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Dresdner Nachrichten : 23.04.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192704233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270423
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270423
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-04
- Tag 1927-04-23
-
Monat
1927-04
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 23.04.1927
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Nr. ISS Seite 2 — »Dresdner Nachrichten* Sonnabend, LS. April 1927 wendet» Zwischenverwaltungen zwischen Reich und Gemein» den festhalten will. Hierin liegt jedoch gerade der schwächste Punkt des Kochschen Programms, das die Dezentralisierung mit so starker Betonung in den Mittelpunkt stellt. Selbst die .Frankfurter Zeitung" sieht nämlich das Hauptbedenken gegen den Weg über die Austrocknung der Länder in der Gefahr, .da» er seiner Richtung nach mit zentralisierenden Maß nahmen beginnt nnd da» die Dezentralisation später zu kurz kommen möchte". Jede Berstärkung der AnfsichtSbefugnisse des Reiches, jede Schwächung der Staatlichkeit der Länder sind in Wirklichkeit Schritte zu einer Zentralisierung derVerwaltung und machen die tatsächlichen Gegensätze zwischen einem De- zentraliSmuS, ivie ihn Koch erstrebt, und dem UnitartSmuS offenbar. Sie werden noch klarer, wenn man auf Preußen blickt, wo die eifrigsten Anhänger des Einheitsstaates, die Linksparteien, an der Regierung sind, wo aber selbst nach An sicht von Hugo Pren» der Zentralismus derart vorherrschend ist, da» in der preußischen Zentrale.die grundsätzlich für daS ganze Reich geltende Dezentralisation tatsächlich für drei Fünftel des Reiches abgefangen wird". Bon jeher war es die preußische Negierung, die die Autonomiebestrebungen der Pro- vinzen anss schärfste bekämpft hat. Was läge also näher, als da» die EinheitSstaatSapostcl zunächst einmal auf dem größten Teile des Reichsgebietes die von ihnen angeblich erstrebte und wünschenswerte Dezentralisierung in einer Weise durchführten, da» die Praxis zur besten Propaganda für die anderen Staaten würde? Man wird die Borsticht anerkennen müssen, mit Ser heute die Demokraten ihr Ziel deS Ein-lieitsstaalcs aus den gegen- markigen tatsächlichen Verhältnissen der Gliederung deS Reiches zu entwickeln versuchen. Bor allen Dingen fällt eS aus. daß Dr. Koch mit keinem Wort ans die herausfordernden Ziele hingewiesen hat. die im Februar der preußische Minister präsident Braun ausgestellt hat. alS er irgendwelchen Wider ständen gegen die Entstaatlichung der Länder eine mächtige BolkSbewegung entgegenznsetzen versprach. Demgegenüber steckt Dr. Koch sein erstes Etappenziel bemerkenswert eng. Äber man muß doch erstaunt sein über das einseitige Hervor treten wirtschaftlicher Ernmgnngen, über das Betonen lediglich materieller Gesichtovunkte wie der Zweckmäßigkeit und der Rationalisierung in der Propaganda für den Einheitsstaat. Da^ vollkommene Zurücktreten deS kulturellen Momentes ist jedenfalls kein Zufall, da eS gegen den Einheitsstaat spricht: denn niemals hätten in einem Einheitsstaat die vielen wert vollen Kulturzentren erwachsen können, die heute und immer nuier Stolz und. Aber selbst der Gesichtspunkt der Rationali sierung. den Dr. Kc>ch so auffällig in den Bvrdergrund gestellt hak. verliert seine Bedeutung, wenn cs den Demokraten wirk lich mit der Dezentralisierung ernst ist. Auch im Einheits staat können — Dr. Koch hat das ja klar betont — die Zwischcnverwaltungcn zwischen Reich und Gemeinden nicht auSgeschaltet «erden. Preuben hat sein« Provlnztaloerwal. tungen. hat sein« Provtnziallandtage. und schwerlich wirb man annehmen könne«, baß Länderregierungen so viel ieurer sein müssen, als bte ber Provinzen. Fm Verbände Sächsischer In» busirieller z. B. hat vor einiger Zeit -er sächsische Minifterial» dtrektor Dr. Schulze auS-cfübrt. daß bet vorsichtiger Schätzung dt« Mehrbelastung für Sachsen aus seiner jetzt-en Regte» rung gegenüber einer etwaigen künftigen Provinztalverwal» tung tm EinheltSsttaate höchsten» 1 Mark pro Pops auSmacht. Und daS ist wahrlich ein Betrag, dem zuliebe man weber dt« Bortetle -er jetzigen Regelung aufgeben »och auch dl« G«. fährdung unseres kulturellen Hochstander in Kauf nehmen müßte. Mag e» ein Unfug sein, 18 Parlamente mit über 2Mt> Abgeordneten dnrchzuschlepven. aber dann sollte man doch auch bet den Demokraten die Ursache diese» Mißstanbe» in de« Sckmttensteiten unserer E-taatsfovm sehen und durch Be» schnetdung des Parlamentarismus baS Jrrattonelle deS SnstemS zu rationalisieren versuchen. Wege zur Beschränkung des Parlamentarismus sind genug gewiesen worden, und niemals braucht die bringend notwendige BerwaltungSreform an brr Staatlichkeit der Länder zu scheitern. Straffere Konzentration aller politischen und Wirtschaft» licken Energien tut uns nvt. DaS wird niemand bestreiten. Und niemand wirb auch nur tm entferntesten annehmen, daß die gegenwärtige allzu bunte Landkarte des Deutschen Reiche» einen BeharrungSzustanb mit Ewigkeitswert darstcllt. Die politische Struktur Deutschlands ist in der Umbildung be griffen. Lebensunfähige Gebtlbe werden verschwinden. Zu» sam-menschlttsse erfolgen. Aber diese Umbildung wird sich niemals nach doktrinären Formeln vollziehen. Am aller, wenigsten, wenn ber Begriff des Einheitsstaates so wenig mit lebendigem Inhalt gefüllt wird, wie eS bisher ber Fall rst. wenn er weiter nur ein dehnbares Wort bleibt, unter dem sich jeder etwas anderes denkt. Wir brauchen ein starkes Reich. Ob es einmal ein BunbeSstaat oder ein Einheitsstaat werden wird, l>ängt nicht nur vom menschlichen Wollen, sondern viel mehr von den groben Gesetzen historischer Entwicklungen ab. Bis honte aber hat noch niemand die Tatsache aus der Welt schaffen können, daß nicht nur ein Kleinstaat wie die Schmelz, sondern auch der Großstaat Amerika in der Form des Bundesstaates ein kraftvolles, geschlossene», straff konzentriertes Staatswesen entwickelt haben. Und ivenn dabei gewiß die Frage gestattet ist, warum die deutsche Snlwicklunq nicht in ähnlichen Bahnen verlaufen könnte, zumal e» der Schweiz sogar gelingt, drei Nationen in dieser Weise an den Staat zu binden, so kann doch zum mindesten das eine nicht bestritten werden, daß nach den traurigen Erfahrungen, die wir bereits mit dem west- Icrischcn Parlamentarismus gemacht haben, eine neue An- leil>e beim Weste», ein Präsektursnstem französischen Formats, wie es im Elsaß bereits versagt, uns auf keinen Fall ein er strebenswertes Mirster deutscher Staatlichkeit bieten kann. Demokratische Opposition. Der Kamburger Parteitag. Hamburg. 22. April. Der zweite Bcrhandlungstag deS Demvtratjscheu Parteitages brachie bei starkem Besuch zunächst die Fortsetzung der Aussprache über die Referate Kochs und L u v p e S zum Thema „Der grvßdeutsche Einheitsstaat". — Oberbürgermeister Petersen Hamburg erklärte, er könne nur unterstreichen, was der preußische Finanzminister Tr. Höpker- Aschvif als preußische Tradition dargcsteiit habe. Hoffentlich setze sich die großzügiae Auffassung Dr. Höpker-Aschosss auch in anderen preußischen Angelegenheiten durch. Es sei die große Ausgabe der Demokratie, den deutschen Einheitsstaat zu schassen. Dann müsse auch Hamburq. wie die übrigen deutschen Länder, im Interesse dieses großen Gedankens wirken. Während umer Bismarck daü Reich der Kostgänger der Länder gewesen sei. seien jetzt die Länder die Kostgänger des Reiches. Heute seien Hamburg insbesondere durch den letzten Finanz ausgleich nicht einmal die richtigen Anleilsätze zugesprochen. Wenn man Hamburg die Kraft nehme, seinen Hafen hoch- zuhalien, so werde dadurch die deutsche Wirtschaft in ihrer Ge samtheit Schaden nehmen. — Professor Dr. Hcllpack, uirndie sich vor allem gegen die Schafsunq eines norddeutschen Groß-Preoßens. die eine Donauföderation in ihrem schlimmsten Sinne zur Folge haben würde. Der frühere Reichsiiinenminister Dr. Külz stellte in einer Reihe oo» Leitsätzen die Forderung nach vier Rcichsländcrn auf, und zwar 1. ein Reichsland tm Norden: Preußen: 2. ein Reichsland Mitteldeutschland; 3. Snddcntschland und ll. Oesterreich. Damit werde die Borherrschaft Preußens verhindert. Zu dem nächsten Punkt der Tagesordnung, „Das demokratische Agrarprogramm" führte der StaatSmintster a. D. NeichstagSabgeordneter Rönncbnrg-Braunschweig aus: Die demokratische sei die erste bürgerliche Partei, die mit einem geschlossenen Agrarpro gramm hervorirete. Das Ziel dieses Programms sei: Demo kratische Agrarpolitik soll B a u e r n p o l i t i k sein, um Deutschland vor der Gefahr zu schützen, eine Insel des feu dalen Großgrundbesitzes zu werden. Die ländlichen Klein betriebe müßten deshalb gefördert werden, und zivar durch einen Uebergang von der Bedarsswirtschaft zur Marktwirt schaft. Der Redner ging sodann ans die Kreditfrage ein und forderte die Ablehnung der F u i t e r m i t t e l z ö l l e. Bon besonderer Bedeutung sei die Handhabung der Zoll» tarifsätzc bei dem Abschluß von Handelsverträgen. Erst müßten die Interessen non Industrie und Landwirtschaft auf einander abgcstimmt werden. Rönneburg forderte sodann die Förderung der Siedlung, die bisher völlig ungenügend lei. Auch hier könne nur durch Kredite Abhilfe geschaffen werden. Zur Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe sei eine Modernisierung unbedingt notwendig. Im zweiten Teil seiner Ausführungen forderte Rönne burg zu dem Thema: „Der Bauer im Staat" die Beseitigung der „Vorrechte" des Großgrundbesitzes und erklärte ferner, die sozialen Fürsorge-Einrichtungen des Landes dürften nicht hinter denen der Stadt zurückstehcn. Die Landarbeiterschaft müßte die Möglichkeit des Erwerbs von Grundbesitz haben. Der Bauer gehöre seinem Wesen und seiner Geschichte nach zu den Demokraten und Republikanern. Nach der Mittagspause setzte der Reichsparteitag ber Demokratischen Partei die Aussprache über das Agrar- programm fort. Sodann sprach die Rcichstagsabgcorduete Krau Dr. Bänmer über »Die Demokratische Partei in Regierung «nd Opposition*. Man stehe heute vor der Situation, daß das Schicksal der Republik in den Händen ihrer Gegner liege. Man werde voraussichtlich sehr trübe Erfahrungen machen, und daS Wort deS Grafen Westarp, daß eS weniger auf die Staatsfvrm als ans den Staat ankomme, auch in dem Sinne erleben, daß auch die Fundamente einer demokratischen Republik dem wirtschaft lichen und gesellschaftlichen Feudalismus eine brauchbare Grundlage lieferten, wenn die Republikaner sie nicht zu ver teidigen wüßten. Für die Stellung der Demokraten zur Regierung sei entscheidend, ob diese Regierung in irgeir-cinem Sinne eine Festigung der Republik bedeute und ob die Demokraten durch ihre Mitwirkung diese ihre Bedeutung hätten verstärken können. Tie Pcrsonalvcränderung im Ncichsinncnmintstcrtiiin kennzeichne den Sinn der Koalition auf das drastischste. DaS Zentrum nehme die Kulturabtetlung und überantworte dafür die BersassungSabtcilung dem pom- mcrschcn Uradcl. Wenn daS Zentrum diese Britskterung der Republik mit vollziehe und die Deutsche Bolkspartei sic ge schehen lassen müsse, so hätte eine demokratische Stimme im Kabinett daran nichts ändern können. Der Dienst der Demokraten «m der Republik könne «nr in der Opposition geleistet werden. Die Anerkennung der Locarno-Politik durch die Deutschnationalen bedeute nur dann etwas, wenn damit der Wille ausgedrückt werbe, sie geradlinig und aufrichtig wettcrzuführcn. Auf die Rückwirkungen deS Lvcarno- Bertrages, so führte die Rednerin weiter auö, warte Deutsch land heute noch. Der Völkerbund werde im Herbst mit dem negativen Ergebnis der Abrüstungöverhandlungcn abzurech- ncn haben. Die einzige Hoffnung sei ein leidenschaftlicher Appell aus der Bersaminlung heraus, der die Verknüpfung der Existenzberechtigung des Völkerbundes mit der Abrüstung energisch zur Geltung brächte und für den Deutschland der gegebene Wortführer sei. Die Aktivität der Regierung werbe aber nicht in der Außenpolitik, sondern auf dem Gebiete der Kulturpolitik zu erwarten sein. Die Demokraten seien weit entfernt, einen Kulturkampf zu inszenieren, und lehnten eS grundsätzlich ab, Weltanschauungen mit politischen Mitteln zu bekämpfen. Sie lehnten als Inhalt von Verträgen zwischen Staat und Kirche alle Fragen der Gestaltung des Bildungswesens ab und ebenso die Veräußerung der schulpolitischen Staatshoheit und deS Bolksrechtes der Gesetzgebung Uber ein Gebiet, auf dem eine Nation ihre geistige Zukunft gestalte. Aber auch ein NelchS- schulgesetz vermöge in seinem Inhalt genau denselben Ge wissenszwang und Klerikalismus in die Schul« zu tragen wie ein Konkordat. Die Elternrechte würden am besten gewähr leistet, wenn die Eltern nicht gezwungen seien, ihre Kinder in einer von ihren Ucberzeugungen abweichenden Art reli giös erziehen zu lasten. Die Volksschule könne unmöglich auf eine andere als auf die Grundlagen gestellt werden, auf denen das gesamte deutsche Btldungswcsen beruhe. Die Demokraten gäben die Hoffnung nicht ans, daß die seit de« Schicleschc« Schulgesetz cinsctzeudc liberale Gesinnung ihue« in ber Bolks- partci einen Bundesgenossen schaffe. Frau Dr. Bänmer er- kläite schließlich: Wir wollen positive Opposition machen, indem wir einerseits die Regierungsparteien zu Ent schlüssen drängen, zu denen sie al» solche nicht die Initiative nehmen würden. Wir wollen anderseits die eigenen Ideen klar Herausstellen und unsere Gesinnungsgenossen auch über die Grenzen unserer Partei hinaus sammeln. Darauf wurden die Verhandlungen auf Sonnabend vertagt. Deutsch - italienische Miniskerbesprechuugen. Nom. 22. April. Der italienische WirtschastSminister Bclluzzo hatte heute mit Mussolini eine länger« Aus- spia.be über die italienische Wirtichastslaae und einige be sondere, die Industrie nnd Landivirischast betreffende Fragen, die bei einer Konferenz BcttuzzvS mit NcichswirtschastS- minister Dr. C u r t i u s zur Sprache kommen sollen. Bcl luzzo reist Montag abend nach Mailand ab und wird Diens tag mit Dr. Curtius zusammenkommen. Das neue italienische Arbeiisgeseh. Rom. 22. April. Der Große Laschisienrat legte gestern ln vierstündiger Nachtsitznng unter Vorsitz Mussolinis nnd unter Teilnahme der faschistischen Spstzenbehörden nnd der Präst. deuten der Zentralverbände der Wirtschaft und der Gewerk schaften tm Palazzo Ehtgi die endgültige Fassung de» ArbettS- gesetzeS — ber »carta clel lavoro" — fest. Mussolini bezeichnet« das Gesetz als da» fundamental« Dokument ber faschistischen Revolution, da eS die Pflichten und Rechte aller produ» zierenden Kräfte der Nation festlege. DaS Gesetz sel würdig, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zu lenken, die sich mit den sozialen Problemen beschäftige. Mit diesem Akt habe daS Regime der Schwarzhemden bewiesen, baß di« ver schiedenen Kräfte ber nationalen Produktion in Ueberein- stimmung gebracht werden könnten. Sinlgimg 1« den Verhandlungen urtl den Reichs- ardettern. verll«, 23. April. Der ReichSmtnlster der Finanzen, Dr. Köhler, hat heut« vormittag Vertreter der am Tarifvertrag für die Reichsarbeiter beteiligten Organisationen empfangen. Die Aussprache hatte baS Ergebnis, daß heute nachmittag die Vereinbarung über ein« ab 1. April 1927 in Kraft tretende neue Regelung der Arbeitszeit und der Lohnsätze unter» zeichnet wurde. Das Programm -er Weitwirtschajlskouserenz Berlin. 22. April. Ueber bte bevorstehende Weltwirtschafts. konferenz in Genf gab Staatssekretär Treudeleubur» vom RetchSwirtschaftSmintsterium anläßlich einer Prefsebesvrechung tnterestant« Einzelheiten bekannt. Tr führte au», die Welt. wtrtschastSkonferenz sei als Etappe auf dem Gebiete de, Behebung der Schwierigkeiten der Weltwirtschaft anzuseheu, jedoch könne man unmittelbar praktische Srgebntffe nicht er- warten, denn di« Konferenz sei lediglich ein Zusammentreten von Sachverst« ndtgen. dagegen kein« diplomatische Ko«, feren» bevollmächtigter RegtcrungSvertreter. Wahrscheinlich würden sich dt« Beratungen der Konferenz in »ter Abschnitten vollziehen. 1. Gnalpse ber weltwirtschaftliche« Lag«. Zwar seien. WährungS- und Finanzsranen kein ausbrück- lieber Punkt der Tagesordnung. Jedoch stände kein Hindernis entgegen, diese Fragen zu erörtern, ebenso wie auch der DaweS. Plan ciu wesentlicher Punkt der Beratungen sein würde. Auch die Bevölkerungsprvbleme seien kein vestandtctl der Tagesordnung, doch sei die Möglichkeit gegeben, auch hier- über zu diskutieren. Ebenso werde da» Problem der Arbeitslosigkeit eine besondere Rolle spielen, zumal Schweden Professor Cassel delegiert hat, besten bcson- der« Auffassung über diese Frage der der Gewerkschaften de- kanntlich gegensätzlich ist. 2. Die Fragen deS Handels. Hauptpunkt der Konferenz sei, durch Aussprache dir Bildung einer allgemeinen Weltmetnnng herbei,»führen. Wenn auch einerseits sehr beachtlich sei, daß innerhalb der letzten anderthalb Jahre eine weitere Stabilisierung der Währungen durchgeführt werden konnte, so sei anderseits eine stärkere Unsicherheit der politischen Lage in Europa -n verzeichnen, durch die ein erheblicher Einfluß auf wirtschaftliche Möglichkeiten auSgetibt würde, so daß überall das Bestreben vorhanden sei, für den Kriegsfall mög- ltchst hohe wirtschaftliche Unabhängigkeit zu er- reichen. Aus der Zeit der Inflation seien als Ueberbieibsel die Ein- nnd Ausfuhrverbote zu bezeichnen. Ihre Beseitigung habe der Völkerbund aufgegrtffen. Hierüber soll tm November dieses Jahre» eine Beratung stattfinden. Ferner bestehen Bestrebungen, den textlichen Teil der Handelsverträge für Europa zu vereinfachen. Auch eine Ber- cinliettlichung deö gesamten Handels- und Zollsystems werde angestrebt, doch stellten sich ihr erhebliche Hindernisse entgegen. Ebenso soll eine Vereinfachung der Zoll-Nomenklatur in Gens versucht werden. In den letzten Jahren hat die Zahl der Zoll- tarifnummern erheblich zugenommen, zum Beispiel hat Frankreich övttl). Auch ein internationaler Vergleich über die Zollhvhesoll versucht werden. Doch scheint hier ein Ergeb nis stark problematisch zu sein. Auch die Frage des Dum. ptngs stehe auf dem Programm. S. Bei den Jndnftriesrage« spiele die Frage der internationale» Kartellte. rungdie wichtigste Rolle. Diese könne aber nicht als Gelbst, zweck angenommen werden, sondern nur alS Versuch, die wtri. schaftlichen Beziehungen der Vorkriegszeit wiederhcrzustellen. Von den beiden sich gegenllberstehenden Meinungen vertritt die eine die internationale Kontrolle, die andere dagegen die Kartellierung lediglich tm Wirtschaftsleben des eigene« Landes. 4. Dle Vorarbeiten für die landwirtschaftliche« Frage« sind noch nicht abgeschlossen. Im wesentlichen wird es sich «« den Ausbau des Nachrichtenwesens handeln, durch Vervollkommnung und Vereinheitlichung der landwtrtschcift. liehen Statistik und durch Erweiterung der ArbeitSmöglich. ketten des landwirtschaftlichen Instituts in Rom. Abrüskungsvorbehalle -er Sowjel-Aachbarn. Genf, 22. April. In den DormtttagSbcraiungen der Vorbereitenden AbrüstiingSkommission wurde heute noch die Frage ber Ratifikation der Abrttstungskonvention be handelt. Der französische Delegierte Graf Clanzel wies darauf hin. daß tm Falle einer Richtnnterzeichnnng ber Konvention durch Dentfchland die ganze Konvention hinfällig würbe, da ber englisch« Konventionsentwurf ausdrücklich die Unterzeichnung der Konvention durch den deutschen Reichs präsidenten fordere. In einer längeren Debatte wurde von verschiedenen Rednern darauf hingewtesen, daß die end gültige Entscheidung über die Form der Ratifikation der Ab- rüstungskonvention erst, von der endgültigen Weltabrüstungs- konferenz gefaßt werden könnte. Die Kommission beriet sodann über «ine« A»trag der finnlänbischcn, polnischen und rumänischen Dele gation. nach dem Finnland. Lettland, Estland, Pole« und Rumänien von den Verpflichtungen ber Abrüstungs- konvcntion befreit werden sollten, solange Gowsetrußlaod der Abrttstnngskonvcntion noch nicht bcigetretcn ist. In der Debatte wiesen Sir Cccil Hurst und de Brouqndre daraus hin, daß die Nichtteilnabme Sowjet- Rußlanbö an der Abrüstungskommission keineswegs eine völlige Befreiung der Nachbarstaaten SowjetrnßlandS von den Abrüstungöpcrpslichtungen bedeuten könne. In Frage käme lediglich eine Befreiung von gewissen einzelnen Verpflichtungen der NbrüstungSkvnvcntion. — Der Vertreter Japans wies darauf hin, daß die Annahme des finnländisch. rumänischen Antrages eine zukünftige Beteiligung Sowjet- Rußlands an der Abrüstungökommission entbehrlich machen würde. Es sei indessen nicht zweckentsprechend, jetzt bereits besondere Bestimmungen für die Nachbarstaaten Sowjet- Rußlands zu schaffen. Heute nachmittag wurde in erster Lesung vorläuslg der von Finnland, Polen und Rumänien etngebrachte Vorschlag in bezug auf die Anerkennung gewisser Vorbehalte der Nach barstaaten Rußlands angenommen, nachdem die Urheber dieses Antrages ihre Vorschläge dahin abgeändert hatten, daß die Nachbarstaaten Rußlands nicht von der ganzen Konvention, sondern nur von gewissen KonventtonS- klauseln biS zum Beitritt Rußlands zur Konvention befrei! bleiben sollen. In bezug auf die ganze oder teilweise Kün digung der Konvention wurde der englische Boreni- wurf angenommen, der im Falle einer Kündigung die Ein berufung einer neuen Konferenz innerhalb eines Jahre» und bei deren Ergebnislosigkeit die Ungültigkeit der Konvention oder deS gekündigten Teiles nach Ablauf von zwei Jahre» vorsteht. Die Dauer der Konvention und die Feftsetznna der Kündigungsfrist soll er in zweiter Lesung bestimmt werden. Krestinskis Bericht in Moskau. Riga. 22. April. Wie aus Moskau gemeldet wird, er- stattete der russische Botschafter in Berlin, Krestlnski. ber Sowjetrcgierung in dreistündigem Vortrag Bericht Uber seine Verhandlungen mit der Schweiz und über die Frage einer Beteiligung ber Sowictunton an den BölkerbundS- arbeiten. Die Sowjetrcgierung hat sich nach diesem Vortrag dahin entschieden, daß sic an der nächsten VölkcrbundSNbuiig im Juni auch inoffiziell nicht tetlnebmen wird. Beistalich bei WeltwirtschastSkonserenz erwartet sie eine Einladung »»« Völkerbundspräsidinm. Falls eine solche bis znm 28. April anSbleiben sollte, wird die Sowjetregiernng an der Konserenz nicht teilnehme«. Kresttnski hat den Auftrag erhalten, seine Verhandlungen mit Jugoslawien sortzusetzcn. lT.-N.j Warschau, 22. April. Gesandter Rauscher wird am Montag von seiner Berliner Reise in Warschau zurück- erwartet. Am gleichen Tage soll dann ein« Unterredung zwischen Rauscher und Zaleski stattstnben, in ber die deutsch- polnischen Beziehungen behandelt werden sollen. Möglicher weise werden sodann dt« HandelsvertragSverhandlunge« wieder ausgenommen werde».
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