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71. Jahrgang. Montag, 1. März 192« Gegründet 18SS V»rn»M«h«. «m lür ,! 2V 241. SO 011. BeziegS'Gebühr > Ir^ Lau» 1L0 MarÄ. Uun^gädll-r. H» 1 mo-^br»i!» Riklamajol» l»il Pia« Aus« AuNrao» -«««> Dorau»d«zonl. Mpaly« und stell A> mio n» «chklMetkmq und LaupIgrlchLN,«,»»! M»ri«»I«r»,» LS/»2 Druck u. Varia» von Uirplch » «etckarki m Drmda». PoRI-«1>.Lonw 1OSS Lrrvva». Nachdnl» nur mU daoMchar Luaüannnnad» ,Drr?dn»r Itackr '> wIllNio Unnarlnn-'I' S-,rM«ü», wardrn nt» auldamadr«. OklkH Hülkerl praxer 81raÜe, »,«919«^»» Lek« Liüoalvvstraüv. serTksi Skekmr/ senoxoi-^oe Irsnsporlsbis Nercie IN Sokirnlaoaaiaan uns SuS - Ssvornugta ^»orixor» si»r«Isw«r1» unct prnstliscsta S isstsiungsstckret« florisn kroelivrts iisctiiolgek Ors»cisii-/K, TüptsestrslZs S, 13, IS Zer Bolkstrauertag in Berlin. Die Schwierigkeiten -er Lattung im Aatskonfliki im englischen Kabinett. offener Konslikl zwischen Kammer »nt Seaa« in Frankreich. - Die Baupläne des Derkehrsminislers. - Sudeieadeurschlants Protest. Slir-enburg bei -er Feier im Reichstage. lLrah««al9u»> unsrer «rrlrner Lchrtiririlou- verli«, 28. Febr. Wie tm ganzen Reiche, so fanden auch in Berlin heute zahlreich« Trauerfetern für die Toten des Welt- kriegeS statt. Die offizielle Feier wurde im PlcnarsitzungS- saale -es R «t ch Sk a g e s abgehalten, den man mit würdigem Trauerschmuck versehen hatte. Zu beiden Seiten des Prä- sidentensttze» brannten auf schwarzbehangenen Postamenten je sechs Riefrnkerzen. Auch die Galerien waren schwarz dra piert. Auf den Regierungsbänken sah man das Reichs- kabinett fast vollzählig mit Reichskanzler Dr. Luther und NetchSaußenminister Dr. Stresemann an der Spitze, ferner die Vertreter der Länder, die Delegierten der »crschledenen Klrchengemeinden und konfessionellen Organisa- »onen. Hinter den Estraden und zu beiden Seiten der Redner tribüne hattest -je Chargierten der Studentenschaft in WtchS und mit umflorten Bannörn Aufstellung genommen. Punkt 12 Uhr betrat Reichspräsident ». Hiubenburg. begleitet von den BlzeprSfibenten deS Reichstages Geheimrat Rießcr und Dr. Bell, in Begleitung des Reichswehr- minister» Dr. Gebier, de» Generalobersten v. Scrckt, des Admirals Zenker und des Staatssekretärs Dr. Meißner, sowie des Vorstandes des Bolksbundcs Deutsche Kriegsgräber fürsorge die Ehrenloge, von der Versammlung durch Erheben von den Sitzen begrüßt. Nachdem die Töne eine» die Feier- einleitenden Trauer, morsches verklungen waren, betrat der Präsident des Volks- bnndcs Deutsche KricgSgräberfürsorgc, Pfarrer Siems, die Rednertribüne. Er begrüßte zunächst den Reichspräsidenten o. Htndenburg. Hindenburg gibt, führte er dann aus, unserer Stunde die Wethe, und wir danken es ihm im Namen der zwei Millionen Gefallenen, die im Glauben an ihn, den Führer, in den Tod gegangen sind. Wir habcu stolze Fahre gekannt, als unser Volk sich au» de« Niug der Meute hcransgekämpft -alte, um ei« Lebe« für Frieden. Arbeit und Wohlfahrt zu führen. Dafür find sie. deren Gräber heute überall in der Welt verstreut sind, hjnauSgczogen. Dafür haben sie ge stritten, dafür find sie gefallen, und «er es anders sagt, der Uigt. In Zehntausendcn von Gräbern liegen sie. ohne Unter schied der Partei, der Konfession, der Klasse, Bildung und des Alters. Nur eines gab es für sie, das deutsche Vaterland. Gedächten wir dieser Toten öfter, so würde das ekle Gewürm der Zwietracht die deutschen Nethen nicht so schwächen können, wie cs leider geschehen ist und noch geschieht. Wir haben den Tag der Volkstrauer nicht in den Herbst gelegt, der das Snmbol der Vergänglichkeit ist, sondern wir haben die Schwelle zwischen Winter und Frühling ge- wählt, die PasstonSzeit, die Zeit bitteren Leidens, aber auch die Zeit desFrühlingsahnenS und der Oster- scwtßhett. Denn das ist die letzte Mahnung der Ge fallenen: Ohne Buße, Läuterung und Selbstbesinnung kein Fortschretten und keine Auferstehung. Nur durch solche innere Läuterung können wir uns unserer Toten wert und würdig zeigen. Nach Chorgesang und nach Darbietungen des Sprech chors der Universität Berlin wurde, während sich die Ver sammlung zu Ehren der Toten erhob, ein Trauermarsch intoniert, der unter dem klirrenden Zusammcuschlagen der Rapiere und -cm Senken der umflorten Banner der Chargierten in das Lied vom guten Kameraden ausklang. Die würdig verlaufene Feier hatte damit ihr Ende erreicht. Die vereinigten Valeriän-tschen Verbünde begingen den Bolkstrauertag mit einer Gedenkfeier, die so stark besucht war, daß polizeiliche Absperr- maßnahmen ergriffen werden mußten und viele keinen Ein- laß mehr finden konnten. Unter den zahlreichen Ehrengäste» sah man hier den Prinzen OSkar und den Prinzen August .Wilhelm von Preußen, den Admiral Schröder, sowie viele Ossizier« der alten Armee. Unter den Klängen de» Mendelssohnschen Trauermarsche» erfolgte der Einzug der vielen Abordnungen. Generalmajora. D.». d. Goltz hielt die Gedächtnisrede, in der er unter anderem auSführte: Wir wollen unsere Soldaten beneiden, unsere Toten, die als freie Männer in den Tod gingen. Wir alten Soldaten können uns nicht dazu verstehen, in den Gefallenen die Opfer des Krieges zu sehen. Für uns sind sie die Helden, die Vorbilder, die Träger des Idealismus und der alten herrlichen Tugen- den, die uns erhalten bleiben müssen vor allem für unsere Jugend. -Ter Redner schloß seine Ausführungen mit einem Appell an die Einigkeit des deutschen Volkes und betonte, der Dank an die Gefallenen müsse in dem Gelöbnis gipfeln: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern! Die Versammlung erhob sich hierauf zu Ehren der Gefallenen von den Sitzen. Auch hier beschloß das Lied vom guten Kameraden die Feier. Der Traue» lag im Saargebiel. Saarbrücken» 28. Februar. Der allgemeine Bolkstrauertag wurde auch im Saargcbiet feierlich begangen. Von zahlreichen Gebäuden wehten die Flaggen in den Landes- und Neichs- farbcn auf Halbmast. Jede Lustbarkeit, auch Theater und Kino, waren verboten. Auf den verschiedenen Friedhöfen fanden am Nachmittag Gedenkfeiern statt, die allerdings zum Teil unter der Ungunst der Witterung stark zu leiden hatten. Die größte dieser Feiern wurde auf dem Ehrcnfricdhof und tm Ehrental abgchalten, wo die Toten deS Krieges 1870 — Deutsche und Franzosen — begraben liegen. Hierher hatte auch die Regterungskommisston ihre Vertreter ent sandt, das saarländische Mitglied der Regterungskommisston, K'oßmann, und die Rcgierungsdircktoren Courttllot und Heimburger. Mit zahllosen Fahnen hatten sich Militär Turn- und Sängervereine cingesunden. Eine unübersehbare Menge füllte Friedhof und Zugangsstraßen. Geistliche aller Konfessionell wiesen ans die Bedeutung des Tages hin. Masten chöre umrahmten die Reden. tWTB.) Bal-win greift in -en Ralsskan-al ein. Ehamberlaln „mihverskanden". Land»«, 28. Februar. „Sunday Times"' erfährt, baß Ministerpräsident Baldwi« morgen eine Erklärung im Par lament «bgeben werde, i« der er die Gerüchte über eine Kabinettskrise anläßlich der britischen Politik in der Frage der Vermehrung der VölkerbundSratssttze znrückwcise» «lrb. Chamberlain ist der Ansicht, daß seine Birminghamrcde miß, «erstanden wurde. Am Mittwoch werde wahrscheinlich über die Frage ein Kabtnettsbeschluß gefaßt werden. Aber es kan« »an vornherein angeuommen «erde«, daß, während die Regie, rung bas Prinzip ansrechthaltcn werde, daß Pole« wie jedes andere Land berechtigt sei, eine« Anspruch auf eine« ständige» Sitz vorznbringe«. kein Anspruch nur unter der Begründung angenommen «erden kann, daß Dentschland eine« Sitz erhalte. Tcm Blatt zufolge hat Chamberlain bas Kabinett selbst er sucht, zu einem Beschluß über die britische Politik zu gelangen. „Sunday Times" wenden sich erneut gegen den Gedanken einer Aendcrung des Bölkerbundsrates tm Augenblick deS Eintritt Deutschlands. Das Blatt weist darauf hin, baß dies »tu . V»», EtnkreisnngSpolttik Frank, rcichs sei« würde und schreibt, es widerspreche der allgemeine« eine der diplomatische« Kiirde und eine« t^str pl «7, daß der Völkcrbnnb , verändert «erbe. ES ist deshalb die unbedingte Pflicht der britischen Politik, dafür zu sorgen» daß die in Locarno etn- »cgangenen Verpflichtungen bi» auf de« Buchstaben erfüllt werden. (WTB.j Der diplomatische Berichterstatter de» „Gunday Expreß" schreibt, e» besteh« koi» Zweife» «ehr. bah der «ölkerbnnd einer Spaltung zwischen de« lateinische« «lock «nd de« «vrb, europäische« N«t»»e» ei»fchttetzlich der brittlche, D»«i«i»«s «geuitberfteh«. Spanien -rohl mit Austritt. Eine Kundgebung i« Madrid. Madrid. 28. Februar. sAgentur Fabra.) In der König lichen Akademie der Rechtswissenschaft fand eine von der Spanischen Vereinigung für den Äölkerbund veranstaltete Kundgebung statt. In seiner Eröffnungsansprache erklärte Graf NomanoneS: Die Nichterfüllung der Wünsche Spaniens nach einem ständige« Sitz im Vvlkerbnndsrat könnte die Er wägung veranlassen, ob die nationale Würde ein weiteres Verbleibe« Spaniens im Völkerbund zulaste. Universitätsprofcflor GaScon betonte, Spanien sei da- erste Land gewesen, das sich zu dem Grundgedanken der BölkerbundSsatzung bekannt Hab«. Di« Dankbarkeit aller Staaten habe sich in einer sechsmaligen Wiederwahl Spaniens als Ratsmitglied bewiesen und damit einen gewohnheitsrechtlichen Zustand geschaffen. Shin s Anspruch aus -en Raissttz. London, 28. Febr. Der bisherige stellvertretende chine- fische Gesandte in London, der sich auf seinen neuen Gesandt- schaftSposten in Rom begibt, hielt gestern abend im hiesigen Prefseklub eine AbschtcdSredc, in der er zur Frage der Er- Weiterung des VülkerbunbSrateS auSführte: Ich bin von nur die Aufnahme Deutschlands erwäg äge in S sollt« und reine WWWWWMN':« andere Anträge i« Betracht gezogen »erde«, so wünscht China Na ' " " ' nicht de« Einklang der Sitzung z« stör«» und ist bereit, seinen Anspruch zurückzuziehen. vorausgesetzt allerding», daß bi« in seiner Stellung begründeten Vorrechte bei der nächsten Wahl nichtständiger Mitglieder de» Rate» angrmefft» anerkannt «erden. tW. L. v.) Annahme -er Finanzgesehe im Senat. Die Verdreifachung der Kammerbewillignnge». Paris, 28. Februar. Der Senat hat in seiner heutige» Nachtsitzung mit 268 gegen 2l Stimmen mit unwesentlichen Abänderungen das Steuergesctz so. wie es im Finanzausschuß deS Senats im Einverständnis mit der Regierung fcstgelegt worden war. angenommen. Vor der Abstimmung ergriff Ministerpräsident Briand das Wort, um den Senat zu er suchen, die notwendigen Ausgaben zum Ausgleich des Budget» z« bewilligen, die allerdings eine schwere Belastung deS fran zösischen Volkes bedeuteten. Frankreich werde* die Hindernisse überwinden, welche die Finanzlage geschaffen, so daß vielleicht dt« große chirurgische Operativ«, die der Senat angekündtgt habe, nicht notwendig sei. Das Land wüste den Eindruck haben» daß der Senat sein« politischen Gefühle zum Schweigen g«. bracht, ja daß er sich sogar einer gewissen Unpopulärst«» an», gesetzt habe. Nach der Abstimmung vertagte stch -er Senat auf Donnerstag. Der Finanzausschuß der Kammer wir- am Montagvormittag mit der Prüfung der vom Senat ver, abschicdcten Sttucrgcsetzentwürfe beginnen. Nekanntlich be deuten die Gesetze In der Form, wie sie der Senat angenommen hat, etwa eine Verdreifachung der Steuersumme, die bi« Kammer angenommen hat. Der Konflikt zwischen Kammer und Senat ist damit in ein sehr ernstes Stadium getreten. * Paris, 28. Februar. Der Senat hat das provisorische B u d g e tzw ö l f t e l für den Monat März gemäß den Ab stimmungen der Kammer einstimmig angenommen. Die Locarno-ebatte in -er Pariser Kammer. Paris. 27. Febr. Die Kammer hat in der heutigen Nach- mittagssitzung die Diskussion über die Ratiftztcruna der Ab kommen von Locarno fortgesetzt. Der erste und einzige Redner, der Führer der Opposition, der Aba. Louis Mari», führte aus: Vor einigen Jahren hat die Kammer Briand Bei, fall geklatscht, als er ankttndigte. er werde Deutschland an de« Kragen faste», gestern hat man ihn beklatscht, als er vom Gegenteil gesprochen hat. Es ist vielleicht versrüht. die »bent«, süchtige« Staate«" snation ris prow) auf die gleiche Stufe zu stellen mit den anderen Völkern, bevor sie die Schäden wieder gutgemacht haben, die sie verursacht haben. Marin erklärte weiter, es handele sich nicht mehr wie tm Versailler Vertrag, um eine allgemeine Garantie. Die neue Garantie sei brüchig, weil sie sowohl für wie gegen Frankreich ausfallcn könnte. Der -Hauptfehler der Garantie sei aber, daß sie nicht unmittelbar wirke, sondern daß ein Verfahren vorangchen müsse. Briand habe den griechisch-bulgarische« Zwischenfall erwähnt, aber er vergesse den Zwischenfall von Korfu, wo Italien das Schicdsrichteramt des Völkev- bundcs abgelebtst habe und den M o s s u l fa l l. wo beide Be teiligten nicht nachgcbcn wollten. Er ziehe das Snstem eines Verteidigungsbündnisses mit Ländern gleicher Inter essen und gleicher Befürchtungen vor. Die Allianz mit Eng- land werde auf keine» Fall durch den Locarnovertraa ver stärkt. vor allem deshalb nicht, weil er sich nickt auf die Dominien erstrecke. Der Locarnovertraa ncbme Frankreich die Rolle des großen Siegers: cs habe keine Macht mcbr über Dentschland. Es werde im entscheidende« Falle die Vereint, gnug Oesterreichs mit Deutschland nicht verhindern können. Tlrards Rtieklrill am 1. März? Pari», 28. Febr. „Jntransigcant" verbreitet die Nachricht» daß der französische Obberkommissar im besetzten Rheinland«» Tirard, am 1. März von seinem Amte zurücktreten werbe. Mussolinis pangermanislischer Alp. Nentzork, 28. Febr. Mussolini hatte eine Unterredung mit dem römischen Korrespondenten der Neuyorker „Evening- Post", in der er ähnliche Gedankengänge ausdrückte, wie in dem Interview mit dem »Petit Parisien". Er wies besonder» darauf hin, daß es eine pangermanistische Drohung gebe. Europa kenne drei Blocks, nämlich die der Lateiner, der Germanen und der Slawen. Deutsche «nd Slawen seien dnrch Pole« getrennt. »Es wirft ein bezeichnendes Lickt auf Musso linis Sachkenntnis, wenn er noch nicht weiß, daß Polen eine slawische Nation ist! D. Red.j Polen solle in demselben Augen blick in den Rat elntreten wie Deutschland und nicht später. Sollte Deutschland allein ein ständiger Sitz gegeben werden, werde e» früher oder später verschiedene Konzessionen, wie dt« Räumung verschiedener BesehungSzonen, koloniale Mandate und dergleichen verlangen. lT. U.) Kein Aüchlritt -es schlesischen Woiw»-e». Warscha«, 28. Febr.. Hier wirb, die Nachricht über bi« Demission de» schlesischen Wotivoden Bilski al» jeglicher Be gründ«»- entbehren- bezeichnet. iL. UI « « -IW