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Aus alt Wir hören ost die Bemerkung machen, daß die Eisenbahnen und was damit zufammcnhängt, nur Schaden brächten, indem sic die Lebensmit tel vcrthcncrtcn. Das hat allerdings, sehen wir dabei nur auf die einzelnen Länderthcitc und auf einzelne Jahre, seinen richtigen Grund; sehen wir aber auf das Ganze und wie die Sache sich im Allgemeinen verhält, so muffen wir zugestchen, daß die Eisenbahnen, wie überhaupt die Erleich terung des Verkehrs und die Verbesserung der Commnnicationsmittel, sich nur vorthcilhaft und ost recht segensreich erwiesen. Nothständc, wie sie früher in einzelnen Ländcrtheilcn wohl vorkamcn, wenn diese von außerordentlichen Unglücksfällcn, Uebcrschwcmmnngen, Hagclschlag u. s. w. heim gesucht wurden, sind jetzt kaum »och möglich, denn Las eine Land hilft dem Nothständc des andern mit seinem Uebcrfluffe alsbald ab und was dabei durch die Erleichterung des Verkehrs an Trans portkosten erspart wird, das kommt eben so dem Produccnten, wie dem Consumenten zu Gute. Wird dadurch der Preis der Lcbcusmittcl (blei ben wir dabei stehen) in dem aushclfcndcn Lande nun auch um Etwas in die Höhe getrieben, so gleicht sich die Sache doch besser aus. In frühe ren Jahren gab cs in einem Lande oft Hnn- gersnoth, während in dem wenig entfernt gclcge- nen Uebcrfluß herrschte, denn die schlechten Wege, die Schwierigkeit des Transports, machte eine Ausfuhr dahin nicht selten zur Unmöglichkeit, oder sie steigerte den Preis auch bis zu einer enormen Höhe. Sehen wir, wie sich die Sache in früheren Jahren stellte, so finden wir darüber unter Andcrm in altert Schriften folgende Mit- thcilungen: In den Jahren 1315, 1316 und 1317 kostete in einigen Gegenden das Loth Gcrstcnbrod 9 Pfennige. Nur die Fürstcnfamilien und der hohe Adel hatten einiges Brod. Im Jahre 1317 ko stete zuletzt die Metze Weizen 2 Mark Silber (über 20 Thalcr) und in Thüringen gar 5 Mark. Brod , war gar nicht vorhanden. Gemahlene Bir kenrinde mit Rüben gekocht war die Speise für die Wohlhabenden. An den Elbufcrn aß man Elbschlamm. Tausende von Menschen erlagen dem Hungcrtodc. Alles Schlachtvieh, Geflügel war verzehrt. Gefallene Thierlcichcn erregten kei nen Ekel mehr und wurden mit Gier gegessen. Am Rhein, in der Pfalz, in Hessen, in Schlesien er Zeit. und Polen wurden keine Leichname mehr beer digt, sondern ohne Scheu gegessen. Am Rhein umlagerte mau.die Galgen und Hochgerichte, um die gctödtetcn Verbrecher hcrabzuzichcn und zu verzehren, und was der SchreckenSsccnen mehr waren. — Im Jahre 1432 wurde die Ernte SachicnS durch fürchterliche Regengüsse vernichtet. In Thüringen gingen zehn Dörfer sammt Men schen und Vieh zn Grunde. Von 1434 bis 1438 war so große Thcucrung in Sachsen, daß Tau sende nach den Niederlanden auswandcrtcn. In den Letzten Zeiten des 30jährigen Krieges stieg der Scheffel Korn in einzelnen Gegenden auf 60 Thalcr; dabei muß mau noch berücksichtigen, daß das Geld einen ungleich höhern Werth hatte, wie jetzt. Im Jahre 1662 trat ebenfalls in Folge anhaltenden Regens große Thcucrung ein. 1694 kamen in Sachsen Erdbeben vor, welchen große Regengüsse folgten, so daß die Sichren von den Halmen geschnitten und in den Stuben ge trocknet werden mußten, sic gaben aber kein Mehl. — 1695 war die Ernte dnrch große Hagelwetter und Millionen von Mäusen vernichtet. 1697 reg nete cs im August und September heftig und im October fiel bereits Schuce; das Pfund Brod stieg auf 18 Pfennige. — 1719 nahmen die Be wohner des Erzgebirges zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln, wie Stroh, Heu, Gras n. s. w. ihre Zuflucht. — Am 11. October 1762 galt der Scheffel Korn in Freiberg 11 Thalcr 8 Gr. und der Weizen 14 Thlr. In dcn Jahrcn 1771 und 1772 wurden zahlreiche Menschen aus Mangel an Nahrung und dnrch Krankheiten hingerafft. Niemand konnte dem Andern eine Gabe reichen; der Landmann hatte nichts geerntet, weil das Ge treide auf dcn Aeckern verfaulte; die Körner wur. dcn auf der Mühle zu Brei, anstatt zu Niehl und verbreiteten einen Übeln Geruch. In Chem nitz wurden gegen 500 Kinder untcrgcbracht, de ren Eltern verhungert waren. In Ocdcran la gen Hcerden verhungernder Menschen auf dein Markte, unter welche täglich ein wenig Brod vcr- vcrtheilt wurde. — So weit kommt cs in unse ren Tagen, trotz wicdcrkchrcndcr Thcucrnng, nicht mehr. Unsere Negierungen haben ein wachsame res Auge auf das Wohl und Wehe ihrer Völ ker und der heutige, intelligente Landmann zwingt durch sein Forschen die Mutter Erde, daß sie uns Alle nähre, Jeden zu seiner Sättigung.