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Geschichten und Anekdoten. Ulrich Schopp und seine sechs Kunden. 3-or mehreren Jahren lebte zu Kneiphausen ein Gastwirth, Namens Ulrich Schopp, der hatte sechs Kunden „Wie? nicht mehr als sechs Kunden?" Ei, warum nicht gar?' Kunden mehr als zu viel! Die Weiber des halben Dorfs klagten über seine gute Kundschaft, und der Pfarrer pflegte von dem Schoppischen WirthShause, das keine dreißig Schritte von der Kirche stand, zu sagen: bei uns trifft das Sprüchwort buchstäblich ein — wo der liebe Gott eine Kirche hat, da hat der Teu fel eine Kapelle. Unter den vielen Kunden zeichneten sich aber die sechse, von denen ich reden will, vorzüglich aus. Sie waren-das tägliche Brot in der Schenke. Des Vormittags tran ken sie im Vorbeigehn ihren Schnapps; des Nachmittags fehlte selten die Hälfte; dcö Abends aber und die halbe Nacht saßen sie bei Trunk und Spiel unausgesetzt beisammen, wenn nicht ein besonderer Umstand den einen oder den andern zurückhielc. An das Heim gehn dachten sie nicht eher, als bis keiner mehr im Stande war, das Acht zu putzen. Riegen ihrer Liederlichkeit und Vollerer hat ten alle Sechs Spitznamen. Der eine hieß Schluck, der andere Zapf, der dritte- Schnapps, der vierte Trumpf, der fünfte Spitz und der sechste Tirmel; und wenn von einem liederlichen Sitzling die Re de war, der eben nicht zu diesem doppelten Klccblatte gehörte, so pflegte man ihn nur den zweiten Schluck, oder Trumpf, oder Armes zu nennen. Natürlicherweise ging bei dieser Lebens art selten ein Tag ohne dumme und liederliche Streiche vorüber. Sie verschwendeten dis edle Zeit, versäumten die Gelegenheit zum Verdienst, versplitterten in Trunk und Spiel das Geld, verwahrloscten die Kinderzucht, schlossen nachtheilige Hcmdelschaften, ent zweiten sich mit ihren Weibern, kamen um die Gesundheit, und nicht selten, bei ihrer Trunkenheit, in Lebensgefahr. Am unglücklichsten war Meister Tir« mel, ein Leinweber. Nach einem unglück lichen Spiele, bei welchem er nicht nur sein« ganze Baarschaft verloren, sondern auch noch Spielschulden gemacht, und sich darauf, zur Verjagung der Grillen, betrunken hatte, kam er in später Mitternacht nach Hause. Sein