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Dresdner Nachrichten : 23.04.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192704233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270423
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270423
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-04
- Tag 1927-04-23
-
Monat
1927-04
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 23.04.1927
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Sonnabend. 23. April 1927 Dresdner Nachrichten Nr. 1S9 Seite S Evangelische Akademische Woche. Nach der Aussprache Uber die während der Woche gehal« tenen Vorlesungen fand diese ihren Abschluß am Freitag nach. «Mag tn einer kurzen Schlußfeier, in der LandeSbischof v. Ihm«!» zusammenfasscnd die gemeinsame Arbeit über» tltckt« unter der Frage: „Was nehmen wir mit?" Das Rin» gen tn der Theologie unserer Tage solle ein Zeichen sein, daß der Herr selbst an der Gemeinde arbeite Mit gutem Grund dürften wir noch immer Osfenbarung und Schrtst als Grund, lagen der Kirche anspreche». Nach wie vor dürfe die Gemeinde mit aller Zuversicht an der Heilige» Schrift als Norm fest- halten. Mit unsrer ganzen Entwicklung gehen wir dem Tag des Gerichts entgegen, an dem der Herr uns hetmholen wird tn die ewige Heimat. Dem Herrn sollen wir anheimstellen, waS er von unserer Arbeit brauche, auf daß sein Reich komme. Gebet und Ltedervers bildete» den AuSklang.. Anmeldung der Auszüge. Am t. Mai tritt die neue AnszugSverordnung vom 28. Januar 1027 in Kraft, die ans der Vereinbarung der Län- der beruht, für das Reichsgebiet einheitliche vor. schrtsten namentlich in technischer Hinsicht zu schaffen. Der Verordnung unterliegen alle Auszüge sin ge werblichen Anlagen, Geschäftshäusern, Gasthäuser», Miet häusern, öffentlichen Gebäuden usw.l, die eine Hubhöhe von mehr alS 2 Meter besitzen und deren Fördergcrätc sich zwischen Führungen bewege» und diese nicht verlasse». Ausgenommen sind die Aufzüge i» Bergbaubetrieben, Versenkvorrtchtungcn in Theatern, Umlausgufzüge für Lasten, Wagenkipper, Schräg- auszüge für Osenbeschtcknng, Bauauszüge ohne maschinellen Antrieb und Kletnlastcnanszügc mit Handbetrieb für höchstens 20 Kilogramm Tragkraft. Wer eine unter die Verordnung fallende Aufzugsanlage errichten ober eine vorhandene wesentlich verändern will, hat baS der zuständigen Polizeibehörde iAmtShaupt- mannschast oder Stadtrat) anzu zeigen unter Beifügung der vorgcschriebencn Unterlage» <Zeichnung, Beschreibung) in je 2 Stücken. Die Inbetriebnahme dars erst nach behördlicher Abnahmeprüfung erfolgen, die des halb rechtzeitig zu beantragen ist. Eine Anzeige ist auch bei der Auswechselung von Tragmittcln an Personenauszügen iFührcraufzügen, Selbstfahrern und Umstcllauszügcns zu er statten. Alle Aufzüge snuch die vorhandene») werden durch den zuständigen Sachverständigen iGcwerbeanssichtSämtcr Chem nitz. Dresden, Leipzig und Zwickau) regelmäßigen Untersuchungen unterzogen, die Personcnauszügc in längstens zweijährigen Fristen, die Lastcnanfzügc sür mehr" alS lüll Kilogramm Traglast in längstens vierjährigen Fristen, die übrigen Aufzüge iKleinlastciiaiiszüge, Bremsaufzüge tn kleinen Getreidemühlen, Abiaßvorrichtungen und Schrägans- züge) in längstens sechsjährige» Fristen. Dazwischen fallen unvermutete Untersuchungen. Die regelmäßigen Unter suchungen, die den Abnahmeprüfungen gleichen, hat der Auf- zugsbcsitzer rechtzeitig zu veranlasse». UebcrdieS dürfen Pcr- svnenauszüge nur noch durch geprüfte und nicht unter 18 Jahre alte Führer bedient werden. Daneben können für Personen auszüge mit elektrischer Innensteuerung durch die Polizei behörde nicht unter 1» Jahre alte Hilsssührer zugclasscn wer den. die sich ebenfalls über ihre Eignung answeiscn müssen. Die Prüfungen erfolge» durch den Sachverständige». Bei vorhandenen Personenauszügen ist diesen Führcrvvrschristen binnen zwei Jahren zu entsprechen. BiS zum 1. Juni ist jeder bereits vorhandene ober in Aus stellung begriffene »nd unter die AnszugSverordnung fallende Auszug der Polizeibehörde zu melden unter Angabe von Namen und Wohnort des Besitzers. Standort, Art und Trag fähigkeit, wenn möglich auch des Herstellers, HerstcllnngS- jahrcS und der Fabriknummcr des Aufzuges. Weitere der Beurteilung des Aufzuges dienende Unterlagen können im Bedarfsfälle nachgesordert werden. Die allen Wächter. — Deutsche Kolonialgescllschast. Aus Bcranlassung der Ab teilung Dresden der Deutschen Kolonialgesellschaft hält Pros. Dr. Tobler, Direktor des Botanischen Gartens, im Hörsaal -er Technischen Hochschule, Eingang Sedanstr., am Donnerstag dem 28. April, abend 7,80 Uhr, einen Vortrag über Rohstoffe und Landeserzcugnisse im ostafrikanischen Kleinhandel, der durch eigene Lichtbilder und Vorführungen ergänzt wird. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei. — Der Sächsische LandcSoerband Gabelsberger hält vom 11. bis 13. Juni seine Hauptversammlung in Dresden ab. Die Tagung beginnt am Sonnabend, dem II. Juni, mit einer Vor stands- und Hanptvcrtrctcrsitzung. Am Sonntag finden Sondersitzungen, Wettschrcibcn für Stenographen und Steno typistinnen, sowie die Festsitzung mit anschließendem Konzert »nd Ball statt. Am Montag soll an Stelle eines AuSflngs die PapierauSstcllnng besichtigt werden. —* Allgemeine Deutsche ArbeitsnachwciStagung 1827 in Dresden. Die von den deutschen Landesarbeitsämtern im Einvernehmen mit der NeichSarbcitSvcrwaltung veranstaltete »Allgemeine Deutsche ArbeitSnachweiStagnng 1027" vom 2. bis 4. Juni 1027 in Dresden wird unter dem Leitgedanken stehen: Das Wirken der össentlichen Arbeitsvermittlung im Dienste der Wirtschaft. Uebcr »Die Berufsberatung im Dienste der Sie gehören zum Dresdner Stadtbild, diese Kolonne alte Wächter an der Elbe, wie daS zierliche LnsthauS mit seinem roten Walmdach, das sich unter ihren buschigen Kronen birgt. Bon den Höhen im Norden Dresdens, vom Strome aus und von den Brücken her, sieht man das kleine, dunkle Eiland inmitten der dreschtennenslachen, lichtgrünen Elbwiesen sich erheben wie ein verwunschenes Traumland, eine Geistertnsel. Eine Trauminscl mag es einst gewesen sein, vor zwei hundert Jahren oder vor hundert noch, da es KaSkelscher Besitz wurde, als cS abseits allen Verkehrs, weit von den letzten bewohnten Stätten der Stadt, tn ländlicher Beschaulichkeit sein Dasein fristete. Ein köstliches vnon rotii-o für seinen hochstehenden Besitzer, wenn er abends auf die Balustrade am Obergeschoß hcrauStrat »nd zu seinen Füßen golb- furchend die Wellen des Stromes langsam dahtnglitten, wenn drüben die Waldhöhcn der Heide sich schwärzer und schwärzer formten und die Wetnbergshänge um FindlaterS berühmten Nabcngarten sich im Blauschatten des Abends nach Loschwttz hin verloren. Nur ein einsames Licht, das hier und da aus dem Grün tn die verdämmernde Rotglut des Abends hinausflimmerte, eine mit Lampions behängte, sanft treibende Gondel, und fern, mit keinem Laut bis hier- her dringend, die konturenreiche, ach so prächtige kurfürstlich und königlich sächsische Residenzstadt. — Leises Flüstern tn den stattlichen Kronen der jugendfrischen Schwarzpappcl- allee, in dem Düster des englischen Parkes hinter dem Mauerviereck — verstohlen, um die Schäferstündchen derer nicht zu stören, die im abendlichen Dunkel unter Flieder büschen lustwandelten . . . Eine Geistcrinsel, wenn tn milden Märzschmclztagcn unter finster verhängten Sturmwolken die gelben Fluten höher und höher stiegen, wenn die weite Wiesenniederung ein schmutziger See war und die schweren Eisschollen krachend gegen die Mauern prallten und an den Stämmen der Wächter schürften und rüttelten, daß diese ausschricn vor Not. — Eine wirkliche, spukhaste Insel war sie dann inmitten des endlosen Wasser schwalls, der von Blasewitz »nd dem Virkcnwäldchen her- über bis zu der alten Bautzner Chaussee wogte, die hinter dem EtnnchmerhänSchen norm Fischhauö vom Hetdcrand herunterführte in die Elbniederung. Nur die Krone» der Bäume und das später aufgesetzte Türmchen mit dem „Bel- vcdere" ragten dann aus dem Ausruhr, und man meinte, die Dämonen des Verderbens würden hier nie wieder neue Lebensfreude erstehen lassen . . . Aber alles verging. Not- zeit und sorglose Lebenslust, Jahrzehnt um Jahrzehnt. Dann verklang das letzte Tändclspiel im dunklen Park und tn das köstliche Landhaus an der Elbe zogen ernste, wetterhartc Menschen ein, die ihr Leben ohne Zögern in die Schranken fetzten, mochten Stürme brausen oder die Wogen steigen — die Tranminsel wurde Lotsenstation. Im leichten Nachen stießen sie ab, aus dem dunklen Eiland hervor, wenn ein tiefgehender Kahn, ein breitspuriges Floß lautlos herabgezogcn kamen, — alte, kernige SchifserSlcute i» schwerem Oclmantel und tiefschattendem Südwester, um mit sicherer Hand das anvertrante Gut durch das gefahrvoll enge Labyrinth der altehrwürdigen AugnstuSbrttcke zu steuern. Manchmal freilich, wenn auch sehr selten, prallte di« ein« oder andere Zille, vom Wirbel zur Sette gedrückt, gegen die wuchtigen Strompseiler und zeigte so recht, welch hohe Ver- antwortung auf den Schultern dieser ernsten Brücken« lotsen lag. Dafür waren aber auch sür sie die milden Sommer abende mit Weib und Kind unter den alten Schwarzpappeln eine Stunde des Glücks, ein Feierabend von weicher Poesie. Die Angelrute in der Hand standen sie an der hohen Ufer böschung, still und beschaulich, neben Fischnetzen und Tauen und Ankern, schweigsam, wie Schiffersleute immer sind, und die wenigen Spaziergänger, die am Abend noch so einen weiten Weg von der Stadt her unternahmen, hatten nicht viel Unterhaltung mit ihnen, denn die Pfeife und die Ruhe waren ihnen lieber als das Schwätzen . . . Auch sie zogen fort nach langen Jahrzehnten, alS die alte Brücke, das andere Wahrzeichen Dresdens an der Elbe, siel und die neue mit ihren breiten Pfeilerössnnngen ihrer nicht mehr bedurfte. Ein altes, würdiges Geschlecht ging mit ihnen dahin und fast schien eö, daß auch die alte Trauminsel den gleichen Weg gehen sollte. Zerfall, wohin man schaute, vom Sturm herabgeschmetterte Dachziegel, bröckelnder Putz und müde klappernde Fensterläden. Da hinter verwildert, verwahrlost der einst so stattliche Park. Nur die alten Wächter davor breiteten knorriger wie einst ihr Schirmdach über die Oedc, trutzig, verbissen, als wollten sie kämpfen mit dem Moder, wie sie es gewöhnt waren, mit Sturm und Wasserfluten zu ringen. Und sie schafften es — das kleine Barockidyll in ihrem Schoße starb nicht. . Sie sahen es wieder in neuem Glanze erstehen, sahen Mcnschcnscharcn in ihrem Schatten sich tummeln — so viel an einem Tage, wie einst das ganze Jahr —, seit das Luftbad in dem alten Park einzog. Neues Leben — andere Menschen — andere Sitten — und die Niescnwächter raunen in stillem Mondlicht wieder leise von dem Wandel der Zeiten. Nicht alle mehr, denn auch unter ihnen hielt die Zeit Ernte. Lücken klaffen, Blitze zerschellten den einen — sein halber Leib ragt noch verstümmelt, einem morschen Wcg- kreuz gleich, zum Himmel —, die Stürme brachen de» anderen in ManneShöhe über dem Boden, aber aus dem hohlen Stumpf schießen neue Zweige hervor. Unbesiegbar bleiben diese alten Wächter an der Elbe, ein knorriges Geschlecht wie die Lotsen, die einst unter ihrem Schatten hausten. Ehrfurchtsvoll anzuschauen, wenn sie splitternackt ihr mächtiges, wundes Geäst in den goldenen Abendhimmel wuchtAr. Grotesk in ihren Verzerrungen mit den dunklen Riesenncstcrn der Mispelbüsche daraus, wenn die Dämmerung um Wasser und Land bleiches Licht spinnt und dämonisch wie wüste Streiter aus längst ver klungener, schwertbereitcr Zeit im fahlen Mondlicht, das aus zerreißende» Sturmwolkcn blicht. Nur der Sommer verhüllt gnädig all ihre Alters- gebrechen und Narben, läßt einen silbrig flimmernden Bal- oachin sich über die rissigen Leiber spannen, so lustig, so be wegt, daß man meint, die Jugend spiele noch um ihre Häupter, und ein seliges Flüstern von vergangenen Zeiten tönt dann zu dem herab, der an einer Feiertagsstunde Ein kehr bei ihnen hält, und bei Antons an der Elbe... K. dl. Wirtschaft" werden Pros. Dr. A. Fischer, Universität München, und Dr. van den Wyenbergh. Berussamt Köln, über „Die Arbeitsvermittlung im Dienste der Wirt- schast" Pros. Dr. Kehler, Universität Leipzig, und Direktor Dr. Nerschmann vom Oessentlichen Arbeitsnachweis Dres den u. Umg, sprechen. Die Berichterstattung über die Fragen der „Arbeitslosenhilfe im Dienste der Wirtschaft" hat Gcheim- rat Dr. Weigert vom Neichsarbeitöministerium über- nommen. — Bon der Anklage der Erpressung frcigesprocheu. Theatcruntcrnehmer Ernst Oswald Wolfs, früher Direktor des Stadttheatcrs Meißen, war vom Amtsgericht Dresden wegen versuchter Erpressung zu der an sich verwirkten Ge- sängnisstrase von zehn Tagen zu 100 Mk. Geldstrafe ver urteilt worden. Wolfs war zur Last gelegt, die Genehmigung zur Aufführung der Operette „Gräfin Marizza" in Pirna von dem Konzessionsinhaber. Theaterdirektor Lorke iu Dres den, durch Drohungen erzwungen zu haben. Auf eingelegte Berufung hob das Landgericht die vorinstanzliche Entscheidung aus und sprach Wolfs von obengenanntem Vergehen frei. —* Diebstähle. Wiederholt ist in den letzten Wochen ein Un bekannter ausgetreten, der in den verschiedensten Stadtteilen aus HofgrundstNckcn Wälche, Kleidungsstücke und Betten von der Leine weg gestohlen hat. Am SV. April gegen 4,Id Uhr nach mittags ist er erneut in der NetchSstraße ausgetreten und hat ein Federbett mit rotem Inlett, gez. „0 X" gestohlen, sl-erner wurden in der Nacht zum 21. April mittels Einbruchs in ein Frileurgeschäst in der Freibcrger Straße Parfümerien, Sets« und ein Herrenfahrrad «Marke Schladitz! gestohlen. sonders angetanI Sie erblühen, zwanglos hingestreut, um ernste Heiligenbilder, der Natur mit liebevollem versenken Ins Kleinste abgelauscht. Veilchen und Gänseblümchen, »arte Akeleton. an denen Schmetterlinge saugen. Stiefmütterchen. Ehrenpreis und Fcbernclken, umschwärmt von Bienchen und Käfern — ste alle leben, von emsiger Künstlerhand ans das Pergament gebannt und ihrem vergänglichen Blumendasein entrückt, durch die Jahrhunderte fort. Nicht mit der gleichen inbrünstigen Ltebe wie tm Norden willkommen geheißen, hielt der Frühling ln der Kunst Italiens seinen Einzug. Eine dienende Nolle ivard ihm hier zunächst beschieden. Denn da die feine, im Schmuck des ersten Laubes ausgelockerte Silhouette seiner Bäumchen weich ab- gestimmt schien auf daS bewegte, im Zierlichen sich gefallende Schönheitsideal des Quattrocento, lvard ihm sein Reich im Hintergrund der Andachtsbilder und Porträts zugewielen. Nur vereinzelt, wie etwa in Francias das Kind an- betcnder Madonna tn München oder in Filippo LipptS vom Zauber der Waldeinsamkeit erfüllten Bild i.n Berliner Museum, ist diese Landschaft, in die zwischen zarte Blüten- ktnder der JesuSknabe eingebettet liegt, ein weienbestlmmen- dcS. unlösliches Moment in diesem LenzesglUckstraum einer Mutter. In gleicher Weise hat auch die frühlingshafte Hinter, grundlandschaft, die ans kaum einem Bilde PernginoS fehlt, in vielen Madvnncnbildern seines gtoßen Schüler« Nassael, etiva in der Madonna im Grünen oder in der Madonna mit dem Stieglitz, ihre höhere Sinngebung in der Verschmelzung mit der Grnndmclodie des Gemäldes emp fangen. Aber im allgemeinen war die Hochrenaissance mit ibrer Neigung znm Großen, architektonisch Gegliederten nicht der Boden sür Frühlingslaiidschasten. Doch noch kurz che die Frührcnaissance einer neue» Zeit weichen mußte, ließ sic noch einmal den lachenden Lenz voll heiterster Glückseligkeit emporblühcn tn Botticellis Prtmavera. Leuchtende Himmelsbläue zwischen bltttcn- und frUchtebehangeucm Geäst, ein von buntem Blumenreich tum überschütteter Wtescngruwd bilden den verschwenderisch prunkenden Rahmen, der die Gottheiten der Liebe und deS Frühlings mit ihrem Gefolge umschließt. Blumen allüberall, aus den Gewändern und in den Locken, ans den Weg der Liebesgöttin gestreut »nd selbst dem Munde der Flora cnt- auclleird — so hält der Frühling seinen rauschenden Trinmph- zug durch daS Frühlingöland Italien. Ruhigeren Schrittes, nicht in daS reiche Märchengewand der Allegorie gehüllt, schreitet der Lenz durch die nordische Kunst jener Zeit. Srdennähe und Berbundenheit von Mensch und Landschaft atmen ihre FrtthlingSdarstellungen in de Tafelmalerei, wie sie eS schon in den Miniaturen getan. In dieser Richtung liegen die charakteristischen Bilder des Patin ir, wle feine Kirche auf der Flucht" mit der weiten, vom ersten LenzeSbrooem burchzitterten Landschaft, die er füllt ist von der emsigen Tätigkeit der tn diesem Boden ver wurzelten Menschen. Wie die Krönung dieser ganzen Ent- wicklungsrcihe erscheint deS Bauern-B r n e.g b e l FrühllngS- bikd in der Wiener Galerie. Noch liegt der Schnee aus den Höhen, noch zeigen die Bäume winterlich kahles Geäst: aber schon geht bas leise Regen erwachenden Lebens durch die Natur, den Landmann zu neuer Arbeit rufend. Doch auS der Enge mcnfchlichen Nützlichkeitsschaffens schweift der Blick tm Hintergrund in die lockende Wette des windbewcgten Meeres. Pieter BrueghelS Kunst hat den befreienden Weg zu einer höheren Naturerfassung gefunden, „Warum soll man immer alte verräucherte Leinwand be trachten und niemals die Landschaft, daS frische Grün und die Sonne?" Diese Worte Constables gebe» die Grund melodie seines eigenen, an äußeren Motiven so bescheidenen, an innerem Frieden so reichen künstlerischen Schaffen-, das eine neue Aera der Landschaftsmalerei eröffnet. Sie finden ihre Bekräftigung durch die Tat in jener Reiste von Ge. mälden, in denen er die wohlkultivierten, sonnendurch- flnteten Gefilde des heimatlichen Suffolk — dieselben, die aruh Gainsborough gemalt — tm FrühllngSglanz, aber auch im Frühlingssturm, tn der Spannung vor dem Gewitter ge bildet hat. Bon Constable führt der Weg zu der Schule von Fontaine bleau, vor allem zu dem Maler des Frühlings, zu Da ti bi« nn, der dem Engländer auch in der Schlichtheit seiner Motive und ihrem inneren Reichtum verwandt ist. Seltsam, wie die Gegensätze tn der engen Gedrängtheit des Kreises von Fontainebleau Zusammenstößen, wie sie sich widerspiegeln in den FrühltngSbildern dieser Gruppe! Wenn Mtllet den Frühling denkt, dann tritt er ihm tn dem mit schwerem Schritt über den anfgcpflttgten Acker htnschrcitenden Sämann in die Erscheinung. Danbigny gestaltet er sich zur friedvollen Flachlandschaft, der zarte Baumstämme und blühend« Sträuchcr im kühlen Sonnenlicht entragen: bei Corot, dem den Künstlern von Fontainebleau nahestehenden Meister, breiten sich silberne Schleier von Duft und Dunst über die nebelhaft vcrschwlmmenben frtthlingszartcn Bannvilh-oiietten. über stille Wiesen- und Wasserfläche», von ihm gebt die Linie zu den FrühlingSbllbern der Impressionisten. Immer voller, immer blütenreicher schlingt sich der bunte Kranz der Lenzdarstellungen auch auf -eutfchem Boden, seit August Wilhelm Schlegel, der Wegbereiter -er Romantik, die Landschastsmalerct als die höchste der bildenden Künste ge priesen. Wohl war in der tiefen, schwermutövvllen Kunst Kaspar David Friedrichs, deS reichsten Vertreters der romantischen SandschaftSmalerei. kaum Raum für deS Früh lings Sonnenland. Doch als die schwere Gebankenweu der Romantik dem behäbigen, im Erdendaictn wurzelnden Biedermeier weichen mnsite, war dcö Lenzes Herrschcrreich in der deutschen Malerei begründet. In Waldmüller 8 Bil der.» blüht und jubiliert der Frühling, wenn er Einzug hält in die lieblichen Täler und über die sanften Höhen des Wiener WalbeS, jauchzend begrüßt von jung und alt. In Ludwig Richters „Brautzug" schreitet er singend über die sonnenbeschicnene Waldlichtung, den machtvollen Grundton deS rauschenden Drciklangs: Lenz, Jugend und Liebe, an- gebend. Und noch reicher, noch zahlloser wird die Gefolgschaft der Maler, die der Frühling um lein siegreich triumphierendes Banner in allen Lande» schart. Nur zweier Künstler, die ihm heiß und inbrünstig gedient, sei hier noch gedacht: HanS Thomas, des Malers des deutschen Frühlings, und Arnold Böcklins. Sanfte, milde Heiterkeit ist der be stimmende Grundzug der Thomaschen FrühlingSgeftlde. Sonnenschein »nd Kinderlachcn, cmporsteigend ans derber Buben und Mädchen Kehlen beim fröhlichen Ringelreihen, er füllt seine Lenzcsbtlder. Doch g»ch die stille Versonnenheit, die Frühlingsmärchciistimmung ist ihnen nicht fremd. DgS FrühlingSmärchen — das große Mundermärchen des Erstchcnö ans der Nacht deS Wintertodes, daS ist die Welt Böcklins, durch die er mit märchenglänbigen Auge» nrandclt, sie ln -cn leuchtenden Mantel seiner Farbenglnien hüllend. Bei FloraS lockenden Harsenklängen sicht er die Blumen kinder sich dem schweren Wintcrschlak entringen, sieht der Frühlingsgenten ausgelassenen Reigentanz am WiesengneN oder lauscht der Grazien Schönheit?- und LcnzeSkmmnuS. Aber auch das dunkle aliniingSvoNe Wissen um die Vergäng lichkeit all dieser blühenden Schönheit senkt seine Schleier über vücklinö FrülilingSbilder, klingt aus der schwermütigen Melodie des flötenden PanS tn die Stille dcö Abends wie aus dem Rhythmus der ernsten Fraiicngestcrltcn, die durch die „lachende Au" schreiten. Doch die ergreifendsten Töne für die schtckialShaftc Verbundenheit des keimenden und des ab« sterbenden Lebens, des strahlenden LcnzcSftlanzcS »nd der müden Todcsnäbc fand der Künstler in seinem reifsten Früh- lingSbild „Die beiden Allen ln der Gartenlaube". Der Dret- klang: Lenz, Jugend und Liebe, der auS so vielen Frühlings- darstellungen erklingt, ward hier gewandelt und vertieft zu dem weltumspannenden Zweiklang deS Werdens und Der« gehen» alle» Irdischen. Dr. Hedwig Fischman».
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