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Dresdner Nachrichten : 17.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189901179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18990117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18990117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-17
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 17.01.1899
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Seite 32. Betlctristische Dienstags-Bcilagc ui de»« «TeeSdner Nachricsiteu". Sie AvLdrrenrvett. Merkspruch: Hell Gesicht bei trüben Dingen, Und bei frohen, still und ernst — Und gar diel wirst Du vollbringen Wenn Du dies bei Zeiten lernst. E. M. Arndt. wegcr nicht erlöschen lagt. Der S ck merz. ^ Von der Wiege bis zum Grabe begleitet den Menschen ungesehen und unaehört. lautlos, aber hartnäckig und unzertrennlich der Schmerz. nicht wie ver ihn nie belästigende Schatten, der gerade ini hellsten Sonnemchein sich zeigt, gewissermaßen als Mahnung, daß auch das lichteste Glück unbeständig rst. sondern gerade wenn sich die Sonne seines Lebens in Wolken verhüllt, wenn es trübe und düster in und um den Menschen wird, dann nimmt er diesen Begleiter besonders wahr. Kein Mensch ist in seinem Leben von Schmerz gänzlich unberührt geblieben. Der Schmer; lucht Alle gleichermaßen heim, mehr oder minder, er wohnt in Palästen, wie in Hütten, uicht Glanz und Macht, nicht Reichthnm und Stellung schützen vor Schmerz, Hoch und Niedrig sind ihm verfallen, müssen ihn zuweilen erdulden, und wenn ^^ "" " < -- - " «iuü empfindet, als ihn ja oft verjch hinicden keinem Menschen erspart, und es sind nur wenig Auserwählte, edle vornehme Naturen, die von sich sagen dürfen, sie hätten niemals einem Nebcnmenschen absichtlich Schmerz bereitet, sei dies auch nur Seelenschmerz gervesen. Man unterscheidet körperliche und Seeleickchmerzen. Ersterer äußert sich brennend, stechend, bohrend, in Zucken und Verzerren des Gesichts, in Lauten und Worte, die sich bis zrun „Schmerzensschrei' steigern. Niemals hat es einen Menschen gegeben, der sich über einen noch' so geringen Schmer; gefreut hätte. Jeder füchtet rhu, man wünscht ihn uicht nur Lenen, die man uebt nicht, selbst seinen Feinden nicht! Und doch ist der Schmer; oft ein bedeutsamer Mahner und Warner, ein Freund, der zwar oft bittere, ernste Wahrheiten sagt, aber es aufrichtig meint. Allerdings ist den meiste» Menschen ein derartiger Freund nicht minder unwillkommen, als der Unglücks- bote. Es ist um zu natürlich, daß man daher als Strafe für die Meivchen das Hervorrufen von Schmerz ersonnen hat. Von der unschuldigen Ruthe in der Kinderstube bis zur Prügelstrafe und den Folterqualen, welch' eine Skala menschlicher Grausamkeit! Kasteiungen. Geißelungen, die sich religiöse Fanatiker einstens selbst zur Erregung von Schmerz auferlegten, begegnet inan - ^ ' - -- - - I„r wohlthunden Gegensätze Schmer; ;u lindem. Größer Schmerzen zeigen Menschen von stark entwickelter Willenskraft; nach dem Worte des Acschplos: „Fasse Much! Der größte Schmerz ist nicht von tanger Tauer'." vermögen sie dem i st.l ihnen bevorstcheiLen Schmerz klar und fest in s Anne zu sehen, ihn zu über-, E m winden. Allem solche Naturen findet man selten. Tw Mehrzahl der München,! ^ besonders die minder Gebildeten, werden, sobald sic Schmerzen zn erleiden^ haben, unliebenswürdig und rücksichtslos gegen ibrc Umaebnng, wäbrenb P'F-'stange höher Gebildete, um ihre Umgebung möglichst wenig in Mitteidei,schaff zuj T'-ck ziehen, sich eine»ruhigen, heiteren Glcicbnmth, ja. eine sich biSznmHeroismus isi's. -ff- "mV, '"-s steigernde Selbsweherrichung unzneianen streben. Die beiwohnten, verweich I ^ - lickten Kinder des Glücks und Reichthums sind oft feige genug, mit Gott und den Nienschen zu Hadem, kindisch zu jammern, es als eine Ungerechtigkeit, des Schicksals aufzusassen, daß sie, denen doch alle Mitiel zu Gebote stehen, , sich nur Schönes und Angenehmes zu schaffen, dock nicht die Macht haben,! sich den Schmerz fernzuhaltcn und ihn ertragen müssen. Es gewährt den minder Begüterten einen gewissen Trost, daß das Schicksal die Reichen und Begüterten in dieser Beziehung nicht bevorzugt und die Schmerzen und! Prüfungen gerecht vertheilt und keinem Menschen erspart. Ist cs einerseits Seelenstärke. vermöge derselben der Mensch Schmer; zu ertragen und zu über- , winden vermag, so haben Wissenschaft und Humanität Mittel gesunden,, Schmerzen zu lindern und zu stillen, und somit sind die Errnnacnschaffei- der Heilkunde namentlich in unteren Tagen zu einem nnichäbbaren Segen für die leidende Menschheit geworden. Tenn der Schmerz ist fraglos eine Qual und ihn dem Menschen zu erreichtem, ist eine Wohlthai für dreien. Tonyclk unglücklich ist hingegen Derjenige, dem inan Schmerzen nicht crwaren kann, > und wir finden häufig, daß es Aerzte tief niederdrückt, für manches Leiden,! manchen Schmerz nicht die geeigneten Mittet zu finden. Tan ein lang-i andauernder körperlicher Schmerz auf den Geist des Meiffchen nicdcistimmeiiv, wirkt und Melancholie Hervorruf!, die Selbstmord zur Folge hat, ist bekannt. Aber nicht um der Körper hat seine Schmerzen, sondern auch die Seele. Der, ..Seelenschmerz" äußert sich verschieden durch alle Phasen des menschlichen s Lebens. Er beginnt in der Kinderstube mit dem Versagen eines Spielzeugs, i so verlangte er nun von den Herren, daß sie mit ihm auf das Wohl de? dänischen Königs Frcderik V. toasteten. Seiner höflichen Bitte kamen aber die jungen Leute nicht nach, sondern hatten nur Worte des Spottes für den reckenhaften Norweger. Das sollte ihnen aber sehr schlecht bekommen. Befiel, der sich in der Ehre seines geliebten Königs tief verletzt fühlte, sagte mit vor Ingrimm erregter Stimme: „Wenn Ihr. meine Herren, nicht wißt, was hier zu Lande Sitte ist, das; man Höflichkeit mit Höflichkeit erwidert, so will ich Euch zeigen, wie man mit solchen ungehobelten Menschen verfährt." Und ehe es sich die eleganten, zierlichsten Körperbaues sich erfreuenden jungen Leute versahen, hob sie der ricseustarte Norweger wie ein Spielzeug, in die Höhe und warf sie. zornerfüllt, einen nach dem anderen zur Thür hinaus ans die Straße, wo sie sich winselnd und wuthschnanbend ans dem Staube erhoben Tics unerwartete Schanwie! ergötzte natürlich die Gäste der Taverne ans daS Höchste, während die Franzoien laut schimpfend davongingen, um bei dem Gesandten Frankreichs am dänischen Hose Klage gegen das rohe Verfahren des Norwegers anrubriugen, was ihnen jedoch nichts nützte, da man sic, nach daß dessen Olieim Peter Tordemljöld gewesen sei, sah er in der Handlungs- ' er 9lrt cr„i>! Danke für webe des Neffen den Ausdruck wahrbaff heldenbaster Art. Zum Tanke für die bewiesene König-Sirene erhob er Befiel in den Adelsstand, mit der Beding ung, den Nahmen seines berühmten Ohms zu tragen. Befiel nahm die huld reiche Gnade seines geliebten Königs hocherfreut an, und brachte den be rühmten Namen noch weiter zu Ehre», indem er zu Holmstrand in Norwegen eine treffliche Schule süffele, die noch heute den Namen ihre-? Stifters führt, und durch ihr blühendes Gedeihen das Erinnern an den tömgStreucn Nor icht H. > L a l s cb b c i t. Nichts ist, das hier ans Erden — Ich sag' cs frank und frei — Mir so verhaßt kann werden, Als Falschheit. Heuchelei. Die Dich mit süßen Blicken Und Schmeichelei umsviell. Und hinter Deinem Rücken Ten guten Ruf Ttr stiehlt das Was Gott an Treu' und Glauben, An Lieb' und Glück Dir gab, Das möchte sie Dir rauben Und ziehen tief hinab; Nennst Tn nach heißem Ringen Erfolg und Ruhm gar Tein, Ter sollt', könnt' ihr's gelingen. Dir bald entrissen sei»! Vom Herzen Deiner Freunde Sucht sie Dich sortzuzieh'n. Ter schlimmste aller Feinde Ist solch' heimtückisch Müh'n l Verleumdung und Jntrignc Ganz still im Dunklen schleich!, Tn ahnst nicht, daß die Lüge Dich Wehrlosen erreicht! hier auf Erden Nichts ist, . . — Ich sag' cs traut und frei — Mir so verhaßt kann werden. Als Falschheit, Heuchelei, Tie Dich mit süssen Blicken Und Schmeichelei umspielt Und hinter Deinem Rücken Ten guten Ruf Dir stiehlt! — Adcl-idc ^ Giüt-rrz -Hrrzsg. riätUscl - L ck c. dem Wegnehmen einer Puppe und »elicbten Menschen. endet mit dem Abschiede vom Leben, von Ler.nrr.t-g) In meiner Tritten, Prunkvoll und prächtig, Hausen die Ersten üvpig und mächtig: Mein Ganzes, als Zengniß zerfallenden Scheins, Vergessen Icegt's heul' an den Ufern des Rheins. griVL »en grenofs Silben-Näthscl. Ans folgenden Silben; den, bre, co, da, e, eb, ei, genz. na, os, rest. Patriotismus. Nachdem die Jubcisestiage vergangen, die uns ein treues Abbild aller der innigen Liebe und Verehrung gewewn, die unserem ruhmgekrönten Herrscher von seinem Volke überall cutgegengebracht wird, und die uns so manchen rührenden Zug von Patriotismus gezeigt haben, möge hier eines Mannes gedacht werden, der um seines glühenden Patriotismus willen von seinem Könige in den Adelsstand erhoben wurde. Ter Neffe des berühmten nordischen Seehclden Peter Tordeiiskivld. Johann Ebristoffer VefiÄ. Sohn eines einfachen norwegischen Geistlichen, kam gelegentlich eines Wirthshcmsbcsuches daselbst mit mehreren Franzosen in ein Gespräch, in dessen Verlaufe sich der königstrene Norweger gezwungen sah. wollte er nicht als unhöflicher Mann erscheinen, ein Glas Wein aifi die Gesundheit Ludwigs- XV. zu trinken. Da er der Aufforderung der Franzwen willig iiochgekommen war. cm. ro, san, stock, ta, tcn, to. ve, ros sind 8 Wörter zu bilden, welche be zeichnen: 1. Einen Ort am Bodensec. 2. Eine Himmelsgegend. 3. Einen Staat der Vereinigten Staaten. 4. Einen Berg über 8Ä0 Meter hoch, ä Eine griechische Insel. 6. Eine vulkanische Insel. 7. Einen spanischen Fluß. 8. Eine sächsische Stadt. Die Anfangsbuchstaben nennen von oben nach unten gelesen einen deutschen See und die Endbuchstaben einen geschicht lich berühmten Ort an diesem. N etwas wohl, ein Ganzes nicht, F lnstdurchrauscht, voll Glanz und Licht, W fröhlich, tändelnd, sanft ^md mild, zarter We' N zarter Wesen Hort lind Schild, P schreckensvoll die Luft durchbraust, Trifft Reich wie Arm mit harter Faust lcii - vor aron«>s. 18»» Wellelritlische Dienstags-Aeitage D de« „Dresdner Nachrichten". Dienstag, den 17. Januar. Die chinesische Mauer. Roman von Marie Bernhard, lZoriscsMg.) Tanir verstand Herr von Pcriwczcwski Wort für Wort des Liedes: Wilde Blume de? Waldes, Einsam, wie einsam lebst du Selten die Winde, die Lüfte Hauchen ein Wörtchen dir zu. Kaum daß vom Thau, daß vom Regen Je dir ein Blättchen gebebt . . . ccstirb, wilde Blume des Waldes, So einsam, wie du gelebt! Melodie und Text war dem Horchenden fremd, es war beide? einfach, wie bei Volksliedern, aber wie bei dielen lag auch eine Ursprünglichkeit und Frische darin, wie Thau in einem Blüthcnkcich. Und jetzt zum Schlick des kleinen Liedes klang wieder jener lanagczogene, schwermüthige Ton nach, wie ec zuvor ans der Ferne derübergeschallt war: sehnsüchtig, Nagend, wie ein Seufzer aus kummervollem Herzen! Da fortan Alles still blieb, mir Favorit an seinem Baum anfing, sich zu regen und hörbar zu schnaufen, so fand Herr von Pcrnyezcwsti es sür gerathcn. sich jetzt ziirückznzichen. anfzusteigcn und den fl,in angegebenen Hauptweg durch das Wäldchen weiter zu verfolgen. Die kleine poetische Epiiode mit der unsichtbaren Sängerin hatte ihm sehr gefallen, — war auch sein Haar schon grau, sein Her; war noch nicht alt geworden, und seine Phan tasie. die immer noch gern die Schwingen hob, hatte willkommene Nahrung empfangen. Damit aber nicht nur Geist und Eemüth, sondern endlich auch der Körper genährt werden tonne, bekam Favorit jetzt einen kleinen Wink mit der Peitsche und trug seinen Reiter in schlankem Trab weiter bis an den Ausgang des Gehölzes-, von wo aus man allerdings in nicht zu weiter Entscnrnng wuchtige Baummasicn liegen sah, über denen die Zinnen und Thürmcheu eines alters grauen, wie cs schien, sehr stattlichen Schloßbancs auftauchten. Tie Felder, durch die der Ritt ging, waren sorgsam bestellt und trugen llchtgrünc. wogende Saat. Trillernde Lerchen erhoben sich hier und da bei der Amrühcrnng des Pferdes mitten aus diesen Feldern und stiegen mit Hellem Laut zilin Himmel empor, ein Storch segelte in schrägem Flug reuen Banm- masscii zu. hinter denen wohl das Torf lag. Weit und breit keine Menschensecle. Aber dessen bedurfte cs nun auch > nicht mehr, Wulff-Hagen lag ja in greifbarer Nähe. Am Part, der ungewöhnlich groß und schön zu sein schien, zog sich eine Hohe. starke Mauer hin, die jedem Vorüberkommendcn nur den Blick auf die Wipfel der dahintersiehcnden Bäume gestattete. Es mußte große Kosten ver ursacht haben, eine Mauer von dieser Länge und Höhe hier ausznsühren, sie schien noch ziemlich um, war massiv gebaut und tu gewissen Zwi'chcnränmen mit schweren Eiseilkugeln versehen, die von starrenden Spitzen gekrönt wurden. Sollte dies ein Zierrat!, sein, so war es zum Mindesten ein höchst merl- Ivürdigcr und einer stachlichcn Abwehr auf ein Haar ähnlich. Favorit trabte und trabte, die Mauer wollte gar kein Ende nehmen, der Reiter gab dem Pferd die Zügel und that einen cinstmmterndei! Zungenschlag. Run ging cs in einensteicbte». wiegenden Galopp über, zuletzt bog man um eine Ecke, wieder ein Stück Mauer mit Eisenkugeln und Spitzen, wenn auch nicht jo lang wie zuvor, ein Komplex von Wirthschaftsgebüuden zur Linken, und gerade ans, cm wenig erhöht, das Schloß, ein etwas unregelmäßiger, aber imposanter, groß angelegter Bau, dessen Ursprung sicher nm mehr als drei Jahrhunderte znrückreichcn mußte, wahrend ein Seitenflügel und rin Paar Tbürmc sichtlich neueres Gepräge trugen. Wie ausgcswrben lag Alles da, auch auf dem Wirthschaffshos war Nie mand zu erblicken. Unwillkürlich sah .Herr von PcrnvczcwSti sich nach Zug graben niid Zugbrücke, Thnrmwächter und lanzenbewaffnetem Thorhülcr um: dieser mittelalterliche Apparat hätte gut zu dem Schloß gepaßt. Er mußte wahrhaftig bis auf die mit Hellem Kies beschüttete Rampe reiten, am Portal, das mit prachtvollen Schildcreien von Erz versehen war, absteigcn und nach Glocke oder Klopfer suchen, denn das Portal Ivar, wie ein Truck ans den schweren Thürgriff lehrte, hermetisch verschlossen! Halb ver steckt fand sich endlich zur Rechten ein Löwciikopf, der einen Ring in seinem Rauend aiisgerifienen Rachen trug: ein scharfer Ton, der wie der unwillige Schrei einer Menschenslimmc klang, tönte durch die tiefe Stille. Eine ganze Weile dauerte es. bis Jemand kam; dann öffnete ein äitiichcr wiener mit einem gelben, kränklichen Gesicht. „Herr Baron von Wulfsen zu sprechen?" „Bedauere, nein!" „Nicht zu Hanse?" „Bedauere, nein!" «Ist er verreist ?" «Herr Baron sind auf's Feld geritten!" ^' „Äh so I Dann wird er sicher bald zurückkommen Wo darf ich ihn erwarten?" „Bitte um Verzeihrmg, Herr Baron lassen Isich überhaupt nirgends erwarten!" „Soll das beißen, daß er keine Besuche mmrmmt?" Allerdings, das soll cs heißen! " vertrauter Jugend- ziemlich hockffahrcndem Er schien die Znrccht- „Hccr Baron wird, davon bin ich überzeugt, mit einem alten, schr int Wien Jugendfreund eine Ausnahme machen. Vor allen Tingcn muß er es einmal erfahren, daß ich überhaupt da bin. Wollen Sic ihm diese Karte übergeben?" Der Diener nahm die Karte mit einer stummen Verbeugung in Empfang. „Ich verlasse mich darauf, daß der Herr Baron die Karte bekommt!" Abermals eine Verbeugung, „Nun aber noch eins: ich möchte nicht abermals den Weg umsonst machen, daher wünsche ich zu wissen, um welche Zeit der Herr Baron zu sprechen ist!" „Bedauere, der Herr Baron sind überhaupt für Nicmanden zu sprechen," Ter polnische Herr machte eine Bewegung der Ni „Ich rechne mich nicht zu Jedermann, ich bin ein c freund des, Herrn Baron. Sie hören es!" sagte er in Tone, „Sic sollen mir sagen, wann er zu Hause ist! Ter Mann bedielt sein unbewegliches Gesicht. Weisung gar nicht als solche zu fühlen. „Herr Baron sind sehr viel zu Hauff, reiten mir einmal zu früher Morgen stunde und einmal nm diese Zeit in's Feld. Gegen Abend pflegen Herr Baro» ein bis zivei Stunden zu fahren oder zu reiten." „Weit hinaus?" „Niemals über die Grenze von Wnlfshagcn." Herr von Pernhezewski überlegte einen Augenblick. „Kann ich Jemanden, der zur Familie gehört, sprechen?" „Bedauere! Es darf arif Wulfshagen kern Besuch angemcldet oder an genommen werden!" Ter Fragesteller machte kurzweg ans dem Absatz Kehrt, während drohende Fältchcn auf seiner Stirn wetterten und die Brauen sich finster furchten. Er hatte dies Kreuzverhör satt. Hier wie der echte beste lästige Bittstelle, abgcwicsen zu werden von die'cm Automaten in Livrse, er, Egon, Ritter von Pernvczcwski, Ecbherr zu Orvowo. Besitzer von Kroffau! Ohne eine Silbe weiter an den Menschen zu wenden, ohne Adieu oder weitere Verfügung, riß ei kurzer Hand sein Pscrd am Zügel zu sich herum, sprang mit der Gcivandk- hcit eines hciß'pornigcn Jünglings in den Sattel, nahm Favonts Kopf so ungestüm heran, daß der erschreckte Hengst mit den Hinterhuscn ausscucrtc. dann stieg und endlich mit einen: Anlauf davonspreiiAtc. daß ein ganzer Hagel von Kies, feinen Stcmcken und Sand gegen die steinerne Rampe spritzte. Ter Mann in der Livree verzog sein gelbes Lcdcrgcsicht zu einer schaden frohen Grimasse, stieß mit dem Fuß ein paar Kiesel weg, die bis hier herauf- gestogen waren, mrd schloß mit sorgsamer Hand den schweren Flügel des eisen- bcwehrten Portals, den er dem unwillkommenen Gast vor kaum fünf Minuten geöffnet hatte. — Dieser hatte indessen alle Mühe, seinen Favorit zu zügeln, der die un gewohnte und unverschuldete schlechte Behandlung übelgenommen hatte und nun in einem Tempo cinberrastc. daß der Reiter sich kaum im Sattel halten konnte, Stangcnzamn. Schenkeldruck, Peitsche für'? Erste ball Alles noch nichts, der Hengst hatte den seinen Zlops weit vorgestreckt, die Nüstern gebläht, die Augen starr vor sich hingerichtet und flog davon wie ein Rennpferd, daS seinen Ehrgeiz darauf gesetzt hat. sich den ersten Preis zu erringen. Tie Parkmancr entlang ging cs in vollem Earriörc, um die Ecke sauste es. gleich einem Wirbelslurm: die lockere Erde flog dem Reiter um den Kopf, die Luft, die er so scharf durchschnciden mußte, brauste ihm wie ein Strom in die Ohren. Endlich und endlich zwischen den Feldern, angesichts des Wäldchens schon kam das aufgeregte Thier zur Vernunft. Es kourbcttirtc noch stark und hatte nickt übel Lust, hier zwischen den grünen Roggenbreitcn einen kapriziösen Solotanz anfznführcn . . . zuletzt aber stand eS mit schlagenden Flauten, mit nassem Halse und triefendem Gebiß und ließ sich ausscheltcn und zureden. „Ja, ja, Alter, 's ist schon gut, 's ist schon gut! Wir sind Beide ungerecht und schlecht behandelt worden und haben uns ärgern müssen! Aber mm auch da wollen wir uns Beide von unserem Schreck erholen und uns eine kleine wohlverdiente Erfrischung zu Gemüth sichren l" Halb gemurmelt, halb gedacht war das worden, wie nun aber der Reiter, bisher ganz mit seinem Rotz beschäftigt, den Kopf bob und nur sich blickte, da mußte er gewahr werden, daß er bei seiner stürmischen Auseinandersetzung mit Favorit einen Zuschauer gehabt hatte. Durch die hier nicht sonderlich beträchtliche Breite des grünenden Roggen feldes von ihm getrennt, hielt drüben unbeweglich auf seinem Pferde ein Mann, in der abwartenden Haltung Jemandes, occ znschcn möchte, welche» Verlauf ein ihn iirtereisirendc-s Schauspiel nimmt. Der Fremde mußte wohl ein sehr alter Herr sein, denn Haupt- und Bart- Haar war sckmccweiß; ein aufmerksamer Blick in sein Gesicht aber belehrt» darüber, daß dies Gesicht noch berbältmßmäßig jugendlich zu nennen war.
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