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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 19.07.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270719029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927071902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927071902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-19
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
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7lr. ZZS Serie 2 — »vre»-ner Itachrickie»* — sich crber daran erinnern müssen, daß auf der Abrüstung«, kvwferen, in Washington. auf der Amerika sehr grafte Zu. geständntfle machte, seinerzeit die Aufgabe des englisch-iapa- nischen Bündnisses erfalgte. Sollte eine Einigung erzielt werden, so wird man auch Wege finden. Frankreich und Italien zum Beitritt zu dem Abkommen zu reranlassen. England hat größtes Inter esse daran, die Seerüstungen dieser beide» Möchte nicht zu stark werden zn lassen. Frankreich bedroht die Zufuhr nach England unmittelbar und den Seeweg durchs Mittelmeer, die wichtigste Kraftlinie des englischen Machtbereichs. Musso> lini hat verkündet, daß er Italien zur ersten Mittelmeermacht machen will. Die Aeufterungen der englischen Presse zeigen, daß man diesem Streben ernsteste Aufmerksamkeit widmet: denn im Zeitalter -er Minen. Unterseeboote und Klugzeuge sind die italienischen »asten nicht mehr wehrlo» veschteftunge» durch starke feindliche Klotten pretsgegeben. Dt« Verhandlungen »eigen, daß man nicht nur den frr. tigen Schissen nnd ihrer »„»rüstung «ampfkrast betmtftt. sondern auch »«künftige Rtiftungvmögltchkeiten berücksichtigt. Technische» Können, die Zahl der Werften und ihre Leistungs fähigkeit. seemännische» Personal und di« Möglichkeit, solches beranzubtlden. sind ebenfall» Faktoren der Seemacht. Deutsch, land hat sich die Vorbedingungen zur Seemacht erhalten. ES ist durchaus nicht erforderlich. baß e» für alle Zetten als Aschenbrödel beiseite steht, sondern kann zu gegebener Zeit sein Können in die Wagfchale werfen. Deshalb ist es von größtem Wert, die machtpolittsche Entwicklung zu verfolgen, von der dt» Konferenz in Gens «in Abschnitt von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Das Urteil im Plauener Prozetz. Die Entscheidung der Dorinskanz bestätigt. Plauen. 19. Juli. Im Plauener Stresemann-Müller.Pro» zeß wurde heute vom Berufungsgericht unter Vorsitz des Land. gerichtSdirektorS Schilde das Urteil gesprochen. Unter Ver- werfung sowohl der Berufung des Angeklagten wie der Staatsanwaltschaft wurde das erstinstanzliche Urteil bestätigt, das bekanntlich eine Geldstrafe von 19 09« Reichsmark gegen den Rechtsanwalt Dr. Müller ausipricht. Nebenkläger und An- geklagter haben die Kosten ihrer Berufungen zu tragen, wäh rend die Kosten der Berufung der Staatsanwaltschaft aus die Staatskasse übergehen. Der Angeklagte hat außerdem die not wendigen Auslagen des N e b e n k l ä g e r S zu übernehmen. In öer Begründung des Urteils fuhrt der 'Vorsitzende unter anderem aus: Selbst wenn mit der Verteidigung angenommen wird, daß die Wiederholung des Vorwurfs der Lüge in dem Brief nnd auf der Gau tagung mit dem gleichzeitig erhobenen Vorwurf der K o r r u p t i v n s v o r s ch u b l e i st u n g zu einer einzigen Handlung zu vereinigen sei, so liegen doch zwei inhaltlich voll kommen getrennte, in sich selbständige Vorwürfe vor. und eS bleibt jedem Verletzten unbenommen, zu bestimmen, gegen w elche » Vorwurf er Strafantrag erheben will. Es kann hier nur wiederholt werden, was daS Schöffengericht auc-siihrtc, namentlich, daß der Wahrheitsbeweis sich nur darauf erstrecken konnte, ob die Evaporator zurzeit der Polenaufstände Kriegsmaterial nach Polen zu ver schieben versucht und ob Dr. S t r e s c m a n n in ein daraus herriihrendeS Strafverfahren eingegriffen habe mit dem Erfolg, daß eS versandete. Der Vorwurf der Lüge in Sachen des Sicherheitspaktes stand nicht zur Verhandlung. Von den verschiedenen Behauptungen des Angeklagten ist nur bewiesen, daß Dr. Stresemann Mitglied des Anfsichtsrats der Evaporator war, wo der „Jude Litwin" Direktor war: 2. daß die Evaporator delabvrierte Granaten nach der Tschechei aus- gefiihrt hat: 3. daß dabei 29 Waggons in Dresden beschlag nahmt wurden: 4. daß wegen der Ausfuhr ein Verfahren gegen drei leitende Personen der Evaporator ein geleitet worden ist, das aber nicht, wie der Angeklagte behauptet, zum Versanden gebracht wurde: S. daß Dr. Stresc, mann eine Beschwerde der Evaporator wegen Beschlagnahme des Schrotts unterstützt hat. Nicht bewiesen ist, daß die Evaporator Kriegsmaterial nach Polen zu verschieben ver. sucht habe. Dr. Stresemann hat auch nicht in ein wegen der Ausfuhr cingeleitetes Strafverfahren e i n g c g r i s f e n: er ist nur in einem Beschlagnahnieversahren allerdings zugunsten der Evaporator vorstellig geworden. Nicht bewiesen ist weiter, daß Tr. Stresemann eingegrifsen hätte mit dem Erfolg der Versandung. Der Brie» Dr. StrcscmannS an den Minister Scholz ist nur boötzufterwette f» zu deute«, daß er das Ver langen des Parlamentariers Dr. Stresemann aus Nieder, schlag««« eines Verfatzre«» »hn« Prüfung nnd damit auf Borschudleiftnng znr »arrnplion enthält. Dr Müller bat sich also einer Beleidigung nach 8 186 StGB', schuldig gemacht. Ich bemerke dazu, baß daö Gericht in keinem Urteil die AuSsaven Litwtns und Stresemanns völlig außer acht gelassen bat. und zwar nicht, weil eS sie für nicht glaub würdig halten konnte, sondern allein unter dem Gesichtspunkt, daß eS infolge der Angriffe gegen diese Zeugen, die unmtttel- bar verletzend Nnd. so scheinen konnte, al» ob die Zeugen in unmittelbar eigener Sache aussagen müßten. Was die Strafe anbelangt, so hat das Berufungsgericht erwogen, ob nicht den Anträgen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers aus eine Freiheitsstrafe stattzugeben ist. weil durch den Entwurf die Interessen des Reiches ein« schwere Schädigung erfahren konnten. Da aber das Gericht Dr. Müller soweit kennt, daß er niemals bewußt unehrenhaft handeln wird, weil er an die Wahrheit seines Vorwurfs sicher glaubt und auch geglaubt hat. daß sein Vorgehen gegen Dr. Stresemann dem Ausland dienlich sein wird, hat das Ge- rusungSqericht eS bei der vom Schöffengericht ausgesprochene« Strafe belassen. Zum Schluß führte der Vorsitzende aus: Es sind dem Ge richt und einzelnen Personen des Gerichts verschiedene anno- nyme Schreiben mit niedrigen Angriffen auf sie. auf Litwin, die Juden usw. zugegangen. Ein solches Verfahren, mit giftigen Pfeilen aus dem Hinterhalt zu schießen, verrät eine derart niedrige Gesinnung der Briefschreiber, daß sich das Ge. richt mit Verachtung von dem Schmutz abwendet. Damit schloß die Verhandlung. Wie wir erfahren, wird die Verteidigung desAngeklag. t e n gegen das Urteil d«S Berufungsgerichts die Revision beim Reichsgericht ««melden. Die S t a a t s a n w a l t s ch a f t ist sich über diese Frage bisher noch nicht schlüssig geworden. Zivilklage Lttwins gegen Dr. Müller Die ganze Prozeß,naterie wird, abgesehen von der Revision, voraussichtlich auch noch den Gegenstand einer Zivilklage des Vorsitzenden der Evaporator - A. - G.. Generaldirektors Litwin gegen den Rechtsanwalt Doktor Müller auf Schadenersatz für die Evaporatvr-A-G. bilden. Litwin will dabei durch Dokumente Nachweisen, daß infolge der Angriffe Dr. Müllers der Evaporator-A.-G. Verluste entstanden sind, indem namhafte Geschäftskontrahenten sich plötzlich von der Evaporator-A.-G. zurückgezogen haben. Nach dem Bekanntwerden des Termins der Bcrusnngsvcrhandlnng soll der Evaporator ein Geschäft. daS allein einen Umfang von mehreren Millionen hatte «nd bereits fest vereinbart war, mit ausdrücklicher Bezugnahme ans die bevorstehende Bernsungsverhandlung rückgängig gemacht worden sein. Ein preußischer Protest in Sachen -es Schulgesetzes. Berlin, 19. Juli. Die preußische Unterrichts- Verwaltung hat beim Reichsinnenininister von Keudell gegen die Ansschließnng der Unterrichtsverwaltnngen der Länder bei der 'Vorbereitung des ReichSschnlgesetzeS protestiert. Der frühere Minister Schiele habe den Ländern Gelegen heit gegeben, rechtzeitig ihre Wünsche zu äußern, und Minister Külz habe wiederholt versprochen, die Länder über seine Pläne zu unterrichten. Besonders bedenklich sei, daß Minister v. Keudell es nicht einmal für notwendig befunden habe, den Achterausschuß zur Sachverständigenberatung mit heranzuzielien, der berufen sei, an Stelle des früheren Reichs- schulausfchusses dem Reichsministerium des Innern Gut achten in unterrichtlichen Fragen zu erstatten. Bei dieser Ge legenheit wird »nitgeteilt, daß der Sachbearbeiter des Reichs schulgesetzes. Ministerialrat Dr. Löffler, am Freitag bei der Vorlegung des Schulgesetzes im Reichsrat nicht anwesend »var. Auf die Abwesenheit Dr. Löfflers werden auch grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über ver schiedene Bestimmungen der Vorlage znrückgeführt. Zwischen den UntcrrichtSvcrwaltungen der Länder schweben Erörte rungen über die Frage, ob der Entwurf dqs Rcichsschul- geseyes als verfassungsändernd anzusehen sei oder nicht. Sowjekumlrlebe auch in Bolivien. Buenos Aires, 18. Juli. Die bolivianische Regierung hat drei Verschwörungen aufgedeckt, von denen eine angeblich bezweckte, den Präsidenten festzunehmen oder zu töten, und hierauf die Sowjetrepublik auszurufen. Der Führer der Verschwörer ist mit neun Kommunisten verhaftet worden. Dienstag. IS. 2«N 1«27 OerMches und Sächsisches. «nropalagnng -er Deuifcheu Verbände Die Leitung der vorn 26. bis 39, August in Dresden mit» Leipzig stattstndenden Eurvpatagung der Deutschen Verbände tm europäischen Ausland, deren Vorbereitung der Bund der AuolandSdeutschen und der Anslandsbund deutscher Krane» übernommen haben, wird in den Händen des Präsidenten deo Bundes der Ausländsdeutschen, Gouverneurs ». D. Dr. Schnee, liegen. In dem EhreuanSschuß der Tagung sind u. a. daS sächsische Gesamtmtnisterlum, die Städte Leipzig und Dresden, die sächsische Industrie und das Leipziger Messe, amt vertreten. Auskunft über die Tagung erteilt der Bund der Ausländsdeutschen. Berlin C. S, Klosterstratze 7V, der auch Tetlnehmeranmeldungen entgegennimmt. —* Sei« 7V. Lebensjahr vollendet heute Dienstag der Rechtsanwalt beim Reichsgericht Geh. Justtzrat Dr. Georg Wildhagcn In Leipzig. Wtlbhagen gehört zu den an. gesehensten deutschen Juristen. Er ist Vorsitzender des Vor. standeS der Anwaltskammer beim Reichsgericht und seit mehr als 29 Jahre» Mitglied der „Ständigen Deputation*. Er ge- hört zu den hervorragendsten Vertretern auf dem Gebiete -cs geistigen und gewerdlichen Rechtsschutzes. —* Außergewöhnliche Auszeichnung einer studentischen Korporation. Der an der Universität Leipzig bestehenden Landsmannschaft Ehcrusta, die tm Weltkriege be sonders schwere Verluste erlitten hat, und die dieser Tage ihr 50sähriges Bestehen feiern konnte, wurde anläßlich der Uebcr- gabe einer neuen Fahne vom König Friedrich August ein Fahnenband in den Farben des Königlich Sächsischen V e r d i e n st o r d en S gestlstet, das im Austrage des Königs Generalarzt a. D. Dr. W e ick c r t als A. H. der Landsmann, schast überreichen und an die neue Fahne anheften durste. —* (8t.) Sendungen au die StaatSregiernng. Innen, minister Dr. Apelt. Ftnanzminister Weber sowie Arbeits. und Wohlsahrtsminister El Sn er befinden sich zurzeit in Ur. laivb. Ihre Vertretung liegt tu den Händen des Minister. Präsidenten. Um unliebsame Verzögerungen zu vermeiden, wird empfohlen, für das Innen-, Finanz- sowie Arbeits- und Wohlfahrtsmtnisterium bestimmte Schreiben nicht an die Adresse der beurlaubten Minister, sondern an die zuständigen Ministerien selbst zu richten. —* Wassengebranch der Forstdeamten «nd Forstfchntz- angestellten. Das F-inanzminifterium hat eine Verordnung an die Forstämter erlassen über den Waffengebrauch der Forß- beamten usw. in Verbindung mit dein der Polizei, und Gcndgrnierlebeamten und deren Verhalten bet Unruhen. Die darin enthaltenen Bestimmungen finden auch auf die mit dem Schutze der staatlichen Forsten. Jagden und Fischereien be auftragten Beamten und Angestellten Anwendung. Diese sind daher befugt, bei Ausübung ihres Dienstes auch dann von ihren Waffe» Gebrauch zu machen, wenn sic nicht zugleich in Ausübung einer ihnen für den selbständigen GutSbezirk des Reviers übertragenen allgemeinen Polizeiaufsicht tätig sind. —* Ansbilbung staatlich geprüfter ländlicher HanShalt- pflegerinnen. Dos Ministerialblatt für die sächsische innere Verwaltung enthält in seiner Nummer vom 15. Juli eine Verordnung über die Ausbildung staatlich geprüfter ländlicher Haiishaltpflegerinnen. Diese enthält: Aufnahmebedingungen, Uebergangsbestimmungen sowie Ausbildungslehrgang, Lehr planübersicht und Prüfungsordnung. —* Erster Artillcristentag in Görlitz. Am Sonnavend, Sonntag und Montag fand in Görlitz der Erste Allgemetne Artilleristentag des Freistaates Sachsen sowie der Provinzen Brandenburg und Schlesien statt, zu dem zahlreich« Mord- »urigen mit ihren Fahnen, besonders aus der Umgegend von Görlitz, eingetrosfen waren. Außer festlichen Veranstaltungen umfaßte bas Programm am Sonnabend ein Biwak an der Ttadtgrenze auf Leschwiher Gebiet und einen Fackelzug durch zahlreiche Straßen der Stadt sowie am Sovntagror- mittag einen FeldgotteSdienst ans dem Frie^-richsplatz, bei dem Pastor Hermann Schmidt-Görlitz die Fest predigt hielt. Z' > S. I». I.ippolr> soffen- u. l.Sdsk^si'snfsbi'ik 1>omps1ers1r«as 6 Oigmsl-frokkkoffsl-. Zetik-snk- u. t^olrkoifs«'. l-scisk- unc! fibsi-koffsr, vclmsutasetisn. Hktsuisseksn, l.eclsnvsi'su aUsr in jsciar prsistng« V- Max Liebermann. Zuseinem 89. Geburtstag am 29. Juli. Max Liebermann, der führende Meister der Freilicht malerei und der impressionistischen Richtung in Deutschland, der Vorsitzende der Berliner Akademie, kann ain 29. Juli das Fest des 89. Geburtstages feiern. Ueberall »vird sein Name gepriesen werden, und inan wird darauf Hinweisen, daß er- ciner der eben nicht zahlreichen Künstler in Deutschland ist, deren Werke Weltgeltung haben, die, um es mit einem Fremd wort zu sagen, internationale Bedeutung aufweisen. Sein Leben ist das Leben eines Glücklichen und aerade sein biblisches Alter ist gekrönt von Erfolgen seiner Geistesanschauung, der Ideen, die er vertreten hat. der Meinungen, die er nicht nur als Maler, Radierer' und Lithographiekünstler, sondern auch als Führer der von ihm geleiteten Kunstkrcise, als Organi sator. als Persönlichkeit Geltung zu verschaffen suchte. Sein höchster Erfolg fällt sozusagen zusammen mit der nationalen Verkümmerung, wie wir sie seit >9l8 vor uns sehen, mit dem Hochkommen internationaler Bestrebungen, mit der Herrschaft des „guten Europäers", der bemüht ist. das Deutsche zurück- zndrängen gegenüber einer Betonung des Westeuropäischen, des Internationalen. Wenn man auch durch das ehemalige Kronprinzenpalais schreitet und sieht, wie der beste und größte Saal öer Gemäldegalerie Liebermann allein gewidmet ist. und enie einzigartige Schau seines Schaffens bietet, so empfindet man deutlich, daß hier ein bedeutender Künstler spricht, zugleich aber auch ein Meister, der in Paris, London oder Neuvork genau ebenso möglich wäre, wie gerade in Berlin. Und das ist die ernste Seite dieser sonoren Symphonie von guten Kunstwerken würdiger und lebensechter Haltung. Ein Saal, gefüllt mit Merken von Hans Thoma. von Arnold Nöcklin, von Mar Klinger, ia sogar von Fritz von Uhde oder Lovis Corintb. Wilhelm Trübncr oder Max Slevogt. um ganz verschiedene Richtungen zu nennen, würde nie in diesem Sinne international wirken können: so verschieden diele Namen sind, so verschieden ihre Kinistübung, eins, der lautere oder leisere Duft des Deutschen ist ihnen eigen, wir sind bei ihnen tm eigenen Hause. Hier im Liebermannsaal sind wir in West europa, Max Licbermann entstammt einer wohlhabenden Kaus- Mannssamilie dcS alten Berliner Westens, in -er di« Tra ditionen der Rachel Lcivin, der Henriette Hortz und des Mendelsohnschen Kreises lebendig waren. Er »var zuerst Schüler von Stesseck. ging 1868 nach Weimar, wo er von dem von -er großen belgische» Historienmalerei beeinflußten Pau- wels aus Paris hingewicsen wurde. Kurz nach dem Kriege "1879/71 besuchte er zum ersten Male Holland. daS in Her Folge für seine künstlerische Entwicklung als Land seiner Modelle so wichtig werden sollte. Seit 1873, zu einer Zeit also, als Frankreich noch Feuer sprühte, wenn es einen T-eutschcn sah. befand sich Liebermann in Paris, zuerst als Schüler des unter dem Namen seines Geburtsortes Munkacsy bekannten Michael Lieb. In den Sommern 1874 und 1875 weilte er in» Mekka der Freilichtmalerei, in Barbizon, in enger Verbindung mit Manet. Millet und Degas. Nach längeren Aufenthalten in Italien und München kam er 1884 nach Berlin, in seine Gc- burtsstadt, wo er seitdem wirkte. Er hat tm Laufe seines reichen und tätigen Lebens alle erdenklichen Ehrungen Deutsch lands und des Auslands auf sich vereinigt. Er ist Ehren doktor der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin, besitzt die großen goldenen Medaillen von Berlin, München. Paris, Dresden. Antwerpen, Venedig, ist Ehrenmitglied der meisten Akademien des Festlandes und Ehrenpräsident der Berliner Kunst-Akademie. Als er vor fünf Jahren seinen 75. Geburts tag feierte, hat er eine kaum zu messende Fülle von Ehrungen aller Art erfahren. Sehr bezeichnend ist. was sein Parteigänger Richard Muther von seiner agitatorischen Tätigkeit schreibt „Die welt ferne Einsamkeit, in der ein Lcibl oder MarZes sich wohl fühlt«, war seine Sache nicht. Es ging ihm nicht in den Kopf, daß ein deutscher Maler notwendig ein verkanntes Genie zu sein hätte. So hat er, um sich durchzusetzen, sich nicht nur seines Pinsels bedient, er hat auch den Verkauf seiner Werke mit Nachdruck betrieben. Sr schreibt, er hält Reden, sucht den Geschmack der Gesellschaft zu bestimmen, hat mit der Presse, mit den Kritikern stets guten Verkehr gepflegt, hat eS ver- standen, di« künstlerischen Kräfte Berlins zu sammeln und in den Dienst seiner Gedanken zu stellen. Das machte ihm manchen Gegner, selbst unter denen, die ihn alK Künstler schätzten. Diktatoren sind eben niemals bcguem." Und dann finden wir »venige Zeilen später das folaende bedeutsam« Zu geständnis: „Doch selbst wenn man zugibt. daß Liebermann kein Originalgenie »var. -aß er. von einem wohlorganisierten Geschmack geleitet, nur das nach Deutschland importierte, »vas aiiderwärts durch Courbet, Mtllet und Israels, durch Manet und Degas längst zum Siege geführt war. muß man anderer seits anerkennen, daß er auf der Basis dieses aufnehme,»den Verständnisses Werke hervorbracht«, die mit zu den besten des modernen Europa zählen." Und wenn wir hinzirsetzen. -aß In diesen Werken alle» ist. was man von einem Kunstwerk ver. langen kann, das in Deutschland entstand, monumentale Größe der Aufsassung, feine und starke Fertigkeit, geistvolle Charak teristik. sprühender Ausdruck, erstaunliches Gefühl für momentan« Bewegung, so mag man nicht verübeln, wenn ein» vermißt wird, »er tief« Slang deutscher Seel«, daS Empfinden für deutsches Wesen und deutsche Landschaft, gerade daS, was über die Kunstübung hinauswcist in das geheimnisvoll« Land, in dem man entweder zu Hause ist oder ewig fremd -leibt. Das deutsche Wunder, das wir bei Thoma, Klinger, Bücklin, bei llhdc, Lcibl, Menzel und so vielen Kleineren beglückt fühlen — im große» und mit so bedeutenden Werken der Mal- kunst angcsülltcn Liebermannsaale verläßt es uns. Frank Lyskirchen. Kunst und Wissenschaft. Durglheater-Dastsplel tm Schauspielhaus. „Die Kinder". Nach drei englischen Lustspielen ein deutsches: „Die Kinder" von HermannBahr. ES zeigt sich, daß da doch mehr Gehalt und Menschcnzcichenkunst drin steckt, als tn den oberflächlichen Gcscllschaftöstückcn, die jetzt von England herübergebracht werden und die im geistigen Gehalt etwa den Salonstücken der Zeit Moserö und SchönthanS entsprechen. Das bessere deutsche Lustspiel verzichtet nicht auf Problematik nnd rührt immer irgendwie an tiefere Saiten. ES steht immer irgendwo auf der Kippe, ins Tragische nmzuschlagen. Darin zeigt sich eben niiscre schivercre Art. Bahr hat davon wenigstens so viel, um sein leichtes Handlungsgerüst mit einigen gewich tigen Steinen zu beschweren. In dem Lustspiel „Die Kinder', das nach dein großen Erfolg von „Konzert" anf die Bretter kam, streift er so allerhand bedenkliche Dinge, ohne sie zu Ende zu denken oder zu ernsthaftem AuSgang zu führen. Andere haben die angeschlagenen Motive dnrchgeführt. So Schnitzler im „Einsamen Weg" die Frage, ob geistige Bater- schajt nicht ebenso fest oder fester sein kam», als körperliche: so Gustav Wied in der „Abrechnung" die peinliche Aufdeckung, baß von zivei alten Freunden jeder des anderen Frau besessen hat. Bahr tippt das hinter diesen Motiven liegende seelische Gefahrenbereich nur an und ivendet alles zum Besten, indem die Kinder ziveier Freunde bas vermeintliche Hindernis ihrer Eheschließung durch Aufklärung ihrer wirklichen Abstammung beseitigt finden. So locker das gemacht ist, so leichtfertig mit wichtigen Fragen des Blutes gespielt »vird, es hat doch einen gewissen Schick und Griff, der nnS festhält und beinahe ein wenig ans Herz rührt. Das ist Art des deutschen Lustspiels, Die Wiener Gäste fühlten sich sichtlich darin heimischer. Zwar trägt die Vorstellung als Ganzes auch noch nicht die volle Einheitlichkeit de» Tones und zeigt nicht die letzte Zu sammenstimmung aller Teile, aber sie hat doch am meisten
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