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crrathen, die lange, still gehegte, in tiefer Brust verschlossene Liebe unaufgefordert erwiedcrt von dem geliebten Gegenstände in reiner Unschuld des Her zend. Dieser Gedanke machte ihn kühner, als er je zuvor gewesen; im Anfglühcn einer nie empfun denen Seligkeit legte er, waü er nie gewagt, sei nen Arm um Camilla s schlanken Leib. Sic duldete cs. Da zog er sic näher an sich; seine brennenden Blicke suchten ihr Ange und mit stockendem Athcm und zitternden Lippen fragte er sic: „Camilla, ist es wahr? Habe ich Dich recht verstanden? — sprich, o sag' cs mir! Du giebst mir Leben und Tod! Sich', ich darf, ich kann Dich nicht besitzen; ich bin cin armer Knecht, be sitze nichts und kann Dir nichts bieten; —drum darfst Du eS mir dreist gestehen. Sich, ich licbc Dich seit Jahren, glühend Heist, wie die Sonne brennt; aber ich habe diese Liebe verborgen im geheimsten Winkel meines Herzens, damit Nie mand sie entdecke; ich habe meine Seufzer selbst nicht der Luft anvcrtrant, lch habe sic zcrdrüekt nn Entstehen, wcil ich Dich nicht betrüben wollte! Wie durfte ich auch mein Auge öffentlich zu Dir erheben? Ich habe entsagt, Camilla, -— und Gott weiß, wie mein Hcrz dabei geblutet—- abcr cs ist vorbei! Nur die Frage sollst Du mir beantwor ten, ob ich glücklicher war, als ich wähnte, ob in Deinem Herzen auch cin Plätzchen für mich war?" Nach den letzten Worten, die er in einem wei chen Ton gesprochen, neigte er sein Gesicht zu Ca- milla's gebeugtem Antlitze nieder und forschte fra gend in ihren Zügen. Aber statt der Antwort stürzte cin Strom von Thränen ans ihren Augen und schluchzend legte sic ihren .stopf an Andrca's Brust. Ihr ganzes LooS, ibrc Liebe zu Andrea, sowie ihre Abneigung gegen Battista waren ihr jetzt plötzlich erst "recht klar geworden und die Schilderung Andrca's' von seiner tiefverborgcncn, hoffnungslosen Liebe hatte ihr Gcmürh in "einem hohen Grade erregt. Andrea suchte sic zu beruhigen und, gleichsam dafür dankend, ricbtcte sic ibr Köpfchen auf und erhob ihr Auge zu ihm in einem Blicke, als habe sic Larin die ganze glühende Liebe ihres Herzens ausströmen lassen wollen. „Guter Andrea, armer Andrea," sagte sic. „Nichtswürdiger Schurke!" brüllte da urplötz lich dicht hinter ihnen die Stimme LeS würhcndcn Battista, der ihr Gespräch belauscht hatte. Andrea war, bleich vor Schrecken, zur Seite gesprungen, und auf ihn drang Battista mit scharfem Spaten, gleich einem Rasenden. Nur mühsam wich er den nach ihm geführten Stößen aus, bis es ihm gelang, ein Instrument zu sei ner Bertheidigung zu ergreifen. Da richtete sich die Wuth des Rasenden gegen die unschuldige Camilla, die vor Schrecken fast bewußtlos gewor den war. Dis hierher hatten Scheu und Nespect vor dem Brodherrn Andrea gehalten, nur vcrtheidi- dignngswcisc zn verfahren; als er aber den Ti ger auf Camilla zuskürzen sah, brach jede Schranke nieder, und der Nachegcdanke, der schon lange seine Brust erfüllt hatte, wurde zur That. Mit einem Sprunge stand er neben ihm. Seine Linke hatte dessen Nacken ergriffen und znsammcngc- schnürt, Laß er schreiend Camilla loSlicß. „Bube," donnerte ihm Andrea inS Ohr, — „jetzt büße für die ganze Schuld Deines verfluech ten Lebens!" Der Dolch blitzte in seiner rechten Faust und mit einem Blutstrahlc aus der Brust stürzte Bat tista zu Boden. In demselben Augenblicke aber umringten die herbeigelanfcnen Knechte den unglücklichen Andrea. Er liest sich ruhig binden. Einen Seheideblick noch auf die ohnmächtige Camilla, und er folgte willig. <>s war Nacht geworden. Ein dichter Wol- kenschlcier deckte den Horizont und, als habe die gütige Natur das Werk der Liebe befördern »vol len, hatte sic ihre dichtesten Schatten sich lagern lassen auf der friedlich schlummernden Erde. Nur von zwei Lagerstätten floh der harmlose Schlafgott und hatte statt seiner seine finsteren Diener, die Sorge und den Kummer, dahin ge sendet. Mit schlaflosem Augc ruhte Camilla auf ih rem Lager, wohin sic sich nur zum Schein bege ben. Äu'c Ereignisse des verflossenen Tages, der die Wiege und den Sarg ihres Glückes in sich schloß, batten ihr Gcmüth zn heftig ergriffen und ein frühes Grab ihrem jugendlichen Frohsinne gegraben. Gleich der prangenden Königin der Nacht, die im stillverschlossenen Kelche lauge und geheim Säfte und Staub zn einer plötzlich erbrechenden Farbenpracht sammelt nnd das Äuge mit der All gewalt ihrer Reize minutenlang blendet nnd trun ken macht, abcr schnell dann wieder welkt und stirbt, — so war Cann'lla's Liebesglück in einem Augenblicke betäubender Seligkeit verblüht und verwelkt. Aber in diesem einen Augenblicke hatte sic cin ganzes Leben hindurch gelebt; der Blü- thenschmelz ihrer Jugend war abgestreift. — Als Camilla nach jenem Vorfälle zuerst wie der zum Bewußtsein erwachte, fand sie sich auf