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Dresdner Nachrichten : 18.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192211187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19221118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19221118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-18
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 18.11.1922
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vrlest avd Reparattonssrage ia der frauzöfischen Kammer, verlliches anr SSchstsches. Das LWraueil Prlncarüs gegenüber Deutschland. P«rl-, 17. Nov. F» der heutige» «ammerfitzung amrde Me Diskussion über die Interpellationen betreffend dle allgemein« und -le Lager« polUtk der Regierung fortgesetzt. Ministerprüstbrut Po«near - erinnerte zu Be- »tu» seiner Rete daran, daß er versucht habe, festzustellen. daß die Orienipolitik Frankreichs keinen »»genblick sich von der der Alliierte» getrennt habe. Frankreich wolle nur die Aufrechterhaltung des Friedens. ZN» keiner Weise sei jetzt ei« Mißverstand«!» «» »csürchten. Er könne sich gar nicht erklären, wie die eng. tischen und französisch«» .Leitungen von einer M «t« n « gs. »erschledenheit hätten sprechen können. Weder sachlich «och »er Form »ach habe irgendetwas dieses Gerücht gerecht fertigt. Gewiß sei Frankreich durch das Zlbkoinmeu vvn Angora gegenüber der Türkei gebunden, aber der Friede sei ja noch nicht abgeschlossen und könne nur geschlossen werden nach einer B e r st ä n d I g n n g zwischen den Sil li ierten. die nach seiner Ansicht auf der Lausanner Kon ferenz zwischen England. Frankreich und Italien erzielt werden würde. Er hoffe, das, zwischen Sen Alliierten auf der Brüsseler Konferenz in der - ReparationSsragc Uebereinstimmung erreicht werde. Auf die Rede LoucheurS und den Plan vvn Chcguers eingehend und unter Hinweis darauf, dab seine Vorschläge wegen des bestimmten Ein spruches von Lloud George gescheitert seien, besprach Poin. carS die Rolle der Rcparationsko in Mission und des BanklerkomitecS. Das letztere habe die »rage einer internationalen Anleihe für Deutschland er- örtert, aber eine Herabsetzung der deutschen Schuld verlangt, was zum Schaden der Reparationen gewirkt hätte. Deshalb lei «S die Pflicht Frankreichs gewesen, sich dem zu widersctze». Inzwischen habe sich der Sturz der Mark beschleunigt. Im !>ult Hove Deutschland ein Mora- torium für seine Zahlungen v,m ld. August ab beantragt. Spwitz sei d»e ZahluugSsähiqkelt Denisch'anbs im Angenblick «rrUwert. aber er glanbe. daß diese Lag« an, be «tsche Manöver znritckznführe» sei ««» leicht »erbeNert werben könnte. Dentfchlanb habe ans seine HerrschaftSpläne ans der Zeit »or dem Kriege noch nicht ver zichtet. ES habe alles getan, nm die Weltmärkte wieder zu erobern «nd feine günstige Lage habe eS Le» J«t«s»r,ellen gestattet, ,» konkurrenzlos nicbri, ge« Preisen z« verkaufen. Denn die französische Regierung hinfichtltch der Reparatio nen keine Maßnahmen ergriffen habe, so sei das mit Rück sicht auf Belgien erfolgt, um die Lösung in Brüssel zu er- leichtern. Selbstverständlich se^c diese Haltung Frankreichs die Bedingung voraus, daß man nicht versuchen werbe, ihm vor der Konferenz von Brüssel eine Lösung auf- zuzwingen. Sin kürzlich von englischer Seite gemachter Vorschlag «achte Vertrauen gegenüber Deutsch'and zur BoraoSsetzung. Aber Frankreich könne kein Ver trauen zu Deutschland haben. Dem scheinbaren Ruin des deutschen Staates müsse man die skandalöse Prosperität der dentsche« Großindustrie gegenüber, stelle», die ungeheuren Käufe in den Bereinigten Staate« »«d das Hehle» jeder Arbeitslosigkeit in Denttchlaed. Zweifellos könne Deutschland gegenwärtig «lchtzahlc«, wedcr in Papierwark noch etwa vom Gold, »orrat der RelchSbank. Aber es könne ein veruünstigeS Program« von Sachleistungen auSsühreu. ' Deutschland könne seine Hochfinanz und seine Indu striellen veranlassen, einen Teil der ausländischen Devisen, die sie im AuSlandc besäßen, nach Deutschland zurück- »uführc». ES könne Geld leihen wie Frankreich im Jahre >87l. Aber man werde nichts von Dentschland er zwingen, wenn man sich darauf beschränke, es zu bitt en. Die Stunde kei gekommen, in der die Alliierte« einig sei« müßte« über die Mittel, die man angesichts der deutschen Verfehlungen ^ »amenden müsse. Rach KriegSschluß habe das Dentsche Reich systematisch die Zahl «nd die Gehälter feiner Beamten erhöht, seine Kanäle und seine Eisenbahnen vervollständigt, mit vollen Händen aus- gegeben, ohne neue Steuern etnzuführen, ta, ohne die be stehenden Steuern zu erhöhen. SS habe von der Inflation gelebt. ES könnte also nicht mehr behaup ten. baß der Marksturz w^rn der ungeheuren Schuld und der geleisteten Zahlungen erfolgt sei. Die Zahlungen Deutschland- rednziertc« sich auf «lnlg« wenige Milliarden, «ährend Frankreich tzv Milliarden auf ReparatlouSkouto vor» geschosseu habe. Mau soll« also nicht mehr im Versailler Vertrag die Ursache de» Marksturzes suchen. Die Hauptursache sei in der bud getär«, U«»rd«««g zu erblicken, die Deutschland gewollt oder doch «enlgstens ge - uldet habe. Gewiß hätten neben- sächliche Ursachen de» Markstur» beschleunigt, so bei- spirlöwetf« dt« de»Ifche Handelsbilanz. die man adrigen» sehr schwer ausstellen könnte, die aber an- scheinend passiv sei. Solange nicht bi« »o» der Repara, tion-kommisllo» verlangte Kontrolle »orhande» lei. «iffe ma« nicht, woran man sich z« halten Hab«. iAbgeord- neter Hubert ruft dazwischen: Man hat sich über uns lustig gemacht! PoincarS antwortet: Ich befürchte eS.» Allerdings könne Deutschland ebensowenig wie irgendein anderer Staat beute mit seinem Gelb seine augenblickliche Schuld be gleichen. Aber da» könnte geschehe» durch äußere Kre dite, die es erzielen könnte, wenn es seine Finanzen um- gestaltc. Deutschland könne aber auch durch Sachleistun - gen und durch seine Arbeit sür den Wiederaufbau oder durch seine Arbeiter wirken. Der Vorschlag deS Abgeordneten Nennaud. sich an der Industrie bi» zu einem großen Telle zu beteiligen, würbe sür Frankreich sehrgeringcSum- men etnbrtngen. Ein Deutscher habe diese Lösung zu rrst vorgcschlage». Aber Halle er bei seinem System nicht einen Hintergedanken? Er habe nur damit gerechnet, baß das sranzSsische und das englische Geld der deutschen Industrie helfen könnte, gehosft, Frankreich und England würden dann aus jede weitere Entschädigung verzichten »nd kein Interesse mehr daran haben, die deutsche Industrie mit neue» Stenern zu belasten RechbergS Ideen seien in Frankreich o h n e B o r c i n g c n o in m e » h e i t ge prüft worden. Aber man sei dazu gekommen, daß sie nicht ohne ernste Vorsichtsmaßregeln ausgenommen werden könn ten. Diese Maßnahmen müsse man der deutschen Rcgiernng vorschreib«», denn sie werbe dle Sicherheiten nicht freiwillig ergreife«. Die deutsche Währung könne nur saniert werden durch die Devalvation, durch die Stabilisierung. Welch« LSs««g anch gesnnben werde, «« die Lage Deutschland- l» Ordnaaa zu bringen. Frankreich könne nur eine Lösung an- nehmeu. die sein«« Stellung als beherrschender Gläubiger entspreche. Frankreich könne ans seine Pfänder nicht zngnnste« an, derer Gläubiger verzichte«, nnb wen» ein Moratorium be willigt werbe, s« könne b«S nur z» den Bedingungen ge, lchehen, di« in Land»» au-einandergesrtzt wurden, d. y. durch Bewilligung essektiverPsänder. Frankreich verlange nur einige der ron den Deutschen versprochenen Stücke, die der Versailler Vertrag als Hypo thek bezeichnet habe. Frankreich werbe mit größter Geduld Anstrengungen machen, damit seine Alliierten den gleichen Standpunkt verträten. Niemals werde Frankreich mit freu digem Herzen Zwangsmaßnahmen ins Angc fasse« «nd nie mals werde Frankreich srcudigen Herzens sein Recht ans Sanktionen ansrcchtcrhalten. Frankreich würde eS ^erziehen, seine Schuld in Ruhe cinziehen zu können, aber Frankrcüh könne auch ans keine srieblichen Massen ver zichten, die der Vertrag ihm au die Hand gebe, und eS könne nicht dnldrn. daß ma« ihm diese Waffen auö der Hand schlage. Louchcur habe jüngst gesagt, die Sicherheit gehe ihm über die NeparationSsrage. Wenn wir vor diese tragische Wahl gestellt werden, fährt Polncarö fort, sobin ichauch dafür, aber ich wünschte es nicht. Poincarü spricht als dann von den verwüsteten Gebieten. Zehn unserer Departements sind verwüstet, nicht nur durch das deutsche Heer, sondern anch dnrch französische und alliierte Truppen» dercn Artillerie ans mili- tärlscher Notwendigkeit Verwüstungen vernrsacht haben. Mebr wie irgend jemand haben wir für die gemeinsame Sache gelitten. Dnrch seine Opfer lmt Frankreich eS ver dient, daß man seine Ruinen wieder «ufrichtei, daß man ihm eine Priorität schuldet. Diese Priorität ist ihm verweigert worden. ES hat nnr eine« Anteil erzielt. Obwohl Frank reich die stärksten Forderungen hat» hat eö bei der Lösung brr Frage kei« Vorrecht, im Gegenteil, cs bat sich immer der Mehrheit in der Reparationskvmmisston nnter- geordnet, wo eü ständig der Gefahr ansgesetzt ist, in die Minderheit zu gerate». Heute wie gestern, sei die Sache Frankreichs die der Ge rechtigkeit. Wenn Frankreich durch das Verfahren Deutsch lands ruiniert werde, wäre das eine Verletzung des guten Rechtes. Sehen wir also, so schließt er. nach Brüssel mit der wohlerwogenen Absicht, für Frankreich Gerechtigkeit zu er langen. — Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung interpellierte der Abg. LebaS über die Streikbewegung von Le Havre. Abg. Blnm ergreift das Wort. Er sagt, die Rede PrüncarSS sei für die Kammer eine Enttäuschung ge wesen. Die ganze Frage sei, zu wissen, wann Deutsch, land bezahlen könne. PoincarS sei zu der Einsicht gekommen, -aß man lm kommenden Jahre von Deutschland nichts wesentliches werde erlangen können. (Potncarö macht eine Kopfbewegung, durch die er andeuten will, daß er diese Behauptung bestreitet.) Der Abg. Blum fährt fort: Die einzige Methode sei die Sanierung der Währungen. («nb.) Einb«ruIuRS des La«dl«aES. Da» Gesamtmtnlsterium hat in seiner Sitzung vor» 17. November beschlossen, den neugewählten Landtag auf Freitag den 1. Dezember nachmittag» l Uhr et», zuberufrn. Das 1900-Vramm-Drol 1V2 Mi». In einer Bekanntmachung des Gemein deverba«» des Dresden ,, »d Umgebung in dieser Nummer werden neue Mehl- und Brotprcisr, gültig ab heute, 18. November, veröffentlicht. Ein Mackenbrot von llMl Gramm kostet jetzt 102 Mark. Daß am 4. Dezember eine abermalige Erhöhung eintritt, ist bereits angeründigt wordei». Gewaltige Prelaerhvhung für Kohle«. Vom Kohleuamt wirb u»s geschrieben: Infolge der atz 10. November cingetretenen Erhöhung der WcrlSpreise, so wie der Fuhr- nnd Arbeiterlöhne hat sich eine anderweit« Erhöhung der Verkaufspreise sür Hausbrandkohien nötig gemacht. Tie Preise betragen ab Bahnlager für Steinkohle» je nach Herkunft und Sorte, der Zentner 1175 d!S 1461 Mk„ der Hektoliter 1862 bis 21ü5 Mk„ für Niederlausttzer Briketts der Zentner 860 Mk„ der Hektoliter Industrie- vritctts oder 116 Pfund Hausbrandbritctts 1247 Mk. Dazu tritt .rin ZuMag vc» 16 Mk. je Zenlner und 15 Mk. I« Hektoliter für Händler, die ab Stadtlagcr verlausen, und ei» wciierer Zuschlag von ll) Mk. je Zeuttier und 15 Mk. je Hektoliter sür die Händler, dercn Lagerplätze vvn den HaupikohleneingangSsteUen besonders wett entfernt sind. Abgestempelte Preisverzeichnisse mit darauf vermerkten Zu schlägen gehen sämtlichen Kohlenhändlern umgehend zu und sind in den Verkaufsräumen an leicht sichtbarer Stelle aus, zuhäugcn. Sewlfsrnlose Aufhetzung -er Erwerbslosen. Dle Nachrichtenstelle in der StaatSkanzlei verbreite! folgende Mitteilung: „Am Donnerstag, den IS. -. M., hat in Dresden in de» Auncnsäle» eine Erwerbslosenversammlung stattgcsundcn, in der nach den Mitteilungen, die der Negierung gemordet» sind, der Referent Martin Schneider u. a. öaö Folgende be hauptet hat: „Wie groß das Verständnis der sächsischen Regierung für die augenblickliche Notlage sei, zeige der Ausspruch deS Ministers Fclltsch: Die Erwerbslosen hätten kei» Recht zum Demonstrieren, es seien alles blödsinnige Köpfe." WirtschaftSmtnister Fellisch hat selbstverständlich nie diese oder auch nur eine ähnliche Acußerung über die Er werbslosen getan. Er bat sich überhaupt niemals irgendwie beleidigend oder verletzend über die Erwerbslosen aus gesprochen. Anch hat sür ihn während seiner bisherige» Amtstätigkeit -moch keinerlei Veranlassung Vorgelegen, irgendein Werturteil über die Erwerbslosen abzugcbc«, Minister Fellisch hat wohl kaum notwendig vor der Ar beiterschaft zum Ausdruck zu bringe», daß cs sich bet der Behauptung Schneiders um eine freie Erfindung handelt: es ist aber wichtig, der Oeffcntlichkeit mitzuteilen, daß eö sich hier offenbar um einen böswilligen Versuch handelt, die Erwerbslosen mit solchen verleumderischen Behauptungen gegen die Negierung aufzupntschcn und zu Unbesonnen heiten hinzureißcn. Hoffentlich wird die Besonnenheit der Erwerbslosen dazu ausrcichcn, sich vor derartigen falschen nnd nnr mit dem Mittel der Unwahrhastigkett kämpfende» Ratgebern zu schützen." oo SchaufeilenweNbewerb. Im März 1022 hatte der Rat die Bedingungen eines Wettbewerbes verössentlicht, wonach sür Erneuerungen von S ä u s e r sch a u s e i t e n. die in vorbildlicher Weise ausgeführt worden sind und das Stadtbild verschönern, künf tig den Bauherren, Bauleitern und Bauaus- f tt h r e n d e n st ü d t i s ch e A n e r k e n n u n g s u r k u n d c n ausgestellt werden sollte». Das Preisgericht hat in seinen Sitzungen vom 2. August, 4. August »nd 4. September folgende Schän ke i t e n sür v o r b i l d l i ch a n ö g c s ü h r t erklärt und den Bauherren. Bauleitern und Bauausführenden städtische Anerkennungen zucrkannt: Nitmarkt z/Lchössergisss t, Bauherr Mühlbergs Erben. Bau. leiicr Hofzimmermcisler Baumeister Aoack, Ausführendcr Maler- mctstcr Gustav Wiese. Elbberg 2, Bauherr Privatns Herrn. Klotz, Bauleiter Architekt Fr. W. Baum, Ansführcndc Baumeister Hcisig u. Krauste, Deko rationsmaler M. Lauter. Slblerg S, Bauherr Hcrm. Kallin, Bauleiter DekorattonSmalrr P. Hubel und Maler und Lackierer N. Lvbe, AnSführcnde, dieselben. Freibcrger Liratze 48, Bauherr Fabrikbesitzer Fr. u. M. Schmolle tu Kvtibus, Bauleiter und AuSsührcuder Baumeister Max Riedrich. Gustav-Freylag-Ttraßc 18, Bauherr Priv. Fr. Trünkncr, Bau leiter Stndlcnrat Kunstmaler Max Tiarke, AuSführender Maler meister Fr. Harder. G ZS 28 <k G —S« G VS Musikalisches Tanzen*). Tanz als Sport auf gesellschaftlicher Basis ruhend, dies «ollen in jüngster Zeit immerhin zahlreiche Gegner gern zugeftchen. Daß die modernen Tänze jedoch irgendwie musikalisches Empfinden vorauösetzcn, wird bestimmt ab gestritten. Wie denn? Bewegungen des Fvx-trot paßten »ch dem MusikrhuthmuS an? DaS Wesen der modernen Lanze sei doch, gegen den Takt zu arbeiten! Gute Figur, gutsitzendes Kleid, raffinierte Bewegungen, und man sei König in der Welt deS Tanzes. Aber Musikalität?! Und wie oft ist die irrige Behauptung zu hören, eö gäbe doch ko viele völlig unmusikalische Menschen, die irotzdety heutige Tänze meisterhaft zu tanzen verstünden. Denen sei diese AmmcnwetShcit zur Antwort: Man kann zwar unmusikalisch sein, dabet aber ausgeprägtesten Sinn für Rhythmus besitzen! Immerhin wird rhythmischen, aber ganz unmusikalischen Menschen da» letzte beim Tanze kehlen. Denn sie werden nicht -aS Gehör für musikalische Feinheiten, für Kiangfärbungen, sür Modulationey haben. Lnbediugt aber fordern moderne Gesellschaftstänze starkes rhythmisches Gefühl. Rhythmische» Gefühl, wenn auch in viel geringerem Maße, hatten ja schließlich auch Walzer und Polkamusik verlangt. Daß ma» diese Tänze jedoch auch ohne jeden Rhythmus tanzen konnte, und zwar mit Leiden- schüft und jahrhundertelang, beweist die vergangene Zeit »nr Genüge. Wichtigstes der neuen Tänze ist eben, daß stc »hn- rhythmisches Gefühl einfach nicht zu tanzen sind. PtnstkrhuihmuS de» Tango oder Rag-time sind körperlich «icht ohne ein weiteres mit ein paar Sprüngen zu er- ledigen. Hat der Körper die Musik nicht bi» in die letzten Fasern aufgesaugt, von ihr innerlich völlig Besitz genom- me», so wird er immer wieder an Klippe« stoßen, die ihn hindern, dem Tanze die richtige AuSdruckSform zu geben. Die Krage entsteht: WaS heißt die neuen Tänze musikalisch tanzen? Mit notdürftigem Takteinhaltcn ist selbstverständlich nicht» erreicht. Denn der Rhythmus moderner Tänze liegt ja nicht ick der Begleitung, im Zwetvtertel» oder Dreivierteltakt. Der Rhythmus dieser Tänze ist ihre Melodie! Sie ist ausschlaggebende» Moment. Ausgesprochenste Eigenart -eS Rag-time ». B.. die Synkope, Nndet sich nur in der Melodie. Kur» gesagt: tanzt man also nicht nach dem Zwei- ober Dreivierteltakte, sonder» »ach -er Melodie bcS Zwei- oder Dreivierteltaktes. Da. mit ist gleichfalls ei»e vollgültige Erklärung gegeben. »l Mit <ö«neL«ta»na de» Sibyllen»Berlaa« 4« vre». §«» catnehmen wir diele Nuofithrri»««,» dem in Kürze erscheine«, he» Buch« „Die Revolution »es »esellschast». jian » e vvn Hetn» Vvllack. warum das Wesen moderner Tänze nicht, wie bas der früheren, mit festgclcgtcn Figuren oder PaS zu um rahmen ist. DaS große Geheimnis ist. daß man heutzutage nicht Tango oder Boston, sondern den Tango »nd den Boston tanzt, den dle Musik gerade spielt. Und nur diesen allein Und es soll hier allen, die es noch nicht wissen sollte» verrate» werden: Man kann Legato und Staccato und Forte und Piano und Pausen und Synkopen und Läufe mit der.: Körper angcben. Man kann eS nicht nur, man muß eö! ' Der Körper muß intensiv auf jedes kleinste Detail reagieren, damit Klang und Farbe und Stimmung und Dinchsührung der Melodie plastisch sichtbar wird. Tango und Boston haben klangvolle gesättigte Eantilene: der Körper gibt weiche und runde Gesten. Onc-stcp und Fox-troi sind spitzig, hastig, kantig: der Körper tanzt in hatten und eckigen Bewegungen. Man tanzt also den Tango, der gerade qcsptelt wird. Ersichtlich daraus, wie lächerlich eS ist. zum Lehrer zu laufen und Tangoschrttte zu erlernen, um diese dann peinlich erakt und selbstbewußt bet jedem einzelnen Tango, den di« Kapelle anstimmt, anzubringen. Gewiß: gcnan genommen, bleibt Tango als Tanz bei jeder Tangomelodic sich gleich: Menschen mit schlechtem UnterschetdungSvermögen werden auch immer behaupten, baß jeder Tango mtt ganz gleichen Körperbewegungen getanzt werde. lMerkwürbig, daß daS säst immer dieselben Leute sind, die ein Bild von Chagall mit einem von Kokoschka verwechseln und daS Neue mtt der ausgeleierten Phrase erledigen: Jeder male da genau so wie der andere.) Ihnen ist nicht zu Helsen. Aber sie sind höchst bedauernswert, weil sie Gcbärdenspiel fvder arbenklang) seelisch nicht auf sich wirken lassen können. US körperlicher Impotenz heraus. Tie Drehung des Körper», einmal froh und fessello», ein andermal zögernd und gehemmt durchgeführt, erscheint ihnen gleich, weil sa schließlich ln beiden Fällen derselbe Endzweck — nämlich die Drehung — erreicht wird, auf den e» ihrer Ansicht nach allein ankommt. Hier hört jede Diskussion auf. Menschen, die alle» „zweckhast" beurteilen, Körperlinien nur „mecha- nisch" zu deuten verstehen, können allerdings rhythmisch unendlich feingestilften Bewegungen nur blind ober gleich, gültig gegcnüberstehen. SS ist eben falsch. Bewegungen nur bann als solche erkennen und unterscheiden zu wollen, wenn sie allein an der Oberfläche spielen. ES gibt gerade hier Nuancie rungen. die weniger mit den Augen, als mit fast unbewuß ter Empfindung für Klang und Färbung einer Gebärde zu erkennen sind. Gewiß, e» mag irgendein sechster Sinn nötig sein, um zu unterscheiden, -«ischen tänzerischer Br- wegung nach Moll- und zwischen einer nach Dur-Tönen, wenn auch beide Bewegungen rein technisch dieselben sind. Doch ist dieses fehlende Uuterscheidungsvermvgcn durchaus kein Entschuldigungsgrund. Man kann eben heute nicht tanzen, wenn einem das Gefühl für „getönte Gebärden" fehlt. , Nur allgemeine Beispiele können gegeben werden. Un übersehbar ist die Zahl kleinster rhythmischer Nuancie rungen: jede Pause, jede Fermate, jedes Rilardando be deutet eine rhythmische Welt für sich. War Gesellschafts tanz ciust Ausdruck der Zeit, der Mode, der Sitten, de» Geschmacks, der guten Erziehung. deS Amüsements, ist er heule allein die Ausdruckssorm musikalischer Impulse durch harmonisch-rhythmisches Wechselspiel des Körpers. Wer dieser Forderung nicht nachkommt, kann eben nicht tanzen. Selbst wen» er die Schritte genau beherrscht, wenn seine Technik bis ins letzte geseilt ist. bleibt es «in leeres, sinnloses Spiel der Glieder. daS häßlich wirkt, weil eö zum Rhythmus der Musik in keinerlei Beziehung steht. Unmusikalisch tanzen, d. b. Bewegungen vollsühren, die nicht vom Musikrhythmus geboren werden, ist heute voll ständigste Unmöglichkeit. Es gibt nur entweder — oder. Kunst un- Wissenschaft. f Dresdner Thcatrr-Spiclplan sür heute. Opern« hauS: „Hosfmainiö Erzählungen" Schauspiel- Haus: „Propheten" (^8): Neustädter Schauspiel- HauS: „Rose Bernd" i^8): R e s t d c >« z - T h c a t e r : „Madame Flirt" i^8). -f Woche,ispielplan der LtaatSthcater. Opernhaus:. Sonntag >19.): „Palestrtna" >6—16): Montag: „Die Ent führung aus dem Serail" tPcdrillc: Heinrich Tcßmer a. G. !^8—1,1».- Dienstag: „Der Barbier von Sevilla" <28 bi- nach 10): Mittwoch: „Die tote Stadt" 048 bis nach 16); Donnerstag: „Othello" <27 bis ^10».- Freitag: „Das Rhein- gold" (»8 bis nach ?<1l>),- Sonnabend: „Die Walküre" G bis ^ll>: Sonntag l20.t: „Othello" (6 bis ttl0): Mon- tag 127.): „Siegfried" 120 bis nach 10). Schauspielhaus. Gerhart-Hauptmann- ochc. Sonntag <1S.): Festliche Veranstaltung zur Feier von Gerhart Hauptmanns 6g. Geburtstag 128»; Montag: „Der Biberpelz" (28 bis lO): Dienstag: „College Crampton" 128 VIS lg).- Mtttwech: „Das Opscr" i? bis nach 10»; Donnerstag: „Schluck und Jau" (28 bi» 211): Freitag: „Michael Kramer" i? bis 16),- Sonnabend: „Die versunkene Glocke" (7 bi» 101: Sonntag s28.): Zum erstenmal: „Und Pippa tanzt" (7): Montag (27.): „Jmprontfatione« t« Juni" (28 bi» ttlO).
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