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Dresdner Nachrichten : 27.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189904270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18990427
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18990427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-04
- Tag 1899-04-27
-
Monat
1899-04
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 27.04.1899
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M AZtz-KI - Z Seite Ävv. Belletristische Donnerstags-Beilage zu de» »Dresdner Hachrichteu". Akkevtei frrv HLe Iverrierrrvekt. Merks pruch. Warum klagst Du im Abcndliht, Daß Dir die Stunden wie Wellen vcrü.-ftir? Verlängern kannst Du die Tage nicht — Lern' sw vertiefen! — Frid a T ch»nz. Kopf «beul Reich geborenen Mensche» ist es »maßbar. wie er» Besitzloser Freude am Leben haben und glücklich sein kann. Alle Wünsche befriedigen, heißt für sie „leben". Der zufällige oder verschuldete Verlust ihres Vermögens wirft sie in Verzweiflung, ans der sich nur Wenige in das Gebiet der Anspruchslosigkeit zu retten versuchen. Es ist die Macht der Ge wohnheit, welche sie beherrscht. Die Unuieglickkeir ferner im äußeren Be hagen, ohne Anstrengung, die Gülcr des Lebens genießen zu können, läßt sie oaS Gute, was iknen geblieben, völlig überrede» oder mißachten. Sich nickt Mehr eines eleganten Wagens bedienen können, läßt ihnen das Zufußgehen als Schmach ericdeinen. Sie, die von Silber und feinstem Porzellan speisten, noch lm cht allzu viel zum Leben, zur Erhaltung seines LeibeS. Tie Meißen mfferer Bedürstmse zählen zum Luxus-, zum Entbehrlichen. Erziehung. Bild ung mrd Gewohnheit steigerten den Bedarf an Dingen und Genüßen weit über das absolut Notlüge. Nothwendig erscheint schließlich dem Einen Vieles, was der Andere für unnöthigen Ballast ansieht, dessen Entbehrlichkeit wir im Rvthfall bald eiusehen. wenn wir uns dankbaren Herzens die „Freude am Meinen" zu «halten verstanden. Wer vom Schicksal heimgesucht wird, aus hem veberfluß in den Mangel, ans den höchsten Kreisen in tiefere Schichten, aus reicher Geselligkeit in Einsamkeit sich kwisebt fühlt, zählt so lange nicht zu den Unglücklichen, wie er den .Hopf oben" behält. Das Schwerste ist der Nebergang. Ist dieser erst verwunden, dann stellen sich allmählich einzelne Lebensfreuden wieder ein. Unglück und Sorgen klopften nicht vergebens an unsere Herzensthüre. Unser Charakter läuterte sich und wir lernen achten, was urrs vielleicht bisher verächtlich, wenigstens gleichgiltig war. Die höchste Errungenschaft ist wohl zunächst die Freude, welche wir über die uns ge bliebene Spannkraft empfinden. Schließlich lernen wir einieben, daß viele Freuden der besitzenden Klassen nur aus falschen Voraussetzungen beruhen. Wer vor dem Schlimmsten, vor Siechthum und der Sorge um s tägliche Brot bewahrt wmde, hat alle Ursache, dem Schöpfer aus vollem Heizen für das Gebliebene zu danken. Es bleibt ja so Vieles, für das wir nichts weiter arrs- zuwenden haben, als die " Himmel blaut für All Niedrig. Wer keine , . . ^ Umgebung, die in tausend Fällen Schönes und Anregendes genug bietet. Wer sich keine neuen Bücher kaufen, keine guten Zeitschriften ballen kann, greise zurück auf die oft recht sehr vernachlässigten Klassiker, die ,a doch wob! keinem Gebildeten fehlen. Für die Bewohner größerer Städte stehen meist die reichten öffentlichen Bibliotheken zur unentgeltlichen Benutzung. In Aeicher Weise findet der Sinn für Kunst Nahrung in Gemälde- und Skulvturensanmuungcn, in Kirchcncoucerteu und billigen Klaiftkcrvorstelluiigcn. Der Manzensreund findet Gemigthnung in der Pflege einiger aus- Samen und Steplmgen gezogener Lieblinge: diese wiegen schließlich den vom Gärtner gepflegten Garten aus. Dem Sinn für Landschaftsgärtnerei wird durch öffeirt- Ilche, Jedem zugängliche Anlagen Genüge gethan Wer Geselligkeit nicht vübehren mag, findet sicher einen kleinen Kreis Gleichgesinnter, der sich an einem bescheidenen Mahle genügen läßt, wenn herzliches Wohlwollen und freundliches Entgegenkommen Form und Etikette ersetzen. Und selbst Der- zenige, welcher einige Rangstufen tu keiner gesellschaftlichen Stellung bcrab- " 'gen muß, findet in der neuen Sphäre gutr liebe Menschen, mit denen eS leben läßt, wenn man sie zu nebmen weiß. Wie viele kleine innige blühen uns im häuslichen Leben unter den bescheidensten Verbält- ulkffen! Im engeren Bcisammcnlcbcn bietet sich viel öfter Gelegenheit, dem Anderen eine Liebe zu erzeigen. Und wo werden die .Kinder besser erzogen? Doch sicher da. wo das Vater- und Mutlerauge über sie perstürlicb wacht. Niemand ist so arm, daß er nicht noch ärmer werden könnte! Also nicht die Zeit mit nutzlosen Klagen verbringen, sondern f,c nützen und sich deL Rcftiliats freuen I Den Kopf oben behalten dem Ungemach gegenüber, ihn aber auch denutthig beugen vor dein schöpfe» der überwinden half. So erblüht »ins aus Sorgen reicher Segen, und in unserem Innern ent'vnngi des Lebens reinste Quelle: Schaffensfreudigkeit mrd Zufriedenheit. ri tb Etwa- über das „Thürenwerfrn". Diese üble Angewohnheit ist leider fast überall vorzrrurrden. Groß und Klein, Arm und Reick vstegt . . . , „ , gnädige.^ ihrer Würde halten, die Thür nihig bmtcr sich zu schließen, daß ihnen viel mehr ein wuchtiger Schwung den augenblickikch fehlenden Dienstboten ersetzen toll. Bei dem Arzt und dein Kaufmann rechnen wir es aus die kostbare Zeit, sic ihnen verloren gehen würde, wollten sie der guten, allen Sitte baldigen. Ae Thüc mit eigner Hand zuznmachen. Bei den Personen, welche dem Militär angehören, sucht inan die Entschuldigung in der Scbneidigkeir ibreS Be nfes, und findet es nur richtig, wcun der Herr Leutnant gehobenen Hauptes das Zimmer verläßt, der bescheiden sich zur Seite neigenden Thür «neu so „schneidigen" Tritt versetzt, dich sie noch lange über di . Art des Zmverfens sich nicht beruhigen kann. Dem Herrn Professor muß man diese Art erst recht zu Gute rechnen, denn wie kann ein solcher Heid der Wissen schasl seine hehren und heroischen Gedanken erniedrigen zu dem guten To», zu dem auch die Art des Thürschließens einen unbedingten Anspruch bat. Die rege Hausfrau, die Gott mit einer Schaar gesunder Kinder gesegnet bat. deren ungebundener Jugendamt!! sehr oft die Grenzen der Wohlanständigkeit überschreitet, hört und sieht es nicht, wie sehr zum rrervenzecstörenden Lärm eines ruhigen Nachbars die Art ihres und ihrer Kinder „Thüriverfcns" wird. Von einem Kinde kann man ici den Beistand nicht verlangen, zu bedenken, daß der gebildet sein wollende Mensch auch Verpflichtungen gegen seine Nachbarn zu beobachten hat. Gewi'; wird jeder vernünftige Mensch Nachsicht üben, wo eine Herde Kinder sich mit der Zeit eingestellt, nur inü'se» aber auch die Eltern derselben darauf sehen, daß diele nicht durch Schreien und Lärmen, durch Tbürenzirschlagen u. s. w. die Nachbarschaft belästigen, die ihren ge rechten Anspruch aus Ruhe zu fordern hat. Was man nun den Gebildete» so gern mit irgend welchen Entschuldigunasgründen verzeihen würde, daß rechnet inan gewöhnlich dem Armen als Rohheit an, von dessen geistigem Horizonte man sich allerdings ein sehr eng begrenztes Bild macht: daß dreie Ansicht aber grundfalsch ist, beweist die eriifcrche Thatiache, daß das „Tbnren- werfen" ebenso im Uebermaßc von dem gebildeten Mensche» geübt wird, als von der» Ungebildeten. Was man aber dem Anne» als rohes Wesen an rechnet, das kann man doch unmöglich bei dem Reichen als gute Sitte und feines Betragen aniche». Eine ebenio üble Angewohnheit, dre für die Bc- theiligten zur gleichen Strafe wird, ist das Strrhlrücken. Wie selten sieh! mau einen Menschen den Stuhl ruhig Hinsehen I Entweder wird er wie toll auf gesetzt, oder in einer ko lärmender! Weise gerückt, daß Menschen, die drunter wohnen, durch solch' rücksichtsloses Gebahren zur Verzweiflung getrieben wer den. Und wie gar keine Mühe bedeutet es. diele üblen Angewohnheiten zu unterlassen, durch die wir uns unserem Rebenmenschen so unangenehm machen und ihn thatiächlich sehr oft zu einer geringschätzigen Beiirtheiluiig nn'erer Bildung zwinge» Zur Sünde jedoch werden solche unbedachte Hand lungen, wen» sich derartigem Lärmen und fortwährenden Thürcnwersen ein kranker Mensch schutzlos prcisgegeben sieht. Wie oft liegt nicht solch' ein armer gelähmter Mcnich unter dem Raume, der sechs Kindern ;nm Tummel platz dient, die sich tollen. Härchen, jedes vor dem Anderen schnell die Tbür zuwerfend, und dabei „Schutzciien" auf den Sohlen! Wo da nicht Rücksicht geübt wird, muß das stille Kämmerlein des Kranken zur Holle werden. Darum gilt für Alle ohne Ausnahme das Wort: Bettelt Euch von der un bewußten Art des Thürenschlcigens, welche nie Anspruch ans Woblauslmrdig- leil besitzt, mrd sich durch nichts entschuldigen läßt! 4'dwiz s-arrhi». rvie L'lauvöilchen Wie Blarweilchen sollst Du sein, Das in grüner Blätter Hülle Scheu verbirgt des Dustes Fülle, Herzcrguickeud fri'ch und rein. Wie Blanveilchm sollst Tu sein: Immer freundlich, still, bescheiden. Weder unrecht Ibrin noch leiden, Ist Deri! Platz auch noch so klein. sollst Du sein! Wie Blarweilchen sollst Du sein! Dankbar sür des Daseins Segen, Gutes schassen allerwegen Durch der Liebe Sonnenschein. Wie Blarweilchen sollst Du »ein: Prahle» nicht mi! Deinen Gaben, Treulich in der Seele haben Fromme Dcmulh mir allein! Adelaide een verrtcrg-Heczag. rvsrt-rrätbscl. Für die folgenden Wörter sollen in derselben Reihenfolge stmomune (von ähnlicher Bcdcrttnngf gejuch! werden, deren Anfangsbuchstaben hintereinander gelesen ein Sprichwort ergeben: I Warum, 2. redlich, 3 sauber, 4. Pfad, v. beginnen. 6. Jehova. 7. Zähre, 8. Ehemann, N einst, 10. Fra». 11. Zunft, 12.zwingen, 13. feucht, 11. Narr. z. ncir-c. Silben-Räthsel. Aus folgenden 44 Silben: a, a, a. a, cr. a, a», bon. borg, cker, de, del. der. e, er, gv, golf, le, Ir. low, lmn, ma, men, mi, ne. »lg, »ik, o. o, v, pst grrar, ro, rö, rn, sa, soch. sn, tar. tha, thcu, th». u, ring, sind 13 Wörter von folgender Bedeutung zu bilden: 1. Stadt im russischen Goiwernemcii! Radom. 2. Afrikanisches Zwergvolk. 3. Eine Gemeinschaft. 4. Golf im adriaüichen Meer. Finländische Stadl. 6. Judäischc Königin. 7-Pflanze. 8. Wiescn- knopsgcwächs. !>. Landplage. 10. Schleswig-Holsteinische Insel. 11. Gestein. 12 Moderner Schriftsteller. 13 Griechischer Zeitabschnitt. Die Anfangs buchstaben von oben nach unten gelesen ergeben einen alten berühmten tta- iicnischen Dickster, die Endbuchstaben von oben nach unten gelesen einen be rühmten deutschen Dichter, die in gewissen Beziehungen ;»sainmensteben. ob wohl sie zu verichredeuen Zeiten gelebt haben. SUI-t,-!!- Zestch««. TNamant-Uäthsel. 1. Eine Note. 2. Ein Fluß in Steiermark. 3. Eine blaue Farbe 4. Der Name eines Schriftstellers, si. Eine Stadt in Ungarn, tz. Der Name eine- Schriftstellers. 7. Ein Binsinstrrinieilt 8. Ern weiblicher Vorname. S. Der Name eines berühmten Komponisten. 10. Der Name eines Monats 11. Er» Mitlaut- 2 "ttc-c «r KM , MMrisiische Donnerslags-Aeitage jll dt« „Dresdner Nachrichten". 1*0 »« Donnerstag, den 27. April. Zm Mund der Leute. Erzählung von Luise Elaß. rAerstttoagg „Sie wissen, weshalb ich hier bin." sagte Erne plötzlich. Earla stutzte und zog sich in sich zusammen. ..Nein — ich bedauere —" „Tie vermuthen es wenigstens, seit Sie meinen Namen gelten haben. Vor vier Tagen waren Sic in Bieberfeld, die Geschichte, die Sic dort erzählt haben, bat sich auf die Wanderschaft begeben, und ich bin Ibncn nachgereifl uni dieser Geschichte willen." Die Tuttschinska wußte nicht gleich. loas auiworien. sie hatte Tivlornaten- küuste erwartet, denen wäre sie gewachsen gewesen, oieier Vorstoß tvar ihr zu plump. Sie mußte auch erft das Triumphgesühl bezwingen, das übermächtig in ihr ausstieg. Wohl hatte sich's schon geregt, als sie Emes Namen staunend von der Karte abbuchstabme, jetzt aber, da diese Frau ohne Bemäntelung gestand, um ivas sie gekommen sei, strömte ihr das- Blut so heftig nach dem Hirn, daß Gedanken und Ucberlegung wie roeggeipülr schienen. „Klug sein! Kalt sein l" mahnte sie sich. — „Du hältst die Trümpfe, nun gewinne Dein Spiel." Aber sie konnte sich nicht sofort fasten, denn während die angerufene Klugheit mahnte: „Benütze den Augenblick." jauchzte das Rackegelüst: „Genieß ihn! Quäle sie, vemüthige sic!" Frau Erne stand noch immer regungslos vor ihr, als Earla endlich sagte: „So? — Aber wollen Sie sich nickt setzen? — Also um der alten Geschichte Willens Ja — soll ich Ihnen noch einmal erzählen, was sich begeben hat. damit Sie gründlich Bescheid wissen ? Toll ich Ihnen die lustigen Tage schildern, wo mir jung waren und noch keine Philister und noch andere Modelle batten als Werb und Kinder und dann natürlich strauchelten, wie all' Soll ich erzählen, wie wir zusammen glücklich waren, zusammen schuldig wurden? — Aber so setzen Sic sich doch! — Oder soll ich Ihren Marin, der, Mann des goldenen Erfolgs und der goldenen Medaille, hinstellen als das von mir verjührtc Lamm? Wenn das Iknen. der Ehefrau. Freude macht, warum nicht? Es wird dann die heilige Legende, mit der Sie einmal Ihre Kinder erfreuen können, wenn vom Baker die Rede ist, und die sich auch in den obligaten Biograpbien des berühmten Mannes sehr hübsch machen wird — obgleich sie crpokrvph ist- — Aber wollen Sie nicht Platz nehmen —" Earla hatte sich zu Anfang ihrer Worte in die Polster geschmiegt und deutete wiederholt nach dem Lclmstuhl. dem Eme nicht um eine» Schritt näher kam. Auch jetzt blieb sie stehen, während sie lene, aber mit softer Stimme sagte: „Zunächst wollte ich Ihnen etwas erzählen Martin Helling ließ, als er starb, erne ganz vereinsamte Mutte, zurück. Cbreslemcn brachte ihr die Todesnachricht des Sohnes- und tdat sein Theil. daß sic nicht in leib licher und geistiger Nvth untcrginge. Sie ist feit Jadicu unsere Hans' geiwsjrn „Nuii, daS ist ganz nett von Ihnen," frei Carla ein. „der Frau ihre Zinsen zurückzuerstatlen. Sic sind sa in der glücklichen Lage, das ohne Opfer zu können, ich Hörle schon in Bieberfeld davon." Erne »verkam ein Gefühl hilfloser Erschöpfung, wie den Bergwanderer, dem bei jedem Schritt der Boden mitcr den Füßen weicht, so das: cr dem Ziele niemals näher lommt. Als sic sich endlich antta'-te, war's wieder, um gerade vorznsroßen. „Ich wollte Sie bitten, Ihre Erzählung noch zu ergänzen; nicht für mich, die ich sie ganz genau kenne, sondern für ienc Anderen, denen sie durch Ihren Bericht zugänglich geworden ist. Sic bat viel Schaden ungerichtet, viel Gutes zerstört, auch auf anderem Acker, a'S dem un'cren, aber noch kann Mauches gercttet werden, wenn Sic reden." „Was?" Carla schnellte ans ihren Polstern in die Höhe. „Ich soll retten? Ich? — Für Hclmar löbrestensen doch wohl? Für den hochmütbigen, selbstgerechten, inarstosen, bintalen Mann zum Guten reden? Soll Wahrheit vertufche», weil cr sie zu scheuen hat? Gerechtigkeit zu Boden schlagen, wer! sie ihn trifft, Sühne verhindern, loeil sic ihn brennt? All'seine großen Worte vergesse», weil sie sich zins'ordernd gegen ihn selbst gewendet haben?" Earla Tuttschinska besann sich plötzlich auf die gemäßigte Nolle, die ihr Borrberl beuchte, ließ sich auf ihren Platz zurücksinkeir und schloß ruhiger. „Sie iriacheu sich wnnderbarc Borstellnrigcn von meiner Empfindung sür diest-n Mann." Erne überwand noch einmal ihre FluLtgelüstc und sprach mit derselben leisen rotimmc weiter, die Earla so unangenehm war. weil ihr Pathos nickt dagegen ankam „Ich sage nicht. Sie sollen um Chreslenicii s willen reden, er muß jetzt ebenso wie all' die Jahre daher mit seinem Schirldthci! fertig zu werden suchen. Aber der alten Frau, der eine plumpe Hand Ihre Geschickte zugetragen hat. wird jede Lebensfreude dadurch erdrückt. Wir waren ihre Familie - Sie haben sic zrrm zweiten Mal kinderlos gemacht und wir sichen hilflos vor den Trümmern und vermögen nicht wieder aufzrchauen, denn wir scheinen ihr Tempelschänder, mrd doch muß sie zu Grunde gehen, wenn sie werter, wie in dreien Tagen, einsam zwischen ihren gefallenen HerlrgenbiHern blerbk. Deshalb — mir deshalb kam ich zu Ihnen — hier können Sic helfe«, hier müssen Sie Helsen. Sie werden als Augenzeuge Frau Helling'? Frage» Antwort, ihren Zweifeln Ruhe geben." Carla Tuttschinska stand ungeduldig aus und ries: „Nun also! Also doch! Das heißt, ich soll ein Märchen erfinden, das heißt, ich soll lügen!" „'Nein. Aber glauben Sie nicht, daß Ihr Bericht letzthin von zornige» Gedanken gefärbt war, mrd daß Mitleid ander? erzählen wird und vor Allem auch kann?" „Mitleid — Mitleid mit Hclrnar Cürcstense» l" rief Carla höhnisch und streckte die Hand mit theatralischer Geberde aus. Durch Eures Füße ging ein Zittern, unwillkürlick griff sie nach der Stuhl lehne. aber ihre Stimme hatte »re noch in der Gewalt, als sie antwortete: „Nein. Mitleid mit der alten Frau. Meinen Sie nicht, Mattin Helling's Mutter auch etwas schuldig zu sein?" Ein Murren war Carras einzige Antwort. Sie ging hastigen Schrittes im Zimmer aus und ab, alle Anmritb ihrer schleppenden Bewegungen war abgefallcn wie ein geborgtes Kleid. Von Zeit zu Zeit sah sie Eme an und fand immer dasselbe stille Gesicht, dessen traurige Augen ihr unverwandt folgten. Plötzlich blieb sie mitten in ihrem Laufe vor Erne stehen. „Gut. ich will zugeben, daß ich dieser Frau etwas schuldig sein könnte; mir sind viele Menschen im Leben etwas schuldig geworden und schuldig geblieben; aber gut — Sie haben mich an diese Schuld erinnert und ich «kenne sie an. Auch noch zugegeben, daß sich schwär; weiß und weiß schivarz erzählen läßt — was sollte ich der alten Dame denn schreiben?" „Schreiben?" Eme schüttelte den Kops. „Das vermöchte ich nicht zu sagen. Ich weiß gar nicht, was Sie in der Stadt verbreitet haben, auch nicht, tvas Rath Rotheiibeck Frau Helling hinausgetragen hat. Ich weiß von Allem nur. was mein Mann mir erzählte an dem Tage, wo Sie des Mor gens bei ibm gewesen waren; ich suchte Sie darauf im Bären, kam aber zu spät." „So schnell ist Rotheubeck zu der asten Helling gelaufen?" rief Carla. „Ein tapferer Hetzer!" „Nein. Rothenbcck kam erst am folgenden Tage." „So?" Earla stand wieder still und fab Erne nachdenklich an. „Was wollten Sie denn im Bären?" „Sie thatcn mir leid — ich hörte. Sie seien irr NM — ich dachte mir gleich, daß nur Verzweiflung sich so rachsüchtig geberden könne, und wollte Ihnen zu Helsen versuchen — Ihnen und uns helfen schien mir dasselbe." Carla erröthete. langsam zog ein fadler Schein vom Hals zur Stim empor. Da fiel ihr ja in der: Sckooß, was- der Endzweck ihrer Reise gewesen war — ihre Rache batte sie gehabt, und die Hilfe kam nun auch — anders als sie erwartet hatte, aber sicher: sie brauchte keinerlei diplomatische An strengungen zu macken, sie brauchte sich nickt einmal voraus bezahlen zu lasse», nein, hier nicht, dieser Frau war unbedingt zu trauen. Daß sie cm peinliches Mißbehagen über viere Ettcnntniß empfand, war lächerliche Schwäche — Iveg damit! Earla setzte sich. Erne den Rücken kchreud, mit einem Ruck vor ihre Schreibmappe und sagte: „Ich werde Ihnen aufschreiben, daß die ganze Ge schichte erfunden ist, daß ich gelogen habe, um - sie lachte spöttisch — mich an Ihrem lrochmürhrgen Mann zu rächen, weil ich ihm nicht gut genug war zur Haussrcuudiu — ein Motiv müssen wir doch haben, Iber Glaubwürdigkeit zuliebe." Erne stiegen Thräncn in die Augen, sie setzte sich nieder, legte die Härrde vor's Gesicht und mühte sich um die verlorene Fassung. Earla merkte nichts davon, mit fliegender Feder schrieb sie. wandte sich dann schnell um und jab erstaunt auf die zusammengesrmkcnc Frau. „Aber mein Himmel, was haben Sie denn nun ?" Erne nahm die Hände vom Gesicht, sie hatte die Tbranen bezwuugen. nur ein feuchter Schimmer lag noch in den Augen, als sie antwortete: „Ich danke Ihnen, Sie meinen cs gut, aber so geht das nickt. Die Wahrheit muß schon geragt werden, das Geschehene können wir nicht wieder fottlügcn, und wenn Sie meinen, die Wahrheit nickt so erzählen zu tonnen, daß Frau Helling Ebresrenren dennoch weiter zu lieben vermag, dann — dann muß eben das lindert seinen Gang gehen." Erne stand am. und Earla Tuttschinska starrte ihren verschmähten Wider ruf nrr. Wunderliche Frau, was wollte sie eigentlich? Carla sann nach, sie dachte an vergangene Tage — die bunte Jugend wurde lebendig. Sre sah die beiden mngen Menschen vor sich, den blonden, viereckigen Cbrestcnsen. der sich seinem schwererrungenen Beruf bingab mit vollem Herzen, den lrernntcr zu bekommen in s tauige Leben so vie! Mühe kostete, der sich so schnell zurück besann und eisern war in der Arbert und dem Wiedergrrtinackcn. Und sic sab den Anderen mit den weichen, braunen Haaren, den lächelnden Augen und dem tiebenswürdigc» Temperament, dem Alles zusicl, und der deshalb nicht zu ringen vccstand; sah stur anstodcm und rasch verglimme», schnell bereit zu Lust und Scherz, schwer zu haben zu Mir» und Arbeit. Are war cr ihr leicht zum lockeren Leben gefolgt und batte nickt wieder davon gelassen, ob gleich Ebrcsreiiseii ihn zu sich zu ziehen suchte, obgleich sic selbst, seiner müde geworden, ihn zurückzustoßeu wünschte.
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