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gehegten und laut ausgesprochenen Wünschen des Landes entgegen zu kommen, muß Jeden überraschen, der nicht von vorneherein in der Meinung steh», die Regierung wolle durch den Schein von Concesfionen über wirkliches Bedürfniß täuschen; und sie über- rascht noch mehr, wenn sich aus der allseitigen Prüfung des Ent wurfs «rgiebt, daß er den gerechten Forderungen der Zeit durch Gewähr einer größeren Selbstständigkeit der Gemeinden und durch Befreiung der Kirche von staatlichen Uebergriffen in liberaler, wenn auch besonnener. Weise entspricht. Die genauere Prüfung der Petition, und noch mehr der Mittel, sie an den Mann zu bringen, klärt aber vollkommen über die Sache auf. ES handelt sich nämlich hier um keine Bedenken in kirchlichem Sinne wie sie zuweilen in den Verhandlungen der ersten Kammer gegen einzelne Paragraphen laut geworden, sondern upi eine entschieden unkirch liche Protestation, welcher die Demokratifirung der Kirche in des Wortes vulgärster Bedeutung als Ideal vorschwebt. Um solch ein Beginnen populär zu machen, da ja doch in unserem Sachsen die Unkirchlichkeit noch nicht ne Oberhand gewonnen, scheut man sich nicht den Tatbestand völlig zu entstellen. So schrieb unterm 18. d. M. ein Vertreter der Petition zur Abwehr des Vorwurfs, als dränge man Unkundige zur Unterzeichnung, unverhohlen ans Leipziger Publicum (Leipziger Tageblatt Nr. l8) Folgendes: „Buch ist uns zu Ohren gekommen, daß die Unterzeichner sich dahin ausgesprochen haben: wir unterzeichnen sehr gern; wir wollen nicht katholisch werden; wir wollen kein protestantisches Eoncordat.- Dergleichen baren Unsinn wagt man also den Leip zigern nicht nur zu bieten, sondern sogar nachzurühmen. Be darf'- auf ein solches offenes Bckenntniß noch irgend welcher An schuldigung? Aber ebensowenig dünkt uns, bedarf'S einer Ver- theidigung der von der Regierung den Ständen vorgelegtcn Kir chenordnung, wenn sich ihre Gegner solcher Waffen bedienen müs sen. Nur bleibt es immerhin ein interessantes Abbild des Partei- kampfeS, wenn Männer, wie die bei dieser Regierungsvorlage vor zugsweise betheiligten Staatsminister v. Falkenstein und v. Brust, welche protestantische Nüchternheit und Entschiedenheit in der lan gen Zeit ihrer ministeriellen Verwaltung charaktevfirt, wie ihnen auch von den Freunden strengerer Rechtgläubigkeit öfters vorge worfen worden, plötzlich als Vertreter katholischer, concordats- mäßiger Tendenzen verschrieen werden.. Es beweist, wozu eS frei lich in den politischen Verwirrungen und Verirrungen der Gegen wart eines Beweises kaum bedarf, daß noch immer, wie sich ein edler Fürst vor Jahren ausgedrückt, die Lüge die große Krankheit unserer Tage ist. — Der Dresdner Hypothekenversicherungsgesellschaft ist die Concesfion zum Geschäftsbetriebe für das Königreich Hannover «rtheilt worden. — Ueber den Eisgang der Elbe liegen folgende neuere Nachrichten vor. Aus Bvdenbach ward vorgestern Nachmittag 4 Uhr gemeldet, daß von Mittag 12 bis Nachmittag 3 Uhr das Wasser 9 Zoll gefallen sei; aus Außig um 4 Uhr 24 Minuten, daß seit */»l Uhr Mittags der dafige Eisschutz bei einem Wasser stande von 10 Fuß 6 Zoll (ungefähr 6 Ellen nach dem Dresd ner Pegel) in vollem Gange war. Nachts halb l Uhr kam das böhmische Eis hier an und ist seitdem ohne Unterbrechung in sehr gedrängten Massen, jedoch nur in kleinen Schollen, hier durch- pasfirt. DaS Wasser war auch hier bedeutend gestiegen. Heute früh 6 Uhr hatten wir 3 Ellen 18 Zoll, um 9 Uhr 4 Ellen 1l Zoll, um 10 Uhr 4 Ellen 17 Zoll über Null. Von da an ist der Wasserstand zurückgegangen und Nachm. 2 Uhr zeigt« der Pegel nur noch 3 Ellen 12 Zoll »ber Null. Auch von aus wärts wird allseitig ein Fallen deS Wassers gemeldet. — Vorgestern Abend fand in den Räumen von „Braun's Hotel" die alljährlich wiedcrkehrende Musikaufführung zum Besten des hiesigen VincentiuS-VereinS statt. Die mitwirkenden künstleri schen Kräfte bestanden aus den Damen Berg und AlvSleben, so wie aus den Herren Schnorr von EarolSfeld, Weiß, Rollfuß, Fürstenau, Hiebendahl, Hüllweck. Göring und Tictz )im. Sie alle haben sich in dankenSwerther Weise um den, mit dieser Produk tion verbundenen Zweck verdient gemacht. , — Wie oft Unmoralität und Brutalität in einem Menschen steckt, der anfänglich sich hold und freundlich zeigt, ergab sich neu- lich in der Person des beurlaubten und jetzt eingezogenen Solda ten, Namens C Auf BirkholzenS hatte er mit einem Mädchen getanzt, das in der großen Wirthschaft des großen Gar tens dient und sich als eine brave Person bewährt. Ihr Tänzer bietet sich nach dem Tanzvergnügen als Begleiter an, was das Mädchen natürlich nicht zurückweist. In der Nähe des großen Gartens erlaubt sich der Begleiter dem Mädchen Anträge zu machen, welche den tugendhaften Vorsätzen derselben wider strebten. Da tobt seine Leidenschaft auf, er packt das Mädchen, welche ihm aber entrinnt. In der Nähe des zoo logischen Gartens bei der ersten großen Eiche holte er aber die Flüchtige wieder rin und es beginnt «in förmlicher Kampf, der damit endet, daß C. das Mädchen auf den Erdboden nicderwirft und ihr außer andern Verletzungen eine fürchterliche Ohrfeige ver setzt, welche ein bedeutendes Anschwellen der Wange zur Folge hatte. — Leben und Bewegung entfaltete sich am vergangenen Sonntag Abend in dem von der Gesellschaft „Saxonia- in Mein- holds Etablissement abgehaltenen Maskenball. Zur Ausschmückung hatte man in Erinnerung eines Mitglieder die bildliche Darstellung eines bekannten, hier am Altmarkt gelegenen Hauses gewählt, über dessen Pforte das Portrait des freundlichen Wirthes zu erblicken war. Trotz dem bunten Maskengewühl herrschte die größte Ge- müthlichkeit und durch etliche gymnastische Produktionen des am hiesigen Orte wohlbekannten Herrn Veit wurde noch eine recht charmante Unterhaltung gewährt. Küche und Keller, bekanntlich st,ts in hohem Ruf, erwarben sich auch diesmal wiederum die größte Anerkennung von Seiten der Theilnehmer. — Der Kindersegen wird, nach dem unerforschlichcn Rathschlusse des Himmels, sowie jedes andere irdische Gut an die Erdenbürger verschieden ausgetheilt. Während in so mancher Ehe Mchmuth und Unzufriedenheit fliehen würden, wenn der Besitz eines Kindes das Band zwischen Mann und Frau fester knüpfte; während in gar vielen Ehen Nichts zum Glücke fehlt, als der Kindersegen; während in gar vielen Familien die Ankunft eines kleinen Erdenbürgers nicht bloS mit Wonne und Entzücken begrüßt wird, sondern auch schon seit Wochen und Monaten vorher alles sorgfältig für sein Erscheinen vorbereitet worden ist, — wurde am vorigen Sonnabende im nahen Dorfe Plauen an der Wasser- seite, nahe bei dem bekannten Kuchenbäcker, eine ganz arme, aber ehrbare und redliche Ehefrau von Drillingen entbunden. Kaum für ein Kind war das Unentbehrlichste da; man kann sich die Gefühle des Vaters, welcher Tagearbeiter ist, sowie der armen Wöchnerin denken; aber man wird auch ein mitfühlend Herz für ihre Sorgen haben Dankenswerth sind daher die Bemühungen, die sich der Vorstand des Ortes, Herr Kaufmann Kreß gab, um die Lage der A>mcn nur einigermaßen erträglich zu machen. — In der fünften Abendstunde des gestrigen Tages ging ein Mann bei dem Chaisenhause vorüber, als derselbe plötzlich von Unwohlsein befallen wurde und umfiel. Er wurde hierauf in das Chaisenhaus geschafft und verstarb Hierselbst nach kur zer Zeit. Nach erfolgter Meldung dieses Vorfalles ist die Leiche des so plötzlich Verstorbenen in das Todtenhans des weiten Kirchhofs gebracht worden. Der Vorgefundene Reisepaß ließ die Person des LocomotivenführerS Müller von der Leipzig-Dresdner Eisenbahn erkennen. — Wenn die Verheimlichung neugeborener Kinder schon neulich Veranlassung zu ernster Betrachtung gab, so müssen wir heut« abermals von zwei Auffindungen berichten. Bereits am 21. d. M. fand man unter der Bank bei der Mohren-Apo- theke den Leichnam eines neugebornen Kindes und am vergan genen Sonnabend ein Gleiches an der Mauer am Neustädter Kirchhof. Dem Anschein nach hatte die Leiche daselbst schon mehrere Wochen gelegen, welcher Umstand die Ermittelung der Mutter al lerdings etwas erschweren dürste. — Aus Schwarzenberg schreibt man uns vom 24. d.: Es ist lange, daß ich Ihnen nicht geschrieben habe. Kein Wunder l wir werden jetzt hier arg durch die Macht des Winters bedrückt. ES waren heute nur 14 Grade bei uns, das ist mild, äußerst mild für solch' einen gestrengen Herrn Januar. Wir sind seit dem Neu jahr nicht sehr aus den Graden zwischen 12—25 k. herauSge- kommen, ja wir haben am 16. Januar 30 Grad gehabt, ohne alle Uebertreibnn' s ' . ich Ihnen ruhig volle 30 Grad. Wir