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02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.06.1922
- Titel
- 02-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19220630023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1922063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1922063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-30
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- 02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.06.1922
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aetegen .rnlNch yumorstNsche. Ironische, vetßende oder sarka- .je Töne anschlägt, ja selbst wenn sie. ohne tn die straf, rechtlich verpönten Regionen -u geraten, sich nach den Worten des Reichskanzler- bis zur Karikatur verstelot. ES darf wohl als sicher vorausgesetzt werden, dab bet -er am gestrigen Donnerstag gepflogenen Beratung der Ministerpräsidenten der Länder die hier augedeutete« Ge» sichtöpnnkte gründlich erörtert worden find. Insbesondere wird der bayrische KabinettSches Graf Lerchensel- gemäß Die bayrischen Bedenken vetrefsen vorneymuch drei vunn«: di« einseitige Bezeichnung der «uSnahmevcrvrdnung al» etner gegen rechts gerichteten Maßnahme, die Befugnis deS RetchSmlnisterS des Innern, seinerseits Maßregeln aus Grund der Verordnung zu fordern, wenn dt« SandeSzentraldehürde solche aus eigener Initiative utcht für w « s s »»e . notwendig erachtet, und die Uebertragung der endgültigen Entscheidung an den GtaatSgcrtchtShof. anstatt an den Reichs? ratSauSschub, der bet der früheren Verordnung die letzte Instanz bildete. Wenn zwar die Zuständigkeit für die Er greifung von Mabregeln auf Grund der ReichSverordnung tn erster Linie in dankenswerter Weise den LandeSbebürben überlassen, gleichzeitig aber dem ReichSminister de» Innern eine SinuiischungsvefugniS verliehen wird, so wird mit der einen -and den Ländern wieder genommen, was ihnen die andere Hand gewährt. Da» banrische Selbstgefühl wird durch diese Regelung wieder auf eine schwere Belastungs probe gestellt, und eö werden dadurch wohl noch mancherlei Verhandlungen und Erörterungen zwischen Berlin und München verursacht werden. Wenn der Reichspräsident Ebcrt entschlossen ist, sich an da» zu halten, waS er Vet seinem letzten Besuche in München dem Grafen Lerchenfeld versichert hat, wird er sich für die Berücksichtigung der bayrischen Wunsche einsctzen müssen, soweit die Verallgemei nerung der Verordnung, ihre Entkleidung von dem Charak ter einer Ansnalimemaßregel gegen rechts und die Beseiti gung deS Vorrechts des Rcichsministers de» Innern in Be tracht kommen. Präsident Ebert hat in München erklärt, er lege groben Werl darauf, persönlich gute Beziehungen »wischen den Leitungen de» Reiches und der Länder zu pflegen, und dies gelte insbesondere von Bayern, dessen geschichtliche Besonderheiten nicht verkümmern dürften, sondern gepflegt werden mühten. Gern gebe er die Ver sicherung, dah, soweit seine Kräfte reichten, die Beziehungen deS Reiche» zn den Ländern immer in diesem Geiste geleitet werden sollten. Es würde den in München gemachten Zu sicherungen deS Reichspräsidenten widersprechen, wenn er tu dem vorliegenden Falle sich den sachlichen Gründen, welche die bayrische Regierung für ihren Standpunkt in den beiden erstgenannten Fragen in» Gefecht führt, hartnäckig ver- schliehen wollte. Der bayrische Widerstand gegen den StaatSgericktShvf dürfte dagegen wohl kaum irgendwelche Aussicht auf Erfolg haben. Den StaaiSgerichtShof als allgemeine Bcschwerdc- tnstanz völlig preiSzugeben und an seine Stelle wieder, wie früher, den ReichsratSauSschuh zu setzen, dazu wird sich die ReichSrcgicruug nicht herbeilassen, weil die Sozialdemokratie auf der Mitwirkung dieser Körperschaft besteht. Damit wird dem Reichspräsidenten eine außerordentlich weitgehende Vollmacht in die Hand gegeben, weil die sämtlichen sieben Mitglieder de» StaatS- gerichishofeS von ihm ernannt werden, ohne -ah seine Aus wahl irgendeiner anderen Beschränkung unterliegt als der Vorschrift, daß drei von den sieben Mitgliedern Juristen sein müssen. Wieviel für eine gerechte Anwendung der Verordnung von der Zusammensetzung SeS StaatSgerichtS- hvfes abhängt, braucht nicht näher dargelegt zu werden. Alles kommt darauf au. daß zu einem so verantwortungs vollen Richtcramte Männer berufen werden, denen eS mit der gerechten Ausübung ihrer Machtvollkommenheit heiliger Ernst ist und die es in richtiger Auffassung ihrer Pflicht ablehnen, sich durch parteipolitische Erwägungen in ihren Entschlüssen beeinflussen zu lassen. An den Ncichspräsiden- . tcn tritt hier stark und mächtig als kategorischer Imperativ ! die Forderung heran, daß er sich bei der Auswahl der Mit glieder deS StaatSgerichtSholes als wirkliches Staatsober haupt bewährt, das über den Parteien steht und nur die zn Nutz und Frommen der Allgemeinheit dienenden Richt linien sich zu eigen macht. Je klarer der Reichspräsident durch die Bildung des Staatsgerichtshoses seinen festen Willen bekundet, dem Rechte auch unter dem Ausnahme zustand zum Siege zu verhelfen, desto freudiger wird sich 'das gesamte Bürgermm ohne Unterschied der Partei dem Kampfe gegen die verheerende» Auswüchse der politischen Hetze und Lüge anschliehen. Wenn aber mich der StaatS- gerichtöüvf in parteipolitisch zugespitzter Weise zusammen gesetzt werden sollte, so würde auch ein solches für die Rechtssicherheit ungünstiges Moment selbstverständlich nicht das geringste an der unerschütterlichen Tatsache ändern können, daß die Rechtsparteien mit allen anderen Volks genossen in der schärfsten Verdammung deS politischen Meuchelmordes einig sind und alles daranfetzen werden, um die Ausrottung solcher scheuhlichen Verirrungen mit Stumps und Stiel zu fördern. Weitere DemenstraNossaosschreitun-en. kNigner Dr-Htderlcht »er »D r « « » n. Aachrlchte n'.i Hannover, 29. Juni. In Minden und Obernkirchen kam es aus Anlah von Kundgebungen für die Republik zu größeren Ruhestörungen. In Minden drangen im Anschluß a« die Rede eines Kommunisten eine Gruppe von Demon stranten in Prioathänser, Gastwirtschaften, rlaukhäuser nn» Läden ein und forderten von de» Bewohner» «nter An- drohnng »an Gewalt die Auslieferung sämtlicher Kaiser, dilder und schwarz-weiß-roter Fahnen. Tie allseitig zu» sammengetrageuen au» Prioathüusern und Wirtschaften er beuteten Fahnen und Bilder wurden auf den Markt platz geschleppt und dort verbrannt. Da» Treiben setzte sich bis in die Abendstunden fort. Die Polizei war machtlos. In Obernkirchen drang man in das HauS deS Bürgermeisters ein und zwang diesen mit Gcrvalt, mit ttn Dewonstrationsznge zn marschieren. Halle, 29. Juni. Nack einer DemvnstratlonSversamm- lu»g in Northeim zog die aufgeregte Menge zu dem so genannten Brunnen, wo soeben eine Schülervorstellung von Kleists .Hermannsschlacht* zu Ende gegangen u-ar. Die Masse drang in den Zuschauerraum und mißhandelte dort den künstlerischen Leiter der Vorstellung derart, daß er blutüberströmt zusammenbrach und ins Krankenhaus ge bracht iverdeu mußte. Auch auf dem Rückzug von der Demonstration wurden verschiedene Personen schwer miß handelt und viele Fensterscheiben eingeworfen. DleAnkla-e-ehör-e bei« Slaalsaerichsshof Berlin. 2«. Juni. Der Oberreichsanwalt, der al» Anklagebehörde dem GtaatSgertchtshof beigegcben wird, wird seinen Sitz nicht, wie ursprünglich beabsichtigt war. in Leipzig nehmen, er soll vielmehr heute tn Berlin eintresfen und im Neichsministerium seine Diensträume be ziehen. Der Sitz des Staatsgerichtshoses wäre somit nach Berlin verlegt. Ter Oberreichsanwalt dürfte seine Nnklagetüttgkctt »m engsten Zusammenhänge mit den Feststellungen des NcichSkommlssarS für öffentliche Orb- nuna vornehmen. Berlin, 29. Juni. Vvr der vierten Strafkammer be gann heute der BeleibigungSprozrß d«S unabhängigen Reichstagsabgeordneten Brettschetd gegen den General- sekretär der Deutschen BolkSpartei Kloth. Nach längerer Beratung beschloß die Kammer, den Prozeß dem Staat«. Gerichtshöfe zu überweisen, der durch bi« am 2st. d. M. in Kraft getretene Verordnung de» Reichspräsidenten errichtet worden ist. Di« Beleidigung bezog sich auf Maßnahmen Brenscheids während des Krieges. Da Breitscheid seit AuSbruch der Revolution bis Januar 1919 Minister de» Innern war, hielt da« Gericht die Zuständigkeit de» neu zu errichtenden StaatlgertchtShofeS für gegeben, der nach der AuSnahmeverorbnung mit rückwirkender Kraft den Schutz von Regiernngsmitgliebern zu wahren habe. Die Entwirrung des Mordtomplotts. VeslSn-uis -es seftseno««e»en Lhausseurs vsslt«. ttz. Tnni. Der al» Mitttttor an »er Er» «ordnng »es Mtnißer» Rathenan t» Fra«, ko««««»« Ernst «eener Doch»» ist »et »er «dtetlu». Io de» Berliner PoltzetprSss5i»«S a« Mittwoch «n» Donnerstag nachmittag ein«« oingetentze« «erhtzr »etter^ge« morde». Am wesentliche» ist er geständig. S, gt»t »». »an de» Mord»!«« gemußt ««» »ei »er Mordtgt de» Kroftmagrn »«lenkt zu habe» >W. T. v.i Lin« wichtige Bekundung, r». Juni. Anf Grund »er he rsonenbcschreibnng der Mörder N Leipzig gegebenen Prrsonenbcschretbnng ei» junger Man» der Kriminal geteilt: Am Sonata ent« »«kannt» athenauS hat der 'Kriminalabteilung folgendes mit» a, de» k». ». M. sei er mit dem srith 7 Uhr vom Anhalter Bahnhof in Berlin nach Leipzig fahren« den Stlznge in «ine« Abteil ». Klaffe gereist. In sei« Ab- teil sei «tn jnnger Man» gestiegen, ans de» die Personen- »eschretbnng de» angebliche« Knauer »der Kern genau paffe. Dieser Mann Habe einr schwarz« Aktentasche «it »«ei Schlösser« »ei sich gehabt. Ani »er «ine» Sette lei ei» großer roter Tintenfleck gewesen. In bee Tasche Hab« sich jehr »iel Gelb befunden, an» zwar seien eö zwei Pakete Tansenbmarkschetne «nd «in Paket Hnnbertmarkschein« ge« i»esen. DaS Gelb sei offenbar noch ganz neu gemesen. Nach Wittenberg habe der Mann eine schwarze Binde «ns da» eine Auge gelegt. Dies sei dem Zeuge» «m deswillen anfgefailr», weil er bisher nicht bemerkt hatte, daß »er Mit» reisende angenleidend sei. Wohin sich der Man« in Leipzig begab, Hab- der Zcnge nicht seftgestellt. ES sei auch mit der Möglichkeit zn rechnen, daß der Mann sogleich oder am nächste» Tage nach Süddentschiand »eitergereift sei. lWTBI Die bisher verhaslelen Teilnehmer. Berlin, 29. Juni. Die der Teilnahme au der Er- mordung deS Neichsuilnisters Nathenau Uberführten Per sonen. die von der Abteilung 1» deS Berliner Polizei präsidiums ermittelt und festgenommen wurden, sind 1. der Kaufmann Richard Schütt in Berlin: 2. der Kauf» mann FranzDiestel in Berlin, die Besitzer der Auto garage, in welcher der zur Mordtat benützte Kraftwagen untergebracht worden war: 8. der Gymnasiast Gerd Techvw in Berlin: 4. der Student Willy Günther in Berlin: 0. der Gymnasiast Hein» Gtnbrnrauch in Berlin. Der zu 8. Genannte ist der Bruder deS inzwischen ergriffenen Mittäters Ernst Werner Techow. Ger- Tcchow, Günther und Stubcnrauch waren Mitwisser bzw. Ur heber des MordplanrS. Schütt und Diestel waren Mitwisser bzw. Begünstiger deS Mordes. Die Festnahme weiterer Teilnehmer an der Tat steht zu erwarten. lWTBI Berlin, 29. Juni. Zu der überraschend schmstlen Fest stellung der Mörder NatbenauS wird noch berichtet, daß «an auch de« beide» Mittäter« des bereits »erhaftete» Ernst Techow, der als Lhaufseur des Mörderautos fungierte, anf den Fersen ist. ES wird angenommen, daß die Beamten, die sich auf der Verfolgung der Beiden be finden. diese «och hente stesie« «nd »erhasten «erde«. Durch die außerordentlichen Maßnahmen, die die politische Polizei noch im Laufe der vergangenen Nacht nach Be- kanntgabe der Namen der drei Mörder trafen, ist diesen jeder Weg in das Ausland abgeschnttten. In den Mittags- stunden gelang es der Polizei, einen weiteren Helfer beim Nathenau Attentat, den ehemaligen Lentnant der Reserve »nd cand. für. Wilhelm Günther zu verhaften. Günther ist nicht nur ein Mitwisser des Attentats gewesen, sondern er Halle mit geholfen, in den letzken Wochen da» Attentat und die Fluchivläne bis in die kleinsten Details aus zuarbeiten. Die hierzu erforderlichen Besprechungen hatten tn den Räumen einer verschwörerorganlsatton in dem Vtllenvorort Wannsre bei Berlin ftattgesunden. Günther hatte auch für die Mörder bas Auto und die Garage im Westen Berlins ausfindig gemacht. Nach der Tat war er den Mörder» dadurch behilflich, daß er ihnen Pässe. Geld und Eisenbahnfahrkarte« besorgte und die Spur seiner Freunde vermischte. Günther selbst wohnte bei seinen Eltern in der Lützowstraßr. Bor allem durch seine Renommage ist dt« Aufdeckung -eS Komplotts «nd der Berfchwörnng möglich gen-esc«. Günther batte von dem Attentat kurze Zeit nach dem Verbrechen schon Mit- teilungen gemacht, die verschiedene Leute zum Stutzen brachten; denn dies« Etnzelhetten waren noch nicht botzonnl und Nn» erst am Sonntag morgen veröffentlicht worden. Die Poltzet wurde verständigt und Günther tn de» Rächt zun, Sonntag von Beamten der politische« Polizei ver haftet. Da» vet ihm Vorgefundene Material half »an« zu wetteren Ermittlungen. Günther selbst erklärte bet feiner Verhaftung, er habe «nr t« renommtsttfchrr vetfe davon gesprochen, «nd wollte t» keine» Beziehungen z« den Mör- der» und zu dem Morde stehen. Aber er war schon zu sehr verdächtig nn- beSbalb beschäftigte man sich eingehend weiter mit seiner Perfo« und seinem Verkehr und ist schließlich zu dem Resultat gekommen, daß «üntßer dem verbrecherkompkott, daß de» Tod Rathenan» beschloß und auSgesübrt bat. angehvrte. Günther gehört« mehreren natlonaltstischen Vereinigungen al» Mitglied an. Er war auch einige Zeit Mitglied der Dentschnattonale« Partei, wurde aber Zwistigkeiten halber au» der Partei ivteder ausgeschlossen. Berlin. 29. Juni. Wie letzt festgestellt wurde, haben die drei Mörder di, letzten Vorbereitungen und Verabredungen tn einem Pensionat in der nördlichen Frte brich st ratze getroffen, wo sie grmetnsam ein einzige» Zimmer bewohnten. Nach der Tat kamen st« wieder nach dem Pensionat und habe» von dort aub auch ihre Flucht an getreten. Aamtirr-er Dorermlllelurigen ü-er öle Mörder. Hamburg. 29. Juni. Die Pressestelle teilt zur Vor geschichte der Ermittlung der Mürber Rathenan» mit: E» habe sich in der Untersuchung der Angelegenheit der Ham burger Spreng st offattentate der begründete Ver dacht ergeben, daß die Täter einer politischen Ge- hetmorgantsation angehörten, dte sich über das ganze Rrlch erstreckte. Dte weiteren Nachforschungen verbreitete« auch Licht über dte Vorbereitungen zur Ausführung der Ermordung RathenauS. Dte wegen der Hamburger Spreng- stosfattentate Festgenvmmenen gehörten einer in Gruppe» gegliederten Abteilung an. dte unter Führung de» ver hafteten Friedrich War necke, eine» früheren Offizier», standen. Unter den beschlagnahmten Papieren befand sich ein Brief Warnecke» an den Kapitänleutnant Killtnaer. Tatsächlich war. wie ermittelt wurde, die Abteil««« War ne«»« tn Organisation 0 ctngegliebert, die sich t» Prootnztal» «nd LandeSnnteroerbänbe »rd- »ete. Di« Organisatto« 0 hatte et« Spreng» «nd et« Mord kam man»». daS die Beseitigung politischer Per sönlichkeiten «nSznslihren hatte. Diese« Kommando ge- hörte» «. a. auch die oom Berliner Polizetpräfidinm jetzt genannten Mörder Rathenan» an. SS war beabsichtigt, etwa zwöls führende jüdische politische Persönlichkeiten zu be seitige«. barnnter Theodor Wolfs »om .Berliner Tageblatt" und de« Hamburger Nankier Mar Warbnrg. Di« Unter suchung bat ergeben, daß skr Dienstag abend ein Anschlag aus Warbnrg. der bet der Grsindnng de» UeberseeAnb» spreche« sollte, geplant war. Dte Mitglieder der Organisation kl verkrhrten mit einander niemals schriftlich. Die Ankündigung ber Kuriere erfolgte durch kurze Telegramme. Solche wurden bet War necke beschlagnahmt. AIS Absender eine» dieser Telegramme wurde ein Mitglied der Hamburger Organisation, da» bet der Absenkung der Telegramme sich tn Berlin befand, er mittelt und ferner festgestellt, dab der tn der Hamburger Sprengstofssache sestgenommene Privatdetektiv Niedrig den Auftrag erhielt, daS Automobil zu führe«, da» die Mörder RathenauS benützten. Niedrig ist zur Be sprechung der Einzelheiten der Tat nach Berlin geholt wor ben. Dte Hamburger Poltzet konnte die Pension ermitteln, tn ber seine Unterredung mit den Tätern stattgefunbe« hat. Auch konnte sie feststen«», bah da» Auto von auSwärtb ge holt werben sollte und daß al» Bewaffnung der Mörder Pistolen und zwei Maschinenpistolen vorgesehen waren. Die Verhandlungen der Täter mit Niedrig »erschlugen sich, weil er keine« Führerschein besaß. ES wnrb« ferner ermittelt, daß anch da» Attentat «ns Schelbeman« von de« aleiche« Kreise« anSgesührt worben war. Der Hamburger Polizeipräsident schickt« am Dienstag einen Beamten nach Berlin, der dte Berliner Polizeibehörden mit den Hamburger Ermittlungen bekannt machte, die im Zusammenhänge mit dem tn Berlin vor- liegednen Material zur Ermittlung der Persönlichkeit ber Mörder RathenauS führten. iW. T. BI Der Kriegsbeschlildigten-Prozetz vor dem Reichsgericht. lEIgner Drahtöerlch« der .Dre»d«. A - ch r > ch t« n'.t Leipzig, 29. Juni. Im weiteren Verlauf ber Zeugen- Vernehmung setzte der Zeuge Kaufmann Frenzel-Frank» furt a. M. seine belastenden Aussagen fort: Der Zeuge hat eine Anklageschrift für da» Kriegsgericht ausgestellt, von deren Vern»endung er aber au» Besorgnis vor mili tärischen Nachteilen Abstand genommen habe. Diese Schrift hat er aber dem Herrn Peltret in Laon vorgelesen. Am 1. Juni 1920 hat der Zeuge die ganzen Vorgänge tn einer Eingabe an daS Auswärtige Amt zusammengefaßt, tn der er sagt, daß er seine Darstellungen eher noch abgeschwächt habe. Sowohl der Angeklagte wie ber Zeuge Dr. Peltret könne« sich an ein derartiges Gespräch nicht erinnern. Der üorsitzcnde meist darauf hin, baß bet Aerzten oft tn burschi koser Weise über Tod und Krankheit gesprochen werde, ohne baß eS so gemeint sei. An» eigener Wahrnehmung kau» der Zeuge Frenzel über Mißstände in Sssrn nichts sagen. Aus Mitteilungen Dritte» sei hervvrgegangcn, daß dir Krankenbehandlung allgemein nicht gut war. Der Vor sitzende stellt fest, daß danach der Zeuge also nur aus Gerüchtebin einen derartig schwerwiegenden Bericht ver saßt hat. Dr. Peltret erklärt, daß er selbstverständltch bet einer Anzeige eingcschrittcn wäre. ES folgt die Vernehmung des Zeugen Arno Müller» Bankbote tn Plauen, der SanitätS-Dergeant tn Effry war. Sr äußert sich eingehend über dte Verhältnisse im Lazarett und wirb dabet mehrfach vom Vorsitzenden auf seine Zeugenpflicht aufmerksam gemacht, da er sich an ver schiedene Sachen nicht erinnern will. Er gibt zu, mit den im Lazarett beschäftigten französischen Mädchen gelegentlich geschlechtlichen Verkehr gehabt zu haben. Mtchelsohn habe seine Pflicht als Arzt aufs gewissenhafteste auS- geübt. I» der Hauptsache dreht sich dte Vernehmung um die Frage der Mißhandlung. Ter Zeuge will nie etwa» von Prügeleien gesehen haben, wenn auch oft Prügeleien vorgekommen iricn. Ans eindringliches Befragen gibt der Zenge zn, daß verschieden«« lich Kranke bet irgend welchem Vergehen. B. Rauchen vom Personal geprügelt wurde«. Ei» französischer Zivilgesange- »er Robert wurde vom Ortüpolizisten verprügelt, weil er z« sranzösische« Mädchen eingcstiegeu ist. Inspektor MartenS hat selbst einmal geprügelt. Ob der Inspektor den Befehl zum Prügel» gegeben habe, weil, der Zeuge nicht,« sagen, ebenso weiß er nichts davon, daß falsche Angabe» über die Zahl der Toten gemacht worden seien. Von der Vereidigung de» Zeugen wird Abstand genommen, da er im Verdacht steht, selbst an Straftaten beteiligt zu sein. Zeuge AmtSgerichtSrat Otto Wahreuholz. Hannover, war Adjutant der Stappenkommandanlur tn Dicy-le-Gro». Er hat den denkbar besten Eindruck von Dr. Michelsohn und seinem Einvernehmen mit den französischen Kranken gehabt. Von Härten hat ber Zeuge nicht» wahrgenommen. io bah die Etappenkommandantur nicht den geringsten Anlaß zum Einschreiten hatte. Dr. Tosahr». Arzt in Golnow t. P.. war Dr. Mlchelsobn in Effry für dte chirurgische Abteilung etwa 4 Wochen zuaetetlt. Er bekundet, baß ber Angeklagte sich grobe Mühe mit ber Berpslegung gegeben habe. Besonder» schwierig war dt« Aufrechterhaltung der Ordnung, weil sich die Gefangenen selbst nicht unteres«. ander oertraaen konnten. In mancher Beziehung ist viel leicht »Acht scharf genug »ugegrisfen worben. Zeuge Vermalter Richter aus Höchst a. M. war t« Bureau des Lazaretts in Dtcy-le-GroS. Sein Urteil geht dahin, daß ber Angrklagte in ärztlicher Hinsicht seine Pflicht vollauf getan habe. Dir Behauptung der französischen Krankenschwester Frau Canard, dah sie auf ihrer Station Dr. Michelsohn 17 Monate nicht gesehen habe, bezeichnet de Zeug« al» völlig anSgeschlosie», »« bi« Rnnd- gänge täglich ftattgesunden Hobe«. Der nächst« Zeug«, Asphaltmcister Karl SLmmer-Hagen t. W., wird zunächst nicht vereidigt. Der Zeuge ist in Rußland geboren und war tn Essry russischer Dolmetscher. Er bekundet, daß unter den Russen häufig Prügeleien stattfanden. DaS Personal habe sich nicht darum gekümmert, weil dir Russen in ihrem Saale von selbst für Ordnung sorge« würde«. Auf die Fragen gibt er zu, daß Dr. Michelsobn ihn selbst einmal verivarnt Hab«, dte Russen zu schlagen, mit de» Worten: „Gehauen wird hier nicht!" Daraus habe Dr. Michelsobn einen entsprechenden Befehl erlassen. Ander- scits habe Dr. Mtchelsohn bet Meldungen über Wtdersetz- lichtesten, Veruntreuungen von Brot ns«, geäußert: „Laßt Euch da» ni-'t gesallrnl Hant den Kerls mal hlnter die Lössell" Offiziell Hab« er nicht bestimmt, baß geprügelt werden sollte. Nach halbstündiger Pause wird Ltadtrat Walter MattheS au» Schneeberg t. Sa. vernommen, der bet der llrrtchtung deö Lazaretts tn Essry einige Wochen als VerwaltungS- beamter tätig war und auch später Effry besucht hat. Der Zeuge rühmt an dem Angeklagten seine Intelligenz, Energie und OrganisativnSsähtgkettr Trotzdem hat der Zeuge den Angeklagten nicht für «ine Zterde de» Heere» gehalten, namentlich im bezug auf leine Dienstauffassung, dte der Zeuge als „egozentrisch orientiert" bezeichnet. Wetter ist dem Angeklagten eine gewisse Neigung zum Herrrnlebcn nachzusagen. Er hielt ein Reitpferd, daS Wetzen erhielt, einen Rassehund, der auch nicht schlecht gefüttert wurde, und einen überaus stattlichen Hühner hof. 1918 fet auch «in kriegsgcrtchlltchcS Verfahren gegen den Angeklagten eingcleitet worden. Ueber dte Frage der Mißhandlungen äußerte der Zcnge, daß sich eine Art illegitime Strafgcwalt herauSgrbiidet hatte. Die Russen hatten unter sich eine Art Erekuttvkomtte« ge bildet. Der Vorsitze«»« gibt seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß niemand im Lazarett von den Prügeleien etwa» wußte, trotzdem «S sich um ein ofsene» Seheimnt» handelt«. Der Zeug« erklärt weiter, baß der Lazarettaehilfe Brecken gerade deswegen entlassen worden sein soll, und zwar auf Veranlassung des Angeklagten, weil er Krank« geschlagen habe. Dem französischen Arzt Dr.^Ptchar» standen Medikament« zur Verfügung, er gebraucht« aber sehr wenig, weil fast seine einzige Kur im Setzen von Schröpskvpsen bestand. Der Zeuge wirb vereidigt, ebenso wird die Ver eidigung de» Zeugen Müller nachgebolt. Um 4tt Uhr wird dt« Verhandlung auf Krott«- früh 9 Uhr vertagt.
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