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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.01.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905012601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905012601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-01
- Tag 1905-01-26
-
Monat
1905-01
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.01.1905
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straer, teils ungünstiger Art. Unsere Stadtverordneten werden daher gut tun, über manche Punkte derselben sich noch weitere Aufklärung zu verschossen und ihre Entschließung mit reiflicher Ueberlegung zu fassen in einer Sache, die voraussichtlich auf längere Zelt wirten und für die Zukunft unserer höheren Unter» richtSanstalten von wesentlicher Bedeutung sein wird. — Dl« Studentenschaft der Königlichen Technischen Hoch- schule veranstqltet «inen K a i se r»Ko m in er s am 2. Februar >m Verein-Hause. — In der am Montag unter dem Barsch des Herrn Franz Hoffmann-DreSden abgebaltenen Schling de- Gelamtvorstandes des Verbände- sächsischer Industrieller winde die Aufnahme von INI sächsischen indnstrlellen Flrmen beschlossen, welche sett der lebten B>>rsta»dSsch»ng dem Verbände ne» bei getreten sind. Hand in Hand mit dieser Veimehrung der Mit gliederzahl Ist auch der Ausbau der Organisation des Verbandes weiter vorgeschritten. Aus Einladung des Vereins von A'beit- arbern der sächsischen Textilindustrie sprach der VerbandschudikuS De. Stresemann in einer ln Chemnitz abgelinitene» Versamni' lung über die Besttebnnaen des Verbandes. 5» Zwickau fand die Hanplveriawinlnng der Orisgrnpve Zwickau unter außerordentlich zahlreicher Beteiligung der Industriellen aus Zwickau, Crimmit schau. Lengrnselv. Werdau. Neichenbach w. statt. Turch die eis- rsge Tätigkeit dleler Ortsgruppe ist der Verband der,eit im Vogt land relativ am stärkue» organisiert namentlich seitdem auch in Plauen i. V. eine Ortsgruppe de« Verbandes begründet worden ist. deren Vorstand sich vor kn,rem konstituiert hat. Znr Frage der LandtagSwcrhlen beschloß der G, samtvoritnnd einstimmig, ln Urberrinstimmung mit dem von Ihm stets vertretenen Gedanken daß «ine Verstärkung de« industriellen Einflusses !m Landtage als Voraussetzung siir eine industriesrenudliche Wirtschaftspolitik ange- strebt werden müsse, bei Herr im Herbst d. I. statisindenden Land- tagswahlen für die Aufilellung iudustriesreiindücher Kä-ckidale» und für deren Nnterstützung ,» wirken. Der von den, Vorstand schon trüber gewählte Wahlausschuß, dem auch drei Londtags- abgeordneke angekkren. wurde beauitragt, die Stellung des Ver bände« ,u den den Landtag beschäftigenden, für die Industrie in Betracht kommenden Fragen in ei» Programm zusammen,»fassen, weiches nach ,erfolgter Genehmigung durch den Gesamivorstand den von bürgerlicher Seite ausgestellten Landtagskandidaten über Minelt werden soll. Aus Anlegung vecschiedener Kieise nahm der Grlnintvomaiid ferner Stellung zu der Frage der Erhebung von Schiksabrtsabgaben anr freien Wasserstraßen und beschloß lm Sinne seiner bereits ans der Geucralversamminng 1903 gelaßien Resolution gegen diele Aendcriing der ReichSverkai'sung und der Elbschissahrtsakte Einspruch zu erbeben nud an die sächsische Negie rung das Elsuchen zu richte», diese Bestrebungen durch ihre» Eiu- spruch unmöglich zu machen, da der Widerspruch von Sachsen genügen würde, um die Erhebung von Abgaben ans der Elbe zu verhindern. Der Geiamtvorslanb beschloß im Anschluß hieran den Beitritt deS Verbandes zum Zcutralverein für Fsiiß- und Kanal- schifsabrt ln Berlin zu erklären, um dessen Bestiebungeu. weiche auch gerade für Sachsen von großer Bedeutung sind, hierdurch zu unterstützen. — Gewittererscheinungen waren am Dienstag abend am südöstlichen Himmel zu beobachten. In der 7. Stunde scch man des öfteren starke Blitze, in der lO. Stunde irvrr es ein greller Blitzstrahl, der den ganze» Himmel erhellte. Diese Er scheinungen dürsten mit dem plötzlichen Willeruugsumschwnng in Zusammenhang zu bringen sein. — Die vom hiesigen Gewerkschgstskavtell vorgestern abend obgehaltenen acht Volksversammlungen Z» giinsien der an dem Ausstand im Ruhrgebiet beteiligten Bergarbeiter, welche durchweg zahlreich besucht waren, nahmen einen ruhige» Verlauf. Nach den anaeschlen Referaten und kurzen Debatten wurde «ine überall gleich lautende Resolution angenommen. in der den Streikenden im Ruhrgcluete die Snmvcitliie der hiesigen sozialdemokratischen Partei ansacsprochcn wurde. — In der künlich ilattgeiiindeneu, sehr a»t besuchten ordent lichen Generälversammlnna des Wohltätigkeitsvereins .Erz gebirgen" z» Dresden wurde berichtet, daß der Verein, welcher am 19. Mär, 1885 mit 16 Mitgliedern gegründet wurde, jetzt bei seinem 2V. Geschäftsjahre die hohe Zahl von 1501 Mitgliedern erreicht Kat. Seit Begründung des Vereins stein er inner der vortrefflichen Leitung s-sines 1. Vorsitzenden. Herrn Redakirnrs O. Ftohr. Mit .H Ire inner Mitglieder und edier Menschen freunde wurden im Lauie der Jahre 112753 Mark. namenltzcb auch für arme Blinde und Aiigenkranke im Gedirae, verausgabt Das Vermögen des Vereins iuki. Inventar, sowie des Vereins- baiisfondS und der Stiftung ..Hille j„ der Not" beträgt 29 076 Mark 36 Prg. Um die gule» Zwecke des Vereins noch in größerem Moßstnbe erfülle» zu könne», bedarf es vieler Orffer deshalb möchten sich noch recht viele edle Geber finden, die die Zwecke des Vereins fördern Helsen. Die Gcichästsslelle befindet sich Köirigsbrncker Straße 37. — Von kompetenter Seite wird mrtgctcilt, das; Preis erhöhungen im Z w > ck cr u - L ü g cr u - O e l s ii r h er Kohlenrevier trotz erhöhten Versandes vorerst nicht ein- treten. — DaS Konzert im N u Sst elI nn gSv a la st muß heute. Donnerstag, wegen der Vmieier z» Kaffeis Gebuikstag ansiaNe». Das nächste S t n ko n ie-Ko»,c>t im AnSsteltiingspalast. Sonn abend, den 28 Januar, stellt mttcr Leittnrg des Komponisten Herrn August Ludwig, der, außer der VIII Sinfonie von .Haydn und der unvollendeten Sinfonie von Schubert, eigene Orcheslec- werkr zur Aufführung bringen wird. — Im K a > se r - P a l a st findet morgen eine große patrio tische K a i s e r - G e b u r t s t a g s s e i e r srcrtl: im ,,.H irsch am Rauch da ns" findet patriotisches Konzert statt — Oberkriegsgericht. Unter der Anklage der Wider- sctzung und des Ungehorsams steht der 1886 zu Zwickau geborene, unbestrafte Sanitätsuiiterosiizicr Ernst Willi) Däuiiiiier von der 9. Kompagnie des Grenadier-Regiments Nr. 101. Ter An geklagte wurde am Abend des 20. November vorigen Jahres, eines Sonntags, aus der Heerstraße in der Nähe der Prießnitz- brücke 11,22 Uhr vom Rondcossizier angetroffen, obgleich er spätestens 11'ü Uhr hätte in der Kaserne sein müssen. Auf de» Zuruf des Offiziers, ihm das Nachtzeichen vorznzeigen. trat D. auch bis dicht an de» Vorgesetzten heran »»d grift daun in die Tasche, als ob er das Nachtzeichcn hcrvorhole» wollig ob- gleich er ein solches gar nicht besaß. Ehe es sich der Osiizier versah, hatte der Unterofsizier ober Kehrt gemacht und die Flucht ergritsen. Auf die „Ha6ci»s"-Niise des Offiziers wurde der Fliehende von drei zufällig des Weges kommenden Grenadieren, die ebenfalls vom Offizier onaehalicn worden waren, verfolgt. Zwei der Verfolger holten den Unterofsizier auch bald ein und faßten ihn am Arme, doch riß sich D. jedesmal wieder los und letzte seine Flucht fort. Erst dem dritten Grenadier gelang es, den Unterofsizier sestzuhalten, indem er beide Arme uni dessen Leib schlang. Als der Osiizier herankam und den Namen deS Unteroffiziers feststcllcn wollte, versuchte dieser, nochmals, zu ent kommen, wurde jedoch gleich gestellt. Nach Niederschrcibniig der Personalien entließ der Offizier den Angeklagten, der darauf auch die Kaserne anffumtc. In der Verhandlung vor dem Kriegsgericht der 23. Division führte der Beschuldigte, der im meieiillichen ge ständig war und insbesondere zngab, die „Hallans"-R»>e des Offiziers gehört zu haben, lediglich zu seiner Verteidigung an. kopslos geworden zu sein. Ans Äcsragen erklär^ e- auch, nnchiern gewesen z» sein. Von seinem Kompcigniechcf wird der Angeklagte aut beurteilt, aber als ein Mann von ängstlichem Charakter ge schildert. Das Kriegsgericht erkannte nur wegen Ungehorsams m drei Fälle» ans 7 Tage mittleren Arrest, sprach D. dagegen von der Anklage der Widcrsetznng frei mit der Begründung, es habe keine bewußte Gewaltanwendung angenommen, sei vielmehr von der Ansicht ansgegangen, daß durch das schnelle Lausen un willkürliche Bewegungen zustande gekommen sein mögen, die als Widersctznng aufgefaßt worden wären. Hiergegen legte der Ge richtsherr Bernsnng ein. die die Bestrafung des Angeklagten wegen Widersetzung anstrcbte. Der Vertreter der Anklage, Kriegs- gerichtsrat Helfer, weist darauf hin. daß die harten Bestimmungen der Paragraphen 96 und 97 des Militärsirasqesetzbnchs, die wohl mitunter für den Richter lästig seien, weil sie eine Mindeststraje von 6 Monaten Gefängnis sestsehen, wohl einmal über kurz oder lang eine Milderung eriahrcn würde», daß aber gegeirwärug diele Gesetzesbestimmungen noch z» Recht beständen und desholb An wendung zu finden hätten, wenn auch der vorliegende Fall sich in einem außerordentlich milden Lichte zeige. Gnade z» üben, sei nur Sache des Königs, Dementgcge» betont der Verteidiger. Rechtsanwalt Dr. Alberti, daß das Gericht wohl Recht z» sprechen, aber auch dem allgenieinen VolkSempsindcii Rechnung zu tragen habe. Eine Strafe von 6 Monaten Gefängnis könne man aber nach Lage der Sach« im vorliegenden Falle nicht als gerecht bezeichnen. Das Obcrkriegsgericht unter Vorsitz des Oberstleutnant» Werner und unter juristischer Leitung des Over- kriegsgcrichtsrats Oberjuslizrats Duckarl erkennt unter Aus hebung des angcsochtencn Urteils wegen Widersetznng und Un gehorsams aus 6 Monate 1 Tag Gefängnis: 10 Tage gelten als verbüßt. Zur Begründung wird ausgesührt, daß das Rechts- mittel als begründet erachtet werden mußte, da der Angeklagte vorsätzlich und im Bewußtsein der Gewaltanwendung sich seiner Festnahme zu entziehen versucht habe. Ein Antrag des Ver treters der Anklage aus sosorttae Festnahme des Angeklagten wegen Fluchtverdachts und Gefährdung der Disziplin wird abgclchni. — Landgericht. Die schon vielfach erörterte Bautzn « r Osfiziers-Assäre beschäftigte, wie bereits kurz gemeldet, nochmals das hiesige Gericht.Wegen Beleidigung des Bautzner Ossi zierkorpS hatte sich der verantivorilicheRedakteur der „Sächsischen A r b e i t e r»Z e i t u n g". Fritz Tüwell. zu verantworten. In der NiiNimer 58 der Arbeiter-Zeitung erschien am b. März 1901 ein Artikel, in welchem beixuiplel tvurde, daß einige junge Ossi ziere der Bautzner Garnison in einem .Hotel mit der Tochter eines Fleischrrmeisiers eine wüste Orgie gefeiert hätten und vom Vater des Mädchens in unliebsamer Weise überrascht und zur Rechen- iclnrst gezogen worden seien. Auch andere Tageszeitungen brachten ähnliche Mitteilungen, woraus am 8. März 1904 der sächsische Bundcsbevollmächtigte Krug v. Nidda ii» Reichstage die be stimmte Erklärung abgab, daß die ganze Affäre „erstunken und erlöge»" sei. Ans Grund des genannien Artikels wurde gegen D. Anklage wegen Beleidigung erhoben und der Angeklagte ain 20. April vorigen Jahres von der 2. Straikammer zu 4 Mo naten Gcsänanis verurteilt. Aus die von dem Angeklagten einaclegle Revision hob das Reichsgericht aus pro zessualen Gründen das Urteil ans und verwies die Slrciisache an die Vorrirstairz zurück. Für die gestriqe Ver- Handlung waren eine größere Anzahl Zcuae» geladen, darunter vier Offiziere der Garnison Bautzen, die Urheberin des ganzen Klatsches, dos mit 6 Monaten Gescinanis bestrafte Dienstmädchen Kalich. »nd der Fleischermeisier Biciold aus Bautzen. In seiner Vernehmung sagt der Airccklagte, daß er in gutem Glauben an die Wahrheit des Gerüchts den Artikel aiisgenoiiimen habe, nachdem auch vorsichtiae bnracrliche Blätter i» gleichem Sinne berichtet hätte». Die Bautzner Offiziere können über das angebliche Vorkommnis nicht das Geringste aus'agen, einiae sind zu der sroglichcn Zeit gar nicht in Bautzen gewesen. Tie Zeugin Kalich gibt ans eindringliches Beirage» und unter einem lclmrfe» Kreuzverhör zu, daß alle von ihr früher ausgestellten Behauptungen von den „Orgien" von A. bis Z. erfunden sind. Der ärztliche Sachverständige erklär!, daß den hciitiaen Angaben ^er Zeugin K. voller Glaube geschenkt werden könne. Zeuge Fleischermeisier Biesoid erzählt, wie ihm die Kalich früher ictzliiiime Danae über Ziffammcnknnffe mit Offizieren erzählt habe, iedoch zweifelte der Zeuge an der Wahrheit der Angabe». „Ob die oanz richtig ist?" bat ein anderer Zeuae, Lukas, zu Riesold in Beziehung aus die Kalich geäußert, als diele ihre angeblichen Erlebnisse erzählte. Tie aarrze Beweisaufnahme ergibt im all gemeinen so viel, daß die ganze Skaudalgeichschte von der Zeugin Kolich erfunden und von Dümell, weiter in der An gelegenheit »ach Bautzen gereist war, als bare Münze ocnommen worden ist. Ter Gerichtshof erachtet, wie schon im Abendblatt dieser Nummer kurz milaetcilt wurde, die früher ansgeworfene Straie als durchaus angemessen und erkennt wiederum auf 1 Monnle Gefängnis. Tie lilmrljen in NusM-. Die Laac in Petersburg ist ernst genug, sodaß wirklich nicht einzusehcn ist, was mit de» zum Teil unsinnigen llebcr- trei billigen wie sic nnmcullich st, einzelnen englischen Blättern verbreitet werden, bezweckt werden soll. „In Fiirn- l a n o ist eine Revolulion ansgebrochen." „Von Kolvino marschieren 60 000 Arßeiier am Petersburg" und dergleichen mehr. In Finnland ist keine Ncvalntion ansaebrocken, und die ganze Bevölkerung von Kob'irro, einem Städtchen an der Bahn von Petersburg nach Moskau. 21 Kilometer von crsterem cni- >ernt, zählt 15 000. nnd die dort befindliche Ei'enaicßerei be- ichästiat kaum 5000 Arbeiter. Die Nachricht von der Revolution in Finnland ist vielleicht dadurch entstanden, das; die Arbeiter der an der finnischen Grenze gelegenen staatlichen Gewebrsabrik Seslrorezk ebenfalls die Arbeit nicdergclcgt und 1800 Gewehre sich angceiauel haben. Eine russiicbe Persönlichkeit, die erst iiingst ans Rußland nach Wien ziiriickae'''hr> ist. bat sich in Anknüpfung an die Perers- bnracr Vorkommnisse ivie folgt geäußert: Alles kommt darauf an. ob die Revolution nun auch nach den an derengroßen Städten Rußlands hinübcrgrenen wird. Die Stimmuna freilich ist in mauclcen Städten noch viel erregter als in Peters burg selbst, das ja eigentlich eine Bcamtcnstadt ist und demgemäß recht lovai. Wenn in Petersburg vielleicht ein großer Teil des Bürgertums sich nicht mit Arbeitern und Studenten zusammen- actan hat, so könnte cs wohl etwa in Moskau ganz anders kommen In dieser Stadt, die man die eigentliche .Hauptstadt Rußlands nennen könnte verbreitet sich die Aiffc>ekiärll'eit über weit größere Kreise. Manche der reichsten Mitglieder, des Bürgertums, hochaugesebeue Aristokraten snmpathiiiere» mit der revolutionären Strömung. Die Bemühungen Pobjedonos- z c »> s. der einst au der Moskauer Universität lehrte, kirchliche» Geist in de» höheren Krciien daielbst einzubiirgcrn. sind dort ziem lich erfolglos ael> iebeu Ich criuncre nur daran, daß. als der bekannte Mediziner Pr-nestcn: Sacharin ans Einaebnrrg Polffe- donoszews eine halbe Million Rubel zur Stiftung kirchlicher Schulen spendete, er dcidurch ffmdliche Demonstrationen gn der Universität hervorrics, wc>s das Ende seiner Karriere bedeutete. Die Sta ist Vertretung in Markau ist durchaus liberal. Das hoch- konservative Organ die ..Moskowske Wiedomosti", hat wenig Anhänger in Moskau selbst. Doch auch W arscha » bildet, um von den großen Städten Rußlands zu sprechen, einen frucht- baren Boden nir die Saat der Agitation. Abgesehen von dem polnischen Nationalaeistc, der sich in diesem Teste Rußlands gegen das Bestehende anflebiit. sind hier auch die Arbeiter in den pol nischen Industriezentren, die in Massen zusammengepfercht sind, durch Agitation erregt Daß auch in Sndrußland starke revolutionäre Stimmungen bestehen, beweist der Fall von Charkow und Pa11awci. wo ja große Bauernnnrnhcn statt- fanden. Man kann alio auch für die Ruhe Odessas keines wegs garantieren. Und waS Kiew anbclanat. so hat man erst jüngst anläßlich des dort abachastenen Kriminalistcnlages wahr nehmen können, wie groß die Bewegung daselbst gegen die be stehende Ordnung in Rußland ist. Das Bezeichnende dieser Be- wegung ist auch die Tatsache, daß die Bauern zu den Arbeitern halte». Die Bauern Rußlands sind unendlich gedrückt. Man nennt sie auch die „Steuerzahler". Sie zahlen sieben- bis acht- mal io viel Steuern >we die Grundbesitzer. In Kongreß-Polen allerdings unterstützt die Regierung die Bauern gegen den von alten Zeiten her revolutionär gestimmten Großgrundbesitz. So kommt es denn, das; hier nur in den Großstädten nnd nicht aus dem Lande die bestehende Ordnung angegriffen wird. Tie Vor- nängc der letzten Tage haben gezeigt, das; auch schon in der A r m c e hier nnd da der Geist der Insubordination eingczogen ist. Massenbast wurden revolutionäre Manifeste nnd ausrcizcndc Flugschriften unter die Soldaten verteilt. Am meisten wird von der Artillerie gesprochen. Ist sie ja das gebildetste Clement der Armee. Man hat also am letzten Sonntag keine Artillerie in Petersburg arnzreheii lassen. Jenes Element, das sich am willigsten und verläßlichsten zur Niedcrdrnckuna von Unruhe,» zeigt, sind die Garde Regimenter, die Tscher kessen. Diese Kaukasier, diese Asiaten, geben wild drein. So hat man denn diese tscherkessischen Regimenter in fast alle großen Städte ver teilt, »nd bis m die westlichsten Bezirke Rußlands sind asiatische Regimenter dirigiert. Der Chef der russischen revolutionären Partei in London äußerte in einem Interview: „Der Ausbruch in Peters burg ist bloß das Präludium zu einem aigontischcn Aufstande im aanzen Lande. Es ist unter den in England weilenden Flücht lingen seit einigen Tagen genau bekannt gewesen, das; die industriellen Bevölkerungen von Moskau, Kursk, Odessa. Eharkow, Rostow, sowie die Rewrmvarteicn van Polen, Finnland und dem Kaukasus sich in Bereitschaft gehalten haben, um den großen Fc'dzug am 25. d. M. zu beginnen. Sollte sich das Programm verwirklichen, so kann nur ein einziges Ende zu gewärtigen sein. Ter Beschluß, den Krieg mit Japan weiter drirchznfnhren, hat das Volk zu der Entschcidnug gebracht, die Autokratie abzn- schassen, und kein zeitweiliger Mißerjolg zu Petersburg oder anderwärts kann den schließlichen Ausgang beeinflussen. Wenn der Zar und seine Beamten weise gewesen wären, so hätten sie » das Unglück vor zwei Monate» abwenden können, wo die Selnsttvos um Konzessionen cinkame» Aber wen die Götter verderben wolle», strafen sie mil Dummheit. Alles ist vorüber, und wir wissen kaum, wo die Gesamtbcweguug sich ihr letztes Ziel setzen wird. Wenn, wie ich erwarte, das Volk von Peters burg zur Raserei gebracht wird, so können wir in drei oder vier Jagen schon eine neue Aersassung erleben." Der Interviewer fragte: „Was können hilflose, unbewassnete Leute gegen einen solchen Wall militärischer Stärke ansrichte» ?" Die Antwort iantele: „Lassen Sie sich nicht länschen, sie sind weder hilslos »och hossiiuiigölos. Wir haben Arsenale und Gewebrlager, und habe» guten Grund, anzunehmen, daß ein richiiger Widerstand die Hissendes Militärs bringen wird" Viele Russen, welche mit der Sache des Volkes s>>mpath>iieren. sind schon vor einer Woche abgercisi, um an Ort und Stelle ,z» sei». Es ist von große» Demonsiralioiien aus freien Plätzen Londons die Rede Fürst Krapolkln. den man sonst z» hören erwarten würde, liegt schwei krank in seinem Heim bei London. In den ruisischen Kolonien Londons herrscht große Erregung. Allenthalben waltet die b stimmte Erwartung, jetzt den Eittscheidnnaskamvi gegen die Auto- kratie anbrcchcn zu sehe». Tie Londoner Rüsten meinen, die Truppen in den Provinzen würden eL wohl unterlassen, aus ihre eigenen Verwandten zu schießen. Die Brntaliiät der Truppen aus entlegenen Ncichsgcgcnden zu Petersburg wird nicht als typiscki befunden Sehr bemerkt werden die heftigen Artikel, die selbst die gemäßigte französische Presse gegen den Zaren veröffentlicht. Der größere Teil der Preise betrachtet Rußland kaum noch als sranzöstschen Vundesgenosten Tie Sozialisten nnd Radikalen verlangen den oiscncn Bruch oer Republik mit dem osiiziellen Rußland „In der ganzen stvilisierten Mensch heit," schreibt Iaursts in der „Hiimanitä". wird ein Schrei der Emvörnng sich erheben. Von heule cm siehe» der Zar und der Zarismus im Banne der Nationen. Es gibt eine» Grad des Verbrechens, zu dem die nbiolnten Regierungen nicht hinunter sinken dürstn, ohne jede Beziehung »ist freien Völkern nnmög lich zu mcichcn. Es gibt keinen koiislilnlionellen Souverän, kein repul'likgnischcs Stacitsoberhgupt in der Welt mehr, die ohne Unbehagen Verbindungen leibst nur zeremonieller Natur mit dein modernen Absolutismus unterhalten könnten. Ter Versuch, sie maßvollste» und gcrechlesten Forderunaen der Freiheit in Bl,g zu ersticken, zwingt Rußland dazu, sich des Zarismus zu ent ledigen, wenn cs ni't der zivilisierten Menschheit in Berührung bleibe» will. Ter Zarismus ruiniert, dezimiert und vereinzelt es. Wie sollte ein Volk, dos leben will, sich nicht mir allen Kräften gegen diese Macht der Unterdrückung, der Vereimamuua und des Mordes aufbäumen." Nach dieser Sprache Iaurßs' zu urteilen, dürste das letzte Wort der maiizöstichen Sozialisten über die Ereignisse in Petersburg noch nicht gesprochen sein und woöl auch nicht allein in ihrer Presse qesprocbcn werden. ^ Ein kaiserlicher Erlas; an den dirigierenden Senat fuhrt anS: Die Ereignisse der letzten Tage in Petersburg haben ge,eigt. daß es notivenvig ist, außerordentliche, de» Zeilnmstcinden entsprechende M o ß r e g e l n zur Ansrechkerlttiltnng der StaatSoidmmg nnd der öffentlichen Sicheiheit zu crareiien. Deshalb haben wir sür nötig erachtet, das Amt eines Peters bittger Griieialgonverneiirs ans der Grnndloge der gesetzliche» Bestimmungen über die Gonvernementschkss nnd der nackstolgen den Regeln zu eriickiten: 1 Dem Pete-sburger Gencralgoiivernenr weiden Stadt nnd Ganverncment Pctcic-biirg untergeordnet. 2. In den Fragen betreffend bst Ansiechterbalttmg der Staots- oidnnng nnd der öffentlichen Sicberbeit weiden dem General- goiivemenr alle I 'kalen Zivilbchöiden »nd die Lebranstalten aller Restarts »nie stellt Der Geneialgaiwernetir besitzt das Reckt, nach Uebereittknnft mit dem Minister des Innern, die im Aitikel 110 des Zrnsnrstatnts angegedenen Maßregeln zu ergreifen. 1. Abge'cben von dem Neckte, nach Maßgabe des Gesetzes obliga torische Verfügungen über veffchärsten Schutz zu rrcffcn, hat der Grneralgonvrriieur das Reckt, obligatorische Verfügungen z» tiesten über Gegenstände betreffend die öffentliche Ruhe und Ord nung in seinem Amtsgebict unter Festsetzung der Strafen und de? Verfahrens in Fällen vv» Ukbertrelnnge» iolcher Verfügungen aemäß dem Attckel 15 nnd 16 deS Geictzes über den verschärften Schutz, wobei der Offenerataoiivernenr mit der Erledigung dirier Sachen den Gonvernenr nnd den Sindthauptmann von Peters burg die ihm unkergeben sind, beansiragen kan». 5. Drr General- c>vn"erne»s hat das Recht, znr Unterstützung der Zivilbchörde» Mitstär herbeiznrnsen. sobald er es sür nötig erachtet, »nd nach Gutdünken Waffengattung nnd Anzahl der Heeresteile zu bestim men. welche sodann leinen Vcseblen unterstellen. 6. Dem General- ganveriieiir nnterstebe» in seinem Amtsbe;irk die Petersburger Gendaimerie-Verwnltiing nnd die Eisenbnbngcndarnicn nnd ln polizeilicher.Hinsicht alle Bcbörden »nd Amtspersonen in der zn Ei>e»bah»zweckeii expropriierten Zone. 7. Dem Generalgonvernenr sind in polizeilicher Hinsicht alle KroriSsnbriken nnd -Werkstätten ii» Amtsbezrrk unterstellt. 8. Alle Rechte des Ministers des Innern bezüglich der Bestätigung im Amte von Mitgliedern der Kommtinalhebörden »nd der Semstwn im Bereiche der .Hauptstadt nnd des Gouvernements geben an den Generalgonvernenr über. 9. Dem Gencralgonvernenr sieht das Recht zu, einzelnen Persön lichkeiten den Auscnthalt im Amtsbezirke zu verbieten, Kundgebungen im Auslande. Eine große Versammlung der Arbeiterschaft sn Kiel saßic einmütig eine Resolution, in der den Petersburger Arbeitern die Sympathie ausgesprochen wird. — In Wien wurden im Arbcrterheim, Stadlbczirk Favoriten, größere Arbcitcr- Versammlungen ausgclöst weg n der beabsichtigten Sympathiekundgebung für Petersburg. Tie Teilnehmer gingen unter lebhaften Rusen gegen das Ministerium Gautsch ausein ander.^ In der Vorstadt Floridsdorf beschlossen 1000 Arbeiter eine Synivalhiekniidgebung sür die Petersburger Opfer, ebeiffo 1000 ticycchijche Sozialisten in P r a o. In Triest veranstalte- ten einige Hunderte vor dem russischen Konsulat Kundgebungen gegen den Zaren siir das russische Proletariat, wurden aber bald von der Polizei zerstreut. — I» Genf durchzogen einige Hunden russische Studenten »nd Studentinnen die Stadt Arm in Arni, russisch« und französische Lieder singend. Tic Ruhe wurde nicht gcilört. — In Brüssel zag eine Schar von etwa hundert jungen Leuten abends gegen 10 Uhr vor das russische Gesanol- schaftsaebände und bearbeitete dos Eingangstor und die Fensterläden mit Stöcken. Die Rotte wurde darauf von der Polizei auseinander getrieben. Tie Blätter sprechen über den Vorfall ihr Bedauern aus. — In Paris hat die sozia listischc Gruppe der Kammer 100 Frcs. für die Opfer in Petersburg bewilligt, um so gegen die blutige Unterdrückung zn protestieren. Die sozialistischen Zeitungen „Pötite Nepubliguc" und „Humanitö" eröffnen Sammlungen für die Opfer der russischen Revolution. . Ter Ailsstiwd im Rithrrevier. Mit dem Allsstand im Rubrgebkct beschäftigten sich 27 in allen Stadtteile» Berlins »nd einige» Vororten abgehaltene sozialdemokratische Volksversammlungen, in denen eine Resolution geiaßi wurde, die die Haltung der Zechen besitzer verurteilt, den Ausständiflrii Unterstützung verspricht und ein schleunigst zu erlassendes R e > ch s b e rg g e s e tz verlangt. Die Arbeiter der wegen Kolilenmangels siillgelcgten westfälischen Stahlwerke hielten rn Böckum eine Versammlung ab. in der die Kommission Bericht über eine Unter redung mlt dem Generaldirektor Koyser erstattete. Danach erlläcte dieser, daß. wenn inzwischen genug belgische Kohle eintreffe, am Dienstag der Betrieb zeitweilig wieder ausgenommen werden könne. Nach der „Kölnischen VolkSzeitirng" übersandte der Kardi nalKapp der Geschäftsstelle dieses Blattes 3000 Mark für die notleidenden Bergleute veS Rnkrkohlenbezirks. Die hochmütigen Bergherren im A usstands g eb i c t. schreibt das Organ deS Bundes der Landwirte, werden wohl aus de» Veihandlnngen ln de» Parlamenten nicht szeradc die lieber zenguna gewonnen haben, das; ihi Verhalten gegenüber den Arbeiter Vertretungen nnd auch der Regierung Sympathien erwecken wird. Abgesehen von den Abgg. Hirsch-Essen und Dr. Beumer. die ,o deinslich in nahen Ve>hält»isse» zum Bergbaulichen Vereine sieben, bat sich niemand für ihre Sonder inleressen ins Zeug ge legt. Es ist mich bezeichnend, das; der Abg. Freiherr v. Henl recht klar und verständlich leinen Fraktlonsgcnossc» Tr. Beumer desavouiert hat. Wir srenc» »ns insbesondere über die von Frei herr» v. Hryl ausgesprochene Zuversicht, daß die Verstaatlichung der -Hibernia der erste Schritt zur V erstaa t l i chun g der Kohlenbergwerke sein werde. Und was derselbe Redner über die Polittk des rheinisch-westfälischen Kohlensyndtkats vor- brcrchle. entspricht in alle» Punkten unseren Anschauungen. Nr. 26. Leite 3. Donnerstag. 26 Januar tvltS
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