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7V. Fahrgang. AK LS6 Donnerakag^ S. Fnai ISA D»adI<l»IchrV> »«»»ich»«, Dr«,»«,. F»n»Ipr»ckrr-Samm»>numm»r: 20 241. «u» für Nachlg«IprSch«! 20 011. Gegründet 18S8 Bezugs - Gebühr " so Mar». SchrVleUrmg und «avpst^ich»N»««>» wart-ftr»«,, SS,42. Druck a. Varlag von Ul«»sch » Vatchar« l« Draadau. PoIltckack»Aonlo lOSS DraOban» Tlachdrue» nur mit dautltchrr Vuellenanoad» i,Dresdner 4!nchr."> zuISMg Unverlangte SchnltltUck« werden nicht autdewadrt. Englische Fntervention in AegWten? Die MMelmeerslotle in Fahrtbereitschafk. — Ein Schlachtschiff schon nach Aegyplen «nierwegs. Die Grohe Koalition für die Dolksparlei untragbar. — Schars antibeutsche Entscheidungen -er Abrüskungskommission. Englands Bedingungen sür Zagtuls Präsidentschast. <D u r ch Funkivruch.) London, 3. Juni. Der Berichterstatter der „Morning Post" in Kairo meldet, der Ernst der Krisis nehme eher z« als ab. Eine Grundlage für eine Lösung sei noch nicht ge sunden. Der britische Oberkommissar habe am Sonntag bei einer Unterredung mit Zaglul Pascha unter anderem ver langt. daß Zaglul, wenn er Ministerpräsident werbe, solgende Punkte annchmc: 1. Ernennung eines britischen Ratgebers für das Mini sterium des Innern. 2. Zustimmung des Oberkommissars bet der Wahl des Ministers des Innern. 8. Ernennung von drei britischen Ratgebern für das Berufungsgericht. 4. Die Fragen des Sudans und der Oase von Dschcrrabub müßten als erledigt gelten. „Financial Times" erklärt, Großbritannien könne keines falls das teuer erkaufte Recht, die auswärtige Politik Aegrwtens zu kontrollieren und ein wichtiges Glied in den Verbindungen des Britischen Reiches zu schützen, prcisgeben. Wenn Zaglnl Pascha seine Tätigkeit aus die innere Gesetz gebung beschränke, brauche er keine Einmischung zu befürchten. Mn englisches Schiachlschiff nach Aegyplen beorderl London, 3. Juni. Nach einer Neutcrmeldung aus Malta ist das Schlachtschiff „Resolution" nach Aegypten beordert worden. Obwohl außer dem Schlachtkreuzer „Resolution" keine weiteren Schlachtschiffe nach Aegypten beordert worden sind, hat doch ein Teil der englischen Mittelmeerslotte Befehl er halten, sich absahrtsbercit zn halten. Wie der diplomatische Korrespondent der „Daily Mail" berichtet, hält man in maß gebenden Kreisen Londons eine militärische Inter vention in Aegypten für wünschenswert. Ob es dazu kom men werde, hänge allerdings von den Bedingungen ab. unter denen Zaglul-Pascha die Bildung eines Kabinetts übernehme. Der englische Richter im Prozeß gegen die intellektuellen Urheber der Ermordung des englischen Sirdars ist am Mittwoch von seinem Amte mit der Erklärung zurtick- getreten, die Freisprechung von vieren der Angeklagten sei ein wissentlicher Fehlsprnch. Die englische Regierung richtete daraus an die ägyptische Negierung eine Note, in der Die Bedeutung -er Gesamtzahl -er Stimmberechtigten. Di« Nationalliberalc Korrespondenz veröffentlicht folgende sehr beachtenswerte Ausführungen: Während bei Reichstags- und Landtagswahlen die Zahl der Stimmberechtigten sür den AuSgang der Wahlen ohne Einfluß ist. ist cs beim Volks entscheid von größter Wichtigkeit, baß die Gesamtzahl der Stimmberechtigten gcnan ermittelt wird. Bekanntlich ist der verfassungsändcrndc Volksentscheid nur dann siegreich, wenn mindestens 60 Prozent aller Stimmberech tigten für ihn gestimmt haben. Die Parole der nichtsozia listischen und antikvmmunistischcn Parteien lautet auf Wahl enthaltung. Trotzdem ist cs für die Gegner des Volks entscheids nicht gleichgültig, ob sic in den Wählerlisten stehen ober nicht. Um ein Beispiel zu geben: Wenn 2 Millionen Wähler nicht in der Liste stehen würden, die wahlberechtigt sind, dann würden schon 1» Millionen Stimmen znr Durch dringung des Volksentscheids genügen, während im anderen Falle 28 Millionen Stimmen notwendig sind. . Anch für die Gegner des Volksentscheids besteht daher di« Verpflichtung, sich davon zu überzeugen, ob ihre Namen in den Listen eingetragen sind. Wenn das nicht der Fall ist, dann müssen sic die Eintragung sofort veranlassen. Die Losung lautet also: „Die Listen ein- sehen, aber der Abstimmung selbst fernblcibcn." Die Listen werden vom 6. bis 13. Juni ausgelegt werden. Eine holländische Glimme zum Aaubenlscheid. Berlin, 1. Juni. Zum Volksentscheid veröffentlicht die „Deutsche Tageszeitung" die Zuschrift eines Holländers, in der festgcstellt wird, daß jetzt die holländischen Geldgeber zögern und Verhandlungen über neue Emissionen gescheitert sind, weil man erst einmal sehen wolle, welchen Erfolg der Volksentscheid habe. Die prominenten holländischen Wirtschaft ler sehen in dem Volksentscheid Bolschewismus. So schreibt der Siankicr W e st e r o u e n in seinem Wochen blatt: Wir müssen gestehen, der Volksentscheid beunruhigt uns. Wenn die Hälfte plus 1 der deutschen Wähler sich dazu ent schließt, das Privatvermögen einer bestimmten deutschen Gruppe zu enteigne» snachdem diese Gruppe alle Prozesse ge- sie erklärt, sie könne diesen Freispruch nicht als Beweis der Unschuld dieser Angeklagten ansehen und müsse sich alle Maß nahmen zum wirkungsvollen Schutz der Fremden in Aegypten Vorbehalte«. Bor neuen Verhandlungen im englischen Bergbaukonflikl. London, 8. Juni. Nach dem Fehlschlagen der zahlreichen persönlichen und amtlichen Vermittlungsversuche werden, wie die „Times" berichtet, die Grubenbesitzer die Bergarbeiter zur Wiederanfnahme der Verhandlungen aussorderu. Die Regie- rung soll von dem beabsichtigten Schritt Kenntnis haben. In parlamentarischen Kreisen gewinnt die Auffassung an Boden, daß eine Lösung viel eher auf der Basis einer Verlängerung der Arbeitszeit, als auf einer Lohnherabsetzung gesunden werden könne. Der Sekretär der Internationalen Berg- ar-citergemerkschafte« habe bereits eine Verlängerung der Arbeitszeit aus 7^ Stunde« vorgeschlage«. Das werde aller dings von den Grubenbesitzern für eine ganze Reihe von Grubenbczirken als nicht genügend erachtet. (TU.) Ein neues Blutbad in Damaskus. Paris, 2. Juni. Aus Beirut wird berichtet, daß in der Nähe von Kuhettra ein heftiger Kampf zwischen französischen Streitkräften und den Drusen stattgefunden bat. in dessen Verlauf 41 Eingeborene getötet worden sein sollen Gestern vormittag fand wieder eine der bekannten Säuverungsaktionen in, Eingeborenenviertel von Damaskus statt. Einer französi schen Mitteilung zufolge sind bei dieser Aktion etwa 30 Ein geborene erschossen worben. Der Gesamtschaden, der durch die letzte Beschießung des Stadtviertels Meiman entstanden ist. wird auf 700 000 Pfund geschätzt. Etiva 1200 Häuser und 400 Läden wurden zerstört. Die Zahl der Getöteten beläuft sich aus 1800. Unter den Trümmern sollen sich noch an 888 Leichen befinden. Die neuen Kämpfe bet Peking. Paris, 2. Juni. Wie ans Peking gemeldet wirb, hat der Kampf in der Nähe von Peking wieder begonnen. Eine Brigade der Lt-sching-ling-Truppcn habe am Sonnabend bei dornig - town gemeutert und die E i sc n b ah n st r c ck c zerstört. Sie seien entwaffnet morden. Die Verbindung zwischen Peking und Tientsin sei unterbrochen. Die Sno- ming-tschnng-Truppen hätten über die alliierten Truppen, die sich zurückzögcn und sich in der Nähe von Peking verschanzten, einen Vorteil crrnngcn. sW. T. B.) monnen hat) —, welches Schicksal werden dann die ausländi- ichen Gläubiger haben? Der Appetit kommt beim Essen. Wenn man sich auf eine derartige billige Weise seinen Verpflichtungen entziehen kann, so werden die „Ent eignungen" immer schneller folgen. Bald wird dann auch niederländischer Besitz in Deutschland als Freibeute betrachtet werden. Wenn der Volksentscheid durchkommt, wird das niederländische Interesse für deutsche Emissionen bald anfhören. Der Briefschreiber schließt: Mit wem wir auch sprachen, non jedem hörten wir immer wieder, die Enteignung wird alle Kreditmärkte von Deutschland ausschließen, und dann geht es schnell bergab: Krcbitmangel, Krise im Wirtschaftsleben, neue Inflation. Verleumdung oder — ? Berlin, 3, Juni. In der „B. Z. am Mittag" war die Frage aufgeworfen worden, wer die vom Vertreter -es preußischen Innenministeriums in der Landtagssitzung vom Dienstag genannte „führende rechtsstehende Persönlichkeit" sei. die das Vorgehen der Polizei gegen die angebliche« Ncchtspntschc gebilligt und angespornt habe. Das Blatt er klärt. -aß eS sich um eine führende Persönlichkeit der Deut schen Volkspartei handele. Der sozialdemokratische Presse dienst teilt nun dazu mit, daß man in den Wandelgängcn des Preußischen Landtags bereits alS offenes Geheimnis erzählt habe, daß diese Persönlichkeit kein anderer sei als Herr Dr. Gustav Strescmann. der gegenwärtige NeichSaußcn- minister. Die Nachfolge Dr. Neumanns. (Durch Funkspruch.) Berlin, 3. Juni. Laut „B. Z. am Mittag", soll an Stelle des zurückgetretencn Bürgermeisters von Lübeck, Dr. Reu manns, Senator Löwtgs die Bttrgermeistergcschäfte übernehmen. (WTB.) DieLagesordnung für die nächste Reichslagsfitzung Berlin, 8. Juni. Die Tagesordnung für die erste Sitzung des Reichstages nach den Pfingstferien am kommenden Montag, nachmittags 3 Uhr. liegt jetzt vor. Sie enthält zunächst die erste Beratung der Gesetzentwürfe zur Acnderung.dcs Paragraphen 6l des Gesetzes Uber die privaten Versicherungsgesellschaften und über die Gcrichtskostcn und Gebühren der Rechtsanwälte. Ferner soll die zweite Be ratung des Gesetzentwurfes zur Abänderung des Neichs- knappschaftsgesetzes fortgeführt werden. Mussolinis TriumMLge. Von unserm römischen Korrespondenten. Rom, den 30. Mai. Der Zufall ließ mich jenen Pfingstmorgen miterleben, an dem Genua dem Lenker Italiens seine Huldigung brachte, und ich weiß nicht, ob die unvergleichliche Schönheit dcS BildeS oder die alle Grenze» durchbrechende Begeisterung der Men schen in mir den tieferen Eindruck hinterlassen hat. Sicher lich war es eine Gelegenheit wie wenige, die heutige Psyche dieses Volkes zu erforschen, ich nehme das Ergebnis vorweg: der Glaube an Mussolinis Führerschaft geht wetz über die Faschisten und die Jungen hinaus, aber der Faschismus selbst hat im Volk keine bleibende Wurzel. Eine glänzende Regie, bei der die Kosten keine Nolle spielten (obgleich Mussolini, allerdings nur am Tag vorher, die Genueser gebeten hatte, einfach zu sein!), leitete das Ganze; nur die militärische Ordnung war nach unseren Begriffen mehrmals in Gefahr, sich zu verlieren vor lauter Enthusiasmus. Die große Seestadt hat ihre eigene Hafcnmiliz, die sich anscheinend aus Söhnen des mittleren Bürgertums rekrutiert und besser gekleidet und ausgerüstet ist als die oft in sehr verschossenem Feldgrau daherkommenden miiiti aus den kleinen Apenntnenncstern. Der Vorbei marsch dieser Zehntausende vor dem Duce auf der Hafen straße machte elnen stark improvisierten Eindruck; die weißen Zwiruhandschuhc, die sie alle trugen, ersetzten nicht die ver schiedentlich sehr in die Brüche gehende Ordnung, ja bet manchen Erscheinungen mit dem hohen schwarzen Haarturm war man unwillkürlich an afrikanische Krieger erinnert. Auch sind wohl größere Marschleistungen mit Maschinen- gewchrteilcn auf dem Rücken der Leute kaum denk- bar; von Mund zu Mund ging die Rede von tüchtigen Keile reien und Stcchercten zwischen biwakierenden fremden miiiti und solchen aus Genua, natürlich kommt kein Wort in die ZeitungI Ich frage mich, wie die Haltung von hundert tausend Mann dieser Art wäre, wenn sie morgen der Wille des Duce auf österreichische und bayrische Ortschaften loS- ließe, die keinen Schutz haben? Hier in Genua aber war eitel Freude," jene Trunkenheit, zu der der Italiener keinen Wein braucht; stundenlang stan den die Massen aus der weiten Piazza Deferrart, wo Muffo- lint am Sonntagabend sprechen sollte und nicht kam und nicht kam, wo auch keine Gasse für seinen Wagen bereitet war. Endlich nahte der Ersehnte und mußte sich erst den Weg zu -er in Form eines alten Galeerenschnabels gebauten Tribüne bahnen; aber dann hatte er sie auch alle im Augenblickl Und wie aus der Piazza, so bei den klugen Kaufherren und Reedern tm Palazzo San Giorgio und den schmuckbedcckten vor nehmen Frauen in den köstlichen Sälen des alten Muntcipto: da ER gekommen ist, erwarten sie alle de» An bruch einer neuen, großen Zeit. Er selbst fragt dte unübersehbare Menge, dte tags darauf in Pisa den herrlichen Platz um Dom und Taufkapcllc füllt: „Fühlt Ihr sie nicht, die neue Zeit?" Und dann kommt bas Wort von den Bataillonen, in denen das ganze Volk dastchen muß. wenn ER cs morgen fordert! Nicht endenwollende Zurufe antworte» ihm und der Kardinal Maffi gibt seinen Segen dazu. Mit was soll man diese Bereitschaft eines 40- Millionen volles vergleichen, die wir tm heutigen Europa umsonst suchen? Unwillkürlich denken wir an die unvergeßlichen Augusttagc von 1814 im deutschen Land; aber damals war cs bittere Not, die uns zusammenschweißte. Welche Not treibt heute dies Volk, die europäische Gemeinschaft, die den ander» vor Augen steht, zu leug nen und sie zu bedrohe»? Wir sehen mit Erstaunen mtt zu- nchmcndcr Häufigkeit in faschistischen Zeitungen, hören aus der italienischen Kammer, daß man sich von Deutschland bedroht fühle. Jedem, der heute in Deutschland lebt, mutz das wie ein sehr schlechter Witz Vorkommen, und cs wäre die Pflicht der unter uns lebenden, immerhin ziemlich zahlreichen Italiener, die so eifrig den faschistischen Ge danken uutcr sich pflegen leben haben sie eine Tagung aller Faschisten vereine tm Deutschen Reich in Köln abgchaltenl), ihren Landsleuten, vor allem ihrem Duce, ein Licht aiiiziistecken, damit einmal diese wirklich lächerliche Nervosität (»m kein stärkeres Mort zu brauchen) aufhört. Solange das nicht der Fall ist, werden wir gezwungen sein, die Vorgänge i» Italien und nicht zuletzt die Wander- reden Mussolinis mit großer Aufmerksamkeit darauf anzu- sehen, ob sic darauf gerichtet sind, das ruhige Volk in eine Haßstimmuiig gegen uns zu versehen; die jüngste Beratung des auswärtigen Etats im römischen Senat kann unk darin nur bestärken. Von dem Triestincr Inden Barzilai und dem Triciitincr Pseudophilologen Tolomei erwarten wir nichts anderes, als was sic jetzt wieder über nnS ausgeschüttct haben; aber Mussolini als verantwortlicher Lenker der Staatsgcschäste wie als Verkörperung der neuen Gcncratton („Italien hat heute die Geiühle eines 20jährigen Jünglings") ollte er wirklich etwas Männlicheres zu sagen haben als dieses: „Solange nur Oesterreich am Brenner steht, ist er nicht in Gefahr!" Immerhin, es ist eine, wenn auch noch sehr chwachc, Rückkehr zur ruhigen Besinnung festzustellen: Tolomei hat zugegeben, baß deutsche Stunden in Tiroler Schulen erlaubt seien, und die wahnsinnige Verordnung über die Veränderung der Familiennamen Ist, soviel hier bekannt, bis jetzt noch nicht angewrndet worden. Seht die Wahllisten zum Volksentscheid ein!