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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 04.01.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060104011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906010401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906010401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-04
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 04.01.1906
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,li«» «nterweah — abend» 7 Ähr itz Min. sAnschlußzug in «»den, Hauptoahnhos. abend» 7 Uhr 37 Min ). — Die Sport- ge »wischen Chemnitz und Oberwiesenthal verkehren aleich- M am 8. und 7. Januar. — In den letzten Wacken sind in den hiesigen Banken außerordentlich viel Akkreditive von russischen Banken für hierher ausgewanderte Russen eingraangrn und von schon hier eingelrvsse- nen Flüchtlingen zahlreiche Bankdevot» eingelegt worden Einige Male ist man dabei auch Unredlichkeiten aus die Spur ge kommen : so hat kürzlich ein Herr in einem hiesigen Bnnihause russische Papier« im Werte von 400000 Mark deponieren wallen — und zwar unter einem Decknamen. Als die Bank die Polizei aufmerksam machte, hatte der Herr, der wahrscheinlich die Dokumente i» Rußland bei der Revolution auf unicchlmäßige Weise an sich gebracht hat. eS bereit» vorgezoge», nach England zu verduften. — Vom Verbände Sächsisch-Thüringischer Webereien ist eine -Denkschrift über den Lohnkampf imsäch- fisch-thürrnarschen Webereigebiet tm Jahre 19 0b" herauseeaeoen worden, die einer in übersichtlicher Kürz« gegebenen Darstellung der Entstehung und des Verlaus» der Be- weaung einige beachtenswerte Ausführungen über die Arbeiter- versammluunen. die GewerkichastSverbände und Arbeiterver eine, die Tätigkeit der Presse und über die Stellung des Ver bände» Sächsisch-Thüringischer Webereien im Lobirranwse an- sckljetzt. Die kleine Schrift, ursprünglich nur für Verbandsmit glieder bestimmt, ist auch im Buchhandel durch den Verlag von Otto Henning-Greiz zu erhalten. — Der 20. Sächsische Ga st wirtsverbandStag wird vom l. bis 8. Juli i906 in Annaberg abgelialten. Den Ehrenvorsih hat Herr Bürgklineiiler Wilisck übernommen. De, Verein wird eine Gastwirtsgewerbe-, Kochkunst- uno heimische Industrie-Ausstellung, verbunden mit Lotterie, veranstalten. Ter Sächsische GastwirlSverband schlicht circa IlO Vereine mit 6000 Mitgliedern i» sich. — Der unter dem Protektorate Ihrer Majestät der Königin- Witwe stehende „ S ächsischr P e st a l o z z i v e r e i» " konnte in seinem am 1. Oktober verflossene» «il.VelrinSiahre »nterstütze» : 1027 Witwen und 626 Waisen aus der Hauptkasse. Rechnet man dazu noch die ans Fonds und Stiftungen Unterstützten, sowie 2l Bewohnerinnen des Töchterheinis .Earolastitt" in Klotzsche- Köniaswald, denen freie Wohnung, Heizung, »»entgeltliche ärzt liche Behandlung u. a. gewährt wird, und eure Anzahl Zöglinge de» Pestalozzistists in Dresden, so ergeben sich 2125 Empsänger und 69 000 Mk. llnterstütznirgsgelder. — Ans Anlaß des Schülingen Protektorates Ihrer Mniestät der Königin-Witwe Carola konnte am 26. November 1904 ein erhebendes Fest gefeiert werden. Se. Majestät der König und Se. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg ließen dem Verein abermals Beweise allerhöchsten Wohl wollens zu teil werde». Tie Summe der gesamten außerordent lichen Beiträge betrug ziemlich 1500 Mk.. die Mitgliedergelder über 3l 000 Mk., die Einnahme insgesamt 56 600 Mk. und daS Vereinsvermöaen über 540000 Mk, — Die Fletcheraner-Vereinigung Dresden feierte am 29. Dezember in den Räumen des „Waloschlößcheirs" ihr 19. S t i f t u n g s s e st. Eine Reihe hervorragender musika lischer Genüsse umrahmte die herzliche Begrüßungsansprache des Vorsitzenden, Herrn Schuldirektors N. Meyer. Frl. Reichard erfreute durch Deklamation, ein Sängerquartelt durch ansprechende Volksweisen, zwei Primaner des Freih. v. Fletcber- scheu Seminars durch temperamenlvollen Vortrag zweier unga- rischer Tänze von Brahms und der Rasfichen Tarantellc: „Die Fischerinnen von Procrda". Frl. L. Nhle bot Perlen dcustcher Liedermeister: „Winterlied" von Koß, „Tie Bekehrte" von Stange, „Niemand bat's gesrhn" von Löwe: die liefempsuirdeirc, treffliche Wiedergabe erntete wärmste Anerkennung. Die Violinvirtuosiir Fr!. Juanita Brockmann entzückte durch ihre staunenswerte Technik, den süßen Wohllaut und die glocken reine Intonation ihrer Tongebung, und nicht zum mindesten durch ihren seelenvollen Vortrag. Sie bat: Romanze, op. 22 von Wieniawski. ei» Menuett von. Mozart und Canzoneita vvn Tschaikowsky. Die bravourös gespielte Mazurka vvu Zarzick» zeigte die hohe Meisterschaft der Künstlerin im glänzendsten Lichte. Hildachs Trio: „Der Spielmann" HFrl. Nhle, Frl. Ärockmann, Herr Kötzschkes »nd die ermähnten Darbietungen lösten den leb haftesten Beifall der begeisterten Zuhörerschaft aus. Die Klavier begleitung lag in de» bewährten Händen des Herrn Kantors Kokschke, Lehrers am Königlichen Konservatorium. Ein Schwank bildete di« Ueberleitnng zum Fe st ball. — Die Loge zu den drei Schwertern und Asträg zur grünende» Raute hält am 6. Januar nachmittags 4 Ubr im großen Saale des Lvgenhauscs, Ostta-Allee 15, ihre 46. Ehrist- bcschernngs-Feier ab. — Der Militär-Verein „Artillerie, Pioniere und Train" zu Dresden feiert am 12. d. M. im Saale des „Ge werbehauses" sein 24. Stislnngsfest mit Konzert der Kapelle des 12. Artillerie Regiments und Ball — Der Bezirksvcrein Dresden-Striesen hielt am 29. Dezember in Hammers Hotel sein Weihnachisfcst ab, das sich einer starke» Beteiligung erfreute. Die höchst gelungene Feier nahm bei brennenden Christbänmen um y->6 Uhr durch ein Harmonium - Vorspiel in Begleitung der -Darkhauerschen Kapelle ihren Anfang, woraus ein Weihnaastsengel die Anwesen den begrüßte. Hierguf begann das aus 3 Akten bestehende und von Herrn Lehrer G. Tümmler verfaßte und geleitete Weih- mrchissesiipiel, das reichen Beifall erntete. Durch die Mitwirkung des Männer-Gesang-Vereins Dresden-Striesen wurde die Feier wesentlich verichönt. Der von Herrn Lehrer Tümmler aus- geführle Knecht Ruvrecht brachte fröhliche Stimmung in die Kinderschar: jedes Kind erhielt ein Geschenk. Hieran schloß sich ein bis in die späte Nachtstunde wahrender Ball. Im übrigen wurden aus den Erträgnissen des Sommerfestes zwölf hiesige würdige und bedürftige Arme sowie die Kinderheime mit Geldspenden »ittcrstütrt. — Eine Weihnachtsfeier hält am Sonntag, den 7. Januar, in der „Herzogin Garten" die Freie Vereinigung städtischer K ranke n Pflegern n d Pflegerinnen ab. Die Feier wird ans Konzert, Vorträge», Verlosung und Tanz bestehen. — Am Donnerstag hielt Webers Rcsorm-Konzert- - i t h e r - I n st i t u t im „Drei Kaiser-Hof" seine dics- sährige Weihnachlsanfsührnng ab. Das säst zu reichhaltige Pro gramm bot eine Fülle ernster und heiterer, leichter »nd schwerer Zikhermnsik. abwechselnd mit Gesarrgsvortrchen, die sämtlich sehr hübsch zu Gehör gebracht wurden. Einen erhebenden Abschluß fand das Programm durch Aufführung eines größeren Wech- nachts-Ehorgesanges von Simon: „Christglöckcheir läutet!" mit anschließendem lebenden Bild: Friede aus Erden! Nach dem Konzert fand Ball statt. — Die Gesellschaft „V ü r g e r-Ea f i rr o" veranstaltet am 6. Januar, abends 6 Uhr, als erste Festlichkeit im neuen Jahre eine Weihnachtsfeier im kleinen Saale des Gewerbehanses, Ein gang Ostra-Allee. Das vom Vergnügungs-Ausschuß zuiammen- nestellte Programm besteht in einer allgemeinen Beickrruna, Vorträge» »nd Ball. Von Mitgliedern erngeführte Gäste sind in der Gesellschaft willkommen. — Das C e n r ra l-T'h e a t e r ist in der angenehmen Lage heute. Donnerstag, ein Jubiläum begehen zu können, da das Weihnachtsmärchen „Di e M ä u s e k ö n i g i rr" von F. A. Geißler, Musik von G. Pittrich, seine 2 5. Ausführung er lebt. Die Vorstellung beginnt um halb 4 Uhr nachmittags und findet b-r ermäßigten Preisen statt. — Die Kammgarnspinnerei Schedewitz bei Zwickau ver teilte am vorigen Monat an ihre 850 Arbeiter Zuschüsse von je 12 Mk. an verheiratete Arbeiter, 8 Mk. an unverheiratete Arbeiter und 5 Mk. an Mädchen — Eine von den Ortsgruppen Zwickan des FlottrnvcreinS, deS Alldeutschen Verbandes »nd der Kvlonialgesellschast ein- brrnfene öffentliche Versammlung nahm nach einem Vorträge von Dr. Gerhard ans Sckönebera bei Berlin eine Resolution an. ln welcher sie erklärt: Sie batte die möglichst baldige Annabine der sich in nur allzu engem Rahmen ballenden Flottenvorlage der Regierung für eine selbstverständliche Pflicht des Reichstages. Aber darüber binairs fordere sie eine Beschleunigung des Aus baues unserer Flotte. Die jetzt fertigen und im Ban befindlichen Schiffe seien minderwertig, deshalb müßte» die geplanten voll wertigen Schiffe möglichst schnell gebaut werde». Es soll eine Maffenpetltion im Sinne vieler Resolution an den Reichstag gerichtet werden. — Militärgericht. Wegen Mißhandlung eines Unter gebenen hat sich vor dem Kriegsgericht der 32. Division der >873 zu Schmiedel,ausen bei Rudolstadt geborene Vizewa«!»niei»er Telmar Alfred Schrtuipf von der 1. Eskadron deS 19. Husaren- Regimöntä in Grimma z» veräntworte». Ec wird von Rechts anwalt Dr. Baum verteidigt. Ter Angeklagte steht im 12. Dienst- iatne und hat sic» bisher straffrei geführt: der Eskadroirchef stellt ihm el» sehr günstiges Zeugnis auS. Am 22. August v. I.. als das Regtment in Zeilyni» lag. war ei» Husar schmutzig znm Dienst angelreten. T>er Wachtmeister befahl ihm daraus, daß er sich nach beendetem Dienst unter Aufsicht des Sergeanten'Knrcrczcc zu waschen habe. Da sich der Husar bis znm Nachmittag »och »nmcr nicht gemeldet Kalle, holte ihn der Sergeant ln die Unter- offiziersstnbe, wo sich der Man» bis zu den Hüften entblößen und dann waschen mnßte. Als er schon »ach einer kurzen Weile damit fertig war, bemerkte der Angeklagte, der sich mit Knraczcc und zwei andere» Uirlervssiziere» in der Stube befand, daß der Husar noch an verschiedenen Stellen schmutzig war. und hieß ihn des halb noch Weiler waschen. Etwas anderes soll, wie der Angeklagte und die als Zeugen unter Erd vernommenen drei Unteroffiziere be kunden, nicht vorgesalle» sein. Nach der Anklage aber, die sich ans die Auslage deS Husaren stützt, soll Schrimpf einen auf dem Tische siebenden Knig Wasser ersaßt und seinen Inhalt über de» Kops des Husaren gegossen haben, wodurch ein bereits bestehendes Ohrenleiden des Husaren sich verschlimmerte. Tatsächlich meldete sich dieser schon am nächsten Tage krank; der Arzt koiislntierte eine Zerreißung des Trommelfells und veranlaßte die Unter bringung des Kranken in das Gainisonlazarett. ans dem er Ende September als diensifähig wieder entlasse» wurde. Von der an geblichen Mißhandlung hat er damals aber nichts gesagt, damit ist er erst hernnsgernckt, als er sich wieder bei der Truppe in Grimma befand und wegen eines Fnßleidens — gleichzeitig klagte rr über Schmerzen im Ohre — abermals ärztlicher Hilfe bednisle. Die Zeugenvernehmung beansprucht längere Zeit. Sämtliche Zeugen mit Ausnahme des Hninrs bekunden, daß der Angeklagte den Mann nicht mit Wasser begossen habe: sie hätten es nnbe- diiigl sehen müsse», wenn so etwas geschehe» wäre, da sie sich in inimittelhnrcr Nähe befunden Kälten. Der Husar dagegen hält lerne Be chnldignng anfcecht: er habe von der ihm widerfahrenen Behandlung nnr deshalb zunächst nichts gesagt, weil er einmal nicht geglaubt habe, daß das Obrcnleide» so schlimm werden würde, und er anderersertS den Vizewacht»,eitler nicht habe zur Anzeige bringe» wollen. Der medizinische Sachverständige er stattet sein Gutachten dahin, daß der Husar wegen akuter Mitt-lobr- Eiterung sich mehrere Wochen im Dresdner Garnitonlnzarctt besnnden bade. An sich sei es zwar möglich, daß durch eine» slarken Wasserstrahl, wenn er direkt das Ohr treffe. eineVerletznng der fraglichen Art hervorgernfen werden könne. Da der Verletzte aber selbst erkläre, daß er von hinten über de» Kopf begaffen worden sei. der Mann zudem vorher einen Furunkel im Ohr gehabt habe, durch den die Gewalt des eindringeaden Wassers gebrochen werden mnßte, mime er es als unwahrscheinlich bezeich nen, daß das Leide» durch Begießen mit Wasser hervmgecafen worden ist. Das Gericht beschließt, den Hniaren, der sich wieder holt i» Widersprüche verwickelt und den Eindruck eines geistig beschränkte» Menschen macht, nicht zu vereidigen, weil er unglaub würdig erscheint. Schr. wird darauf sreiaeiprochen mit der Be gründung. daß ihm das, was ihm die Anklage rnr Laste lege, nicht nnchgewielen sei. — Ans Mißbrauch der TrenUgewalt durch Geldborgcn von Untergebenen und Ungeborsam lautet die An klage gegen de» 1884 zu Görlitz geborenen Unteroffizier Karl Max Alfred Kern von der 6. Kompagnie des l78. Infanterie- Regiments i» Kamen;. Ter geständige Angeklagte hat in der Zeit von Ende Oktober bis Ende November 1905 eine Anzahl Leute seiner Korporalichaft ohne Vorwiisen des gemcinschafllichen Vorgesetzten in» zusammen 6,M Mk. angeborgt, da er mit seiner Löhnung nicht anskam. Ferner hat K. einem Regimentsbefehl zuwider gehandelt, der den Verkauf von Kommißbrot an Zivil personen unterlagt. Als der Angeklagte endlich nicht mehr wußte, wie er sich^ans seiner mißlichen Lage befreien sollte, unlernahm er einen Srlbslmordvcrlnch. Dadurch kam die Sache heraus. Nach der Benrleilnng durch den Kompagniechef ist K. in seiner Leichtlebigkeit »iiverhesierlich. und auch wiederholte Strafe» habe» keinen Eindruck gemacht Das Gericht erkennt der Anklage gemäß nnler Annahme eines minder schweren Falles ans 3 Wochen 2 Tage mittleren Arrest, sieht aber von Degradation ab. — Landgericht. In geheimer Sitzung hat sich der etwa 19jähriae Kellner Friedrich Ernst Clemens aus Dresden wegen Zuhälterer vor der 2.. Strafkammer zu verantworten. Das Gericht erkennt aus 4 Monate Gechiianis. wovon 3 Wochen als verbüßt gelten. — Tic 1886 in Görlitz geborene Dienstperson Anna Clara Chba hat sich schon wiederholt Ein griffe in fremdes Eiaentum zu Schulden kommen lassen und steht nunmehr wegen Rücksalldrelfftahls und Betrugs unter An klage. Am 3. November, drei Wochen nach Verbüßung der letzten Strafe, »ahm sie unter fremdem Namen Wohnung in ernenr Hause der Ziegelstraße, blieb nur bis zum nächsten Morgen und n a hup beim Fortgehen vom Eigentum einer Kell nerin ein Paar Schuhe und einen Rock mit. Zwei wertere gleichartige Diebstähle brachte» ihr ein Resormklcid, 8 Mk. Bar geld, Wäsche und verschiedene Schinucksachcn und Gcbrauchs- gegeirständc ein. Am 9. November endlich betrog sie einen Markthel'er um 2 Mk. Kost- und Logisaeld. Das Gericht diktiert ihr 10 Monate Gefängnis zu, rechnet jedoch die Untersuchungs haft mit 2 Wochen an. — Eine umfangreiche Verhandlung richtet sich gegen die bisher unbescholtene, 1865 bei Meißen geborene Provisionsreiseiide Henriette Ernestine verw. Art gcb. Eonradi, welche sich wegen Betrugs, Diebstahls und Unter schlagung zu verantworten hat. Tie Anaeklagte ist von .Haus aus nicht unvermögend, hat bei der Verheiratung von ihrem in Meißen lebenden Vater eine wertvolle Ausstattung be kommen und konnte noch aus eine Erbschaft von 10 000 Mk. rech nen. Als im Jabrc 1900 ihr Ehemann starb, erb niete sic in einem Hause der Zwingerstraße eine Konditorei mit Ea'e. Von der Zeit an rühren «ine Menge Schulden her. und es gelang der Frau auch nicht mehr, die immer mehr drängenden Gläu biger loszziwerden. Sie bezog zunächst eine Wvbnuna am Nostiz-Wallwitz-Platz in Löbtau und möblierte sie auss elegan teste aus. BiS zum Jahre 1902 hatte der Vater etwa 1000 Mark zugeschvssen. gab im Sommer des genannten Jahres noch 6000 Mk. her, erstand käuflich die Mobiliar-Einrichtung im Werte von jl 000 Mk.. bedeutete der Tochter jedoch, daß sie von nun an kein Geld mehr zu erwarten habe. Nun wandte sich die immer mehr bedrängte Frau an Darlehensgeber, führte diese in der Wohnung umher und verschwieg, daß das Mobiliar schon längst verknust war. In den Jahren 1903 »nd 1901 hat sie aus diese Weise einen Bahiibcamlcn um 250 Mk.. eine» Tischler meister um 200 Mk. und eine Einwohnerin in Radebcul um ebenfalls 200 Mk. betrogen. Am 9. August 1901 verkaufte sie das schon so oft veräußerte und verpfändete Mobiliar nochmals einer Mechanikers-Ehefrau in Klotzsche und stahl schließlich um dieselbe Zeit einem ihrer Untermieter einen Gehrockanzug, um ihn z» Gelds zu machen. Noch einmal suchte sie einen neuen Erwerbszmeia durch Eröffnung eines Kaffeeichanks in einem Hause der Polmstraße zu gründe». So nmii kam es aber nicht, denn die A. konnte schon die Miete für das erste Ouortal nicht bezahlen. Am 22. Auaust 1901 meldete sich die Angeklagte von Löbtau nach der Alauiislraßc ab. verschwand jedoch bei Nacht und Nebel ans Dresden und ging nach Wien, nachdem sie auch als Provisionsreisende einer Korsettsabrik in Leisnig keine Geschälte gemacht halte. Im November 1901 siedelte sie nach Bodcnbach über, mußte den Ort schon nach wenigen Wochen Schulden halber verlassen, blieb eine Zeitlang verschwunden »nd wurde endlich in Chemnitz ermittelt und »erhaltet. Das Gericht er kennt aus Grund einer mehrstüirdiaen Beweisausnahme aus 1 Jahr Gefängnis, wovon 1 Monat als verbüßt gilt. — Der I7jäbriae Kochlehrling Karl Hans Baumaartci, stieg im Juli in die Wobnnna des Traiteurs Strobbach im Loaengebände an der Ostra-Allee ein, öffnete mit Hilfe der Vorgefundene» Schlüssel den Gcldschrank, stahl an 300 Mk. »nd entfloh nach der Schweiz. Schon im Oktober stand gegen ihn Verhandlung an, doch wurde damals das Urteil ansaesetzt. lieber die da- malige Verhandlung haben wir bereits ausführlich berichtet. Das Urteil lautet auf 9 Monate Gefängnis: 6 Wochen gelten als t>erbüßt. Ter französische Antimilitaristen-Prozetz hat, wie bereits gemeldet, mit der Verurteilung der .Hanvtschnl- digen geendet und zeigt I» deutlicher Weise, daß auch Repu bliken sehr energisch gegen antimilitarislische Treibereien Front mache», wenn es die ultima r-ttw der staatliche» Gewalt nach inne» und außen bi» — die Armee — intakt zu halten gilt. Als ichnldig wurden 26 Angeklagte befunden: zwei Angeklagte wurde» sreigesprochen. Herv» wurde zu 4 Jahren Gefäng nis, Uvetot z» 3 Jabren und Gohier zu l Jahr Gefängnis ver urteilt ; die andere» Angeklagten wurden zu 3 Jahre» bis zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Sämtlichen Angeklagten wurde außerdem eine Geldstrafe von 100 Francs auferleg». Dieses Urteil ist bezeichnend für die Auffassung, die man in Frankreich hinsichtlich mililärseindlicher Agitation hegt. Den Angeklagten hat die Verteidigungsrede, die Ja»r«'s vor Gericht zu ihren grinsten gehalten, nicht im geringsten genützt. Ter Gymnasial lehrer Herv«, der an der Spike der Bewegung gestanden hat. ivandert für 1 Jahre ins Gefängnis und wird wenig Trost schöpfen ans der Tatsache, daß in Anzerre, wo er Gymnasiallehrer war, r» einer der letzte» Nächte Plakate anaelchlagen wurden, in denen die Pariser Geschworenen wegen der Verurteilung der Antiiiiilitnrislen heftig angegriffen und beschimpft werden. Die Anschlngszellel wurden von der Polizei entfernt. Sollten die Urheber dieser Plakate gefaßt werde», so werden auch ihnen vor anssichtlich kräsline Strafe» nicht erspart bleibe». Ter Pariser Mitarbeiter der „Tägl. Rnndsch." jchreibt darüber des Näheren: „DaS Schwurgericht hat seinen Spruch gefällt, hart und ohne ZttbiNianng mildernder Umstände. Es sah in der Aufforderung des Mnnisesleö an die Rekruten eine revolutionäre, vaterlarrds- feindliche Tat, die wie Die 1> stahl und M orddie Grund festen der Gesellschaft und des Vaterlandes erschüttert. Sie hat nur die beiden Fremde», de» Italiener Eivrinnr n»d die Polin Tentschcr sreigesprochen und ihnen das Recht znerlnnnt . . . schlechte Fra» zose» zu sein, wie sich ein Blatt nicht übel ausdiückt. Tas Lchwnrgencht hat also rnr Manifest der 28 nickst die Propaganda für eine Weltanschauung, die frei sein muß, erblickt, londern eine verbrecherische Tat gegen die Gesellschaft und den Staat Aber ans dieser Anschauung hat das Schwurgericht doch nicht die logische Folgerung gezogen. Den» wen» das Mnnisesl und seine Veröffentlichung eine verbrecherische Tal ist, so sind alle Unter zeichner gleicheimaße» schuldig. Man begreift nicht, warn»: der eine Unterzeichner, Herv«, zu vier Jahren verurteilt wird, während andere drei, zwei, ein Jabr und einer sogar nur ein halbes Jahr GesängiriS erhält. Diese Ungleichheit ocr Behandlung läßt sich wirklich erkläre» nur daraus, daß die Geschworene» nicht ganz leidcnschaflslos urteilten. Die Abstufung der Strafe scheint beinahe erfolgt nach dem Grade des Zynismus, mit dem die Aiigetlagle» ihre Theorie verfochten. Gustav Hervö reizte mit seiner brutalen Sprache offenbar und bekam 1 Jahre, während er doch im Grunde nicht gefährlichere Theorien ansslellle, als Urbar» Gohier, der nur 1 Jahr erhielt, der aber eine ruhigere, wrssenichast sichere, gebildetere und weniger angriffslustige Sprache führte. Die strafbare Tat ist bei allen Angeklagien die gleiche gewesen, die Unterzeichnung des Manisestes. Alle haben in gleicher Weise dafür die Veranlwortung in Anspruch genommen. Wenn also das Schwnrgericht die Angeklagte» in verschiedene Slraffatcgorien teilte^ so kan» »ran daraus nur schließen, daß cs bei der Bemessung der Strafe wirklich nicht allein daS Manifest im Auge hatte Das aber unterstand allein seiner Beurteilung. Es ist ein Stirn mungsnrtkil. Es ist eine Revolte des Patriotismus. Das Urieil ist freilich »och nicht rechtskräftig. Die Verurteilten haben sämtlich Bernsung eingelegt. Sie Haffen, daß der KaffationShof das Urleil umstoßeii und die Verhandlung an ein neues Schwurgericht verweisen wird. Es scheint, daß ein paar Formfehler dem Kassa- tionsbos die Vernichtung deS Urteils erlauben. Inzwischen beglückwünscht die gesamte OrdnungSpreffe die Pariser Geschwüre neu zu ihrer Uncrschütlerlichleit. «ie erhofft von dem Urteil eine ungehenre Wirkung auf das Land im Sinne der Wiederbelebung des Patriotismus. Es wird die Meinung ausgesprochen, daß die Verurteilten gewiß das Manifest nicht unlerzeichnet bätlen, wenn sie auch nur einen Augenblick hätte» annehnic» können, daß ihnen Gesäntznis droht statt eines . . . Abgeordneleumandats. Mittel- parteiliche Zeitungen sehen in dem Spruch auch ein Symptom einer allgemeine», höchst befriedigende» und beglückenden Erschei nung, daß nämlich mm durch de» Mund der Geschworenen auch das Volk seine rmerschntterliche Vaterlandsliebe knndlat, nachdem die Volksvertreter durch ihre denlwnidige Abstimmung in der Kammer nach den patriotischen Erklärungen Herrn Rouviers mit gutem Beispiel voran,gegangen waren." TaqcSncschichte. Eduard Bernstein gegen Rosa Luxemburg. Aus einen Bortrag, den die Gerwin» Rosa Luxemburg vor einiger Zeit zur Verherrlichung des Massenstreiks rn Hamburg geholten hat. kommt Eduard Bernstein jetzt in den „Sozialistischen Monatsheften" zurück. In einem Aufsätze „Politischer Massenstreik und R e v o l u t r o n s r o ma nt i k" führt er aus: „Man muß Rosa Luxemburg so viel zugestehen, daß sie sich so, wie in Hamburg, schön seit Jahr und Tag über diese Dinge geäußert hat. Bisher konnte jedoch die absolute Wirkungs losigkeit ihrer Auslassungen ans die Praxis der deutschen Sozial demokratie als ein gcniigenoer Grund angesehen werden, ihnen keine besondere Bedeutnng beizulegen. Dre Partei hat sich, wo ihr dies möglich war, trotz ihrer immer intensiver mit der parlamentarischen Tätigkeit im Reich. Staat und Gemeinden be- ichästigt, und die Gewerkschaften haben sich erlaubt, trotz Rosa Luxer» bürg gewaltig an Mitgliederzahl zu wachsen, große Kämpfe siegreich zu bestehen, bedeutsame Tarisoerträge abzu- Wiegen, kurz, in ihrer Entwicklung zum mitbcstimmenden Faktor in der Industrie sehr erhebliche Fortschritte zu machen. Nachdem aber Rosa Luxemburg bevorrechtete Mit- redakteurin des Zentralorgans der Partei ge worden ist, und dieses ihre in Berlin und außerhalb gehalte nen Reden stets mit besonderer Ausführlichkeit wiedergibt, ist die Situation allerdings eine andere geworden. Jetzt muß cs in weiten Kreisen den Anschein gewinnen, als spräche die ge nannte Genossin nicht lediglich als Privatperson, sondern als besonders autorisierte Vertreterin der Partei, und da ist es denn auch am Platze, gewisse ihrer Auslassungen, die geeignet sind, statt Aufklärung Verwirrung in die Reihen der Genossen zu tragen, nicht unwidersprochen zu lassen." Bern stein weist dann nach, daß die russische Revolutionsmechode sich a-rtt Deutschland nicht übertragen lasse, und schließt seine wirkungs volle Darlegung, in der manche böse Ketzerei vorkomnrt, unt dem Satze: „In Wahrheit ist die bürgerliche G-esellsäiaft in Deutschland noch lange nicht so weit, vor der Sozialdemokratie zu kapitulieren: wir haben es mit einem festgefüg ten Staatswesenzutun, das der Masse seiner Beamten noch sicher ist!" Das ist gewiß richtig und macht «dem klaren, durch tönende Nevorutiorrsphrasen ungetrübten Blicke des Ge nossen Bernstein alle Ehre, wird aber aller Voraussicht nach das Maß seiner „Sünden" voll machen und dazu führen, daß er demnächst in niirjorom gloriurn der anmutigen Revolrttions- verkünidcriii aus Russisch-Polen aus dem Altar der Partei, ge opfert wird und hinaustliegt. Bebel und sein russisch-jüdischer Stab sind ja ohnehin beim großen Reinemachen, und Bernstein ist denn doch schon zu oft „vorbestraft". Er hat m-i«bestens ebenso viel auf dem Kcrbholze wie der vor kurzem zur Strecke gebrachte Schippe!. Teittschcs Reich. In betreff der Diätenfragc heißt es in den „Grenzbolen" n. a.: Fürst Bülow hat gleich bei seinem Amtsantritt als Reichskanzler für alle Aemtcr des Reichsdienstes angeordnct, erstens die Zahl der in den Reichstag zu entsendenden Kom missare auf das Möglichste einzuschränken, zweitens soll niemand in eine Sitzung gehen, der darin nichts zu tun habe. Da sich das aber nicht immer im voraus feststellen läßt, besvlüiers bei Etatsdcbatten, so sind die obersten Reichsbehötden nach wie vor durch oen Reichstag zu einer großen Verschwendung von Zeit und Arbeitskraft verurteilt. Wie man von gewissen Kanzel rednern sagt, daß sie die Leute ans der Kirckre dinauspredig- ten, so gibt es auch eine nicht geringe Zahl von Abgeordneten, die ihre Kollegen aus dem Reichstage hincmsreden. Nur der Bundesrat und seine Kommissare müssen standhalten. Auch das ist ein Mißstand, der durch An- wesüiilwitsgelder schwerlich beseitigt werden wird, es sei denn, daß zugleich eine entsprechende Abänderung der gesamten Geschäfts ordnung stattfindet, wobei, was die Herabsetzung der Beschluß- sähigkeitszahl anlangt, recht große Vorsicht onzuraten Ware." Unter der Spitzmarke „Ein Versuch mit untaug lichem Mittel" schreibt die „Deutsche Tageszlg": Immer und immer wieder wird in einem Teile der Presse empfohlen, die B c s ch l u ß s ä h i g k e i t s z a h l im Reichstage herabzu setzen. »veil cs sonst aus die Dauer trotz der Tagegelder unmög lich sein werde, das hohe Haus beschlußfähig zu erhalten. Es ist ja richtig, daß in vielen anderen Parlamenten eine viel geringere Zahl anwesender Mitglieder zur Beschlußfähigkeit genügt: aber die anderen Parlamente erfreuen sich auch nicht deS GlückeS, daß der fünfte Teil des Mitgliederbestandes der sozialdemo kratischen Partei angehört. Bei den im deutschen Reichs lage lecher herrschenden Verhältnissen würde dir Hevabsetzr»- l>.
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