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71. Jahrgang. As ISS Abenö-Ausgabe Mittwoch, «. April 1827 Gegrllndek 1850 Drabtanickrist- Nachricht«» Dre.d«» Fcrnwrccher-Sammelnummer r LS 241 Nur iür Nachleeipräche: 20Oll vom l. bis >5. April >»27 bei läglick, zweimaliger Zustellung irci Haus I.SOMK. ^"ol1As-L!)LUUl)k Postbezugsvrcis iur Monat Avril l Mark ohne PostzustcUungsgebübr. Einzelnummer »0 Pseunia Die Anzeigen werden nach Goldmark berechnet - die einspaltige Z0 mrn breite Ksn,as«,on-KUnoilo- Feile Zü Psa.. lür auswärts K Psg. Fannlienan,eigen und Stellengesuche ohne ^öktzlstz. Rabatt lü Pka . auherbalb 20 Psg.. die 00 mm breite Reklamczeue >50 Psg., aunerbalb 2N0Pfg. Offertengcbübr iOPsg. Ausw.Austräge gegen Porausbezablg. Schriftleitung und Hauvtgeschästsstclle: Marienstraste OS,42 Druck u. Verlag von Ltevich ck Reichardt in Dresden Postscheck-Konto lOSS Dresden «W Nachdruck nur mit dculltcher Ouellenangabc «.Dresdner Nachr.'I zulässig. Unverlangte Schriftstücke werden nicht aufbcwak't Berlin nimmt an der Adria-Kommission teil. Die Reichsregierung erklSrl sich aus Anfrage Englands und Frankreichs grundsätzlich bereit. Die russische Botschaft in Peking von Soldaten Tschanglsolins beseht. — Neue Deutschenkiindigungen in Katlowih. Die Bedingungen der Aeichsregierung. sDrahlmelduiig unsrer Berliner Schristleiluiig.t Berlin, ii. April. Bei der deutschen Negierung ist nun- meln daü Ersuchen Frankreichs und Englands wegen Be teiligung an einer Kommission, die in Erwartung der Beilegung des italienisch-jnstoslawischen Konflikts durch direkte Verhandlungen seitens der beiden Länder bei etwa cintretenden Zwischenfälle» ausklärend uiirkcn soll, ein- qcgailgkn. Die RcichSrcgicrunghat sich grundsätzlich de re i t e r k l ä r t, sich in der Kommission vertrete» zu lassen, unter zwei Voraussetzungen, nämlich der, das, Italien und Hiisioiiawicn mit der Einsetzung der Kommission einverstanden sind, und,ium andcrn. das, die Fnnktionen dieser Kommission klar umschrieben werde». Die neutrale Haltung, welche Deuischland in der Frage bisher geübt hat nnd weiter üben wird, ist sowohl im Völkerbünde wie in Belgrad mit Bc- sricdigung begrüßt worden. England schlägt ein Balkan-Locarno vor. Belgrad, st. April. In den politischen Kreisen Belgrads «erfolgt man mit lebhaftem Interesse die bereits aufgenvm- iucncil Verhandlungen zwischen Mussolini und dem jugo slawischen Gesandten in Rom. Ter englische Gesandte in Belgrad, Cnnard, hat der jugoslawischen Regierung den Borschlag unterbreitet, durch eine» gemeinsamen Vertrag '.slaliens, Jugoslawiens, Griechenlands und Vnlgariens die Unabhängigkeit Albaniens sicherznstcllen. Dieser Vertrag könnte schließlich in einem Balkan-Locarno enden. Italienische Dynasiiepliine für Albanien. Belgrad, st. April. Seit einige» Tagen sott von maß gebender italienischer Seite eine Fühlungnahme mit dem montenegrinischen Königshause hergestellt morden sein. Der Zweck dieser Fühlungnahme sei, für de» Fall, daß A ch m c d Zogu in Albanien sich nicht halten könnte, einen monte negrinischen Prinzen zum Regenten von Albanien cinzusetzen. Dazu ist zu bemerken, daß die Königin von Italien ans dein montenegrinischen Königshause stammt. sT.-U.j Perttnax zum ilallent ch-ungarischen Vertrau. Paris, st. April. Zu der gestrigen Unterzeichnung des italienisch-uugarischcn Vertrages in Rom wirst Pcrtinax im „Echo de Paris" die Frage ans, ob man in dem Vertrage ebenso wie in anderen die N e u t r a l t t ü t ö k l a u s c l finde. Rach dem Geiste und dem Buchstaben des Nölkcrbunds- paktcs gebe es keine Rcntralität. Aste Völkcrbundsstaatcn seien moralisch verpflichtet, gegen die Angreifer z» marschieren. Es könne sich daher keine Macht die Handlungsfreiheit gegenüber einer andere» Macht Vor behalten. Die gegenwärtige Stunde sei für den Völkerbund sehr grausam. Ohne Lärm und Aufhebens sei soeben der albanische Konflikt der Rechtsprechung des Völkerbundes ent zogen worden. Wird ihm jetzt, so fragt Pcrtinax, ein neuer Schlag versetzt'? Es sei schwer, i» dem jugoslawischen Konflikt nicht eine Warnung an Belgrad zu erkennen und über Belgrad hin weg a» die drei Länder der Kleinen Entente. Der Duce habe in Atbc n und B » k a r c st ans die Isolierung des jugoslawi schen Königreiches hingcarbeitct. Er habe nichts vernach lässigt. was die Zusilmmenarbeit derjenige» schwächen oder be grenze» müsse, die sich in das Erbe HabSbnrgs teilen. Diesen Versuch setzt er nun fort, indem er mit B u d a p e st einen Ver trag schließe. sT. U.) Neue Deutschenenilassungen in Polnisch- Oberschlejien. Berlin, 6. April. Wie aus Kattowih gemeldet wird, hat non der letzten, in Aussig in Böhmen abgchallcuen Auf- sichtsralSsitzung der Königs- und Laurahüite der polnische Generaldirektor Ktdron ein Schreiben dcS Aussichlsrats milgebracht, in dem dem Dberbcrgwerksdircktor Pietsch mit geteilt wird, daß er zunächst einen dreimonatigen Urlaub er halte, und daß man dann auf seine Dienste verzichte. Der Inhalt dieses Schreibens wurde i» dem Blatt des Wviwoden bereits veröffentlicht, ehe Pietsch selbst es in de» Händen hatte. Der Vertrag Pietschs mit der Königs- und Lanrahiiitc läuft noch süns Jahre, so das, dessen Entlassung der Gesellschaft ziem lich teuer wird. Die Entlassung ist aus das Betreiben des Woiwoden zu rückzusührcn. Pietsch steht über 20 Jahre im Dienste der Gesi-glumst. Sei" NachioGcr ist bereits ernannt. Es ist ei» polnischer Ingenieur —. Begründet wird die Entlassung da mit, daß Pictk ^ bei der Kintigung von Hilfsarbeitern, die infolge des Rückganges des Kvhlcnabsatzes notwendig ge worden ist, angeblich hauptsächlich polnische Arbeiter hcraus- gegrissen habe. Nun ist eine neue Liste der zn Entlassenden ausgestellt worden, die nur Namen ausschließlich dentlchcr Arbeiter enthält. Im ganzen ist etwa KON» Mann gekündigt worden. Diese Maßnahmen sind eine offenbare Verletzung des Genfer Abko m m c n s. Ferner sind Ergichuiigsberechtigtc ans Gründen befragt worden, die mit der Frage der Mindcr- hcitsschulcii zusamuienhängen. Das bedeutet eine Verletzung der Entscheidung des B ö l k e r b u n d s r a t S. Das Grabmal eines Deutschen geschändet. Myslowitz, 6. April. In der Nacht zum 5. April wurde auf das Grabmal deS Pfarrers Brcslcr, der den Polen als ausrcchter deutscher Mann verhaßt war, ein Dimamit attcntat verübt, wodurch das Grabmal zerstört wurde. Die russische Botschaft in Peking gestürmt. Ein Kan-sireich einer Ableitung Nordlruppen. Peking, st. April. lReiiter.s Etwa hundert Soldaten TschangtsolinS. die gemäß einer vom diplomatischen Korps Unterzeichneten Ermächtig»»« handelten, drangen heute morgen, begleitet von bcwassncter Polizei, in die Botschaft der Sowjetrepublik ei». Ein Schuß siel. Daraus wurde ein Russe aus dem Gebäude hinansgcworseu, gefesselt und in einem Automobil sortgebracht. ViS jetzt wurden etwa sechs Russen und zwanzig Chinesen zur Polizeiwache gebracht. Ei» Maschinengewehr, 18 Gewehre nnd zahlreiche Munition wurden in der Botschaft beschlagnahmt. Der Geschäftsträger der Sowjets und nnderc Beamte der Botschaft sollen in ihren Amtszimmern in Hast gehalten werden. Die Truppen halten die ganze Botschaft besetzt. An deutscher amtlicher Stelle war eine Bestätigung dieser Nachricht nicht zu erhalten. Nach einem drahtlose» Telegramm aus Nanking hat ei» Flugzeug der Nordarmec drei Bomben auf Nanking und zwei ans eine Stadt in der Nähe von Pnkaii geworfen. iW. T. B.s Englische un- japanische Vorsichtsmaßnahmen in China. London, st. April. Wie aus Tientsin gemeldet wird, hat das dortige englische Generalkonsulat alle im Innern der Provinze» Ehtli und Honan lebenden Engländer ansgesvrdcrt, sich an die Küste zu begebe». Der gleiche Rat ist auch für Frauen und Kinder erteilt morde», die i» der nähere» Um gebung Tientsins leben. Die Veranlassung dazu ist i» der Verschärfung der allgemeinen Lage zu suche». Es verlauset, daß der frühere Tupan der Provinz Ehili. Li- Ehingli», von Tientsin aus einen P u t s ch g e g e n M n k. den plant. Li wollte mit etwa löst a»S dem Süden in Tientsin eingetrofsene» Agitatoren einen Aufruhr in Mnkden ent fachen. Der Nordpariei. die rechtzeitig von diese» Absichten Kenntnis erhalte» hatte, gelang es indessen, die Pläne Lis zu durchkreuzen, so daß die Gefahr von Unruhen vorläufig beseitigt scheint. Mit diesen Ereignissen steht cs wohl auch im Zusammenhänge, daß den britischen Staatsangehörigen amt lich geraten worden ist, die iiincre Mandschurei zn verlassen. Wie aus Tokio berichtet wird, hat die japanische Regie rung beschlossen, alle japanischen Staatsangehöri gen aus dem Innern Chinas z u r ü ck z u z i e h e n. bis eine endgültige Regelung zustande gekommen ist. Das soll darin das beste Mittel sehen, dem zu helfen, bis mit einer verhandlungS- ncne Verträge abgeschlossen werden japanische Kabinett chinesischen Nachbar fähigen Regierung können. sT. U.s Eine bemerkenswerte Feststellung. In einem Artikel über die Vorgänge in China in der „Vossischcn Zeitung" kommt der zurzeit in Peking weilende außenpolitische Redakteur des Pariser „Matin", Julcö Sauer wein aus Grund der ihm berichteten und von ihm beobachteten Vorfälle zn der Uebcrzeugnng, daß der den Deutschen im Versailler Vertrag aufgczwungcnc Verzicht ans exterritoriale Rechte in China der Anfang vom Ende der europäischen Sonderstellung in China gewesen ist. Keine Wassenverschissung nach China önrch deutsche Reeder. Berlin, st. April. Der tzierband -er deutschen Reeder bat, wie ans Hamburg gemeldet wird, beschlossen, keinerlei Verschissuiig von Kriegsmaterial nach China zu unter nehmen. In ansländischcn Blättern war behauptet worden, das, Deutschland Massen nach China liefere. Tatsächlich sind ja ainh deutsche Waffe» nach China gegangen, nämlich Waffe», die Deutschland »ach de», Versailler Vertrau ab- znliefern batte, nnd die sich »n» in den verschiedensten Ländern befinden, von wo ans sic durch Händler „ach China vertriebe» worden sind. ^ , Die Arbeiiszeilverordnung im Sozial- ausschuß. Berlin, 6. April. Ter Reichstagsausschus; für soziale Angelegenheiten beriet den Gesetzentwurf zur Abänderung der Arbeitszeitverordnung. Seitens der N cgieru » g wurde aus den großen Umfang der Ueberarbcit in gewissen In dustrien hingewiese», wenngleich Mißbräuche nicht in dem Umfange sestgestellt worden seien, wie vielfach angenommen werde. Eine Abänderung der Arbeitszeitvcrordnung könne aber nicht so weit gehen, daß jede produktive Mehrarbeit mit einem Schlage rechtlich beseitigt werde. Eine starre Durchführung dcS Achtstundentages würde der deutschen Wirtschaft untragbare Laste» anscrlegen. Sic ginge nicht nur weit über die Regelung hinaus, die das Washingtoner Abkommen über die Arbeitszeit vor sieht, sondern auch über alles, was, soweit bekannt, t» irgend einem Lande der Welt bisher gesetzlich verwirklicht worden ist. Eine N o t r e g c l u n g und um sie allein könne es sich hier handeln — dürfe nicht das geltende ArbeitSrccht völlig Um stürzen und die endgültige Regelung vorwegnehmen, die das bereits dem ReichSrat vorliegende Arbeitsschntzgcsctz bringen soll. Sic muß sich vielmehr aus die dringlichsten Abänderun gen der Arbeitszeitverordnung beschränken, besonders aus die Beseitigung der beim Erlaß der Arbeitszeitverordnung entstandenen Äusiiahmevorschriften. Dementsprechend wurden die über die Regierungsvorlage hinalisgehcndcn sozialdemokratischen und kommunistischen An träge von der Anoschußmehrhcit abgclchnt. Angenommen wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Absatz 8 zum 8 8, der neu zu diesem Paragraphen in die Arbcitszcitver- vrdniliig ausgenommen werden soll. Dieser neue Absatz lautet: „War die Arbeitszeit tarifvcrtraglich geregelt und Ist der Tarifvertrag seit nicht mehr alö drei Monaten abgelaufen, so dürfen die im Absatz t bczeichiictcn Behörden nicht längere Ar beitszeiten zutage», als nach dem Tarisvcrtrag zulässig gewesen wäre." ES ist 'nämlich wiederholt vvrgckominen, daß Tarifver träge von Arbeitgeberseite gctündigt worden sind, »m nach Außerkrafttreten der tariflichen Arbeitszcitrcgelung durch eine »ach 8 st erteilte behördliche Genehmigung eine längere als die im Tarifvertrag vorgesehene Arbeitszeit bewilligt zn erhalten. Der Ausschuß beschloß alsdann, hinter dem 8 0 der ArbcitS- zcitverordnung folgenden neuen 8 0» einziischalte», in dem es u. a. heißt: „Wird aus Grund der 88 !! bis ti oder 10 Mehrarbeit geleistet, so haben die Arbeitnehmer, mit Ausnahme der Lehrlinge, sür die über die Grenzen des 8 t Abs. 2 und ü hinauSgehende Arbeitszeit Anspruch aus eine angemehcnc Vergütung über den Lohn sür die regelmästige Arbeitszeit hinaus, nnd zwar auch dann, wen» in diesen Füllen gcmäst 8 0 länger als IN Stunden gearbeitet wird. Dies gilt nicht, soweit Mehrarbeit auch nach den 88 2 und 4 zulässig wäre, oder lediglich infolge von Notsällcn. Naturereignissen u. a, erforderlich ist. AtS angemessene Vergütung gilt, soscrn die Beteiligte» nicht nach dem In krafttreten dieses Gesetzes eine andere Regelung vereinbaren oder besondere Umstände eine solche rechtfertigen, ein Zusatz von v. H. Kommt über die Form, die Höhe oder die Art der Be rechnungen der Vergütung In freien Verhandlungen oder im Schlichtungsverfahren keine Vereinbarung zustande, so trifft der Schlichter eine bindende Regelung. Zuständig ist der ständige Schlichter, oder wenn die Sireiiigkeiien seinen Bezirk wesentlich überschreiten, ein vom Reichs«« bciiSministcr gestellter Schlichter. Wird in den Gewerben, die ihrer Art nach zn ge- wiiicn Zeiten des Jahres rcgclmästig zu erheblich verstärkter Tätigkeit genötigt sind, in diesen Zeiten über die Grenzen des 8 l Abi. 2 und 8 h i n a » S g e a r b e i t c i, so kann der Reich»- arhcilSininistcr nach Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und -nchmcr bestimmen, dast die Vorschriften der Absätze I und 2 keine Anwendung finden, soweit die Mehr arbeit durch Verkürzung der Arbeitszeit in den übrigen Zeiten des Jahres ausgeglichen wird," Unter der Geltung der Arbeitszeitverordnung sind vier fach die vor Ihrem Inkrafttreten üblichen Lohnzidschlägc sür die über 48 Stunden wöchentlich hinansgchende Arbeitszeit in Fortsall gekommen. Nach Ansicht der Ausschnsnnehvhcit wirkte die aus solchen Zuschlägen sich ergebende finanzielle Belastung ün Sinne einer Einschränkung entbehrlichen Uebcrarbeit. Es erschien deshalb im Ausschuß zweckmäßig, nnnmehr durch den neuen 8 sta eine Sondervergütung sür Ucber- stnnden gesetzlich vvrzuschreibcii. Die besondere Vergütung soll grundsätzlich dann genmbrt werden, wenn cs sich um eigentliche Mehrarbeit handelt. Hierher gehört die Ermächtig gung des Arbcitsministerinms, an 80 Tagen des Iahreü Mehrarbeit zu verlangen. Ein Zwang zur Gewährung eine« besonderen Vergütung soll nicht ansgeübt werden. Die Vergütung soll ollen Arbeitnehmern zugute- koininen. Nur die Lehrlinge sind ausgenommen, da die Arbeit weniger durch Lparlolm, als durch die Unterweisung nnd durch Sachbezüge entgolten ivird. Dagegen sind die An gestellten trotz gewisser Bedenken cingczoncn worden. Die Vergütung soll grundsätzlich 2ö v. H. der Vergütung für die regelmäßige Arbeitsstunde betragen. Nur wenn die Be teiligten selbst nach Inkrafttreten des Grieves etnnis andere» vereinbaren oder besondere Umstände eine andere Regelung rechtfertigen, soll die Höbe des Zuschlags geringer bemessen werden können. Die Weitcrbergtniig winde g»s morgen vertagt. j