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sl. Jahrgang. 246. Freitag, 7. September 1617. » X l'/.. p« v- 18S« Drahtanschrift: Nachrichten Dresden. Fernsprecher-Sammelnummer: LKL41. Nur für Nachtgespräch«: «0011. v«1»g»»»«dahr »tertell-hrllch In Dre»d«n und Vororten bet poelmatiger Zutrogun, <on Sonn, und Montagen nur einmal) sowie bei einmaliger Zustellung durch die Post ,ohne Bestellgeld) S,60 M., monatlich 1.20 M. «nzeigeu-vreise. Die elnloalttge Zette <eti»a S Silben)»» Pf- vorpegoplSs,« u. «lnzetgen tn Nummern nach Sonn- u. lkelerr.,«» Ir. Torts. 2«»/, Tcuerungoplschtag. — Auow. «ustr. geg. «orauebejahl. — Belegbt. io Ps. Schriftleitung und Hauptgeschäftsstelle: Marienstratze 38/4«. DrutI u. Verlag von Lirpsch S Reichardt in Dresden. Nachdruck nur mit deutlicher Ouellenangad« s.Dreodner Nachr.") Mist» — Unverlangt« Schrtststllcke werden nicht -ufbewahrt. Ir»I« L«»aui t.«ttsr«sssn. »N«A«n«I» NallstnckSe rovie »Ue Sorten »p»S»- un«1 stpoe»,««»»». Sptoloeae.nNau» S.«.WIlrr.L'?kMk>tk.W Kakkee 1^3511^0 3eestr. HIackrmlttsgs: Salon- unä Opernmusik, abencks: Netteres Programm. kisalno-kspeUe, l.e!tung Konrertmelster kost, lm delledten IVelnsalon „Irlanon": 2eltgema0e ^lusikvorträge. egen Insektenstiche jecter /^rt, verkinciert sokort cftmera unä Oesärwulst. - Verssnä nach auswärts. Xünlgl. «oß-apotkske, llmilil, »il« IlMI »Vwlts.k.nS.I« 1dr»»uo»b»l lr» V«^»e»rreg »e»ol» »„»rnrSml». -U ^ ^ IL W^7 Lj l-sSStl!! Itöüöi'Riij'öii^krisiglüciirlt Deutsche Kavallerie 7V Kilometer Mich Riga. Scheitern starker enaiischer Teilaagriste bei Wern und Lens. — Wieder über MO Italiener gesanaengenommen. — krfolgreiche Berteidigung des Monte Gabriele.—Hindenburg» und Ludeudorsts Suderstcht. — Die „Nordd. Allg. 3tg." gegen General Michelson. .50^ n. «» und Der deutsche Abendbericht. Berlin, 6. Sept., abends. tAmtlich. W. T. B.) Nordöstlich von Aper« und bei Lens find starke eng lische Teilangriffc gescheitert. Bei Berb « n dauert der Artilleriekampf an. . Im Oste« wurden rnsstsche Nachhuten bei Nen- Skaipe« und südwestlich Nitau s79 Kilometer östlich Riga) von unserer Kavallerie geworfen. Sefterrelchlsch-ungarischer Krieg,bericht. Wien, S. Sept. Amtlich wird verlantbart: Oestllcher Kriegsschauplatz. An der HeereSfront des Generalobersten Erzherzog Joseph vielfach lebhaftere Kampftätigkeit. Italienischer Zlriegsschauplatz. Gestern vor zwölf Tagen begannen die Italiener mit ihrem grotze« planmäbige» Angriff gegen de» Monte Sa» Gabriele. Mächtige Geschütz- und Minenwerfer, Mafien vereinigten durch viele Stunden ihr Jener gegen unsere Höhenstcllnuge«. Auf engem Raum lies Tag und Nacht die Infanterie von mindestens acht italienische« Brigaden Sturm. Vorgestern erreichte das Ringen seinen Höhepunkt. Der Berggipfel wechselte in hin- und Vermögendem Kampfe mehrmals de« Besitzer. Aber der Jubel des nach einem Scnsatiouscrfolge dürstende« Feindes war verfrüht. Die opferfreudige Fähigkeit unserer Truppe« gewann die Oberhand. Scharfe Gegenstöbe satzten Le» Angreiser und entrisse» ihm den vorübergehend ge wonnene« Boden. Gestern mittag war der Monte San Gabriele wieder volliuunsererHaud. Abends wurde eiu starker Angriff blntig abgeschlagen. Italienische Truppen- ansammlungen im Tale stellen weitere Kämpfe tu Aussicht. Oestlich von Görz wiesen wir Teilangriffc zurück. Ans dem Südtetle der Kar st Hochfläche dauerte die Schlacht Leu ganzen Tag an. Der Italiener wnrde aus sei««» vorderste« Gräben geworfen. Unsere brave Infan terie behauptete sich in de« eroberte« Linie» siegreich gegen alle Versuch« des Feindes» feinen Mißerfolg durch starke Gegenangriffe wettzumacheu. Die Zahl der am 4. und S. September in diesem Kampfraume eingebracht«« Gesa», geneu ist anf ISO Offiziere und über «Svg Man« gestie, gen. Triest war abermals das Ziel zweier italienischer Luftangriffe. sW.T.B.) Der Chef des Gene-alstabS. Kriegrgnmd und KrieMel. Der hier wiederholt genannte schwedische Staatswissen- schaftler Rudolf Kjellsn wirst in seinem neuesten Buche die Frag« auf. weshalb in keinem Augenblick dieses Krieges dt« Erörterung über die Ursachen der gewaltigen Kata strophe geruht habe. Immer wieder werde die Schuldfrage aufgeworfen und immer wieder von beiden Parteien der Versuch gemacht, die andere für den Kriegsausbruch ver antwortlich zu machen. Mellon sieht die Gründe für diese Auseinandersetzung in der engen Verflechtung der Kriegs- ziele mit den Kriegsursachen. Der frühere englische Staats sekretär Grey hat am 28. Oktober vorigen Jahres tn einer Rebe vor neutralen Pressevertretern diesen Zusammenhang ausdrücklich betont: „Wenn wir uns dem Frieden im richtigen Geisteszustände nähern wollen, so kann das nur dadurch geschehen, daß wir uns des wirklichen Kriegsgrundes entsinnen und diesen keinen Augenblick vergessen." Er versuchte dann den Nachweis zu führen, datz Deutschland angefangen habe, und folgerte dar aus: „Weil der Krieg von Deutschland über Europa -eraufbeschworen wurde, sind eS di« Alliierten, die für den künftigen Frieden Bürgschaften erhalten müssen." Di« Beweisführung Lord Greys ist heute von besonders aktuellem Interesse deshalb, weil sie in erster Linie der Widerlegung der Behauptung galt, Rußland habe zuerst mobil gemacht. Lord Grev verstteg sich damals nach dem Berichte des Reuterschen Bureaus zu dem Satze: „Ich hätte nichts lieber, als -atz die Behauptung, daß die rus sische Mobilisierung zum Angriff und nicht zur Verteidigung bestimmt gewesen sei, von einem unabhängigen und un parteiischen Gerichtshöfe geprüft ivürdc". Der sehnliche Wunsche des edlen Lords ist heute erfüllt. Bon einem unparteiischen Gerichtshöfe, wie ihn Lord Grey sich dachte, ist die Frage allerdings nicht geprüft worden: sie ist vor einem russischen Gericht verhandelt morden, um so be merkenswerter ist es, daß sich aus diesen Verhand lungen aber mit unwiderleglicher Klarheit ergeben hat, einmal, datz der Zar von dem ehrlichen Friedens willen Deutschlands überzeugt war, zum andern, datz der Beherrscher aller Reußen von der im Banne Frankreichs und Englands stehenden Aricyspartei am russischen Hofe an- gelogcn, datz sein Befehl, die Mobilmachung rückgängig zu machen, nicht ausgcführt wurde, datz diese Mobilmachung lediglich auS reinen Angrtffsabsichteu entsprang. Wir wissen, datz die russische Militärpartei, als deren Werkzeug der General Ianuschkewitsch in den kritischen Julitagen de» Zaren belog und dem deutschen Geschäftsträger ein falsches Ehrenwort gab, durch England und Frankreich zum Vorgehen ermutigt wurde. Ein Bericht des belgischen Ge schäftsträger Baron de l'Escaille beweist das einwandfrei. Die russische Mobilmachung, die. wie man wcitz, den Krieg gegen Deutschland bedeutete, war in vollem Gange, als Grey mit seinem Schiedsgcrichtsvorschlag hcrvortrat. Was ein solcher Vorschlag unter den gegebenen Umständen be deutete. ist klar — er war lediglich gedacht als Mittel, um Zeit zu gewinnen. Fest steht also heute auf Grund der Aussagen des Ge nerals Ianuschkewitsch im Suchomlinow-Prozctz, datz die russische Mobilmachung reinen Angrifssabsichten ent sprungen ist. Lord Grey hat das Urteil, das er sich wünschte. Es ist unanfechtbar und unwiderleglich, einer der Angeklag ten hat öffentlich und rückhaltlos seine Schuld bekannt. Dem Reichskanzler danken wir es, datz er Gelegenheit genommen hat, diese Tatsache vor aller Oeffcntlichkeit stark zu unter streichen und noch einmal hincinzuleuchten in das verbreche rische Treiben der Brandstifter an der Newa und ihrer Auf traggeber in London und Paris. Ein merkwürdiger Zufall will es. datz zur selben Zeit, als General Ianuschkewitsch vor den Petersburger Richtern unfreiwilliges Zeugnis ab legt für Deutschlands Friedenswillen, noch ein weiterer Zeuge setne Stimme erhebt. Der „Rotterdamsche Courant" veröffentlichte in diesen Tagen eine Reihe bisher unbekann ter Dokumente über die Vorgeschichte des Krieges, die sich finden — in der Pariser „Humanits" vom 1. August 1914, und -er Feder des ermordeten französischen Sozialistcn- führers Jaurös entstammen. Daraus ist zu entnehmen, Satz Isurss am 31. Juli genau erkannt hat, datz Rußland zum Kriege treibe. „Unser großer Freund," so schreibt das Pariser Blatt, „machte den Minister (Malvy) darauf auf merksam, wie groß die Verantwortlichkeit des französischen Ministeriums sein würbe, wenn es die dringende Not wendigkeit verkennen würde, einen starken Druck aufRutzland auszuüben, wasalleindcnFriedcn retten könne". Leider schien es, wie das Blatt in seinen weiteren Ausführungen bemerkt, .»Latz Malvy nicht so. wie JaurSS es wollte, von der dringenden Notwendigkeit des Schrittes, wozu ihn dieser treiben wollte, überzeugt war". Das ist verständlich, auch Malvy war eben, wie alle, die im französischen Kabinett saßen, zum Revanche-Krieg ent schlossen. „Wir führen einen Revanche-Krieg!" hat ja heute der französische Historiker Driault in seinem Buche „I-ss Iraäitions xolitigues äs 1a I'ranos et Iss sonäitrsirs äs 1a pain" offen zugestanüen. Jaurös aber bestätigte in einem Artikel, den die „Humanits" erst nach seinem Tode veröffent licht hat, der deutschen Regierung ausdrücklich ihren Friedenswillen durch den Satz: „Wenn Deutschland beab sichtigte, uns anzugrcifen, so würde es nach dem System des berühmten plötzlichen Ueberfalles gehandelt haben". Das war aber, wie bekannt und wie auch Jaures nachdrücklich unterstreicht, keineswegs der Fall. Wozu hieran erinnert wird, nachdem doch längst jedem unter uns klar ist, auf welcher Seite die Schuld liegt? Lord Grey gab uns schon die Antwort: „Wenn wir uns dem Frieden im richtigen Geisteszustände nähern wollen, so kann das nur dadurch geschehen, datz wir uns des wirk lichen Kriegsgrundes entsinnen und diesen keinen Augen blick vergessen." In Deutschland haben manche Leute den Kriegsgrund vergessen, die Mehrheit des deutschen Reichs tages kann sich oder will sich daraus nicht mehr besinnen. Sonst hätte sie nicht zu der Entschließung vom 19. Juli kommen können. Wie liegen denn die Dinge? Kein ein ziger unserer Gegner hat bisher das Ziel erreichen können, das ihm beim Kriegsausbruch vorgcschwebt, das ihn ver anlaßt hat. die Welt in Blut zu tauchen. Kein einziger unserer Gegner hat bisher zu erkennen gegeben, datz er bereit ist, auch nur auf eins zu verzichten. Im Gegenteil, die.Forderungen sind immer höher geworben, die Kriegs- zicle wurden genau in dem Matze erweitert, in dem die Feinde Anzeichen für Sie innere Schwäche Deutschlands zu erkennen glaubten, und so war eS nur folgerichtig, wenn Wilson in seiner Antwortnote an den Papst im Hinblick auf Sie zersetzende Tätigkeit von Leuten wie Erzbcrger und Scheidemann verlangte, das deutsche Bolk solle sich der „Auto kratie" und des „Militarismus" entledigen, d. h. Revolu tion machen, Harakiri begehen. Anders tut cs der amerika nische Präsident nicht mehr, mit dem dcuiichen Staat will er keinen Frieden schließen, nur mit dem deutschen Volk. Erst wenn wir uns selber die Haut abgezogen haben, will er uns nicht mehr schinden, erst wenn wir uns selber durch eine Revolution gerädert haben, will er davon absehcn, uns die Knochen unseres Staaiskörpcrs zu zerbreche». Und der „Vorwärts" das Zcntralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands, stimmt zu, wcitz an Wilsons Antwort vieles zu loben und nichts zu tadeln. Um Deutschland zu vernichten, von der Weltkarte wcg- zuwischen, ist der Verband in den Krieg gegangen, hat eine Handvoll von Staatsmänner» sich mit ungeheurer Schuld beladen. Wir machen uns die Bcstrafungsthcoric Lord Greys nicht zu eigen, trotzdem wir ein unverbrüchliches moralisches Recht dazu hätten. Wir haben kein Nichteramt zu üben. Wohl aber hat jeder einzelne von uns die heilige Pflicht vor sich, seiner Familie und seinen Kindern und Enkeln, dafür zu sorgen, datz es den Feinden des Reiches heute und immerdar unmöglich wird, ihre Vernichtungs absichten zu verwirklichen. Daß das durch papierene Ab machungen nicht zu erreichen ist, — auch das beweist die Vorgeschichte dieses Krieges. Am 31. Juli 1914 bestand wahrlich kein Mangel an den allerschönsten völkerrechtlichen Verträgen und internationalen Abkommen, wo waren sie am 1. August 1914? Vom Winde verweht. Die Lehre ist deutlicher und schmerzhafter, als wir sie wünschen konnten. Um so erstaunlicher ist es, wenn man sic heute, wo noch immer die Kanonen donnern, schon vergessen will, wenn aus den Gehirnen von Männern, die im Namen des Volkes zu sprechen vorgeben, der eiserne Zusammenhang von Kriegsgrund und Kriegszicl unserer Feinde so ganz verschwunden ist. Hindenburg« nnd Lndendorffs Zuverficht. d. Im Sofiaer „Dnewnik" schildert Redakteur Tanew den Empfang der bulgarischen Journalisten im deutschen Hauptquartier und deren Begegnung mit Hindenburg und Ludendorfs und führt Aeuherungen beider Generale an, Hindenburg sagte: Sic nehmen die Ueber- zeugung mit, daß wir überall, wo ivir kämp fen, auch siegen und bloß einen ehrenvollen Frieden abschlietzen werden, der die von uns und von Bulgarien ge brachten Opfer rechtfertigt. Ludcndorff äußerte sich: Wir bleiben in politischer und wirtschaftlicher Beziehung eng verbunden. Unsere beiderseitigen Beziehungen be ruhen auf Vertrauen und Achtung und werden sich immer inniger gestalten. Wir werden siegen. Ueber- raschungen sind ausgeschlossen. Unsere Gegner werden trotz ihrer Hartnäckigkeit bald n a ch g e b e n. Wir sind zwar gegen die Fortsetzung des Krieges, müssen aber, vom Gegner dazu gezwungen, den Krieg noch eine Zeit sort- führen. Ich bin überzeugt, datz wir ihn innerhalb einiger Monate zu glücklichem Ende führen werde».