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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.04.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050414016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905041401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905041401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-14
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.04.1905
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so Vl» pro r«, s«lden> der Aufoagslohn der Gtratzeubeiwarter beiraae diese Höh«. Der Anfangs» loh« der Aonalarbeiter beträgt 8 Mk. 3V Pfg. pro Tag. — Tn Angelegenheit der Bewegung der hiesigen Bäcker gesellen fand gestern nachmittag im.Aryslallpalast" aus der Schäserslrahe eine außerordentliche Berfa mmlung der Backerinnung statt, dir V>b Uhr vom Vorsitzenden Herrn Obermeister Bteuer mit begrüßenden Worten an die etwa 1000 Teilnehmer erüssnet wurde. Ehe man in die Verhandlungen eintrat, entspann sich eine Debatte darüber, ob der Gesellenauü- schuk der Versammlung beiwohnen dürfe. Mit großer Mehrheit wuwe beschlossen, die Gesellen nicht zuzulassen. I» die Tages ordnung eintretend, gab der stellvertretende Obermeister Herr Wendt zunächst einen Bericht über die Lohnbewegung. Er be merkte, daß von einer solchen Bewegung unter den hiesigen Bäcker gesellen früher kaum etwas wahrzunehnien gewesen sei, auch habe man stets über einen Stamm guter Gesellen verfügt. Erst seit der Eröffnung der Bäckerei des Konsumvereins „Vorwärts" habe hier die gewerkschaftliche Organisation Fuß gefaßt und habe anch Einfluß aus die Gesellen erlangt. Bei einer völlige» Bewilligung oder der Bewilligung auch nur des größten Teils der Forderungen würde ein sehr beträchtlicher Teil der Meister zu Grunde gehe». Zunächst sei die Bewilligung schon aus betriebstechnischen Rücksichten nicht möglich. Die Meister würden oft die Arbeit allein besorge» müssen, denn der Geselle werde den Beginn des Arbeitsantrittes verschlafen, da sein Logiswirt kein Interesse daran habe, ihn stets pünktlich, zu wecken. Das Bäckergewerbe wende als rück schrittlich bezeichnet, weil «S noch üblich sei, die Gesellen in Kost und Wohnung zu nehmen.. Dies sei aber voll begründet darin, weil die Bäckerware zu einer ganz bestimmten Zeit fertig wer den müsse. Bielen Gesellen würde cs auch gar nicht zum Nutzen gereichen, wenn sie nicht mehr beim Meister zu wohnen brauch ten, denn dieser habe jetzt Einfluß auf das moralische und sittliche Leben der Gesellen: ebenso würde der Meister wahrscheinlich oft noch die Nahrung liefen» müssen, denn der Geselle werde sein Kostgeld rür andere Zwecke vertuenden und sich dann am Back- malerial des Meisters heimlich sättigen. Ter hygienische Stand- Punkt, der durch die neue Wohnungsordnung gewahrt werden solle, werde wahrscheinlich mehr als jetzt vernachlässigt werden, denn die Geselleii wurden meist schlechtere Logis mieten, als sie jetzt die Meisterschaft biete. Der Hauptpunkt der ganzen Lohn bewegung sei, für dm Konsumverein Nicklame z» machen und den Mittelstand zu vernichten. Znm Schluß crmahnle der Sprecher seine Kollegen, an den zu lassenden Beschlüssen auch festzuhalten und Nicht etwa auf den K»»dcnsmig auszugche». — In die Einzelberatung der Forderungen eingehend, entspann sich über den ersten Punkt derselben: „Kost und Wohnung wird den Gesellen im Hause des Meisters nicht mehr verabfolgt , eine lang« Debatte, nachdem Obermeister Wcudt erwähnt hatte, daß der Jnnungsvorftand sich vorläufig und unverbindlich mit der Lohnkommission der Gesellen dahin geeinigt habe, daß den verheirateten Gesellen ohne Ausnahme Kost und Wohnung nicht vom Meister gewährt werden, desgleichen könne älteren Gesellen, vielleicht vom 25. Lebensjahre an, das Gleiche bewilligt werden. Der Vorschlag bezüglich der Verheirateten fand einstimmige An nahme: bezüglich des anderen Vorschlages beschloß man gegen wenige Stimmen, daß Gesellen, wenn sie 28 Jahre alt sind, auf ihr Verlangen ebeusalls Kost und Wohnung außerhalb der Be- haunma. des Meisters nehmen Lürfm. - Auch die Frage des Mrni mollohnes zeitigte wieder eine lange Aus sprach«. . Mit großer Mehrheit nahm die Versamm lung schließlich dm Vorschlag an, dem letzten Gesellen einen Minimalwochenlohn von 8 Mark (jetzt 6 Marks bei vollständig freier Kost und Wohnung zu gewähren, während es für die anderen Gesellen bei der jetzigen stufenweijen Entlohnung bleiben soll. — lieber die anderen die BMhlung betreffenden Punkte wurde auf Vorschlag des .Herrn Wendt kein Beschluß gefaßt. Die dritte Forderung der Gesellen lautet: „An den drei hohen Festen, Ostern, Pfingsten und Weihnachten, wird eine ununterbrochene Ruhezeit von 96 Stunden unter Fort bezahlung des Lohnes gewährt." Der Vorschlag des Vorstandes ging dahin, in der Oster-, der Pfingst- und der Weihnachts- woche je einen freien Tag nach Vereinbarung zu gewähren, wenn der betreffende Geselle wenigstens zwei Monate vorher in Arbeit gestanden hat. Nach langer und teilweise sehr er regter Debatte, in die auch der Syndikus des Verbandes deut scher Bäcker-Innungen „Geriiiania"-Bcrlin „ntcr Aufklärung über verschiedene in die Debatte geworfene Bemerkungen über Berliner Verhältnisse eingriff, wurde der Vorschlag des Jnnungs- »orslandes autgcheißen. — Die Lohnkommission der Gesellen, die sich während der Versammlung vor dem Saaleingange aufhielt, ließ daraus durch Herrn Wendt die Innung bitten, eine Kommission zu wählen und das Gcwerbeaericht als Einigungs- amt anzurufen. Die Versammlung lehnte die Wahl einer solchen Kommission ab, da man das Gewcrbcgericht jetzt nicht an- rusen will. — Die Gesellen fordern ferner: „Anerkennung des Verbands»Arbeitsnachweises oder Einführung eines paritätischen Arbeitsnachweises, bei alljähr licher öffentlicher Wahl des Stellenvermittlers." Nach Bericht des Herrn Wendt und längerer Debatte beschloß man, ent sprechend dem Vorschläge des Vorstandes, den jetzigen l2nmmgs-> Arbeitsnachweis beizubehalten, aber auch danach zu streben, die Winkelarbeitsnachweise auszurotten. — Auf Antrag des 12. Be zirks wurde dann der Vorstand beauftragt, ein aufklärcndcs Flugblatt an die gesamte Gehilfenschaft zu erlassen. Die Ver sammlung fand um 7 Uhr ihr Ende, nachdem Herr Syndikus Dr. Westphal noch in einem Schlußworte zur Einigkeit er mahnt hatte, falls es zu einem Streik kommen sollte. Nächsten Dienstag nachmittag hält die Innung im gleichen Saale wieder eine Versammlung ab, zu dieser Zeit tagen auch die Gesellen, um die entscheidenden Beschlüsse zu fassen. — Der heutigen Nummer dieses Mattes liegt für die Ge samtauflage ein Prospekt der Weingroßhandlung von Hugo Meiling, Striesener Straße 12, bei. — Bei günstiger Witterung wird die elektrische Straßenbahn Schandau —Groycr Wasserfall" am 20. d. M. für dieses Jahr eröffnet. — Da am 15. d. M. die Wiedereröffnung der Festung Königstein für den Tonristciibcsiich stattfindet, so bat die Stadtvertretung von Königstein angeordnet. diesen Tag festlich zu begehen und für den Abend eine Illumination der Häuser re. festgesetzt. — Herr Kommerzienrat Röseler in Berlin, der Senror- inhaber der Firma Thiele u. Steinert in Freiberg, hat aus Anlaß des Königsbesuches in den Geschäftsräumen seiner Firma ein Kapital von 50 000 Mark zugunsten seines Deamten- und Arbeiterpcrsonals gestiftet. Die Stiftung soll zur Er innerung an den Tag ihrer Errichtung und zum Andenken an den Besuch des Königs den Namen „Friedrich A u gi> st - Stiftung" tragen. — Der Streik der LeipzigerTapeziereraehil- f e n gebt seinem Ende zu. Die Gehilfe» beschlossen, de» vis jetzt scstgehaltcnen Generalstreik anfziihcbcn und an dessen Stelle den partiellen Streik zu setzen. Der neu ansgearbeitctc ArbcitSvcrtrag, der eine teilweise Ermäßigung der Forderungen enthält, soll den einzelnen Meistern und Firmen vorgelcgt werden. In den Ge schäfte», in denen der Vertrag akzeptiert wird, soll die Arbeit wieder ausgenommen werden. — Oberlandesgericht. Wegen Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des 8 6 deS Preßgesetzcs hatte der Kaufmann Gustav Schmidt in Vorstadt Plauen. Inhaber verlegt und in den Verkehr gebracht, deren Rückseite das Bild der Gräfin Montianvsv und der kleinen Prinzessin Anna Monrca. sowie von dem Schloß am Bodensee zeigte, in dem die Gräfin längere Zeit gewohnt hat. Daneben befand sich ein Gedicht, in dem die Gräfin verherrlicht wurde. Auf der Vorderseite war wohl der Verleger, Schmidt, angegeben, dagegen fehlte die ülngobe über den Drucker. Paragraph 6 des Preß- gesetzes »erlangt jedoch, daß auif allen Druckschriften, mit Aus nahme solcher, denen ein künstlerischer Charakter anliastet, oder die dem geselligen und häuslichen Verkehr dienen, Name und Wohnort des Druckers und des Verlegers angegeben fein muß. Der Angeklagte verteidigt sich damit, daß es sich hier nicht um eine gewöhnliche Druckschrift, sondern um «in Erzeugnis der bildenden Kunst handle. DaS Berufungsgericht hielt indessen in subjektiver Beziehung die Schuld des Angeklagten für cr- Iviefen, indem eS betonte, daß Sch. fahrlässig bandelte, als er unterließ, die von ihm verbreiteten Karten mit den Angaben über den Drucker zu versehen, denn schon aus dem Inhalte gehe regierenden Herrscher. In der vom Angeklagten eingelegten Revision »vurde geltcick gemacht, die Karlen jeirn dazu bestimmt, als Erinnerungszeichen verwendet oder an die Gräfin selbst ge- richtet zu werden. Es sei ferner nicht verkehrsüblich. auf diesen Druckerzeugnissen den Drucker anzuyeben, weil dadurch der Kon kurrenz verraten werde, wo derartig, Sachen angcserligt wer den. Das Obcrlan-esacricht unter Vorsitz de» Scnolsprändcn- ten Kstrtz hat die Revision, gemäß dem Anträge des Oberstaals- anwaltS Dr. Gerhardt, verworfen und zur Begründung aus- geführt, der Behauptung, es handle sich um ein Kunsterzeugiiis, fehle es beim Anblick der Karle an icdem Boden. Die Karten dienten nickst dem Verkehrsbedürsnis, sondern lediglich politischen Tendenzen, weshalb auch die Ausnahmebestimmung des 8 6, Absatz 2 des Preßgesetzes mit Recht an-nwenden sei. — Ter Uebertretuna des ß 960, Zister 6 des Reichsstrasgesetzbuchs soll- ten sich der Photograph Paul Bruno Hauboldt und der Litho graph Paul Richard Knoth in Leipzig dadurch schuldig ge macht habe», daß sie p a p i e r g el d ä h n l i ch e Geschäfts- E m pfel, tun gs karten hergestellt bezw. in den Handel ge- bracht hatten. Die ongezogene GesetzeSsielle lautet: „Mit Geld strafe bis zu 150 Mk. oder mit Hast wird bestraft, wer Waren- Empfehliingskarten. Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbuimiiaen, welche in der Form oder in der Verzierung dem Papiergelde oder dem Papiergelde noch gleich geachteten Papieren ähnlich sind, anfcrtigt oder verbreitet, oder wer Stempel. Stiche. Platten öder andere Formen, we'che zur An fertigung von solchen Drucksachen dienen können, anferligt." Die Angeklagten geben zu. daß ihnen diese Gesetzesbestimmung be kannt gewesen ist, bestreiten jedoch, daß im vorliegenden Falle die Blüten — es handelte sich um Preisverzeichnisse. Rech nungen, Empschlungskarten — den Anschein von echtem Pa"icr- aclde Hervorrufen konnten. ES komme nicht aus den Eindruck an, den die Bliilen bei einem oberflächlichen Beschallen, sondern bei einer genaueren Prüfung machen. Die von den Angckloalcn eingelegten Revisionen werden indessen kostenpflichtig vcrworicn mit dem Bemerken, es sei nicht zu ersehen, inwiefern der Vorder richter in rechtlicher Beziehung eine irrige Auffassung bekundet haben sollte. Ter russisch-japanische Krieg. Ans Gunschulin wird gemeldet: Ein Gerücht, das aroße Beachtung verdient, ist, daß die Japaner noch sechs Divisionen formieren, die bestimmt sind, gegen Wladiwostok z» operieren. Ehinese» versicl>cr», daß die Jalu-Armee, von der Armee Nogis uiilerstützt, sich den Jal» enilang in zener Richtung bewege. Ein 90 000 Mann stnrkcs Detachement der selben ist dazu beftimmt, die russische Verbindung mit Wladiwostok abzuschiieiden. Die Japaner bemühen sich energisch, unter der chinesischen örtlichen Bevölkerung immer neue Cbuiichusenbanden aiizuwerben, um im Rücken der Russen die Eisenbahnlinie zu überfallen. Bei diesen Ebmichiisenbandcn befinden sich viele japanische Offiziere und Soldaten. Der bekannte japanische Staatsmann Baron Suyematsu hat sich, wie man aus London meldet, über die Gesichtspunkte, welche bei einem künftigen Friedensschlüsse zwischen Japan und Rußland maßgebend sein werden, in folgender Weise geäußert: „Der wichtigste Punkt sei, daß für Japan kein Frieden annehmbar erscheinen könne, der nicht mindestens für eine Generation die Ruhe im fernen Osten gewährleiste. Rußland und Japan hätten sich von vornherein in ganz verschiedener Lage befunden. Japan sei fraglos für seine Existenz zu Felde gezogen, was bezüglich Rußlands durchaus nicht der Fall wäre. Es sei daher vorauszusehen, daß es an Rußland die Forderung stellen werde, den Japan erlvachsenen materiellen Verlust aus- zugleichen. Man habe an verschiedenen Stellen die Erwartung ausgesprochen, daß Japan bewogen werden könnte, diesen An spruch fallen zu lassen, wenn England und Amerika eine Garantie für den Frieden übernehmen wollten. Die Javaner schätzten die allgemeine Stimmung m England und Amerika, wie die anglo- japanische Allianz, gewiß sehr hoch, sie würden es aber fehr bedauern, wenn man ihnen Vorschlägen sollte, in Anbetracht ihrer Freundschaft mit den genannten Ländern auf einen An- spruch zu verzichten, zu dem sie nach ihrer Ansicht vollständig berechtigt wären." Tligtsgeschichte. Marokko. Das Ziel, dos die deutsche Politik in Marokko verfolgt, ist offiziell und offiziös oft und deutlich genug bezeichnet worden, um erkennen zu lassen, daß es sich dabei um ganz reale Interessen handelt, über die man nicht nur zunächst, sondern, wenn cs fein muß, überhaupt nur mit dem Sultan von Marokko verhandeln wird. Deshalb wird die bereits von James genügend gekenn zeichnete Ausstreuung des „Malm", als ob der Zweck des Verhal tens der deutschen Politik die Beseitigung Telcassös sei, in Berlin als ei» leicht zu durchschauendes Manöver nicht ernst genommen. N. a. bemerkt die „National-Ztg." dazu: Deutsch lands Marokkopolitik hat auch nicht das Geringste mit der Frage zu tun, ob Herr Deleass« im Amte bleibe. Sie beruht vielmcbr auf dem Bedürfnis, die Interesse» Deutschlands zu wahren, keines wegs aber aus einer Regung kleinlicher Rauciine gegen einen Minister. Wer für Frankreich die schöne Aufgabe erfüllen wird, dahin zu wirken, daß die marokkanische Angelegenheit nicht zu einer Streitfrage zwischen Frankreich und Deutschland werde, kann man in Dentschlaiid ruhig abwartc». Auch wird cs den Anhän gern Delcasses schwer werden, aus der deutschen Presse irgend wel chen Beweis dafür zu erbringen, daß von hier aus die Polemik i» Sachen Marokkos irgendwie mit einer persönlichen Spitze versehen worden ist. Der Berichterstatter des Madrider „Jmparcial" meldet aus Tanger: „Wenn ich ehrlich die Empfindungen und Meinungen wiedcrgcben soll, welche seitens der eingeborenen und der europäi sche» Kreise wegen eines etwaigen Besuches des Königs von England aiisgesvrochc» werden, so muß ich erklären, daß ein solcher Besuch die Wirkung des deutschen Kaiserbesuches nur vertiefen würde. Das Eintreffen des englstchen Herrschers würde den Marokkanern ni» so deutlicher vor Augen sichre», das; eS in Europa noch viele andere Mächte gibt, welche sich für Marokko interessiere», und Frankreich würde »m so mehr in den Hinter grund treten. Ter Bestich des Königs Eduard kann also nicht Frankreich, sondern nur England Vorteile bringen. Andererseits ist zu bedenken, daß bei dem zweiten Besuche die Begeisterung der Marokkaner naturgemäß geringer sei» wird, als bei dem ersten Herrscherbestlch." — Inzwischen wird bon London auö in Abrede gestellt, daß König Eduard die Absicht habe, Tanger zu besuchen. Deutsches Reich. Prinz Heinrich vonPreußen reist mit seinem jüngsten Sohne, dem Prinzen Sigismund, am 16. April nach T a r mst a d t, um das Osterfest am grotzherzog- lichen Hose zu verbringen. Zu der Mitteilung, daß Graf Bülow Ende der Woche in die Osterferien gehen wolle, wird aus Berlin gemeldet, daß noch nichts bestimmt ist. und daß Graf Bülow möglichenfalls die nächsten Wochen noch nicht verreist, da seine Anwesenheit in Berlin, obgleich auf ernstere Verwicklungen keineswegs gerechnet wird, doch nötig sein kann. Der preußische H a nd e l s m i n i ste r Möller hat mit den Räten seines Ressorts eine Konferenz im Abgeordnetenhaus«: abgehaltcn. Man geht nicht fohl in der Annahme, daß die Stellung zur bovorstohenden zweiten Lesung der Berggesetz- Novelle betr. die Arbeiterverhältnisse rn der Berggesetzkom- mission zur Besprechung gelangt sein dürste. Der gut« Eindruck, den das erste parlamentarische Auf treten des neuen preußischen Ministers des Innern v. Bcth - mann-Hollweg bcrvorgerufen, wirkt noch immer in den Preßerörterunaen nach. Grobe Hoffnungen werden an den Minifterwechsel geknüpft. So wird unter der Ueberschrift „Frühling in der preußischen Verwaltung" in der „Magdeb. Ztg." geschrieben: „Was hat das Wunder bewirkt? Noch hat Herr v. Bethmann-Hollweg kaum Zeit gehabt, sich in seinem Ministerium umzusehen: ehe man von seinen Taten hört, wird noch mancher Monat vergehen; die von seinem Vorgänger in Angriff genommenen Maßregeln auf dem Gebiete der Gcsctz- gebilne werden, wie billig, noch zurückgestellt. Es sind auch nicht Fragen ersten Manges, zu denen Herr v. Bethmann-Holllveg sich vis jetzt zu äußern Gelegenheit fand, und er hat nicht viel aesagt, iva» wie ein Programm ausiälze. Nur daß er über diese Fragen nicht ivie ein junkerlich-bureaukratischer preußischer Dutzcndmtnisler. sondern wie ei» unbefangener Mann mit ge- sundei» Menschenverstand gesprockze» Hai, erweckt ihm einen io tvarmen Beifall im Lande, läßt überall ungewöhnliche Hofi- nunaen hervorsprießen. Man weiß nicht: ist das mehr ehren» für Herrn v. Bethmann-Hollweg oder mehr beschämend für den Geist der preußischen Vcrivallung? Man kann nur von Herzen wünschen, daß kein Reis aus die Frichlingsblüten solle." Vielleicht dringt dann auch, so heißt es zum Schluß, etivas davon in andere Gebiete hinüber, denen man einen Bethmann-Hollweg wünschen möchte, wir meinen vornelnnlich die Schule und die Justiz! Die Angelegenheit der französische» Häger in Raden, die eieenlümlicberweise gerade a» strategn-tz-wichtigen Punkten die Joaden pacbielen, ist trotz aller Abichwächungs- versuche der badischen Offiziösen noch keineswegs erledigt, und schon kommt eine neue Frage aus die Tagesordnung. Die „Badische Landeszig." schrieb dieser Tage: „Ter größten Be achtung wert erscheint uns die Tatsache, daß in der Zentral- leiluiig der badischen Staatseisenbahnen Ausländer sitzen. In die badische Geiieraldireklion der Staatseisenbahncn wurden seinerzeit, als empfindlicher Mangel an Technikern eintrat, In genieure ans den Balkanstaaten berufen, die heute zu etats- mäßigen Beamten aufgerückt sind und bisweilen, »amentlich, wenn sie als Stellvertreter des Ehess fungieren, Einblick in die wichtwcn Akren, wie Mobilmachungspläne u, dergl., erhalten." Flugs lies; dagegen die badische Regierung offiziös mitteilen: „Es ist richtig, daß einige Ingenieure, die nicht aus dem Reichs gebiet stamme», in der Generaldircklion arbeiten und in elats- mäßige Beamtenstellen cingcrückt sind. Alles andere, iuas in dem Artikel gesagt und angcdeutet wird, entbehrt jeder Begrün dung. Die ermähnten Ingenieure haben, wie rhre Kollegen rcichsdeutscher Abstammung nicht den geringsten Einblick in wich tige Akten, die sich ans Mobilmachung u. dergl. beziehen. Die Leitung der Staaiseiienbahnen ist ihrer wichtigen Pflicht, mili tärische Geheimnisse zu wahren, sich vollauf bewußt und trifft dciiigemäß ihre Maßnahmen." Gegen diese Erklärung wendet sich die „Badische Korrespondenz" mit folgenden Ausfiihrunacn: „Wir wollen gerne zugebcn, das; die Leitung der Staatseisen- balmen die militärischen Geheimnisse nach Kräften zu wahren sucht und daß die Ausländer, die zurzeit in badischen Diensten stehen, zu Mißtrauen keinen Anlaß geben. Gleichwohl scheint uns die Verwendung von Ausländern auf so wichtigen Posten höchst bedenklich, zumal wenn es sich nicht um „einige" Inge nieure handelt, sondern die Zahl der ausländischen Bahntech- niker in Baden lwie der „Schwäb. Merk." behauptet) rund vierzig Prozent beträgt. Bon den Landeskindcrn verlangt man die strengste Vorbildung, scheucht sie lveg und nimmt sodann vom Auslände, was man bekommen kann, wenn es nur brauchbar ist. So kann und darf es nicht weitcrgehen, wenn nicht vitale Interessen des Staates notleiden sollen." Das im Rcichsschatznint ausgearbcitete Reichs st ener- program in ist dein preußische» Staatsmiiiisterium bereits zn- gcgaiigcii. Von dessen Stellungnahme wird es abhängen, in welcher Fassung das Steuer-Programm an den Bundcsrat gelangen wird, lieber seinen Inhalt wird Stillschweigen beobachtet, jedoch verlautet .zuverlässig, daß von einer neuen finanziellen Abgrcinung zwischen dem Reich und den Einzelstaatcn nicht die Rede ist. Diese Abgrenzung ist durch die sogenannte ler Stengel als endgültig gezogen zu betrachte». Ter Reichstag wird sich in der Herbstsession init den neuen Steiicrvorlagen zu befassen haben. In bezug aus die bevorstehende Reform der ReichS- fiiiaiizeii versichert die „Ratioiiallibcrale Korrespondenz", ein Zlirückgrcifeii ans die früher vom Reichstage abgclehnte Tabak- fabrikationssteiler werde nicht beabsichtigt. Mit der zweiten Beratung des MilitärhensionS- gese >; cs im Reichstag soll nnch der „Post" gleich nach den Osterferien begonnen werden. Das Blatt fügt hinzu, es sei zu hoffe», daß die Gesetze dann im Laufe des Herbstes verabschiedet werden könnten. Tarncich würde eine abermalige bloßeVertagung des Reichstages in Aussicht stehen. Tic offiziösen „Verl. Pol. Nachr." schreiben: „Der Reichs, noalidenfonds hat Ende Januar 1905 noch einen Bestand von 215,3 Millionen Mark gehabt. Im Jahre vorher sind aus ihm, obschon im Etat für 1904 lisch Millionen Mark, die dem Fonds zur Last fielen, auf die fortlaufenden Ausgaben übernommen worden sind, nicht weniger als nahezu 40 Millionen Mark ausgegcbcn worden. Man kann darnach ans recht einfache Art sich äusrcchnen, daß, da die zur Deckung der Ausgaben mit zu verwendenden Zinsen beim Zusammenschmclzen des Fonds von Jahr zu Jahr geringer werden, es, falls keine Aenderung einlritt, nicht mehr 6 Iahre dauern wird, bis der seinerzeit mit 561 Millionen Mark aus der französischen Kriegs- kostencntschädiguiig dotierte Jnvalidenfonds, der bestimmt war, auch den Ansprüchen des letzten Kriegsinvaliden noch gerecht zu werden, ausgezehrt sein wird. Wären die finanziellen Aus sichten im Reiche bei der Ausstellung des Etatscntwurss für 1905 nicht gar so traurige gewesen, so hätte wohl in dem laufenden Etatsjahrc die begonnene Sanierung des Jnvalidenfonds fort gesetzt werden können. Obschon nun die verbündeten Regie rungen die Deckung der inzwischen auf 14 Millionen Aöark angc- schwollcnen Summe auch für 1905 auf die Mat.ikularbeiträge übernommen hatten, hat der Reichstag die durch Uebcrweisungen ungedeckte Summe der letzteren ganz beträchtlich erhöht, mithin die Lasten, die die Einzelstaatcn vom Reiche schon freiwillig übernommen hatten, noch gesteigert. Trotzdem dürften die Arbeiten an der Sanicrmrg des Jnvalidenfonds nichi eingestellt werden. Es dürfte sich bei ihrer Fortsetzung auch nicht bloß nni die Erwägung der Ergreifung ähnlicher Maßnahmen wie der zuerst in den Etat für 1904 eingestellten, sondern weiter darum handeln, den Rcichsinvalidenfonds wieder mit möglichst so vielen Mitteln aufzusnllen, daß die ans ihn angewiesenen Verpflich tungen erfüllt werden können. Hoffentlich gelingt es, die Mittel hierzu, sowie eine allen beteiligten Faktoren genehme Form für die Ausfüllung zu finden. Erst wenn sichergcstellt ist, daß der Fonds ausreicht, um alle einst auf ihn angewiesenen Ausgaben zu bestreiten, wird von seiner völligen Sanierung gesprochen werden können." Zum d en t s ck> - b ulga ri s ch e n Handelsverträge er fährt die ,.N. G. K." folgendes: Die Verhandlungen zum Abschluß des Haiidclsveilragcs zwischen dem Deutschen Reiche und Bulga rien sollten »ist'rniiglici, am 12. d. M. ihren Anfang nehmen. Ans den Wunsch der deutschen Regierung wurden sie indessen bis nach dem Ostersest verschoben. Ihr Beginn ist nunmehr auf den 25. April festgesetzt worden. Da ein glatter, von keiner Seite durch Schwierigkeiten behinderter Verlauf der Negoziationen er wartet werden tan», dürsten diese kaum eine längere Zeit als zwei, höchstens drei Wochen in Anspruch nehmen. Die Bevollmächtigten Bulgariens, die in den iiächsie» Danen vier cintrcssen, sind der Proscssor Dr. Dciiicnlosf, Lehrer der Nationalökonomie und Finanz Wissenschaft an der Hochschule in Sofia, der auch schon an de», Zustandekommen des bulgarisch-russischen Handelsvertrages beteiligt war, sowie die Ministerialräte Kossesf und Tschehaloff. Vom deutschen Auswärtigen Amte werden der Direktor der handelspoli tischen Abteilung Dr. v. Körner und Geheimer Legationsrat Tr. Lehmann an den Verhandlungen teilnchme». Nachdem sich die Frage der Neu bewaffn» na der Fcldartillerre mit Rohrrücklaiifgeschntzeii bei fast allen großen Armeen der Lösung genähert hat. ist aus dem Verlaufe de, diesjährige» Reichstagsvcrl,and hingen über den Militäretat mit einiger Gcinigtunug zu konstatiere», daß nach ciiigehenden Bei suchen auch für die deutsche Feldartillcrie dasjenige Modell eines Rohrrilcklliiifgcichntzcs gefunden ist, das allen modernen Anivrüchcn an diese wichtige Waffe genügen dürfte. Einzelheiten über die neue» Geschütze sind nicht bekannt geworden und dürsten solche, auch in beschränktem Maße, schwerlich in die Ocffentlichkeit drin gen, bevor nicht die Geschütze selbst vollzählig zur Verausgabung an die Truppen gelangt sein werden. Man kann in dieser Hinsicht nur an das Beispiel Frankreichs erinnern, wo, selbst nach erfolgter Nelibcwafsiilliig der Feldartilleric im Jahre 1900, das Geheimnis des Silsteins des neuen Gcschützmaterials mit solcher Strenge ge wahrt wird, daß auch heute noch eine ganze Reihe von Detarls linbckaiiiit geblieben ist. Nur über zwei Punkte von allgemeinen! Interesse bezüglich iinserer zukünftigen Rvhrrücklaufkanonen für die Feldartilleric haben die früheren und die jüngsten Auslassungen des Kricgsministcrs und die Verhandlungen in der Budaet- kvmiiiission, wie vor dem Plenum des Reichstags einige Klarheit verschafft. Zunächst darin, daß cs sich bei diesen Geschützen um kein Kvmprvinißnivdell Knipp-Ehrhardt handelt, wie von verschie- Dresdner Nachrichten. 104. Seite S. Freitag. 44. Avril 1»08
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