Volltext Seite (XML)
und dann mit schweren Strafen von Kaiser und Papst heimgesucht zu werden. Nohuhn tobte von fanatischer Wuth ergriffen, zumal der Wein noch die Köpfe erhitzt. Sckon dunkelte der Abend und einstimmig ward beschlossen, das Haus des Malers zu überfallen, die Kupfer platten, vor Allem aber das Gemälde, die Bilder stürmer, zu zerstören und zu vernichten, Während der Wirth hinausging, um einen Kienspahn anzuzünden, der in einer Mauernische zur Beleuchtung diente, erhob sich der Fremde un bemerkt von seinem Sitz und stahl sich aus der Runde der wüsten Gesellen, die er zur Rache ge gen den Künstler entflammt. Gar bald war er in seinem Gasthause ange langt, wo seine Diener wegen des langen Außen bleibens ihres Herrn schon in Besorgniß geriethen, da er bekanntlich Geld und werthvolle Ringe an sich trug. Der Same des Unfriedens, den er ausgestreut, war keineswegs auf steinigen, unfruchtbaren Acker gefallen. Nach Verlauf einer Stunde drang ein wüstes Schreien an sein Ohr. Er öffnete langsam das mit runden Glasscheiben versehene Erkerfenster und sah hinab auf die dunkle Straße, welche durch Fackelschein erhellt wr^rde. Besorgt liefen die Bürger des Städtchens zu sammen und fragten sich, was geschehen, als ein wilder Troß empörten Volkes, angeführt von Ro hahn, des Weges einherzog und sich laut in Ver wünschungen gegen den Maler Aldegrevers erging. Viele aus dem Volke, welche die Buchdrucker und Kupferstechkunst damals noch für eine Art Zauberei hielten, stimmten der Anklage gegen den Künstler bei, der immer ernst seines Weges gehe und Nichts von dem Treiben der Welt wissen wolle. Von Straße zu Straße wuchs der wilde Haufe, der sich jetzt nach dem Hause des Malers drängte und unter Toben die Pforte erbrach. Wie empörte Meereswellen wälzte sich das Volk nach und Aldegrevers wurde von Schreck erfaßt, als er den Rohahn in furchtbarer Aufregung an der Spitze von Rebellen erblickte. Noch wußte er nicht, was die Rotte im Sinne habe, ec glaubte, es" gelte das Leben seines Kindes, weshalb er hastig den Knaben ergriff und ihn an seine Brust emporraffte. Als er aber sah, wie die Thür zum Erdgeschoß mit Gewalt gesprengt wurde, als er bemerkte, wie man in sein Atelier drang, um sein Bild zu zerstören, um das Kind seines Gefftes zu vernichten; da schrie er laut ayf. Schon war die Schaar unten mit Fackeln ein gedrungen, schon hatte Rohahn mit nerviger Faust das Gemälde, die Bilderstürmer, erfaßt, um es hinauszutragen in den Hof, damit die Gluth der Flamme hineinschlage und es verzehre für immer, da kam der fromme Bruder Anselm durch den wilden Pöbelhaufen einhergestürzt, entriß dem Räuber das Gemälde und rief mit weithin schal lender Stimme, indem er das Bild mit einekn Crucifix beschirmte: Zurück, Ihr Frevler an der Kunst und Gottheit zugleich. Fluch und Bann über das Haupt, welches wagt, hier Frevelhand an das Werk der Kunst zu legen. Das von Fackelschein geröthete begeisterte Ge sicht des Mönches, die erhobene Hand mit dem Schnitzbild des Erlösers am Kreuz, dies Alles wirkte so mächtig, daß die Empörer auf die Knie fielen und rings herum eine tiefe Stille eintrat. In diesem Augenblick ertönte die Sturmglocke, der Rath der Stadt ließ alle Bürger mit Ober- uüd Untergewehr zur Dämpfung des Aufruhrs entbie ten. Von allen Seiten kamen die Bürger herbei und flüchtig zerstreute sich die Menge. Aus dem Thor des Gasthofes, wo der Fremde Herberge genommen, ritten jetzt drei Reiter, tief in ihre Mäntel gehüllt. Gar bald erklang der eiserne, weithin schallende Hufschlag ihrer Rosse. Am Saum des Waldes aber stand ein Mann, dessen Feuerauge hinausstarrte in die Nacht, in dessen Brust noch der Aufruhr tobte und vergebens die Flamme des Grolls und der Rache zu däm pfen suchte. Fortleben! flüsterte er, fortleben soll ich als — Bilderstürmer, als — Kirchenräuber. Ich, der ich gedient in allen Ehren und treu an meiner Kirche gehangen zu' aller Zeit. Durch seine Kunst, die dem Himmel dienen soll, hat er mich geführt auf den Weg der Hölle. Fluch über die Stunde, wo ich ihm arglos saß zu dem Bilde; ich brachte ihm Ehrlichkeit und Vertrauen und er an mir eine Dieberei. Wohlan! das Kind seines Geistes ihm zu rauben, und zu vernichten ist mir nicht gelungen, das Andere soll mir nicht entgehen, das Kind — seines Leibes. Erwin, des Vaters letzter Trost, er der Ueber- lebende von fünf Geschwistern, am zwölften Jahrs tage seines Lebens sollte er dem Engel mit der umgekehrten Todesfackel begegnen. 'Drei Tage nach dem Aufruhr, wo man des Malers Meisterwerk, die Bilderstürmer vernichten wollte, spielte der Knabe Erwin im Garten des Hauses. Doch bald des Spielens müde, lenkte er seine Schritte nach der alten verfallenen Garten mauer um sich einige Blumen zu pflücken, die er dann abzeichnen und ausmalen wollte, mit gar schönen, bunten Farben. Da, als er einige Blu men gepflückt und solche mit kindlichem Gemüth