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Lagen im Lheater in die kleinere königliche Loge «intrat, erhoben sich sofort alle Damen, dir in den gegenüber lie genden Logen Platz genommen hatten, und verließen, un- ' 1er laut«» Zeichen der Mißachtung gegen die Gräfin, das Lheater. Die Gräfin scheute es trotzdem nicht, am fyl- gendrn Abende wieder im Lheater zu erscheinen, und die Damen im ersten Range machten wieder dieselbe Demon stration, obwohl die Gräfin sich in Begleitung deS Kö nigs, ihres .Gemahls-, befand. — In gut unterrichteten Kreisen erwartet man dm baldigen Fall des Eabincts. London. Die .LimeS" bringt Aktenstücke aus der Lombardei (mitgetheilt von dem Engländer Layard, der vorigen Sommer in Italien lebte), auS welcher deutlich hervorgeht, daß die Oesterrricher noch bis kurz vor dem italienischen Kriege auch bei Damen körperliche Züchtigung anwendeten. Dabei wird ein früherer Fall aus Mailand erzählt, wo eine feile Dirne in der Nähe eines von österr. Offizieren besuchten Kaffeehauses die österr. Farben zum Fenster hinausgehangen hatte. Als darob einige Mailänder zu zischen wagten, wurden alle Anwesen den verhaftet und theils zu Keltenstrafe, theils zu Stock prügeln verurtheill. Unter letzteren befanden sich auch ei> nige Damen, Sängerinnen von 18 bis 20 Jahren, bei denen natürlich nach der Execution Eisumschläge ange- wendet werden mußten. Die ganzen Kosten der Proce- dur aber die Verbände, daS EiS, der Essig rc. wurden der Gemeinde Mailand in Rechnung gebracht und zwar mit 22 fl. 37 kr. Und da wundert man sich, daß die Oesterrricher verhaßt waren! London, 14. Jan. (Lel. Dep. d. Dresd. Journ.) Die hiesigen Journale veröffentlichen eine Pariser Eor- respondenz, wonach Frankreich England eine Collectivnote an die übrigen Mächte vorgeschlagen haben soll, welche jede Verletzung des Princips der Nichtintervrntion in Ita lien als Ens belli darstellt. England habe Verpflichtun gen von solcher Tragweite abgelehnt. — Die .Times- schreibt: Aus Anfrage Englands habe Oesterreich erklärt, eS wolle keinen neuen italienischen Krieg unternehmen und würde sich begnügen, gegen Frankreichs Ungerechtigkeit zu protesiiren, falls die Herzöge nicht wieder eingesetzt würden. Feuilleton und Vermischtes. * Zn der verflossenen NeujahrSnacht hatten lm BraunS- brrger G.richtSgefängniffe einige männliche Gefangene den Fuß boden ihrer Zelle durchbrochen und so sich in die unter derselben belegen», mit inhastirten Frauenzimm rn besitzt« Stube begeben, in deren Gesellschaft fle die erste NeujahrSnacht tändelnd ver brachten. Dieser dann früh entdeckt« N ujahrSschwank wird ih- nen hoffentlich schlecht bekommen. * Schrecklich war ein Vorfall in der Silberhütte zu KlauS- thal. Der Hüttenmann Müllir aus Wildemann arbeitet eben am Of.n, aus dem das glühende Blei in daS davor befindliche Bassin fich ergießt, und will, nachdem letzteres gefüllt, den Mund deS Ofens auf die gewöhnliche Weise stopfen. Da bricht di« dazu verwendete Stange und Müller stürzt mit.den Armen vor wärt» in den glühenden ii: leisumpf. Kameraden reißen ihn so fort zurück, allein die Arme find schon verkohlt und die Brust mit starken Brandwunden beleckt, daS Gestcht, welches er hoch zu erhalten gewußt, ist unversehrt geblieben. Zwar hat er noch einige Zeit gelebt, ist indessen doch schließlich noch seinen Leiden erlegen. * ,O du lieber Augustin, Alles ist hi» rc." DieseS all- und altbekannte Volkslied bezieht fich auf einen frü heren Volkssänger Wiens, den lustigen Augustin, der im 17. Jahrhundert lebte und sich schoa in jungen Jahren dem Studium der edlen Mufica widmete. Mit dem Dudelsack unter dem Arm und einigen Dutzend Liedern im Gedächtniß zog Augustin zu den Kirchtag n in den Vorstädten, auch in die umliegenden Dör fer, und zur Faschingszeit besuchte er nach der Art der heutigen Harfenisten regelmäßig an bestimmten Tagen gewisse Schänken Und Kneipen. Augustin war der Amphton seiner Zeit. Seine Volk-gesänge, namentlich da» berühmte Lied .vom Einerlei- er freuten fich in der damaligen Zeit einer so großen Beliebtheit, als vor etwa einem Vierteljahrhundert der Gassenhauer vom stde- len Leben im Lerchenfeld und Moser» Couplet von dem Faulpelz, der nicht» so gern «hat, als eben nicht» thun. Bekannt ist r» ferner, daß Augustin im Jahre 1679, als di« große Pest wü- thet», im trunkenen Zustande bei Nacht und Nebel in eine halb gefüllte Pestgrube vor dem Burgthore in Wien fiel, dort fest eln- schlief und erst am nächsten Morgen durch die Pestknechte au» der unheimlichen Höhl« gezogen wurde. Augu sttn kam, Dank seinen starken Nerven, ohne weiteren Schaden, mit dem bloßen Schrecken davon; sein Tod etfolgte erst am 17. Februar 1702, und zwar abermals nach einem so schlimm durchschwelgten Abend. Dieser Umstand scheint nicht ohne Einfluß auf die spä teren VolkSsänger geblieben zu sein. Wie dem sei, auf den oben- benannten Bänkelsänger bezieht sich daS bekannte Volkslied: ,O du lieber Augustin! - * Bei einer der letzten Aufführungen von .Judith und Ho lofernes" im Karltheater zu Wien erschien während der Vor stellung plötzlich ein kleiner Pinscher auf der Bühne, trat ganz vorsichtig, aber bestimmt vor die Lampen, stellte sich endlich ge rade vor den gewaltigen Holofernes hin, und schaute ihm keck ins Gestcht. Als aber Holofernes den kecken Eindringling mit den Worten anherrschte: .Was will dieser junge Assyrier hier?- brach daS Publikum über Nestroy'S lustigen Einfall in rin so schallendes Gelächter aus, daß der klein« Pinscher in Verlegen heit gerieth und erschrocken davon lief. * Schon der englische General Lord Sianhop« bemerkte einmal, daß die Kirche Unser lieben Frau zum Pfeiler (6el pilar) in Madrid mehr Schätze habe, als die europäischen Mächte zu sammen. ES ist dies zwar eine gewagte Behauptung, wer aber Gelegenheit gehabt, fich von diesem Reichthum zu überzeugen, würde die Sache wohl weniger in Zweifel ziehen. Vier masfiv- filberne Engel haben goldene, mit Saphiren besetzte Flügel; die Krone der Mutter SotteS ist gediegenes Gold, ihr Hals schmuck, Pretiosen, Armbänder u. s.w. werden auf zwölf Millio nen preußische Tbaler geschätzt. Doch kommt dies Alles noch gar nicht in Vergleich mit der großen Monstranz, in welcher am FrohnleichnamStage die Hostie getragen wird. Der Umfang der Sonne mit den Strahlen ist so groß, wie ein Wagenrad. Di» Strahlen stnd gediegenes Gold mit Smaragden bedeckt, der Kelch steht auf einem silbernen, drei Fuß hohen Postamente Die ganze Monstranz wiegt 5000 Pfund und ruht auf vergol detem Untergestell. Noch kein Kunstverständiger hat diese Mon stranz zu schätzen gewußt. * DaS Finanzwesen im Königreich beiderSiu eilten scheint etwas stark in Unordnung gerathen zu s.in, denn im vergangenen Jahre hat eS zwei Millionen Ducali mehr ver braucht als eingenommen. Im Laufe von zehn Jahren ist di» öffentliche Schuld um zwanzig Millionen Ducati gestiegen. * Das Politisiren wurde bekanntlich in Oesterreich allen Offizieren untersagt. Eine ähnliche Weisung ist jetzt auch von den Hofämtern an ihre Untergebenen ergangen: fie sollen sich selbst aller öffentlichen Unterhaltungen über dieZeilereigniff« enthalten und fich entfernen, wenn man in ihrer Gegenwart von Zeitereignissen spricht. * Ein schönes Stückchenvon christlich er Liebe legie ein Ortspfarrer auf einem Dorfe unweit von Wien ab, als er die Beerdigung einer Kinderleiche aus dem Grunde verweigerte, weil — die Gebühren wegen Armuth der Aeltern nicht sofort entrichtet werden konnte». Die Leiche deS Kinde» lag mehre Tage und die Beerdigung geschah erst dann, als der OrtS-GenSd'arme für die Bezahlung Sorge trug. * Haha! wer lacht da! Der Direktor des BezirkSgel richtS link- der Isar hat angeordnet, daß künftig in schriftlichen Erlassen den Advokaten, Gelehrten, MagistratSräthen, Kaufleuten u. s. w. das Prädikat .Herr- nicht mehr zu gebe» s et, und daß dasselbe von nun an nur den Aveligrn, Geistlichen, B »amten und Offizieren zukommrn solle.