberufung der Dum«, um mit ihr eine zeitgemäße Ver fassung auf dem Boden der Monarchie zu schaffen. Wer General Rußkt, der Oberbefehlshaber der Westfront, empfiehlt als schärfster Vertreter der Reaktion und Gegner jeder fortschrittlichen Politik, gegen jede Auflehnung j» Front und im Hinterland rücksichtslos cinzuschreiten. Der Zar kann sich zu keinem Entschluß, zu keiner Tat aufrasfen. Meisterhaft wirb geschildert, wie Vuchanan und Palöevloguc vom Zaren nachhaltigste Kriegshilfe fordern »»d schließlich in fast zyni scher Weise erklären, den Zaren fallen zu lassen, und sich sogar mit den Ilmsturzparteien zn verständigen, wenn der Krieg nicht mit allen Mitteln fortgesetzt wird. Während der Zar „schwach und biegsam wie ei» schwanken des Rohr, das der Sturm zerbricht", von den Botschaftern Englands und Frankreichs bereits anfgegeben wird, schmiedet in Zürich eine Bolschcwistengriippc unter Lenins Leitung ihr« teuflischen Pläne. Wir lernen die berüchtigtsten Revolutionäre kennen: Apfelbaum iTinojew), Rosenseld lKamcnciv), Sobel- sohn tNadek), Silbcrstcin lBogdonow) und andere gleichen Stammes. Während der englische Lord Milncr im Februar 1917 mit General Nnßki bereits eine vertrauliche Aussprache hat für de» Fall der Absetzung -es Zaren, geht cs in der Duma stürmisch her. Auf der Straße ertönen die Rufe nach Frieden, Freiheit und Brot. Die Truppen greifen ein, dann geschah das Unerhörte? eine Kosakenschwadron weigerte sich, ans das Volk zn schießen. Vergebens bittet der zarentreur Vorsitzende der Dmna, Rodsjankv. den Zaren, eine neue fort-
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