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Jusammenlunst Mussolini - Briand. Ser preußische Kultusminister verteidigt sich. — Prinz Karol unterstreicht seine Thronrechte. Am Donnerskaq bei Domodottola. f" Besprechungen im Salonwagen Mussolinis. Parts. 7. Dez. Der Stenser Berichterstatter der „Chicago Tribüne" will ans zustiindiger Quelle erfahren haben. Last Mussolini nnd Außenminister Briand morgen. Donnerstag, bei Domodossola an der italienischen Grenze. und zwar aus italienischem Gebiete, zn- sammcniressen werden, Im Salonwagen Mussolinis würden die zwischen den beiden Ländern schwebenden Fragen besprochen werden. Kürzung -er Genfer Tagesordnung? Ans Betreiben der Außenminister. Berlin. 7. Dez. Wie aus Genf gemeldet wird, ist auf eine Verkürzung der Tagesordnung des Völker bundes zu rechnen. Die ungarisch-rumänische Optantenfragc wird nicht mehr zur Erörterung gelangen, da der rumänische Minister TitulcSeu doch nicht nach Gens kommt. Der Besuch, den der griechische Anstenmiiilstcr am Dienstag beim deutschen Reichsaustenminister machte, wird dahin gedeutet, das; aus beiden Selten die Absicht bestehe, in der beide Länder be treffend«, Frage des Kreuzers „Salamis" sich wenn trgend- möglich zu einigen. Es sind Verhandlungen über eine V e r m I n d c r u n g der Zahl der Sitzungen des Völkerbundes im Gange. Wahrscheinlich wird man sich aus Festsetzung von drei Ratssitzungen anstatt von vier einigen Dte Austen- minister, namentlich die der Grostmächte. erklären, dast Ihnen eine so lange Abwesenheit von ihren Arbeiten wie bisher nicht zugcmutet werden könne. Kirche und Völkerbund. Um die Jnternationalität der Missionsarbeit. Berlin, 7, Dez. Der im Februar dieses Jahres gegrün dete T h e o l o g e n a us s ch u st der Deutschen Liga für Völkerbund, der sich die Ausgabe gestellt hat. die positive Mitarbeit der evangelischen Kirchen Deutschlands an den sittlichen Zielen des Völkerbundes anznregen, hatte die interessierten Kreise zu einer Aussprache in den Reichs tag eingeladen. Der Vorsitzende des Ausschusses. General- supcrintcndent v. Dr. DI bei ins, erstattete über die bis herige Tätigkeit Bericht, vr. Dibclins, der persönlich in Gens die Verbindungen mit den mastgcbendcn Stelle» dcS Völkerbundes, insbesondere dem Vorsitzenden des Minder- heitenausschusses, Evlban. ausgenvmmcn hat. erklärte, es müsse Grundsatz werde», dast bei internationalen Kon flikten die christliche Missionsarbeit unantastbar bleibe. Man solle den Gedanken der Jnternationalität der M i s s i o n s a r b e i t bei dem Völkerbund zum Ausdruck bringen. Auch eine Verbindung mit dem Internationalen Forschungsinstitut der Stockholmer W e l t k o n f c r e n z ist ins Auge gefastt. klr. K rummachcr berichtete über die Lage der religiösen Minderheiten In Europa. Genfer politische Stimmungen. IVon unserem ständigen Genfer Bertreter.fi Gens. S. Dezember. Ganz verschieden vom Aufwand der Hcrbstsessionen. trage» die Naiszusainmcnkünftc keine Spur von festlichem Gepräge. Es flattert keine einzige Fahne, und wenn man nicht kaleuder, mästig wüsste, dast in Gens etwas los ist, so lieste nichts auf den Beginn eines so wichtigen politischen Ereignisses schließe«, wie der Zusammentritt des Völkerbundrates eines ist. I«, dessen gibt cs ein fast untrügliches Zeichen: wenn im Völker» bundspalast das Herumichlcppe» von Akten gröbere Dime»» sionen annimmt, dann taucht der behende, kleine, witzigs clsässischc Sozia ! tst Grumbach, der Leibhütcr Briands. plötzlich irgendwo in Genf aus, und dann weist man auch, daß sein Meister nicht mehr weit sein kann. Grumbach sorgt nicht allein dafür, dast wonsienr I<? President zur vorgenom» mene» Tlnnde i»S Bett gebracht wird iso hcistt es wenigstens, und der Elsässer dementiert nichts. Grumbach ist auch der Mann, der die kleinen menschlichen Striche znm Bilde bei trägt, das man von Briand hat. etwa io: Der Herr Präsident hat im Zuge sehr schlecht geschlafen, ist jetzt sehr müde, abet trotzdem bester Laune und Zuversicht . . . oder; um acht Uk>r ! labendst erhielt Briand seine Tasse Schokolade — das Ist beS Präsidenten ganzes Diner . . . oder der anscheinend immer, so auch heule, wiederkehrende Ausdruck Briands: .Fsn wenige» Stunden diese ungeheure Reihe von Besuchen, Besprechun gen ... märe so etwas denkbar in Europa ohne einen Völkcrbnn d?" Es lieste sich ohne Mühe ein Buch zusammcnstelleii voll derartiger Kleinigkeiten, die nun einmal meist Gott wieso, sehr suggestiv wirke» und den französische» Minister in eine Wolke von kleinen sympathischen Züge» hüllen — in eine Wolke, die eine Athmosphäre um ihn bildet, wie kein einziger Staatsmann in Europa sie ausstrahlen kann. Wenn also Grumbach sichtbar wird, macht sich auch etwas von dieser seltsamen Briandschen Ausstrahlung bemerkbar: eine gewisse Stimmung, die charakteristisch ist und sich etwa mit der Empfindung deckt, die man beim Hören des Wortes „Grosse Politik" hat. Gerade >o wie etwa Tannen, und Kcrzengeruch mit dem Begriff Weihnachten zusammen» gehören. Wenn einmal Briand nicht mehr nach Genf komme» wird, dann braucht nicht daraus eine politische Lücke zu ent» stehen, aber man wird einfach den anstcrordcntlichen StimmnngSgehalt vermissen, der den vöilerbnndlichcn Sessionen durch Briand anhastct. Hierfür gibt es übrigens auch andere Beweis«. Wenn man in kritischer Situation vernimmt. Briand hätte sich zuversichtlich geäußert. oder bloß, er wäre guter Laune, so schlägt die Beurteilung der Dinge sofort um. auch bei der Presse, »nd nicht zuletzt bei der deutschen. Qdcr umgekehrt: Briand braucht nur ein vaar Stunden oder tagelang apathi scher zu sein als sonst und sofort schlägt sich das in deprimie» rcnde Meldungen nieder. Man glaube nicht, menschlich« Kleinigkeiten nnd Zufälligkeiten 'vielten in der Genfer Politik keine Nolle, das Gegenteil ist wahr. Gerad« hier können sic wie gutes oder schlechtes Wetter wirken. Wie der Telegraph gemeldet hat. war der letzte Sonntag als der Tag der Ankunft der hauptsächlichen Staatsmänner von einer gewissen politischen Bedeutung durch die fast un übersichtliche Reihe non Visiten unter den Staatsmännern. Was bei diesen Besuchen immer wieder verwundert, und dies mal in besonders hohem Grade, das ist die Präzision, mit der anscheinend eine Art von Stundenplan oder Fahrplan sunklionicrt. Würde jeder der auögcführien Besuche auf eine graphische Darstellung eingetragen, so entstände ohne Zweifel ein Gebilde das mit de» viel bcwnndcrtcn Wirrwarrzeichnun- gcn der Eisenbahnen grosse Acliniichkcit hätte. Von drei biS acht Uhr des Genier SvnniagnachmittagS ein unglaubliches Hin »nd Ser: Briand wird besucht von: Sir und Lady Chamberlain. Strcsemann, Seialofa. PoliliS, Zaleskl. Eomndne «Delegierter Niimäniensj, bheng Lo. dem chinesischen Präsidenten der Session ... Strescmann wird ähnlich besucht . . . eben falls Chamberlain.. und unter sich machen die „Zweit rangigen" cs ebenso. Alles rotiert um die Hotels Bea« Nivagc. Mölrovolc. Lcs Bcrgues, und — ums besonders merk würdig ist —: keiner kommt zur Unzeit keiner must warten, keiner must seinen Besuch vorzeitig abbrcchen. Fast ebenso vielgestaltig sind die Gesprächsthemen. Und ieder Beincher, der bei irgendwcm ankommt, will etwas von seinem Gast geber, will ihn überzeugen überreden, will einige seiner An sichten untergraben und andere festigen. Besonders interessant dürften die geheimen Besprechungen der russischen DelcgationSslihrcr gewesen sein, worüber allerdings lo gut »sie nichts gesagt worden ist. Aber es gibt doch immer wieder Menschen, die mehr wissen als andere, und diese wenigen werden auSgeprcstt nach allen Regeln. Sie binden allerdings auch manchen Bären auf und versäume» nicht, persönliche Meinungen oder Empfindungen so a» Jebatte über das Studentenrecht. Erklärung -es preußischen Kuttusminislers. Die Stuiw itcnschast „ein politisches Machtinstrument". Berlin. 7. Dez. Im Preustischcn Landtag ergriff Kult n s- ii! in ist er D r. Äeck er bei der Beratung der dcuischnalio- nalen Ltuöeiileii-Jnterpcllalion das Wort. Der Minister stcllle fest, dost die Staatsregieruiig die Frage, ob sic die neue Verordnung zurUckziehcn wolle, m i t e i n e m kl a r e n R e i n beantworte. Das preustische Dtaalsministcrium hätte die Selbstverwaltung der Studentenschaften „gern erhalten". Keine Behörde könne es aber rnhia mit aniehen, wenn eine zum Besten der Jugend geschaffene Einrichtung durch un klare Formulierung ihres Statutes oder durch unverantwortliche Einflüsse von ansten geradezu iu ihr Gegenteil gekehrt werde. <!> Die studentische Selbst verwaltung sei durch Mißbrauch und Nmdcniung ihrer Satzung zu einem politischen Machtinstrument ge worden, Bei der Reuordnuna sei ausdrücklich eine Befragung der Studentenschaft erfolgt: die Stndentenschast hätte sie ab- gelelint und damit freiwillig ans ein ihr vom Staat an- gcboienes Recht der Mitbestimmuna vcrzichIe t. Die Studentcnschas« würde damit wieder Qbiekt der Ver waltung nnd der Erziehung, wie die Schüler anderer Vildungsanstaltrn auch. l!j Reu in der Verfassung sei nur die Verstärkung der Kontivl'mastiialnnen ni der Vermögens- Verwaltung gewesen, »in Sicherheiten zu schassen. Dieses traurige Kapitel deutscher Studenlengcschichte wolle er nicht allzu frei behandeln. Es genüge die Angabe, dast l8 schwere Fälle zur Verurteilung kamen. Der Minister schloss mit den Worten: Der Ausgang der Abstimmungen beweise weiter, dast der KorporationS- gcdanke die akademische Selbstverwaltung der Studentcnschastcn erdrückt hat. M Da die Korporationen durch anstcrakademischc Willenöbildung s!s regiert würden, sei eine wirkliche akademische Selbstverwaltung <nr- zeit unmöglich. Der Minister betonte, des; er deshalb den Aiisgana der Abstimmung bcgrttstc. s!j Der schöne Traum der Kricgstcilnehmergcneration sei ansgc- tränmt Die ltvdenti'che Selbstverwgltnng h"bc ansgchört nnd waS bleibe, sei Slndentenp-litik als ein Teil der all gemeinen Politik. Amtlich garantierte Mittel und staatliche Räume würden sür diesen politischen Zweck natürlich nicht znr Verfügung gestellt. tvct Schluß der Redaktion dauert dle Sitzung noch an.l Preußisches Fiaqoenierrorgeseh. ' Versuch weiterer Beschränkung der Selbstverwaltung. Berlin. 7. Dez. Nie die Morgenblättcr melden, wird innerhalb der Parteien der preustischcn Rcgierungö- koaIition erwogen die Frage der Betlaggung öffent lich r Gebäude Straßen nnd Plätze durch ein Initiativ ste letz endgültig ", regeln In dem neuen Gesetz soll be stimmt weiden dast die Be laggung Slkentlichcr Gebäude ^trgstcn und Plätze eine Angelegenheit der Landes hoheit ist und somit nickt von den Qrgane» der Selbst verwaltung sondern von der allgemeinen LandeSver- nmltnnq geregelt wird. Dle Betlaggnnq von <v>>bä',d >, die Einrichtung öffentlich-rechtlichen Charakters sind. z. B. die Handelskammern. LandwirtschastSkammern, soll das StaatS- ministerinm bestimmen. Der Wehreiat jür 1928. Berlin. 7. Dez. Aus parlamentarischen Kreisen wird mitgcteilt. dast die Gesamtausgabe nsürdie Reichs wehr im kommenden Jahre 689,8 Millionen Mark betragen gegen 600.3 im lausenden Haushalt. Da »ach dem neuen Bcsoldiiiiasgesetz etwa 24 Millionen an Personalansgaben mehr zu leiste» sind, sind die Sachausgaben entsprechend herabgesetzt, nnd zwar bei der Marine um 16Millionen, beim Heer um S Millionen. Weniger angeletzt sind z. R. bei der Remontierung 2 Millionen, bei den Ausgaben sür Waffen und Munition 7 Millionen. Eine Steigerung haben bei den Sachaiisgaben die Ansätze für den Ausbau des bürger lichen Unterrichts, Lohnerhöhungen der Bekleidungs arbeiter, Ausbau der militärischen Fernsprech- und Funk anlagen nnd Postgebühren erfahren. Ein Loch im Tkiirinqer Staatssäckel. 22s- Millionen Fehlbetrag. Weimar, 6. Dez. Im Landtag erklärte Finanzministcr T o c I I c, dast der ursprüngliche Fehlbetrag anS dem Haus- haltentwurs der Negierung sich durch neue Einstellungen i 10 Millionen Mark aus etwa 22.6 Millionen Mark erhöbt habe. Für ll)28 sieht der Minister schon jetzt einen Fcblbetrag von 3 0 Millionen voraus. Der vorliegende Etat 'ei daher nicht durchführbar, well die Mittel zur Deckung des Fehlbetrages nicht zu erhalten seien. Unter solchen Ver hältnissen wäre auch eine Besserung des Finanzausgleichs livischen Thüringen und dem Reiche nicht z» erwarte''. Jedenfalls könne niemand sür de» Etat in der vorliegenden Form Verantwortung tragen. Blüten des Parlamentarismus. Berlin, 7. Dez. Bei den Wahlen in Dessau stand ans der „bürgerlichen Einheitsliste" ein gewisser Pani Eich horn. der auch gewählt wurde. Angeblich ist er vom „Stahl helm" nominiert worden. Run hat sich hcrausgestcllt. dast dcrienige, den der „Stahlhelm" gemeint hat. Andreas Eichhorn heisst. Natürlich ist nichts mehr z» machen, denn nach den gesetzlichen Bestimmungen ist Paul, nicht Andreas Eichhorn gewählt worden. Paul Eichhorn ist, um das Unglück voll zu machen. Kommunist, woraus sich ergibt, das; die Wähler der bürgerlichen Einheitsliste einen blut roten Kommunisten gewählt haben. Der wird sich freuen, ebenso keine Partei, die a»f diese Weise ein Mandat mehr er halten hat. Ein schlagenderer Beweis für den Unsinn des Listcnwahlsystems kann nunmehr aber nicht erbracht werden, Anfechtuna von Wahlen. Hamburg. 7 Dez. Die VolkSrechtspartci sAus- mcrtlcri in Hamburg Hessen und Mecklenburg- Slrelttz erhob beim LtaatsgerichtShos gegen die Landtags- wahlen in den drei genannten Ländern Klage die sich ans dle bekannte Abändermia der Wahlgesetze stützt, dle für dte Einbrlnanng der Kandidatenlisten eine bestimmte Kaution verlanat Wie mehrere Blätter melden, wird der Prozess am 17. Dezember vor dem LtadtSgcrichtshof i» Leipzig verhandelt werden.