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Dresdner Nachrichten : 09.10.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192710094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19271009
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19271009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-10
- Tag 1927-10-09
-
Monat
1927-10
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.10.1927
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Ar. 47S Sr«- 4 *E» ».VrEVVNk» /CMYkUYIEN lonnkag. S. Oktober 1S27 Zur Mahl -es 2. Bürgermeisters -er Sla-l Dres-ea. Vom Stadtverordneten Dr. Berthold. Dresden. Am 13. Oktober d. I. habe» di« Stadtverordneten di« Auf gabe. den 2. Bürgermeister zu wählen. Zu seinen Obliegen heiten gehört eö vor allen Dingen, die Finanzen der Stadt tu Ordnung zu halten. Daß ihm damit eine gewisse Be- einflussung, wenn nicht gar «ine Art Oberaufsicht übertragen ist, bedarf keiner weiteren Darlegung. Angesichts der Finanz- not der meisten Gemeinden und insbesondere unserer Stabt Dresden, angesichts des vorhandenen Fehlbetrages von S Süd (XXI Reichsmark in dem am 80. Juni scstgestellten Hau», haltplan, sowie eines wetteren noch ungedeckten dringenden Bedarfs infolge Erhöhung der Bedarfssätze und der Veamten- besoldunge», endlich angesichts der außerordentlich beschränk ten Deckungsmöglichkeiten, sind an den Inhaber des Postens in jeder Beziehung die denkbar grüßten Anforderungen zu stellen, nicht bloß im Hinblick auf die geistigen Fähigkeiten, sondern zumal auch bezüglich Charakteranlage. Der neue Finanzbearbeiter muß — da» bringt sein Posten ohne weiteres mit sich — ein Mann sein, der erforderlichenfalls das, was er aus Grund seiner eingehenden Fachkenntnifse und sonstigen Erfahrungen nach reiflicher und gewissenhafter Prüfung für unumgänglich notwendig hält, auch durchzudrücken versucht, selbst wenn seine Freunde und sonstigen Anhänger nicht ein verstanden sind und mit ihrer Kritik nicht zurückhalten. Nach Artikel 130 Absatz 1 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August I0l0 sind die Beamten Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei. Das gilt ebenso von den Reichsbeamten und Staatsbeamten, wie den Gemeindebeamten, von denen der neue Bürgermeister der zweithöchste sein wird. Wenn bisher in deutschen und scich- fischen Städten Bürgermeister und Stadträte als Angehörige bürgerlicher Parteien gewählt wurden, so haben die Gewähl ten den Grundsatz der Reichsverfassung hochgehalten. und die Wähler selbst haben, soweit bekannt, eine Abweichung da- von nicht verlangt und ihrem Gewählten auch das Vertreten einer anderen Meinung als ihrer eigenen nicht übelgenom- men. geschweige denn ihnen gar öffentliche Borhalte ge macht oder sie abgekanzelt. Bezüglich der sachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber um die Stelle ein Urteil abzugeben, ist hier nicht der Platz. Die Herren sind den Dresdner Stadtverordneten bekannt, oder haben sich, so gut das überhaupt möglich war, bekannt gemacht. Wen die einzelnen Parteien wählen wer- den, ist hier von untergeordneter Bedeutung. Für die All- gemeinheit wesentlich interessanter ist jedoch, wie sich die Parteien zu dem Träger des Amtes als solchem stellen. Bon den bürgerlichen Parteien und den Altsozialisten kann gesagt werden, daß sie restlos auf dem Boden der Verfassung, zumal des erwähnten Artikels 130. stehen, auch diejenigen Parteien, die ISIS in Weimar gegen di« Reichs- Verfassung als Ganzes gestimmt haben, oder damals noch nicht bestanden. Die Kommunisten dagegen nehmen einen ganz anderen Standpunkt ein. den sie allenthalben offen bekennen. In einem vom Zentralkomitee der S. P. D. unter dem 3ü. Sep- tember 1934 für die kommunistischen Gemetndevertreter hrr- auSgegebenen Hefte »Kommunistische Gemetndepolittk". Richt linien und Erläuterungen, wird es als Anweisung an die Gemeindevertreter mehrfach klar ausgesprochen. So z. B. tm »weiten. Politischen Teil, ») Allgemeines, Punkt 4: Die kommunistischen Gemetndevertreter. Bürgermeister nnd Stadträte müssen in dem Gemeindeparlament die Initiativ« ergreifen, de» Beratungen da» politisch« Gepräge geben und die Führung übernehme«. Ferner im Abschnitt lH: Organisatorischer Deik, ») Dt« Fraktion und dt« kommunalen Arbeitsausschüsse, Punkt 3: Die kommunistischen MagtstratSmttglteder, Bürger- meiste». Stabträt«. Beigeordnete, Schüsse« und all« anderen besoldeten Kommunalbeamten müssen an jeder FrakttonS- 2lber, Herr Pilsu-stt! Der -aarr-Derbsmd -«st se<« Bedck«er» Parade» «»«gesprochen, daß einer der staatlichen Würdenträger t» Polen die Würde -er Nation verletzt ha de. indem er di« polnische Nation al« „Nation der Idioten" be zeichnet habe. Nein, Herr PilsuSsN. Sa« ist doch zu bunt! Zast ein Skandal ist «» nach Noten I Dt« Polen seien, sprach Ihr weiser Mund, Sin« Nation von Idioten! Wie kann man stürzen sich vor aller Welt So kühn in dl« Gefahr -er Wahrheit 7! Mir freilich, ich gesteh'», ein Wort gefällt Do« so monumentaler Klarheit l L»-tn»land in den »Dresdner Nachrichten" Vortrag nnd Nachdruck nur mit diese, iLnellenan-ad« gestattet Fordert Lie HLn-enburgspenüe! Was u«S Hiudenburg s, besonder» ,er«hruua»«iirbig macht, ist seine vorbildliche Pslichterstilluua gegenüber dem Vaterland. Durch Herkunft «ud Erziehung, durch ein Schassen von säst zmei Menschenalter« mit de« Frühere« ans» tiefste verbnnden. besaht er doch an« innerer Notwendigkeit heran« da« Gegenwärtige mit ganzer Hingabe. Für nnS alle, sa sür die ganze Welt, ha« er damit d«S neue Deutschland, sein Anschen, seine Würde gefestigt. Dafür wolle» wir ihm danken und nach seinem Vorbild ei« Gleiches tun. Professor Dr. K a st n e r. M. b. E. L. Vorsitzender der Sächsischen EtnzelhanbelSgemeinschaft. » Bei den Lammelstellen der „Dresdner Nachrichten" gingen weiterhin für die Hinüenburgspen-e folgende Beträge ein: Hermann Hofmann. Dresden, S AI.; Dipl.-Sng. Paul Keller, Weihensels, >0 Al.; P. H., Dresden, Bismarckftr. S, Z Ni.; vsXar Höhne, Klotzsche, Z AI.; für -Le Hochwassergeschädigten die nachfolgenden Spenden: s. K. in A. 5 NI.; H.. Dresden, z Nl.; s. s. Dresden. I Nl>; L. H.. Dresden, 7 NI. Weitere Spenden für beide Sammlungen erdeten an die Hauptgeschäftsstelle der „Dresdner Nachrichten", Ma rienslrahe ZS. Lrdg. oder auf deren Postscheckkonto 10SS Dresden. sttzung tetlnehmen, und unterstehen in ihren Handlungen, genau wie die Stadtverordneten und GemetnderatSmtt- glieder, den KraktionSbeschlüssen. Strettsragen zwischen be- svldeten Kommunalvertretern und der Fraktion entscheidet die Bezirksleitung. Endlich in den eigentlichen Richtlinien bezüglich der Be- amtenfragen: Unzuverlässige Beamte find streng z« überwachen, «ud wenn sie versuchen, die Beschlüsse der Gemeindevertretung oder die Anordnung ihrer kommunistischen Vorgesetzten zu sabotieren, umgehend vom Dienst zu suspendieren ober an Stellen weiter zu beschäftigen, wo sie keinerlei selbständige Entscheidungen zu treffen haben. Die Sozialdemokraten haben am Ausbau der Wetmarer Verfassung wesentlich mitgearbeitet. Sie betrachten sich al« die eigentlichen Hüter und haben zu ihrem Schutze ver schiedene Organisationen ins Leben gerufen. Im besonderen freilich sichen sic ab und zu anders. Hier kann nur ihre Stellung zum Artikel 180 der Verfassung ln Frage kommen. Klar und unmißverständlich hat der Führer der Dresdner sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktlon in der öffent lichen Sttzung der Versammlung vom 24. Februar 1937 sein« und seiner Fraktion Stellungnahme Umrissen. ES handelte sich dabei um eine Ratsvorlage, brtr. die Bewilligung der Mittel zum Bau von zwei Wohnhäusern. Während der AuS- spräche hatte der Leiter des Wohnungsamtes, der als Sozial- demokrat seinerzeit gewählt worden war, die RatSvorlage ver. treten, und zwar so sachlich, wie eS überhaupt möglich ist. Allerdings mußte er sich dabei, ohne die Sozialdemokraten zu erwähnen, gegen deren Stellungnahme wenden. Da» ver- anlaßte den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion, da» Wort zu ergreifen und dabet nach dem stenographischen Sitzungsbericht über di« Verhandlungen der Stadtverordneten zu Dresden im Jahre 1927, 7. <8744.) öffentlich« Sitzung, S. 208, folgendes auszuführen: In keinem Orte Deutschlands und auch außerhalb Deutschland», wo eine bedeutend« sozialdemokratische Be wegung vorhanden ist, wird e» sich «ine Fraktion auf die Dauer gefallen lassen können, daß der von ihr in ein« Regierung ober in «in« Verwaltung entsandt« Vertrauen», uiann immer dä» Gegenteil von dem vertritt, was die Fraktion sür richtig befunden hat. lSehr rtchtigl bei den Sozialdemokraten.) Au« diesem Grund« erkläre ich - und ich bestnde mich da in voller Uebereinstimmung mit meiner Fraktion —, baß der Herr Bürgermeister sür seine Aus. sührungen allein verantnwrtlich ist. und daß wir als Sozial, demokraten von diesen Au»führungen wett «brücken. Al» sich im Laufe der wetteren Aussprache der Letter des Wohnungsamt«» gegen diese Darlegungen verwahrt hatte, führt« darauf der sozialdemokratische FraktlonSvvrsttzcnde nochmal« folgendes au« <G. 210): Nun wundert sich der Herr Bürgermeister darüber, daß Ich mir erlaube, in bieser Form Kritik an ihm zu üben. Ich betrachte ben Herrn Bürgermeister als Angehörigen der Sozialdemokratischen Partei und als sozialdemokratisches Ratsmitglted, nicht als eine» von der gesamte» Koilegcn- ichast in diesen Rat gewählten Vertreter, der die Interessen des gesamten Kollegiums wahrzunehmen hätte, auch nicht nur die Ratstnteressrn, sondern der, gewählt als Sozial, demokrat, tm Rate unter Umständen gegen den schärssten Widerspruch und den schärssten Kampf aller bürgerlichen Ratskollegen die sozialdemokratischen Interessen zu ver. treten hat. Ich könnte mir sogar eine Situation denken, wo ich als Bürgermeister sage: Bis hierher und nicht weiter; und wen» ich nicht mehr meine Manüatgeber ver. treten kann, lege ich mein Mandat ln die Hände der Frak- tion zurück, well es sich nicht mit den sozialdemokratischen Auffassungen verträgt, nur Interessen der Natsseite zu ver. treten. Go fassen wir die Vertretung unserer Leute im Rate auf. In der össentltchen Sitzung der Stadtverordnete» vom 7. Juli 1927 wurde eine Erklärung des Herrn Oberbürger. metsters behandelt, inhalts deren er es aus Grund von Artikel 180, Abs. 3, und Artikel 80 der Reichsverfassung svivie 8 84 der Gemetndeordnung ablehnte, auf einen Beschluß der Stadtverordneten einzugehen, der von ihm AnSkunft darüber verlangte, ob «r in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeord. neter für einen von der StaatSregterung etngebrachten Ge- setzentwurf gestimmt habe, und welche Gründe ihn zur Zu. sttmmung bewogen haben. An der Aussprache beteiligte sich der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion. Nachdem er wiederholt den Herrn Oberbürgermeister schärsstens an. gegriffen hatte, führt« er auch u. a. tm Hinblick daraus, daß an diesem Tage die Bttrgermetsterwahl abgesetzt worden war, wörtlich folgendes auS: »Kommt unsere Zeit, haben wir die Macht, bann ver tagen wir nicht mehr Bürgermeisterwahlen, dann kuh. handeln wir auch nicht, dann wählen wir sie so, wie wir sie haben wollen, und dann werben ivir auch mit dem Ober bürgermeister fertig werden, der uns nicht Auskunft geben kann über das, was er glaubt, im Interesse oder gegen die Interessen der Gemetndebürger tun zu müssen." lBergl. stenographischen Sitzungsbericht S. 77S.1 An« den vorstehenden Ausführungen die erforderlichen Folgerungen für den Ausfall der Wahl zu ziehen, wirb den Lesern nicht schwerfallen. Oertliches un- Sächsisches. Das frelrvMtge SMswerk sSr -as öslllche Srzgedirge. Bis »«« ro. September »aren bei der Kasse der Staats« kanzlet an Spenden für die NnwettergeschSdigten tm östlichen Erzgebirge insgesamt 2 198 288 RM. 82 Pf. eingegangen. Bis mit 8. Oktober hatte sich diese Summe um weitere 28 (M RM. ff? Ps. erhöht, so das, die von Privaten. Industrie, Körper schaften nnd Gemeinden bis z« diese« Tage ansgebracht« Sabcnsnmme nunmehr 2 227S18 RM. 4» Ps. beträgt. Die Sammlung »trb fortgesetzt^ — DobeSsall. Am 7. b. M. ist ans Rittergut Klein- Settschen bei Bautzen der König!. Sächs. Major a. D. Her- mann Hüll« er, früher BezirkSkommandeur in Großen- Hain, gestorben. Oie l>!re' '011 ckor Ltaatilckoi» dcknwiltaitMckemi« Sofia titonw«, »tot, s», von 6«. rlinl« NU Ikum Q»t»r»>,et> von 0». f°tnn» t. Sa. »»K«uN«> !<I,vt«v» inkol», »oU<t»v «on,knut<Uon un<t nuaneanrilet,«, «tan, n»cti 0— V I M dräuet, deden »I» »II» »n- - » a»r»n von danUtilvn N>,v!»r». vraiänar S»n», ffantrnlthaatar - ?»»»»»», R»1»«nh»n»itr. I Das Wun-er -er Keltane. Oper in drei Akten (frei nach dem Mysterium H. Kaltneker») von HanS Müller. Musik von Erich Wolfgang Korngol -. Uraufführung im Hamburger Stabttheater am 7. Oktober. Heliane, das neue Werk Korngolds, trägt in Dichtung und Musik, in Wesen, Ideengehalt und Stimmung, in Form und Farbe durchaus die Kennzeichen der modernisierten roman- tischen Oper an sich. Schon mit den ersten Klängen, dem großen sakralen Dretklangsthema der Orchestereinleitung, erschließt sich der geheimnisvoll magische Bezirk einer der Phase des Religiösen angcnäherten romantischen Handlung, die in ihren Grundgedanken von Tod und Auferstehung an den Geist der alten Mysterienspiele anknüpst, die einer ballabenhaften Hand, lnng von bohrender, fast Hebbelscher Psychologie eine Liebe von naiver und süßer Erotik in hinreißender Poesie ihrer Wandlungen, einer tragischen Katastrophe die emportragenb übermenschliche Gewalt eines Wunders entgegenstellt, die Er schütterungen und Wirrnisse leidvollen Geschehens zu gött licher Reine, zur Ruhe in Gott und ewiger Vereinigung der Liebenden verklärt. Die Dichtung Hans Müllers spricht eine Sprache von feierlichem und starkem Wortklang. Ihren Stoff schöpft sie aus einem Mysterium Kaltnekers, des öster reichischen Dichters, dessen hohe Begabung ein allzu früher Tod noch vor ihrer Reife zerbrach. Hans Müller, der mit dem Schaffen Korngolds schon einmal, in seinem Opernbuch ,Liiolanta" zu gemeinsamer Arbeit verbunden war, gliedert den Stoff in drei einheitlich geschlossene, dramatisch tempera- mentvoll bewegte, zu eindringlicher Wirkung in kraftvollen Gegensätzen aufgebaute Akte, die in einem — auch die Wucht einer elementaren Chordramatik entfesselnden — Schlußakt ihre letzte überwältigende Steigerung empfangen. Mit klarem Bewußtsein vom Wesen der Oper ent worfen und ausgeführt, strebt die Heliane-Dichtung nach einer gedrungenen, folgerichtig sich entwickelnden, auf wenige Personen verteilten Handlung. Indessen: Die Handlung scheint äußerlich verschlungener, auch widerspruchsvoller in ihren seelischen Antrieben, als sie bei näherem Zusehen in ihren Grundzügen sich darstellt. Heliane ist die jungfräuliche Gemahlin eines düsteren Herrschers, der, wie alle Personen dieser Handlung, ohne Namen austrttt. dadurch sozusagen eine Summe von menschlichen Eigenschaften znr ständig wieder kehrenden, also zeitlosen Erscheinung typisch verallgemeinert. Ein ins Tyrannische übersetzter König Marke, wagt sein Wille nicht, seinem Weib zu nahen. Ihre Keuschheit treibt ihn von ihr. Und so schlägt seine ungestillte Ltebessehnsucht ln Grausamkeit und Blutdürstigkett um. Eisern liegt seine Faust auf Land und Volk; und es ist ein Geruch von Mord um ihn und eisige Kälte. Dieser Herrscher hat nun einen Fremden in da» Gefängnis geworfen und wegen Aufruhrs zum Tode ver- «rteilen lassen, einen Fremden, der aus dem Süden ge- kommen war. Ein Jünger Zarathustras, ein Ltchtbote und Freudenbringer, lehrt er die armen geknechteten Menschen dieses sreudeleeren Königreichs die Süße des Lebens, will sie erlösen von Kummer und Schmerz zur Brüderlichkeit und Freiheit. Zu thm, dcm Verurteilten, kommt Heliane in den Kerker mit wetngefülltem Krug, um ihm. mitleidigen Herzens, Trost zu spenden und die Angst der letzten Stunden von thm zu nehmen. Dem Lichten strebt sie aus dem schweren Dunkel zu, in dom sie ihre Scheinehe mit dem Herrscher gefangen hält. In dem Fremden fühlt sie noch unklar und mit noch un bestimmt leise sich regendem Trieb den ihr vom Schicksal be stimmten Mann, der jetzt betörend wunderbare Worte zu ihr spricht, der ihr ein tiefes, heißes Mitleid erweckt und dessen reines Herz zwischen Sterbenöwehmut und rasendem Lebens- verlangen tn Liebe aufglüht. flammend überströmk und nach einem letzten Glück dürstet. Es blüht eine LIebeSszene auf zwischen Heliane und dem Fremden voll zartester Poesie und übersinnlichster Sinnlichkeit. In diesem Augenblick tritt der Herrscher in das Gefängnis. Heliane bei diesem Fremden? Die Richter werden diesen unerhört schamlosen und dtrnen. basten Ehebruch zu strafen haben. Und der Herrscher, rache- schnaubend und dennoch gierig nach diesem Leib, stellt sie tm zweiten Akt vor sein Gericht; und in ihr und mit ihr die Liebe dieser Welt. Ihre widerspruchsvollen Reden reizen die Eifersucht de» Herrschers bt» zu schäumender Berntchtungs- raserei. Der Fremde wird ihr gegenübergestellt. Auf eines Atems Frist allein gelassen mit Heliane, erblüht zum zweiten mal eine LIebeSszene zwischen den beiden Todgeweihten, glühender und entsunkener als jene erste im Kerker. Da ge- schieht außerordentliches: um Heliane zu retten, von Schuld und Vorwurf zu lösen, tötet sich. Mund an Mund mit Heliane. der Fremde selbst. In dem gleichen Augenblick, da sie ihn ver. loren, erwacht die Liebe Helianes z» vollstem Bewußtsein mit einer Allgewalt, die den Kampf mit dem Tod aufzunehmen sich bereit finden läßt. Der König stellt Heliane vor die „Bahrprobe": vor allem Volk den Toten zu berühren mit den freventlichen und gotteslästerlichen Worten: ,^teh auf und wandte." Die Bahrprobe wird die letzte Entscheidung bringen, ob Heliane rein ist, eine Magd tn Gott; oder verworfen und dem Holzstoß verfallen. Im dritten Akt vollzieht sich denn nun unter unerhört tobenden Chören des bis zur Raserei und Ekstase erregten Volkes diese Bahrprobe. Heliane tritt an den Leichnam des Fremden, will stockend und zitternd die Worte sprechen. Da bricht ihr die Stimme, sie stürzt zu Boden, reißt sich wieder empor und schreit nun ihr LiebeSbekenntniS in alle Welt. Das Volk rast in Empörung und Wut. Und da geschieht das Wunder. Gott ist alles, ist tn allem, wirkt tm Menschen. Ein Donnerschlag: — und der Leichnam steht auf vom Tod, In überirdischem Licht, ein Bote Gottes, eine Vision aller. Die Seele und ihre Inbrunst haben daS Wunder gewirkt nnd die Liebe ist die Ewigkeit. Schuldlos, jenseits des Lebens und zu neuem Leben jenseits des Tode» erwacht, schreiten die beiden Hand tn Hand noch oben, schweben tn Verklärung einem Himmel voll Schönheit und Licht entgegen. Die erlösend« Kraft eines reinen Herzens bricht daS Siegel des Todes. Da» eigentliche Wunder diese» Werke» wirkt aber die Musik. Und sie selbst ist das Wunoer. In ihrem tiefsten Grund schlägt ein reines Herz voll Güte und Mitleid. Ja. sie wächst aus einem Motiv de» Mitleids empor, einer aus der Tiefe aufstehendeo rhythmisch charakteristischen Tonleiter, die, wie alle Motiv« und Themen de» Werkes, tn stetiger Entwicklung und genialen Umwandlungen die Handlung tn allen ihren Hebungen und Senkungen begleiten, als eindringlich aus« deutende orchestrale Sprache, die erklärt, verdeullicht. Innere» und Seelisches an die Oberfläche emporhebt. Dir Musik ist au» Motiven gewebt, ohne einem schematisch-äußerlichen Leit- mottvsystem sich auSzultesern. Das große feierliche, rein harmonische Akkordlhema an der Spitze des Werkes, gehört so- wohl der übersinnlichen Welt des Mysteriums, wie auch Heliane an. Und zu welch herrlichen Bildungen wächst daS Mitleids motiv empor! Verzückung, und LiebeSstnotlve, Motive der Seligkeit und Verklärung fluten in breitem Strom durch diese in ihrem ureigenen Wesen unendlich innige Musik, an der ein Klang von Zartheit und Keuschheit der Empfindung riihrt. Auf die Erscheinung Helianes, auf die LtcbeSszene im ersten Akt. mit ihren märchenhaft irisierenden Orchesterfarben und hauchzarten Klängen legt ein Spiel weichster Dissonanzen einen poetischen Duft ohne gleichen. Wie in flimmerndem i Sternenlicht steht Heliane ln diesen Szenen in der Reinheit und > Unschuld ihrer Seele. Diese Ltebesszene gehört zu den be- deutendsten Leistungen der modernen Oper. Und sie ist eine p-«r schönsten de, gesamten Literatur: als Ganzes und Inspiration sowohl, wie tn ihren reichen Einzelheiten. Der Stil KorngolbS strebt dem rein melodischen Ausdruck, einem aus voller Brust singenden McloS zu, das frei dahin flutet. in seinen Spannungen auf dem Nvnenvorhalt und mehr noch auf einer erstaunlichen Kunst der Harmonie, eine» seelischen ModulatlonSreichtumS ruht, der auch die kühnsten DurchgangSdtssonanzen und die gewagtesten, zwei und mehreren Tonarten angehörenden Harmontebtldungen, logisch entwickelt im Zusammenhang mit szenischem Borgaug und dramatischen BewegungSkürven, immer wieder in klarer Kadenzterung auf eine einfache und verständliche tonale Grundlage zurücklettet. So ist tm Grunde genommen diese Musik in der Diatonik verwurzelt so radikal fortschrittlich auch thre verblüffenden und phantastisch kühnen Dissonanzen verkettungen und Dissonanzenballungen sein mögen. Ohne etwa die Form der Arie des Liede» »n kultivieren, weiß dennoch Korngold, trotz der fließenden Grenzen seine Szenen klar aus« zubaucn, sein« Personen in dramatisch überzeugender Charakteristik zu umreißen. So ist die Musik um den Frei»- den herum licht, freudig, voll Menschengüte; eine Flöte zieht tn leuchtender Bahn über ihn. Dem Herrscher gibt Korngold ein rhythmisch harte» Motiv, da» säh zwischen Dur und Moll wechselnd, der sinsteren Natur des dunklen Gewaltmenschen
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