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Dresdner Nachrichten : 29.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192212294
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19221229
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19221229
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-29
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 29.12.1922
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Neue Enthüllungen über die französischen Bernlchtungsplöne. Ma» Vvlncor- ».lvcheettrl-e Verleumdung" nennt. — AufleUung Deulfchland» schon ISIS. verli«. K Dez. Im ,B. T" verössentlicht Theodor Wolfs einen Slrtftel. tu dem er gerruüber der von Pcincarü ln der le-«en Srnatörcdr abgegeLeneu Erklärung, ,» sei «Ine lächerlich« Verleumdung, wenn behaupte werde, Frankreich welle Deutschland ruinieren, neues Bcweiv- »a»«rtal deä Pariser Botschafters Jsivolski ««fahrt, aus dem einwandfrei die Pläne einer vollständig-» Zerstückelung Deutschlands hcruorgehen. In einem vom Alt. September lillt datiert-» Gehelmlclegrnliim Jsivolskto «n Sasouvw ans Bordeaux, wohin sich die französische Re gierung damals geflüchtet hatte, beisu rS: »Ich berufe mich auf Ihr Telegramm Nr. 2Mi. Pe» ssönltch. Ich habe Gelegenheit gehabt, persönlich von wir ans mit Delccrst« über die tu diese.>> Telegramm auf geworfene Frage zu sprechen. Indem er voransschickte, daß e» zurzeit noch zu früh sei, „das Fell des Bären zu ver lausen". und daß er eö bis seht vermieden hat. hierüber mit feinen Kollegen zu spreche», gab Telcastö zu. das, cS an- gebracht wäre, rechtzeitig die gegcnsctt!g''n Ansinnen und Wünsche der Verbündeten festznstellcn. Er ist überzeugt, Last hierbei zwischen Rußland, Frankreich nnd England keinerlei Metnungoverschtedciil,eiten entstehe» können. Für sich selbst sucht Franke ich in Europa keiuerlel territoriale Erwerbungen, mit Ans». lim« natürlich der Rückerstattung Elsas» Lothringens. Da» und tn dt ser Hinsicht Ihauptflichlichste Biel Frankreichs find alle drei verbündeten Mächlc diirchans koltdurilch tzestestt darin, das, da» D'utsch- N i', v.rnicht t und dir i-ikitärische und politische Kraft Preußens so viel wie mög lich geschwächt wird. Man rr.rs» dir Sach' so machen, des, dieei« zelucn deutsche» Staaten hieran selbst lutere ff irrt sc»rt>. Ueöer die Ecnzelhelt u L o zu- kltustigeo Gliederung Deutschland» ist es noch zu früh, zu f»r ckru. tschgfand w'.-d wahrscheinlich die Wi-di'rh--rstelln»n «ineS unabhängigen Hannvrer verlangen und diesem wird sich natürlich io b r Rnsiiand noch Frankreich w!d rs-1;:n. Schleswig-Holstein muß an Dänemark lorninen, »roh der zweideutige» Haftung der konischen Negierung. England sucht gleichfalls keine Eroberungen in Europa, wird aber kolonialen Zuwachs auf »osten D.ntscülandS verlangen, wogegen Frankreich keine Einwendungen erhebt. DaS Telegramm spricht dann weiter von der sranzösi- fche« »nerkennung der türkischen Meereugenfvrderungen. An «lncm zweiten als Fortsetzung de» oblgeu gehaltenen Telegramm von bcmselbrn Tage hctftt e» dann weiter: Hierbei berlrs sich Delcasfä auf dl« Verhandlung«», die i« Petersburg i« Fahre 1V1H ftaltgesnude« habe», und bat iustäudigst, Ihre «usmerkfamkeit aus d e Tatsache zu leukeu, batz die Forderung«« »nb Wünsct»« Frankreichs dtlsclden gedttebcn stnd. mit Anönahme des notweud gru Wunsches, dl« politische und ökonomisch« Kraft Deutsch« laudS zu vernichten. Die Notwendigkeit dieses Um standes wird durch die jetzige Konjunktur bedingt, ganz be sonders tn Anbetracht der Beteiligung Englands am Kriege, und die französische Negierung besteht auf der Erreichung dieses Zieles, in der Annahme, das; dieses nicht nur für Fxankretch. sondern auch für die anderen Mächte und sogar für die ganze Welt co» gleicher Wichtigkeit ist." Ferner propagiert JSwolsti die Versagung der Habs burger nnd die «Schaffung eines starken serbisch kroatischen Staates als Gegengewicht gegen Italien. Ungarn und Nuniänien bitten dringend um Nachricht, über welche Geld mittel er verfügen kann, um die Propaganda zu organi sieren. Dr. von Aosenberg an die Deutschen im befehlen Gebiet. Lndwigshasen. 26. Dez. Als Antwort auf eine Umnage der ..Pfälzischen Ncmdlckau" übersandte der Neichsantzcn- minister Dr. v. Nvsenüerg fvlgzzrde NcujahrS- a r ii s, e: An die Pfälzer! Deutsch- Treue kennt weder Ranm- noch Zeltgrenze. Wir wollen, wo wir auch sie1h!n, in» neue» wt-e im alten Jahre dorren getreu sein, die uns so stand haft die Treue halten, unseren Brüdern an der Saar, am Rhein nnd in der Pfalz. Mit alle» Kräften wollen wir bemüht bleiben, ihre schwere» Lasten zu rrseichtern. Mir danken urlser.n Brütern, die in gesährdetcr Lage täglich ihr Deutschtnm vcn neuem verteidig,,, müssen, dt« ihre deutsch« Arbeit. Ihr« deutsche »kilitur nnd ihre tonische Spruche nicht ausgcb-n können, weil sie dam!» ttn-rsestNcheS verlieren würden. Das alte Deutschlaud grüsit seine treuen Söhne. Lavensleln über Sie !eh!e Enlwlcklung Ser Aeichsbcrnb. Berlin, 28. Dcz. In der Sitzung des ZcnlralauSschnsteS bcrichictc der Präsident des Nerchsbgukdircclcriums über die Entwicklung des Standes der Ncichsbank in der Beit vom 7. November bis 15. Dezember des Jahres und erwähnte, das; der Banknoten»miaus in den letzten Tagen die Biller vrn t Billion Mark erreicht habe. Im weiteren führte der Präsident u- a. ans, diese Entwicklung des Bankinstituts mache es nrrbedingt notwendig, in der Kritik des angeborenen Kredllmaterials hinsichtlich des Ver wendungszweckes noch e r h e ü l i ch st r c n g e r zu werden als bisher und geeignete Maßnahmen zur Beschränkung der Kredite zu ergreifen. Die Darlehnnskassen beobachteten das gleiche Verfahre». Es würde uuser Geldwesen völlig «uiuicrcu. wenn Handel und Industrie. Länder and Ge meinden. Hnpothekendanceu und Gcuosteuschaftru ihre Ver waltung nud Mirtschast in grof>em Um saug« mit dem Kredit der Ncichsbank nud der Davleßenslasteu, s. h. durch Be schaffung von fiktivem Geld, zu betreiben sachte». Der gesamte geaenwärttgc Lcchselbestand der Netcksbank von 352 Milliarden Ltark errcrcht zwar, an der inneren Kaufkraft der Mark gemessen, raum die Hälfte des W e ch se I b r sr a n d e s vor dem Kriege betrügt aber fast die Hälfte des gesamten Aft-chselumlauses gegen kaum ein Achtel desselben vor dem Kriege, und der Andrang des Wrchsclinaterials ist in weiterer stürmischer Auswärts- hawegnng bcgriften. Auch das Schatzainvcilungcsonto der Aleichsbaul und der Tarlehcnsbeitcrud der Tarleheuskassen kommen ebenfglls zu einem erheblichen Teile der privaten Wirtsch-aft zugute und bedeuten auch eine li n i c r st ü tz u n g der privaten Wrrljchast durch die Nelchsbank. Die Ncichsbank hat in einem einzigen Vierteljahr mel'r als eine Billion Atari Kredite gemährt. Dies beweist, Last die Neichs- dank unter voller Ausnutzung ibrer AUiruskrasi weitherzig bpn Bedürsuiffcn der deutsche», Wirtschaft gercckft zu worden s«il)t. svwrit sich das mit den Ausanbcn und Leu Grenzen der Politik ciucr ucncroleu Nr-teudauk «üertznuxt ocrlrägt. Die bislcrigcn Diskonterhöhungen hauen den Bweck, Harnungsstgnale zu sein, in ollen Kreisen des Iw- und AuSlantas zu zeigen, tn welcher Notlage die deutsche Volkswirtschaft sich zurzeit besii bet und welcher Bcr- armungsprozes; am deutschen Geld- und Kapftalmarkl vor sich gegangen ist. In der gegenwärtigen Situation Deutsche lands ist die gcüsttmüglichste Bcichränkung und Sparsamleit o»ch aus dem Gebiete der Äred'.ftnanspruchnahme unbedingt notwendig. Der Präsident schloss mit der Bitte an die Ber- ltreter der Banken und an die anderen im Bcntralansschusi Ivertretenen grosien Wt>tschaslogr»vpen. sich der G.'sabrcii unserer kreditwirtsoiwstUchen Lage bewnsit zu sei», »nd auch 'ihrerseits d'e notwendigen Maßnahmen zu treffen, wenn verhindert werden soll, das, der deutsche Kredit- apparat eines Tages versage. (W. T. B.) Aene Kr'isensümrnung in Lausanne. London, 28. Dez. Einer Neulcrmelduua aus Lausanne zufolge besteht die ernste Gefahr, das; die Lausauuer Kon ferenz scheitere, wenn die Türken weiter bei ihren augen blicklichen Methode« üeharrteu. Die Häupter der alliierten Missionen werden wahrscheinlich in einigen Tagen in der Lage fein, den Türken ihre Beschlüsse vorzulcge» und diese werden dann die Entscheidung treffen müssen, ob sie dieselben j endgültig annehurnr rber abkehnen. Es sei klar, das; der augenblickliche Zustand nicht länger svrldauern dürfe, ftocb.) Die Aapilulalionen als neuer Slreilpunltl. Lausau««. 28. Dez. Die gestern von den Alliierten ein- bcrufcne Sitzung des zweiten Ausschusses der Konferenz über die Ka p i t u i a i i o n s f r a g e fand heute vormittag statt, führte aber zu keinem Ergebnis. Nachdem der ziveiie englische Delegierte Sir Hsrace N u in b o l d über die.Gegenjcitzc in der juristischen Ülfterkomn.tjscvn aussühr- lich berichtet hatte, legten der Präsident des Unterausschusses G arront und die Vertreter der alliierten Staaten V o in - p a r d , Hanc> sbt. Lord E nrzv n sowie der amerikonisclse Vertreter Ehild anc-sührlich Len Siandpnnkr der alliierten Mächte dar, indem sic alle aus die Notwendigkeiten htn- wtesen, das; di: Kavftui..tioncn unbedingt durch ein neues Fremdcnstatut ersetzt werden müstten- I S in e t - P a s ch a, der zweimal im Laufe der Sitzung das Wort ergriff, erklärte zunächst, das; die alliierten Vorschläge unvereinbar mit der türkischen Souveränität seien und dast hie türkische Nechlsprcchung hinreichende Garantien biete. Nachdem Lord Curzon die türkische These sehr lebhaft kriti siert und nachdrücklich der Hoffnung Ausdruck gegeben hatte, dab die Türken den Darlegungen der alliierten Red ner Rechnung tragen würdeu. erklärte Jsmet-Pascha, das; er in einer der nächsten Sitzungen antworten werde. Biel bemerkt wurde das Eingreifen dcS amerikanischen Ver treters, der hcrvorhob. das; die vertragsmäßigen Bcrpslich- lungeu der Türkei nicht «inseitig und nccht ohne Einigung mit den Alliierten geregelt werde» könnten, und das; der Schutz, ken die Ausländer, auch die Amerikaner, bisher ge nossen hätte», ihnen nicht entzogen werde» dürfe. Oeriliches an- Sächsisches. Vd 4. Januar 1923 eine Slrabenbahafahrk 8« Mark. Si«e weitere Stecgcruug erfolgt «« 18. Ja««ar. Die Ausgaben der Slätltichen Strabenbahu bade« sich derart vergröbert, das; sie nun aufs Jahr bezogen über süus Milliarden Mark betragen. Davon entfallen rund drei Milliarden Mark aus Gehälter, Löhne und Pensionen, rnnd eine Milliarde aus Stromverbrauch, rund 820 Millionen Mark auf Rücklagen für Erneuerungen und der Nest auf Bau- uno Betriebsstoffe und andere allgemeine Ausgaben« In der Zeit bis 81. März nächsten Jahres sollen noch ISIS Millionen Mark Ausgaben Lurch Betriebseinnahmen gedeckt werden. Das ist mit dem Sb-Mark-Tartf ganz unmöglich, wobei besonders zu berücksichtigen ist, dast die durchschnitt- liche Einnahme von einem zahlenden Fahrgast infolge der bei Umsteigefahrscheinen und Karten etntrctendcn manntg. faltigen Verbilligung nur 75 Prozent deS Grundtarifs, bet 50 Ml. also nur 872» Mk.. betrügt. Infolgedessen werde« weitere Tariferhöhungen notwendig. Zunächst wird vom 4. Januar lttLtt an der Grund» preiraussiNMk. erhöht; eine weitere Steigerung tritt vom 18. Januar au ein. über dir genauere Mit teilung später erfolgen wird. » In Ebemictv wird am 7. Januar der Fahrpreis auf tllü Mk. erhöht. , Das Abdanprvgramm der Reichseisenbahn. Die Refthsbahudftcliivn Dresden schreibt dem T.-U.-S.k Tie störte Belastung der Lbir.schast durch die Reichsbahn» tarift, die zur Erhaltung des Gleichgewichts in Einuahmeu und Ausgaben erforderlich ist, verlangt auch durchgreifende Maßnahmen in Ersparnissen an Material und Perional. Selbstverständlich sollen von dem Abbau nicht diejenigen Teile des Unter ehmens betroften werden, bei denen die nötige Arbeitsintensität erzielt ist, sondern es sollen die »och vorhandenen unproduktiven Kruste ersaht merd.n. Der Abba» wird sich nicht nur ausArbe > lc r, sonder» auch auf solche Teile der Beamten erstreclen müssen, die erst vcr- hältniöinirsiig kurze Zeit als Beamte angcstellt sind »nd bei denen noch kein unkündbares Verhältnis vorliegt. Die Eiiizeil eiten der z» treffenden Maßnahmen werden in den ersten Januar-Tagen mit dem Hauptbetriebs- und Haupft- beamtcnrat erörtert werden. Diese sind von den Absichten der Verwaltung, wonach drs fast seil zwei Jahren ein- gclcilelc Abbanprogramm unter allen Umstünden svrtgesührt werden muß, bereits in Kenntnis gesetzt. Firersausschutzsitzung. In der öffentlichen Sitzung dctz Kr.-tsausichuffcs am 28. Le.-ember unter Vorsitz des Ärershauptmanns Tr.K r u g v. Nidda und v. F a k k c n st c i n wurde als Gegenstand von besonderem öffentlichen Interesse eine Abgabeu- Ordnung des BczlrksvrrbandeS d.r Amtshanptmann- schast Großen ha in über eine Wohlfahrtsabgabe behandelt. Ta diese Wohlfahrtsabgabe innerlich und äußerlich den sür mehrere Gemeinden und Bezirke bisher abgclehnteu Sleucrorduungen sür eine „Soziale Abgabe" außerordentlich ähnlich sieht, meinte man zunächst den gleichen Standpunkt auch dieser Vorlage gegenüber ern- nehmcn zu sollen und sic abzulehnen oder doch abwartende Haltung bis zu einem Entscheid der Reims- und Landcs- steuervehörden emzunehmen, da sic zum Teil den Nelchs- slcuergesetzen. Len Landesireuergeieke» und der Gewerbe- steucrvrdnung widerspricht. Die K r c > s ha u p t m a »ru sch n s t Chemnitz hat kürzlich einer Gemeinde eine solche Steiiervrdniina für eine Sozialabgabc genehmigt, eben um eine Entscheidung der Angelegenheit herbe'znsühren. ES wurde überdies mitgeteilt, das, die im Bezirk Großen hain geplante Wohlsahrtsavagbe nur eine einmalige Ab gabe sein solle und tm Gegensatz zu den sonstigen geplanten Sozialabgaben von Arbeitgebern und Arbeltnebrncru zu sammen gezahlt werden solle. Abweichend vom bisherigen Standpnnkt beschloß man dle Großenhainer Steuerordnung zu genehmigen, um dem Bestreben der Genrcinden und Be zirke. sich zu Einnahmen zu vcrllelse», namentlich gegen die Lcindcsstcuerbebördc de,, Nörten zu stärken, ocr zustimmen.c Beschluß wurde mit sünf geg n vier Stimmen gefaßt. Weiter schlug man dem Bezirk Großcnhain vor. diese Wohlfabrtsstci'er nicht als Abgabe, sondern in der Form frcrwrlllger Beiträge zu erheben, so dm, das Ganze als eine Art örtlicher Organisation der Nolhrlse crscbeine. In gleicher Weise wurde mit einem Nachtrag zur Gemcinde- steucrordnnng der Stadt Riesa versahren. Ein weiterer Punk, der Tagesordnung vetraf die Uebernnhnie einer bleibenden Verbindlichkeit wegen der Klosterkirche in Pirna durch die Ctadigeureinde Pirna. Tic Klosterkirche, deren Kapiteltaal schon zu s »r >. L» 5 L LS «e o r, -- « s L § S> rs «» «» e? «« Neues über Bismarck. Erluucruuacu seines Obersörstcrö Ncstphal. Einer der letzten, die noch von ihrem Ziisammcnlcvc» und Zusammenarbeiten mit den. Fürste» Bismarck er zählen können, der frühere Varziner Oberförster Ernst Weskphal, hat seine Erinnerungen geschri.'ben, die soeben unter dem Titel „Bismarck als Gutsherr" bei K. F. .Koch.'ei in Leipzig erschienen sind. W.stpl,al lebt Äls noch rüstiger Sechsundacht-igjähriger in Stolp in Pom mern. nahe seinem alten Barzin, wo er von 1867 bis l9>2 im Dienste Bismarcks und dessen Sohnes Herbert wirkte. Was er in seiner schlichten, onscimnlichen Art erzählt, ist eine neue und wertvolle Quelle zur Kenntnis des Men schen Bismarck. Als preußischer Ministerpräsident batte Bismarck nach Äem siegreichen Kriege l866 als Nationalbelohnung eine „Dotation" von -100 stütz Talern erhalten und mit ihr die in Sen Kreisen Schlawe und Nnminelsbnrg liegende Herr schaft Barzin von Herrn Adalbert v. Blumcnthnl gekauft. Sie sollte ein Stammsitz sür seine Familie tm heimatlichen Pommern werden. Bald darauf hörte Westphal, das, tn Varzm ein Oberförster angcstcllt werden sollte. Justizrat v. Wilniowskt stellte ihn vor. Auch Bismarcks Bruder Bernhard. Landrat zu Nmrgard, war anwesend. Westphal «zahlt weiter: ,F)ch wurde ihr» vorgestellt. Er musterte mich mit einem durchdringenden Blick von oben bis unten und fragte: „Wie alt sind Sic?" — „81 Jahre." — „Noch sehr jung!" Nachdem ich noch weitere Fragen über meine Familtcnvcrliällnisse beantwortet hatte, sagte der Graf znm ,Jusiizrat: „Bille, machen Sie das weitere mit Westphal ,ab: wir sehen uns dann wohl b i Tisch." Um 0 Uhr wurde gespeist; ich saß neben Herr» v. WUmowski und gegenüber dem Landrat. Dieser fragte im Lause der Unterhaltung über den österreichischen Krieg seinen Binder: „Sag mal. Otto, was hättest Du gemacht, wenn der Krieg siir uns schief gegangen wäre?" — „Dann sah mich kein Prcnße wieder." Nach Tisch wurden durch den Leibjäger Engel Zigarren, Mokka »nd Kognak hcriimgereichr. Nach einiger Zeit ent ließ mich Sc. Exzellenz mit den Worten: „Auf Wiedersehen am >. Oktober!" Vv» der früheren GulSherrschast waren mehrere Leute übernommen worden, darunter ein alter Diener. Dicker kühlte sich berufen, wenn die gräfliche Familie nach Vcrrzin kam. alles zu ihrem Vmpsang vorznbereiten: »in dazu die »ölige Kraft zu sammeln, trank er viel Grog. Einmal s,a„c «r daS io reichlich getan, daß er. als der Gras mit seinem Schwiegersohn vorsuhr, auf der Bank neben dem Regal elngeschlasen war »nd erwachend zur Erde fiel. Als ick «»wa» später vv« Schlawe ankam. erzählte mlr der Graf lachend, daß er mi, Graf Rantzau den Diener zu Bett ge bracht hätte, mit dem Zusatz, cs sei doch eine Gabe, sich in dem Alter noch so betrinken zu können." lieber einen Plan der Franzosen, Varztn zu zerstören, weiß Westphal zu berichten: „Nach der Rückkehr ans dem Feldzüge 187st/7l kam der Fürst nach V-irzin und sagte h-i einer Gelegenheit zu mir: „Wie die Frnnzoscir hcrauS- gekrtegt haben, wo Barzin liegt, ist mir wunderbar. Denn sie traben in die Ostsee ein: Flotte geschickt, mit dem be sonderen Auftrag, Varztn zu zerstören. Aber was hätte ich mir daraus gemacht, wenn sie den alten Kasten idas Schlofft abgebrannt Hütten?! Dann hätte mir der Kaiser sicherlich ein schönes neues Haus ansbanen lasten." Woraus ich bemerkte: „Durchlaucht, aber der Park!" Ta fuhr der Fürst ganz erregt aus: „Was? Meinen Park hätten die verfluchten Kerle aügcsengt? Das wäre freilich ein harter Schlag für mich gewesen!" Wie Bismarck seine politischen Ersahrirnacn dem prak tischen Leben entnahm, darüber erzählt Westphal weiter: „Des öfteren äußerte der Fürst zu mir: „Westphal, ich bin doch der einzige Minister, der da weiß, wie rö aus dein Lande eigentlich zugcht." Er beobacht.tr eben alles mit scharfen Augen, war immer über d^n ganzen Betrieb orientiert und benutzte jede Gelcgenh.it, Erfahrungen zu sammeln »nd Er kundigungen cinzuzichcn. Im Jahre 1886 wollte der Kanzler dem Reichstage ein SpIrttuSmonopolacsetz vor- lcge». Um praktische Erfahrungen hierfür zu gewinnen, ging er in den Varziner Krua, lies, sich einen Kartosscl- spIritvSschnapS, wie er dort allgemein getrunken wurde, ci»- schxnken, trank ihn auS und fragte dann: „Wie teuer ist der Schnaps, wieviel Prozent Alkohol enthält er. nnd wieviel Schnäpse gehn aus ein Liier?" Tie letzten beiden Fragen konnte weder der Krüger noch seine Frau bcantwortcn. So lies, der Fürst die Schnäpsezahl im Liter gleich in seiner Gegenwart, den Alkohol aber nnd die Svirftnslltcrzahl, welche der Krüger in den letzten fünf Jahren von der Güter verwaltung bezoac» hatte, durch diese seststclle». Dann be rechnete er selbst, wieviel Prozent der Krüger verdient hatte, und gab das Resultat dieser Untersuchung dann im Reichstage in der Debatte znm beste». Der Fürst batte ein warmes Herz für seine Leute und gab ihnen gern Beweise seines Wohlwollens. Das geht auch aus folgendem Brief dcS Graf.« Herbert BiSmarck an Westphal von, 81. Mai >886 hervor: „Mein lieber Oberförster! Ich habe an Sic im Auf träge meines Vaters g.stern eine Parthie Cigarren ab.zehcn lassen, zwischen lt und lSstst Stück, welche Sie ftir Geschenke an fleißige Arbeiter benirtzen wollen, »nd auch, wenn sie Ihnen schmecken, selbst versuchen inSaen. Da- Tgnsend -«von kostet tu Strastbura 26 Mk„ i» Varilu alio vielleicht« mit Trnnöport. höchstens eine habe Mark mehr. Zu dickem Preise ist die Cigarre sür I-derma:»; in allen Orrgntttät.n zu haben. Größere Formate und feinere Qualitäten ent sprechend thenrer, zwischen 86 und -Ist Mk. Jedenfalls wer- den dir Cigarren bedeutend wohlseilcr sein, als alle dorti gen, und wenn die Leute Gefallen daran finden, so ist hier eine Gelegenheit, ihnen dauernd ein billiges Rauchen zu verschafft»." — Nur wchmiitsroll können wir nn jene Zeit zurück- denkcn, in der man für 26 Mk. Ivstst Zigarren bekommen konnte- Oberförster Westphal war seit 1888 nicht nur Oberförster und Gencrglbevvllniächtigter, sondern zugleich verantworl- licher Leiter des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes aller zu Varzin gehörenden Güter. 1892 wollte ihm Bis marck auch die Oberccitung über Fricdrichsrnh übertragen. Aber Westphal lehnte ab. 9! ach dem er mehreren Ab gesandten des Fürsten ausweichend geantwortet hatte, fragte ihn Graf Herbert, unter welchen Bedingungen er arrrrchmen würde. Westphal aniworlcle: Unter keinen Be dingungen, denn wenn ich ans den ehrenvollen Vorschlag ctngingc, so wäre das ei» Unglück sür den Fürsten, sür Sie. Herr Graf, sür Gras Wilhelm und sür mich. Ich würde, vv» meinem Ehrgeiz getrieben, in kurzer Zeit meine Kräfte ausrciben, dem Fürsten riet Geld kosten und nichts ein- bringcn." So verhandelten wir anderthalb Stunde. Nach her wurde ich durch den Diener zum Fürsten gerufen, der zu mir sagte: „Westphal, Sie könne» abrclscn." Seidcm bin ich noch verschiedene Male in Friedrichtzrnh gewesen, aber nie mehr hat der Fürst von der Uebcrnahmc der Landwirt« schaft zu mir gesprochen, aber auch niemals merken lasten, daß er mir die Ablehnung llbclgcnvmmcn hätte. 1808 wurde Westphal zum Geburtstag des Fürsten nach Friedrichsruh besohle». Westphal fand seinen alten Herr» schon recht leidend. Er erzählt: Der Fürst hatte eine starke Schwellung des linke» Fußes nnd befand sich überhaupt sehr schwach. Loch sagte er zu mir: „Westphal, mein Fuß wir» hosfcnittch bald besser, dann komme ich in> Sommer be stimmt." Als ich an seinem Bette stand, sah ich. daß die Heilige Schrill auf seinem Nachttische lag. Später hat mir Gras Rantzau erzählt, daß er dem Fürsten noch am letzten Lage seines Lebens ans der Bibel habe vorlcsen müssen. Auch in Varzin lag die Bibel immer ans des Fürsten Schreibtisch. Er las täglich tn ihr. Ebenso war thm da» regelmäßige Gebet Sitte nnd Bedürfnis. In die Kirche ging er selten. Er scheute die Aufregung, die sein Erschci, ncn beim öftcntltchc» Gottesdienst hervorziirnsr» pflegte. Mit seinen Pastoren stand er auf srenndschaftlichcm Fuße« Diese waren Immer gern bereit, seinem Wunsche nach de« sonderen Feierstunden im Hanse nachzukvwmen.
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