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Schanerphantasie. Die Nacht ist schwarz und es rast der Sturm, Die kahlen Felder — sie schauern; An einsamer Rircke, am alten Thurm Erzittern und ächzen die Mauern. Rings dunkel und öde, rings Bangen und Grau'n Rur doch in einsamer Zelle Des Rirchcnglöckners ist Lickt zu schau'n, In trüber, in bänglicher Kelle. Da sitzt des Glöckner's einziges Rind — Mas ist's, das die Holde noch wach hält? Lxrick! Betet sie, daß sie in Grauen und wind Die Geister fern von dem Dach hält? Ach nein, nicht leuchten ihr still zum Gebet Des Kirchenlichts flackernde Stümpfe: Dem Vater, der morgen zur Rirckweih geht — Dem stopft sie die löchrigen Strümpfel Kohl. A. : „Mer war denn der lange hagere Herr, der Dich soeben grüßte?" B. : „Das ist -er strengste aller Vegetarier." A. : „Marum denn?" B. : „Der Mann heißt Rohl, ißt Rohl, spricht Rohl und schreibt Rohl I" AlUuängstlich. „Du hascht dock a sehr gute Platz g'hät, warum bischt Du denn da fortgelaufe?" „„Z'weg'n der Esserei."" „Ja, wie is dös mögli?" „„Siehste, z'erscht is a Ralb cingange, un des habe se eing'salze, un dann habe mer's z'esse kriegt."" „VH, des is freili net schö g'wese." „„Nee, dann is a Schwein kaput worre, des habe se au eing'salze un wir habe's esse müsse."" „Na, des is aber ekli." „„Gelt! Ls is aber no wilder worre (flüsternd): Gestern is de alte Großmutter g'storbe. . ."" „Ja, und?" »„Ich ha' nimmer länger g'wart'; wie se den letzte Schnaufer getha hat, bin i ciusg'risse I"" Lin Mcnscbenfrcund. Vater (zum Retter seiner Lochtcr): „Därn Sc, Se sei» wohl so gut, und hol'n mer nu noch den eenen Schuh von meiner Lochter 'raus I" Nichts über Rcinlicbkeit. Bäuerin (zu ihrer Tochter): „Sckau, schau geb i Dir eben a neues Lacktüchle, und Du hast nir Besseres zu thuu, als glc, De, Nasen '»ein zu schnäuzen?" Tochter: „De Füß' Hab' i auch schon mit abwischt." ^elbstrerintb. Grctche u (zu ihrer Freundin): „Denke nur, Anna, wie eitel der neue Assessor ist: als ec mir heute Morgen aus der Straße begegnete, sah er sich nachher nockmals uni; jedenfalls bildete er sich ein, ich werde mich nach ihm umschaueu l So dumm I" Jbnr undcnkbar. Rarlchen: „Papa, sage mir doch, bitte, einmal, was ein Auto didakt ist?" Papa: „Nun, Liner, der sein eigner Lehrer ist." Rarlchen (nachdenklich!: „Ja, aber wer haut denn den da?" Gntcs Mittcl. R o m m c r z i c u r a t h: „Ihre ausgezeichnete Gesundheit hat meine Frau nur meinem Bausarzt zu verdanken I" B.: „So — ist der so geschickt ?" R o m m e r z i c n r a t b: „Nein, aber so grob, daß meine Frau sich gar nickt getraut, krank zu werden!" ^chön hcraus. Vater (zu seinen, kleinen Sobne, der se,t Mstcrn die Schule besticht): „Nun, Fritz.! en, wie konnust Du denn in der Schule fort?" F r i tz ck e n : „V, sehr gut! Jiumer wenn ich's nicht weiß, weißes ein Anderer." Ein nnncl'e'nbcr ^Atvrikcr. R ii a b e (au den verschlossenen Bäckerladen klopsend): „Ich möckt' a Sen, niel." Bäcker von innen): „Meinst Du etwa, ich mache wegen einer Semmel den Laden aus?" Ruabc: „Na, weisen Sie mir hall eine dnrck's Schliissellock 'raus." I 'tmus s>uvt» i »v- s ^ r^L! > ssM- 2 s 2. »Trcsdncr Nachrichten". Nr. 84. — Lonnabcnd, den 2». März 1899. Hiritischc Beleuct)tung des Lieinc'schen Gedichtes--Die Lsreiei". Mic oft wird nicht durch das alte und dock ewig neue „Ich weiß nicht, was soll cs bedeuten —" von bohen und tiefen, schwacken und starken, schönen und unschönen Stimmen die vor Lust bimmelhoch jauchzende, wie die zum Tode betrübte Scelenstimmnng zum Ausdrucke gebracht! And dock ist wohl selten einem Lorelei-Sänger der In halt des Textes in der reckten Meise zum Bewußt sein gekommen. Menu icv's »u» in Nacbstehcndcm versuche, das betreffende Gedicht nach allen Seiten hin kritisch zu beleuchten, so hoffe ich, dadurch mir den Dank vieler zu verdienen, Facta! Das Gedicht beginnt: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ick so traurig bin —" Das ist nun scbou ein iccbt unbefriedigender An fang. Mer, beim Ster, soll denn den Grund zur trübselige», tbräneni.bwaiiaercn, sch lucbzcrfi endigen Stimmung Heines kennen, wenn er ihn selbst nicht anzugebcn vermag? And wenn viclleicbt ein nach haltiger Rakzeitzamincr, ein chronischer Mangel a» Geldübersluß, eine unbezahlte Jahresrcchnuiig vom Schneider, ein bartneckigcr Schnupfen oder eine fühlbare vcrdauniiasstöruua oder am Lude das Alles zusammen die Ursache seines Lrübsinns ist, so mag er das für sich behalten und nicht an die große Glocke hängen. Heine fahrt fort: „Lin Märckcn aus allen Zeiten, Das kommt mir nickt aus dein Sinn." Da haben wir scbou den ganzen Heine, wie er leibt und lebt. Lr, der an uickts, am aller wenigsten an Märckcn glaubte, will uns glauben macken, daß ein Märchen so nnvortbeilhaft auf sein Gcmüth cinzuivirken vermöge. Ist das nickt zum Lacken? — Dock halt, wir kenne» unsere Pappenheimer! Der alte Scbäkcr nimmt den stets zur löilfe bereiten Druckfehlerteufel in Anspruch, um uns zu betbören. Soll es dock »nzweifelbafr statt „Märchen" „Mädchen" heißen, und das sieht dein ewig verliebten Schwercnöihcr ganz ähnlich. And doch muß auch hierbei ein Zweifel in uns aufsteiacn; denn „ein Mädchen aus alten Zeiten" ist „ein altes Mädchen", vulgo eine alte Jungfer, und für dicic bat Deine niemals geschwärmt. „Die Lust ist kühl und es dunkelt, And ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsounensckcin," heißt es weiter. Ans dieser sonst eigentlich über flüssigen Naturscbildcrnilg, wie auch ans späteren Notizen, geht zur Genüge hervor, daß Heine das Gedicht nach einer langen, bis zur Abendstunde andauernden Frübstückssitziing gefertigt hat, was ja vieles entschuldigt. Nickt allein, daß »ach einem reichliche» Frühstücke das Bedürsuiß nach kübler Luft rege wird, treten >n dieser Zeit auch allerhand optstche Täuschungen auf, als Flimmern und Funkeln vor de» Augen. Doppclneben. Lanz- bewegnugen sonst feststehender Körper „sw. Beides finden wir in obiger Stelle zum Ansdiuck gebracht. Heine spricht weiter: „Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar — Da habe» wir's! Misere Ahnung trog uns nicbt, ein Mädchen war's, das dein modernen Don Juan wieder einmal den Ropf verkeilt batte. Die ziem liche Lntfernung aber und sein katerlickcr Zustand laffeii lbm jenes angejabrte Mädchen als „die ickönste Junafra» erscheinen, zumal wir auch nirgends cifabreu, daß ein Fräulein Lorelei aus einer Schöiibeitskonknrreuz st In estem mit dem ersten Preise bervorgeganaen wäre, von Meilen, und im Dunkeln seben ebcn alle Rühe schwarz und alle Damen schön aus, „Jbr gold'nes Geschmeide blitzet —" fäbrt Deine fort. Durch Erwähnung diests rein äußerlichen Amstandes erinnert der Dichter unab sichtlich an seine semitische Abstammung, der zu folge er eine gewisse Vorliebe für goldene Retten, Ringe, Brosche», Vbraebänge u. dergl. in. bat. Am Liidc rübilc seine e.lai>rlgkcit zum erhell mit davon her, daß er den als echt vorausgesetzlen K rr rn o r: i ft i e Ncie geharnischte Sonetten jetzigen Renndier Meisgen in Dreisen. 718. Der arine Gvedhel Recu Denkmal kriegt in Straßburg unser Goedhe, Mcil den Altramondancn er zu frei! Mcil Gocdbe Lener von den Schlimmen sei, Die gottlos sind in Dhadcu wie in Rede I Fier jeden Licktfeind is das cnue Freedc, Ls leben Briederic und Hcichelei! And immer ist das Licdckcn wieder nei: Nischt gilt im vaderlandc der Brophedc! Mcnn Goedbc Solches wird im Himmel hören, Mir- er zu Bismarck geb'n und sich beschweren. Daß mau im Rcichsdag so mit ihm verfährt. Der sagt blos: „Aergcr wär' hier ganz verkehrt! Seitdem der Reicksdag so mit Dir gewesen, MirS Dick das Volk viel öfderfck wieder le f e n l" Schmuck nicht besitzen konnte, der ibn vielleicht aus einer momcutanen fatalen Geldverlegenbeit zu reißen vermocht batte. Die dumme Ent fernung! — And dock wäre für Heine nickrs leichter gewesen als sich geschickt in den Besitz des goldenen Landes zu bringen. Lin gutes Vpernglas hätte ihn die Schöne zum Greifen nahe gebracht. In wenig Augenblicken batte er sie ihrer kostbareil Last entledigt, noch ein süßer Ab- schicdskuß, und schnell das Vpernglas hcrumgedrebt und durchgeguckt, und Fräulein Lorelei wäre in solche Entfernung gerückt, daß auch die feinhörigste Polizei ihren Hilferuf nicht vernommen haben würde. Mir sehen auch hier wieder einmal, daß Dichter meist höchst unpraktische Menschen sind. Meiler singt Deine: „Sic kämmt sich ihr goldenes Haar. Sie kämmt cs mit goldenem Ramme" — Daß es für eine Dame bäckst unschicklich sein wülde, unter freiem Himmel und au einem äußerst erponiitcn Vrtc Toilette zu macken, fühlt der Blinde mit dem Stocke. Line solcke Taktlosigkeit trauen wir Fräulein Lorelei gar nicht zu, vielmehr cisehen wir aus der Deiuc'fcbcn Darstellung auf's Neue leinen katzc»jäininerl,chen Zustand dem zu folge Alles vor seine» Augen flirrt flimmert und funkelt, und wir würden uns gar nicht wundein, weil» er uns erzählte, wie das Aiädcbeii mit ihren goldenen Fingern in die goldene Pompadour ge griffen, das goldene it.as.hent»ch bcrausgenommcn und ihre goldene Na'e geputzt hätte. Meiler heißt cs: „And singt ein Lied dabei. Das Hai eiiie wundersame, Gewaltige Melodei." Hier zeiat fick uns der Dichter so reckt in seiner aanzen Vbelflächlickkeil, indem er uns über die Stimme der Sängerin, über Tert, eronart, Takt, Dichter, Komponist und Anderes mehr ini Un klaren läßt. Nur soviel erfahren wir, daß es eine aewaltiae Melodie gewesen ist welche das Fräulein zu Gehör gebracht bat. Da-- ickließi nun freilich Lieder wie „Däiiscben klein". „Im Gruncwald , „Grad' ans dein Milibsbaus und ähnliche völlig > aus. Dagegen durfte das tiefcrgreifende, in ge waltigen Baßintervallen sich bewegende „Im j tiefen Rcller fitz' ich hier" weit eher am Platze gewesen sein. Mir veriichnicn weiter: „Den Schiffer iin kleinen Schiffe Ergreift cs mit wildem Weh" — Zweifellos haben wir's hier mit einem Zeck- acnossen Heines zu tbnn, wodurch das „wilde Meh", welches über kurz oder lang durch eine erleichternde und befreiende Eruption beendigt l sein wird, hinreichende Erklärung findet. „Lr sckaut nickt die Felsenriffe, Lr schaut nur hinauf in die Höh'," beißt cs weiter. Lins ist so natürlich wie das Andere. Der allzu reichliche Genuß alkoholhaltiger Getränke beeinträchtigt bei dem nächtlichen Rahn- ; fabrer die normale Tbätigkcit der Sinne, zunächst j ^ des Gesichts. Lr würde, wäre er in diesem ! Augenblicke auf dem Lande gewesen, ebenso gut über die Steine gestolpert sein, wie er es im ! gegenwärtigen Falle mit seiner Gondel gegenüber s den Felsenklippen »Hut. And das „in die Höhe gucken" findet feine Erklärung darin, daß der cin- lame Schiffslcnkcr von dem trcundlich lächelnden s Monde angezoacn wird und zweifellos von ihm ! denkt: „Mas für ein schief'Gesicht, Mond, machst denn du?" Daß aber Heine sein äußerst realistisches Poem mit den Morren schließt: „Ich glaube, die Mellen verschlingen Am Ende »och Schiffer und Rahn, And das hat mit ihrem Singen Die Loreley gerhan," zeigt uns wieder wie wenig er seinen eigenen ! Augen traut, indem er etwas zu sehen glaubt, ! was in Wirklichkeit gar nicht zu sein braucht. Eber ist anzunehmcn, Jener landet am jenseitigen ! Äser, geht in die nächste Mcinstube und schlingt und trinkt weiter. Da er aber keinen Pfennig Geld mehr hat, so giebt er seinen Rahn zum pfände und vertrinkt Siefen. Heine hat die nickt ! eben lobenswerthe Handlungsweise aus Rücksicht ! auf seinen Zcchgcnoffcn rein bildlich behandelt. Daß er aber zum Schluffe als Ursache dieses Lr-, l besser vcr- uns Betrinkens den Gesang des un- ! schuldigen Mädchens nennt und etwaiger polizei licher Recherchen wegen selbst ihren Namen ver- räth. wirft leider kein gutes Licht aus den Eharakter I des Dichters. Alles >u Allem har das Gedicht eine Anzahl > nickt zu verkennender Schönheiten, doch blickt ( daneben auch wieder zu viel Memlaune daraus ! hervor, so daß Wahrheit und Dichtung in ihm ! zur buntesten Naircujackc zusammcngenäht sind. Mathematische Liebe. Du bist als Punkt geflogen. Linst in mein leeres Herz, Hast drinn Dich fcstgesogcn In Freude und in Schmerz. Doch bald ward Dir's zu enge In meines Herzens Haus, Da zoast Du in die Länge, Als Linie Dich aus. D rauf hast Du Dich verbreitert In meines Herzens Raum, chur F Iäche gar erweitert: Mir war cs wie ein Lraum. Dann hast mit Luft und Trauer Mein Herz Du so erfüllt, Bis Du mich auf die Dauer Als Rörper cingchüllt. Mie breit und hoch die Liebe, Berechne ich mir zwar, Mic ! a n g sic aber bliebe, Ist unberechenbar. Mic ich auch d rüber sinne, Ich bin doch weit davon: Ich alaubc fan, die Minne Fst vierter Dimension.