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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 17.06.1924
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19240617013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1924061701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1924061701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-06
- Tag 1924-06-17
-
Monat
1924-06
-
Jahr
1924
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 17.06.1924
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Dresdner Nachrichten Nr. 217 Sette 8 SSchsifcher Landesverband Dabelvberger. Am 14. und 15 Juni tagte tn Lübau der Sächsische Landesverband GadelSberger. Da» trostlose Wetter hatte e» nicht verhindern können, baß Vertreter sas, aller 407 Vereine tn da» schmucke Oberlausltzer Städtchen gereist waren. Ain Sonnabend tagten auher dem Grsamtvorsland und den Ber. tretrrn der Gauvrrbändr die BrretnSabgeordneten. Hierbei wurde u. a. beschlossen, die silberne Häpr Denkmünze. die bis her nur Vereinen und Verbänden zuerkannl wurde, auch an besonders verdiente Einzelpersonen zu verleihen. NegierungS- rat Professor Ahnert vom Stenographischen Landesamt Dresden wurde als erster mit dieser seltenen Ehrung bedacht. Die nächste Versammlung beS Landesverbandes sinket in Frei tat statt. Eine eingehende Behandlung erfuhr die Frage der Geschüftsstenographcnprüsuiigen, wobei im beson deren die PrUfunaSbedingungen gestreift wurden. Der Sonn tag brachte u. a. das PrelSschreiben, an dem sich gegen MO Personen beteiligten, von denen 245 ausgezeichnet wurden. DaS gastfreundliche Lübau hatte hierfür zahlreiche Gegenstände gestiftet. In der Hauptversammlung tprach Handelsschul- tehrer Rödel lPlaueni über: Die Stenographie tm Dienste des Kaufmanns. Seine beifällig ausgenommenen Aus führungen gipfelten in folgenden Richtlinien: t. Der Stenographieunterricht an Handelsschulen muh vom Ministerium ausdrücklich zum Pflichtfach erhoben werden und darf nicht als Unterrichtsfach zweiten Grades gelten. 3 Er hat sich Uber die gesamte Schulzeit bis tn die erste Klasse zu erstrecke», und zwar tu der Weise, das, in Klasse III und in Klasse II sc zwei Wochcnstundcn und in Klasse I noch eine Wvchenstundc darauf verwendet werden. 8. Aus dem Reifezeugnis sind Stcnographiezensnrcn zu erteilen. Außer dem ist die erreichte Fertigkeit nach Silben zu bescheinigen. 4. Der Unterricht tn Stenographie mus, an Handelsschulen ausschliesslich von staatlich geprüften Lehrern der Stenogra phie erteilt werden. Der Tagung wohnten Vertreter dcS Ministeriums des Innern, des Wirischaslsministerinms, der Stadt Lübau sowie der Vorsitzende des Deutschen StenographenbundeS Gabels berger, Eiscnbahndtrektor Leue lVraunschweigi, bei. Schltess- lich sei noch eine stciiographischc Ausstellung erwähnt, die mit viel Sorgfalt zusainmengeftellt war. Mit einem Festabend fand die Tagung in Lübau ihren Abschluss. Für Montag waren Ausflüge nach Hcrrnhut und dem Oybin tn Aussicht genommen. — Kapitalbeschaffung für dcntsche MirtschastSnnternehmcn ans Argentinien. Der Deutsch-Argentinische Wirtschastsvcr- band teilt uns mit: Am l3. Juni sand in Dresden wiederum unter dem Vorsitz des venezuelanischen Konsuls Fritz Kühn eine Sitzung des Argentinisch-Deutschen Wtrtschastsvcrbandes statt, tn der die Satzungen des Verbandes einer gründlichen Revision unterzogen und der Vorstand gewählt wurde, tn dem der argentinische Konsul Carlos Krag als Förderer und Berater Sitz und Stimme hat. Die Eintragung des Ver bandes in das Vereinst cgistcr wurde beschlossen. Ferner wurde beschlossen, dass am 30. Juli die Vertreter des Ver bandes nach Argentinien fahren und aus Grund von Fein- goidhnpothcken mit einem dortigen Baukkonzcrn Abschlüsse tätigen sollen. Konsul Krag wird inzwischen aus amtlichem Wege die »öligen Verbindungen mit Argentinien Herstellen. Bei der allgemeinen Geldknappheit und dem Wunsche nach Anslaudskrcdtt ist es notwendig, dass k r e d t t s u ch c n d e I n d u st r i e f i r in e n sich spätestens bis i. Juli an die Fret- laler Kreditbank A.»G. Freital tn Sachsen, Deutscher In du- stricschutzverein Dresden, Bürgerwiese 34, oder General sekretär Dr. Müller. Dresden. Zinzendorfstrasse 51. wen- den- Später einlaufendc Gesuche um Kreditbeschaffung müss ten auf einen späteren Zeitpunkt zurückgestelll werden. ES muss allerdings davor gewarnt werden, dass sich weniger seriöse Firmen an die genannte Stelle wenden, da diese An träge, wie wir aus Rachsrage erfahren, keinerlei Aussicht aus Berücksichtigung haben. Gute Gewerbebetriebe können hin gegen Berücksichtigung erwarten. Eine wichtige Voraus setzung ist cs, dass die Antragsteller über Grundbesitz verfügen, der die Belastung mit einer Fctngoldhypothek verträgt. — Vcrsichcruligsabtcilnng im Sächsisclien Landbuud. Der Sächsische Landbnnd. VezirkSverband Dres den - A l t st a d t, Sitz Moritzstiasse 15, beschloss in seiner letz ten Sitzung eine Vcrsichcr»ugSnbtcilu»g mit Wirkung ab 15. Juni 1034 cinzurichten, um auch den Mitgliedern In Vcr- sicherungsangelcgcnhcilen Vorteile durch die Organisation zu verschossen. Diese Gründung wurde von den Versammelte» mil grossem Beifall ausgenommen. Leiter dieser Abteilung wird ein Vcrsichernngsfachinann sein, der bereits engagiert ist. ES soll angestrcbt werden, dass künftig die Mitglieder nicht direkt mit der Gesellschaft, sondern ihre Versicherungsverträge durch die Abteilung beim Landbund abschlicsscn. Die Tätig keit der Abteilung besteht in erster Linie in sachgemässcr Be ratung der Mitglieder in allen VcrsicherungSangelegcnheiten, Durchführung vvn Differenzen mit den Gesellschaften, Auf nahme von Anträgen aller Versicherungen. Ausbewahrung der Sleuerkalerrder. <Ohne Gewähr.) An die fiSdlischea Kassenslrllen zu Dresden sind im Iunt folgende Steuern. Abgaben und Gebühren abzuführen: 17. Juni: Einkommensteuer, Vorauszahlung für Einkommen aus dem Betriebe eines Gewerbes oder des Berg baues Letzter Tag der Srhonsrlst. 17. Juni: Ilmsahsteuer einschl. Luxussteuer und Reichs- Beherberguimssteuer. Borauszahlum, auf die Umsätze im Mai. Vehler Tag ber Schonfrlfk. 25. Juni: Arbeilgederabgabe zur Gewerbesteuer. An die zuständigen Finanzümier: 17. Juni: Körperschaflssleuer. Vorauszahlung s. Einkommen aus dem Betriebe eines Gewerbes oder des Berg baues. Letzter Tag der Schon,risl. 25. Juni: Steuerabzug vom Arbeitslohn. Dokumente gegen Hiiiterlcgungsschcine uftv. Durch diese Ein richtung sollen grundsätzlich die tm Bezirk bestehenden Agen turen und tätigen Agenten nicht um ihre Existenz gebracht werden. — Völkisch,sozialer Block. Im Ballhaus versninmelten sich am Sonnabend zum ersten Male »ach den Wahlen vom 4. Mai die Mitglieder und Freunde der Bewegung. Nach einer kurzen geschäftlichen Einleitung des Herrn Mcding be handelte Dr. Gronau das Thema: „Wir Völkischen und das Parlament: Ziele der völkischen Freiheitsbewegung" Redner warf einen Rückblick auf die Vorgänge der Regierungsbil dung und behandelte sodann ausführlich die völkischen Forde- rnngcn im Reichstag, wie Schaffung einer Bau- und Wirt- schaftsbank tm völkischen Sinne zur endgültigen Behebung der Wohnungsnot, Ausrottung der Kricgsschuldfrage vvn ami- licher Seile, um endlich das deutsche Volk vvn den Fesseln des Versailler Vertrages zu befreien, sofortige bedingungs lose Freilassung sämtlicher in französischen Kerkern mcnsche»- iach unwürdig schmachtender deutscher Volksgenossen u.a. m. Die 33 völkischen Abgeordneten im Reichstag seien die erste Feld wache am Feinde. — Der 21. VcrbandStag der Friscurinnuugen Sachsens verbunden mit der 50jährigen Stiftungsfeier der Friseur Zwangsinnung zu Plauen, zu dem Verufsgcnosscn aus ganz Sachsen — an der Spitze der BerbandSvorsitzeude Müller aus Dresden — herbeigceilt waren, nahm am Sonntag vor- mittag tn Plauen seinen Anfang, nachdem vorlwr an den Gräber» etniaer verdienter früherer Obermeister Kränze niedcraelcgt waren. Durch den Obermeister der Plauener Innung Gerbet wurde Svnntag vormittag die in der ..Centralhalle" unteraebrachte ausserordentlich reich auöge- statlcte Fachausstellung eröffnet, tn der die ersten deutschen Firmen der Seifen-, Parfümerien-, Haarschmuck- »nd sonstigen FachbedarfSartikel-Branchen vertreten waren. Reizvoll auch für Laten war die Sonderauksslellung von Wachsbüsten, modernem -Haarcrsatz für Damen und Herren, verbunden mit Arbeiten der Fachschule» in Dresden. Chem nitz. Plauen, Zwickau, Nosswcin und Borna. Von de» Haar» ars"-"on erhielt den ersten Preis von 200 Mk. Friseur Willy Zill, Cssemnttz. für eine Transformation mit Nackenfrisur: hon zweiten Preis von 100 Mk. Aua. Barthel. Plauen, für eine Hcrren-Strasscn-Perrücke. Am Nachmittag fand neben einlaen Sonderfachtagungcn ein Preis, und Schau frisieren statt, an dem sich die besten deutschen Haar künstler beteiligten. Die Preise wurden bei dem Kommers am Abend bekanntgegcbcn und verschiedene Ehrungen ver- dienter Mitalieder ausgesprochen. Bitte!!! Besorgen Sie sich Ihre Linlritlskarlen für das Cenkral- Thealer rechlzeilig während der Tagesstunden, die Theaterkasse ist läglich ad I l Uhr ununterbrochen geöffnet Nur so vermeiden Sie abends das lange Marien und entgehen der Gefahr, unverrickleter Dinge umkehren zu müssen, denn das Kaus ist täglich ausvcrkaust. tz Dienstag. 17. 3unl 1924 Tm Bogelparadles. Einen Ausklua ln dr« Helm- und Feftaarten d«r lächst- schrn oder dvch der Dresdner Voaelmelt machten am Sonn- tagmvrgetz Neben Dresdner. Solche, tftr das Frütiaufstehen und den frischen Zuaftrtch in» Freie auch dann nicht scheuen, wenn nicht lichter Sonnenschein aus wolkenlosem Blau lacht. Solche, die auch dann mti lachenden Auaen und aus nahmefreudigen Herzen zur Stelle sind, wenn der Sächsi» sche Heimatlchutz einmal da» Trompetet versteht und zu einem StudtenauSflua aufrust an einem Sonntag, dem zwei ausgesprochen« Landregrntage vorauSaehen und kür den der Wetterologr noch ein paar anSaiebiae Güsslein tn Aussicht stellt. Diele Steden also kamen am Sonntag früh mit dem ersten Vtmmrlzug nach Morltzburg und brgrüssten tn ihrer kleinen Zahl den Führer, den hörkundtaen und angcn- slcheren Feld - Vvgelforscher Oberlehrer Paul Bern- Hardt und ste taten gut. sich ihm anzuvertraucu denn ehe Ne noch vom Bähnlein nach Etkenbera herein waren, hatten sie schon, einen kleinen Haken durchs Waldgclünde schlagend, die gewiss in unserer Gegend seltene Brutstätte des B a u m f a l k e n aus mächtig hoher Stetlkteser erspäht, bauen das Männchen t>» schivalbenartlg eleganten Gleitslug über Wald und Wipfel streichen gesehen, batten daö Weibchen vom Neste geben geleben: wie «S dann tn weitem Kreise die Männer unweit seiner Niststätte umflog, wie eS zu seinem Bruthorst zurückzukehren versuchte, den schweigenden Beob- achtern Gelegenheit gebend, seine feinen ZcichnungSslecke durchs Fcldglas sestzustellen. DaS dritte Jahr nisten die stattlichen und aeschmeidtg - schlanken Raubvögel letzt hier. So nebenher hörten die Wanderer noch aus diese», kurzen Umweg) den kurzen, feinen. lustigen Gesang, des kleinen Eterz qdrr des Ka,inkönigs. hörten de» Eichelhäher gackern und sahen ihn zu Walde streichen, sahen in der Ferne die - zuckende Dvvpelstchrl ber Lachmöwe über Buchen und Kiefern flackern und liessen sich erzählen, dass in nächster Nähe seit einiaer Zeit deS Abends auch die in unseren Geaenden nicht häufige Rohrdommel ihr schrcckcn- erre^ndes Gestöhn hören lasse, das ihr den Namen dcS „MvorochS" und bei den Wenden die tonmnlerische Be» ncnnlina W'»»batsch" etnaetraaen hat. Dann aing'S nach Etsclibera hinein Kurze Etnkelir beim AuSstvpfer Mittclbach. Die Hauptticrfornicn unserer Geaend sah man da tn charakte- ristiftbe» Ctclliinncn: die wichtiasten Raubvögel, die Eule» und Kä»»e unserer Wälder, darunter die Sumvsohrcule tn prächiia nachgeahmirr AngrtssSstrlluna. den tnnaen Kuckuck, den ftieaeni"-'ker den Auerhahn und viele kleine Freunde. Im Ort sahen sie aus dem lanaen Stalldach neben de», Sicinkonfe de« Hofnarren Fröhlich das freundlich zierliche Haiisrolsch,! änzchen begegneten nicht wett davon dem schlich, irre», Garteiirotschwänzchen. bürten aus dem Laub einer Linde den reizvollen Gesang des Spötters sahen den ge wandten Trauerschnäpper in seinem schwarzwetssstrctsigcn Kleid vvn der nassen Strasse an den Stamm eines dicken Ehaiissrcbaumes flattern, freuten sich der über den Ha»s- und Gemllseaärtcn der Etlenberger spielenden Haus,- und Maurrschivalben und erheiterten sich an dem acschwätzigcn Gezwitscher dcS Girlitz, der sein zierliches Körperchen ans einem Tclephondralit hin- und lierwcndete. Und dann marschierten die Sieben hinüber tn die Teiche. Wir wollen nicht zuviel verraten, wo tn Einzelheiten all die massenhaften Bewohner dieses wahren VvaclvaradicseS ge sichtet wurden: da führte eine Schellente mehrere Elelege von Jungen, im ganzen ihrer elf. die wie winzige Torpedo boote durch die kräftigen Wellen deS TetchcS dahtnschosten. da ruderte ein kleiner Schwarzhalstaucher, da zogen wie kleine, stolze Fregatten die wichtiatuenden Haubentaucher, da käckcrte ein Krickenlenpärchrn. da tauchte daS Vlässhuhn und lehrte seine Kunst den aufmerksamen und immer ge- frässigen Junaen. Und am Ufer bewunderten mit miss trauischem Blick aus den Führer sechs der Wanderer die hoch in einem Vaumloch gelegene Nrutliöble der Schellente, erst dann aläubia bewundernd, alS auS ihrer Tiefe die weichen Daunen dcö Vogels zum Vorschein kamen. Dazwischen hörten ste staunend über dem nahen Buchenwald daS leise Lachen de» K"cki,ck»w«ibchen». Und am schönsten war «S auf einer V'rnchrvirsr. wo unweit deS leeren Nestes des Kiebitz lbclcheidcnstcr aller Mietern der Notl>alSla»cher wieherte, der Nvtschcnkel. unser Siclzvoael. mit seinem Weibchen.' Warnungsrusc gebend. Uber der tn den Gräsern und duften den .Kräutern der Wiese dahinziehenden Kinderschar schwebt, wo die Bekassine ansstteg und wieder nicdcrftel, wo von fernem Waldhorizont zwei Sperber ihre Kreise zogen. Weiter ging » dann durch den Wald. Laiibsänacr. Pirol. Meisen und Baumläufer huschten und sangen. Pilze glänzten ans dem Mooögrnnd. ein Svlesscrbock stand wie steinern im hohen Grase und wurde dann über Zaun und Strasse flüchtig, ein Damhirsch graste. WlldichweinSlosung mahnte an die schwarzen „N'"ritzburgrr". Kaffee und Kuchen dufteten in der Wnldschänke »nd ein Zug kurz nach Mittag brachte die Sieben wieder nach Dresden, dankbar dem Führer und ..Hcimatschntz". der z„ diesem prächtigen Junivormittag auf- acri'ftn Am Nachmittag goss es. schrille» ausgclegt. Die hervorragendste, im Dienste der französischen Kiiltnrvrvpaggnda stehende Zeitschrift ist die „Revue Nhciiane". eine verschwenderisch auSgestattcte Monatsschrift, an der hervorragende französische und auch deutsche Schriftsteller Mitarbeiten. Sic ist unpolitisch gehalten und nersolgt die ansaesprochcne Absicht. Brücken zwischen deutscher und französischer Kultur zu schlagen. Daneben stehen die Gründungen von Tageszeitungen in deut scher Sprache wie: „Der Nachrichtendienst". ES kommt vor. dass Tausende von Exemplaren dicker Zeitung umsonst an deutsche Leser auSgcgcbcn werden. Gleichzeitig erfolgte die Einrichtung von Lesehallen und Büche reien in allen wichtigeren Kulturzentren des Rbeinlandeo: Leicsälc die zum Teil mit grosser Pracht anSacstailct sind: mit Klubsesseln. Stehlampe» mit bunten Scidenichirmen — kurz, für die Behaglichkeit ist hier bester gesorgt als in irgendeinem Lcscianl deutscher Bibliotheken. Nur deutschem Publikum ist der Eintritt gestattet. Hier werden freigebig Bücher. Broschüren und Zeitschriften, auch Mode- und Sport zeitschristen. dem Leser in die Hand gegeben. Französische Kunsterzeiigniste. Gravüren. Vasen, kostbare Ketten, auch Einaeborcncnarbeft französischer Kolonien sind in de» Schau fenstern der L-ftsäle neben Büchern ansgestellt. Ein KInv- avparat wirft Bilder französischer Landschaften und Städte. Szene» aus dem französischen Volksleben uiw. aus die Lein wand und — der Schaulustigen sind täglich viele Hnnderte. Hinz» kommen Bücher wie VarröS gSniv cl,, Mn-in". worin dem Rheinländer nachgewtescn werden soll, dass er kultnrell weit mehr mit dem Westen verbunden sei. als mit der ihm innerlich fremden „Berliner Kultur": la. wo sogar behauptet wird, dass der rheinische Saaenschatz durch die Fälschi'-'en der Gebrüder Grimm »nd Richard Waapers als deutsches Gut bargestellt, in Wghrlicit jedoch Produkt fremder Kulturen sei So erleben wir täglich »m imS herum die tastenden Versuche, kulturelle Eroberungen zu mache»." f- Goethe»Ausstellung In Schweden. Rcichdcm tn diesem Frühjahr die Kvpenhagcner Gocthe-AnSstcllung mit einem ziemlichen Defizit — wenigstens finanziell — abgeschlossen hatte, will man doch in Schweden im Oktober ebenfalls eine solche veranstalten und verspricht sich davon einen weit grösseren Erfolg, denn einmal stand Goethe zu Lebzeiten selber tn engsten Beziehungen z» Schwede» und seiner Kultur sowie seinen Getsteögrössen, anderseits hoben dir Schweden weit mehr Interesse, ja freundschaftliche Gesinnungen für die dcntsche Literatur als irgendein anderer Staat. Wer sich über Goethe und die Schweden unterrichten will, ber lese bei dem letzt «Ojähitgen Weimarer Gvrlhesorlcher Hans Gerhard Graes über „Goethe und die Schwede»" »ach. Die geplante Ausstellung findet lebhafteste Unterstützung beim deutsche» Auswärtige» Amte. d* Das Germanische Rationalmriscnm in Nürnberg be absichtigt auch tn diesem Jahre, »nd zwar In der Woche vom 4 bis 0. August Lehrgänge ftir deutsche Altertumskunde zu veranstalten: Lichtbildcrvvrträgc, Vortragsreihen »nd Führungen durch die Sammlungen des Museums, wie auch durch die Kirchen, bemerkenswerten Häuser und Höfe des alten Nürnberg. Tic Führungen im Museum werden kvstüin- und wasscngeschichtliche Gegenstände, die Technik in alten Meiallarbeiten, Möbclkunst, bäuerliche Altertümer, genealogische und heraldische Fragen und die Technik der graphischen Künste behandeln. Kul ab — Kul auf. Studie von Artur Jger. In meiner Heimatstadt Berlin war cs immer üblich, dass die Kauflustigen, die einen Laden betraten, den Hut aus dem Kopse bchiclien. Hätte man ihn abgenommen, man hätte nicht recht gewusst, wo man ihn lassen sollte. Die Einrichtung einer besonderen Hutablage ist nicht cingeftthrt, der Ladentisch ist meist w.il Waren, Büchsen und Flaschen aller Art belegt, und in der Hand ist einem Kopfbedeckung beim Zahlen und Empfangnahme der Ware hinderlich. So belieft man halt den Hut aus seinem Bestimmungsorte. Eine besondere Kategorie von Menschen machte von dieser Gewohnheit des Hutaufbehaltens eine rühmliche Ausnahme. Einem Jungen, der mit seinem Vater einmal ein Drogen geschäft betrat, fiel ein solcher etwas abseits stehender Herr mit dem Hui in der Hand auf. „Warum hat denn der Herr den Hut abgenommen, Papa?" flüsterte der Lohn verwundert über diele ihm ungewohnte Erscheinung dem Vater zu. „Das ist ein Reffender", klärte der Vater seinen Filius gleichfalls flüsternd auf. Run wusste der Junge Bescheid. Wer de» Hut in der Hand hält, ist Reisender, wer ihn auf dem Kopfe trägt, Ist Kunde. Der letztere wird gleich bedient mit allen Zeichen cnrgrborcner oder angelernter -Höflichkeit: der Reifende muss warten, bis es dem Ladeninhaber passt, ihn vvrzulassen. Und wenn es ihm gar nicht passt, dann muss er am Nachmittag noch mals Nachfragen, ob es dem Herrn Chef vielleicht morgen in aller Frühe genehm ist. Dies musste der Reisende über sich ergehen lasten. Und daS alles, trotzdem er dt« Liebenswürdigkeit selber war und als einziger von allen Ladcirbcftlchcrn barhäuptig den Laden betrat und erst dranssen den Hut wieder aufsctzte. Im La»se des Krieges vollzog sich eine merkwürdige Wandlung. Nicht nur beim Reisenden, sondern auch bciui Geschäftsinhaber und bei den Kunde». Diese gingen nach und nach daran, den Hut abznnehme». Sie zeigten gewinnende Liebenswürdigkeit und fragten mit nnsgesnchler Höflichkeit, ob sie heute die gute Tvilettensctsc, das angekülidtgte Fett oder den versprochenen Tabak haben könnte». Der -Herr Chef wurde kricgSnervös, lieft den Kunden, der bescheiden mit dem Hule tn der Hand dastand, »ach Belieben warten, um Ihn nach einer halbe» oder einer Stunde zu ver sichern. dass er auch nicht hexe» könne. Er müsse halt warten, bis die Ware eingetrojfen. Bitte!!! Besorgen Sie sich Ihre Linlritlskarlen für das Central- Thealer rechlzeilig während der Tagesstunden, die Theaterkasse ist läglich ad > l Uhr ununterbrochen geöffnet Nur so vermeiden Sie abends das lange Marlen und entgehen der Gefahr, unverriäileter Dinge umkehren zu müssen, denn das Kaus ist täglich ausverkaust. tz Einer aber betrat den Laden selbstherrlich und durch drungen von seiner Würde und Bedeutung. Der „Herr Rei sende". Er behielt jetzt den Hut auf dem Kopfe. Er hatte es immer sehr eilig und hielt sich nicht lange auf. Der Herr Ge- schäftsführcr dagegen wurde devot. Cr behandelte ihn so, wie er früher nur einen „sehr guten Kunden" behandelt halte. Er drückte ihm die Hand, bot ihm einen Stuhl an. ließ den Lehr ling eine Flasche Bier holen und erkundigte sich nach seinem und seiner Familie Wohlbefinden. Dann leitete er sanft zu der Frage über, ob er bald eine Kiste Brasil, zehn Kilo Kanaster und ein Gros Mischtabak in Auftrag nehmen wolle. Und der Herr Reisende fand den Wnnsch zu weitgehend. Andere wollten auch was haben. Lenifclig bewilligte er eine Kiste Brasil, fünf.Kilo Kanaster »nd sechs Dutzend Mischtabak. Und wenn dann der Chef die bescheidene Frage stellte, ob der Tabak nicht zu .gemischt" sei, dann hielt der Herr Reisende schon den Bleistift gezückt, »m den Auftrag zu streichen. Es bedurfte erheblicher UeverrednugSkunst, ihn zum Belasten des Status guo zu bewegen. ,/Seicn Sie froh, lieber Mann, wenn Sic überhaupt Ware bekommen. Wie sie aussieht, danach dürfen Sie heute nicht fragen." Und „husch" war der Herr Reifende, ohne den Hut zu ziehen, wieder ans dem Laden. Dann kam die Zeit, wo die Kunden den Laden kaum noch zu sehen bekamen. Wo sie dranssen vor dem GcfchäftSlokal, immer hübsch zu Zweien und Zweien geordnet, sich nnzustcllen hatten, um nach stundenlangem Warten ihr ZngctciltcS zu be kommen — oder mit leerem Einkaufsbeutel wieder abzugiehcn. Bei einer solchen zweihundert Meter langen Polonäse sah ich einmal eine» Mann mit dem Hute aus dem Kopfe in Sen Laden stürmen, ohne sich um die wartenden Frauen und Mädchen zu kittnmcrn. Schon bcnnruhigtcii sich einzelne über den dreisten Lndcnstürmcr, aber Eingeweihte beschwichtigten di« Unwissenden. „Pst. pst, Kinder, daS ist sa der Vertreter von T. I. F. Lange Söhne. Vielleicht liefert der heute noch 'n Ballen Ware, dann kriegen mir dvch alle noch ums." Sofort verstummte der Lärm. Der Herr Vertreter wurde plötzlich von alt und jung respektiert, trotzdem er den Hut. ber ihm ins Genick gerutscht nmr, auf dem Kopfe behielt. * Jetzt lasten die Kunden wieder wie einst in BorkrtegS- zelten den Hut ans dem Haupte, und der Chef hat seine alte Freundlichkeit und Zuvorkommenheit dem Käufer gegenüber wtedergcfundcn. Ganz hinten aber tn der dunklen Ecke steht bescheiden ein Mann, in der Neckten ein Kösserchen, in der Linken seinen Hut, und wartet, bis ihn der Geschäftsmann hcranzuivinken geruht. Und ivenn wieder ein Kntrps ob deS ungewohnten Bildes seinen Erzeuger fragen sollte, was eS mit dem barhäuptigen Mann im Hintergründe für ein« Be wandtnis habe, dann muss der Vater dem Sohne genau mi« ehemals znflüstern: ^Tas ist ein Ressender."
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