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Jahrgang. ZK Ai- Dienstag, i>. Juni 19Ai Gegründet 18SK Dradianlchrtfti »«chrtchi«, Dr«»«». tz»rnipr»ch»r-Samm»I>»um««r, SS 241 Nu» M» Naql„»Iprkch,: SV 011. . l^aliiitz»- ->°m >- di» l». Juni IV2S d«i tüniich zweimaliger Juftellun, srei Lau, I.«VMari>. -OLAUgS* tDevUyr Po«b,zua,vr«t» iür Monal Juni 3 Mar» okn« PoftzuNeUunasaediidr Stu,»>»»»»»» I» Di, Anzeigen werden nach «aidmar» derechnei. di, «inwaltt« 30 nun drei!, Anzetgeii-Pr-ll-: «'!-« LLNrNiL: autjerdalb M<1 PI«. OfferienaedUhr 10 PI«. Ausw. AusirLg» ueaen DoroU»de»adI. SchrMleliunq und Lau»Ig»ich!iii»I>»g, Marirnllrai,» 3842. Druch u. veriaa ovn 8>«»Ich -» Netchardi >» Dresden. PaMch»ch-L°n>e 10SS Dr«,»»«. Nachdruck nur m» fteuilicher SueNenonaad» l.Dreadner Nach» - zuIAIia. Ilnverlangi» SchriilttUck» werden ntchi auidewadri. ^ön!ssv!IIsU°d9uisissna I > > IG-T» ,m A»nis»p«ri< gaiagan Voilicomm-n mockaenl.iart rleclen k^Liclimitteig: Isnr im ^s-sisri 5onnt3g8: ^oulsils-lsnr ^6lisio^>3pk's>36 sb 9.— 3ufv/3s-t3 KSSS» 1^>» Hindenburg gegen den Volksentscheid. Ein Briefwechsel zwischen -e«n Reichspräsidenten und Staatsminister v. Loebell. Demonstrativer Abzug -er Studentenschaft aus Hannover nach Draunschweig. — Kabinettsbeschtüsse zur Frage -er Einheitsslagge. Alndenburgs Hoffnung aus -en gesunden I Sinn -es Volkes. Berlin, 7. J»nt. In einer heute herausgegebenen Sonder nummer .Der Deutschen - Spiegel" erscheint ein Artikel vom Staatsminister v. L o c b e l l, der sich gegen einen Angriff des .Vorwärts" wendet. Im Nahmen dieses Artikels veröfsent- licht Staatsminister v. Loebell einen Brief des Reichs präsidenten. über dessen Abdruck er, wie er auSführt. ver- siiac» kann. Der Brief hat folgenden Wortlaut: Sehr geehrte Exzellenz! Bon Ihrem Schreiben vom 1». Mai habe ich mit lebhaftem Interesse Kenntnis genommen, ssbrcr Anregung zu dem Bvlköbegchrcn auf Enteignung der sslirsleuvermögen in einer öffentlichen Kundgebung Stellung zu nehmen, vermag ich aber aus staatsrechtlich sich aus der verfassnngSmäsiigen Stellung dev Präsidenten dcS Deutschen Reiches ergebenden Gründen nicht zu entsprechen. Auch von einem Erlaß an die NcichSregierung möchte ich abschcn. Die NcichSregierung hat bereits i« ihrer Kundgebung vom 24. April d. I. vor dem deutsche» Volke klar und deutlich erklärt, daß die cntschädigungSlose Enteignung de« Grundsätzen, die in einem Rcchtsftaate die Grundlage für jeden Gesetzgebungsakt zu bilden haben, widerspricht. Sie hat von diesem Standpunkte dcS Rechts sowohl tu der erwähnten amtlichen Kundgebung, als auch durch den R e > ch S m i n i st c r des Innern in der NcichStagSsitzung vom 2. April d. I. ausgesprochen, daß sie daS Volksbegehren auf entschädigungülvsc Enteignung der Fürstcnocrmögen aus daö entschiedenste ablehne. Die unter dem Reichskanzler T-r. Marx am 17. Mai INR neugebildcte Rcichsregiernng hat sich in ihrer Erklärung vom IN. Mai d i cs c n S ta n d v u n k t ausdrücklich znetgen gemacht. Ich kann daher annchmcn, daß die Regierung, ohne das? es eines besonderen Schrittes meinerseits bedarf, Ihre Auffassung über die rechtliche Tragweite und Gefahr dcS Volksbegehrens teilt. Was die von Ihnen berührten, im weiteren Verlauf der Dinge von mir persönlich .zu treffenden Enti'cheidilngcn anlongt, so muß ich mir — wie es die Ver fassung Vorsicht, meine Entscheidung Vorbehalten, bis daS Er gebnis des Volksentscheids und das sich hierauf gründende AiiSsührungSgesetz vorliegt und die Frage der Vollziehung dieser Gesetze an mich hcrantritt. Ich will es aber doch nicht unterlassen. Ihne» mein, persönliche Auffassung . dahin mitzntcilen, daß ich di« von Ihne« geäußerte Besorgnis in vollem Umfange teile und die gleichen Bedenken wie Sie fchou von Anfang dieser Entwicklung der Dinge an auch der ssieichsrcgicrung gegenüber z»m Ausdruck gebracht habe. Daß ich, der ich mein Leben im Dienste der Könige von Preu ßen und der deutsche» Kaiser verbrach, Hab«, dieses Volks begehren znnächst als ein großes Unrecht, dann aber auch als einen bcdancrlich«» Mangel an TraditionSgefiihl und als groben Undank empfinde, brauche ich Ihnen nicht näher auS- zusiihren. Ich will mich aber bemühen, den Enteignungs antrag hier nicht gls eine politische, sondern lediglich alS eine moralische und rechtliche Angelegenheit zu betrachten Ich sel»« in ihm unter diesem Gesichtspunkt einen Ichr bedenklichen Vorstoß gegen das Gestige des Rechtsstaates, dessen tiefstes Fundament die Achtung vor dem Gesetz nnd de», gcsck'ich anerkannten Eigentum ist. Er verstößt gegen die Grundlagen der Moral und des Rechts, Würde dieses Volksbegehren Annahme finden, so würde einer der Grundpfeiler, aus dem der Rechtsstaat Die Ueberschwemmungskalaslrophe in Rumänien. Hunderte von Menschenopfern. Bukarest, 7. Inni. Dnrch das in den letzte« Tage« niedcrgegangenc Negcnunwetter ist eine neue Uebcr- Ichwemmungökatastrophe über Rumänien hercingebrochen, die sich nach den bisherigen Nachrichten als die schlimmste seit ISib darstellt. Nach den ans der Provinz vorliegende« Mel dungen sind schon Hunderte von Menschenopfer« zn beklagen. Der gesamte Zugverkehr sowie die telephonische und telegraphische Verbindung sind eingestellt. Di« Ernte ist dnrch die andancrndcn Hagclschläge fast »ollftändig ver nichtet. Auch der Zugverkehr zwische« Rumänien und Deutschland ist unterbrochen. Paris, 7. Juni. Nach einer Meldung an» Tokio ist der iapantsche Botschafter in Nom Otschtat auf der Heimreise an Bord dev Dampfer- „Uschi Maru" gestorben. ruht, beseitigt und ein Weg crössnet, der ans abschüssiger Bahn haltlos bergab führt, wenn es der Zufälligkeit einer vielleicht noch dazu leidenschaftlich erregte« Volksabstim mung gestattet sein soll, verfassungsmäßig gewährleistetes Eigentum z« entziehen oder zn verneinen. ES könnte ans dem fetzt vorliegenden Einzclfall die Methode entstehen, durch Aufreizung der Instinkte der Masten und Ausnutzung der Not des Volkes mit solcher Volksabstim mung aus dem Wege der Enteignung weitcrzugchen und damit dem dcntschen Volke die Grundlage seines knlturellcn. wirt schaftlichen und staatlichen Lebens zn entziehen. Ich sehe hierin eine große Gefahr, die gerade in unserer Lage, in der die Zu sammenfassung aller wirtschaftlichen und ideellen Kräfte sür unsere Selbstbehauptung am notwendigsten ist, unsere staat- lichen Grundlagen bedroht und in einem Zeitpunkt, wo mir eben die ersten Schritte aus dem Wege zu neuer wirtschaftlicher Geltung getan haben, unsere Stellung in der Welt schädigt. Ich bin überzeugt, baß trotz der starke«, vielfach wenig schönen Agitation für das Volksbegehren das rnhigc Urteil und der gesunde Sinn unseres Volkes diese moralische nnd rechtliche Seite der Frage nicht verkennen und die un absehbare Gefahr, die allen Schichten dcS Volkes hier droht, nicht übersehen wird. ch hasse daher zuversichtlich, daß unsere Mitbürger in der ntscheidnng vom 20. Juni diesen Erwägungen Rechnung tragen und den Schaden abwcndcn werden, der sonst dem ersten Grundgesetz jedes Staates, dem Recht und der Gerechtigkeit, erwachsen würden. Mit freundlichen Grüßen bin ich Ihr ergebener gez. v. Hindenburg. * Die Tatsache, daß StaatSmiuistcr v. Loebell nach den An griffen in der Sonntagausgabe des „Vorwärts" sich zur Ver öffentlichung des Brteswcchscls entschlossen hat, beweist, daß hier nicht, wie der „Vorwärts", in begreiflicher Angst vor ter Wirkung des Brieses des Reichspräsidenten, seinen Lesern und wohl auch dem Parlament und der NcichSregierung Aar machen wollte, ein VertraucnSbrnch oder eine Indiskretion vorlicgt. StaatSmiuistcr v. Loebell würde, wie er auch in dem Artikel in der Sonderausgabe des „Dcutschcnspiegel" auführt, niemals den Brief des Reichspräsidenten veröffent licht oder auch nur andeutungsweise in einem Artikel be nutzt haben, wenn der Reichspräsident sich gegen die Veröfsent. lichimg dieses Artikels ausgesprochen haben würbe. Man kann also vermuten, daß Staatsminister v. Loebell den Reichs präsidenten über seine Auffassung vom sozialistisch-kommn» nistischcnEntctgniingsgesctz und derWirkung drSBolksentschctds befragt hat, weil er mit Recht vermutet, daß das eigentliche politische Ziel der Anhänger drS sozialistisch-kommunistischen Entcignnngögesetzes die Herbeiführung einer parlamen tarischen Krise nnd einer P r ä s i d e n t e n k r i se ist. Der „Vorwärts" hat selbst zugegeben, daß der Reichs« vräsident v. Hindenburg niemals dem sozialistisch-kommunisti schen EntclgnnngSgcsctz znstimmen könne. Wenn die sozial demokratische Partei wirklich auf die Annahme des Gesetze» im Volksentscheid rechnet, muß sie sich also auch bereit» daS Ziel eines Sturzes des Reichspräsidenten gestellt haben. Der Reichspräsident bezieht sich in seinem Schreiben, das eine Ant wort auf ein Schreiben vom Staatsminister v. Loebell vom 19. Mai darstellt, ausdrücklich daraus, daß seine Auf fassung und die Auffassung von Staatsminister v. Loebell mit der Auffassung des Kabinetts übcrctnstimmt. Man kann dar aus wohl schließen, daß die vom Reichspräsidenten in seinem Schreiben mitgctctlie persönliche Auffassung auch der Auf- fassung des Kabinetts entspricht. Die öffentliche Ratssitzung in Gens. Kens, 7. Juni. In der ersten öffentlichen Sitzung der 40. Ratstagung deS Völkerbundes teilte Chamberlain mit, daß die Verhandlungen mit der Türket über die Grenz ziehung im Irakgebtct einen befriedigenden Verlaus ge nommen hätten. Die Grcnzrcgnlierung werbe von einer Koni- Mission vorgcnommcn werden, die aus Vertretern Englands und der Türket und einem Schweizer als Vorsitzenden be stehe. Er dankte dem Rat für seine Mitarbeit an der Rege- lung der Mvssulsrage. — Der italienische Delegierte Scta- lofa drticktc seine große Befriedigung über die endgültige Regelung der Grcnzfragr im Irak aus. Hieraus wurde die VvlkcrbuiibSratSsitzung auf Mittwoch vertagt. Präsidentenwahl in VNaue». tDurch stunkspruch.» Kowno, 7. Juni. Der litauische Scsw wählte tn seiner heutigen Nachm ittagSsitzung mit 7V gegen 5,0 Stimmen den Ab geordneten Dr. GriniuS zum Präsidenten der Republik Litauen. Dr. GriniuS gehört der volkSsozialistischen Partei an, die mit 22 Abgeordneten die stärkste Pgrtct dcS litauischen Sejm ist und bürgerlich.radikale Ziele verfolgt. lW. T. B.) Das Zeikungswesen in Sowjelruhlan-. Von Dr. P. H. Seraphim, Assistent am Osteuropa-Institut in BreSIau. Die Tatsache, daß Propaganda in jeder Form durch Wort, Bild und Schrift im bolschewistischen Staatswesen Rußlands eine ganz besondere Bedeutung hat, charakterisiert an sich schon die gewaltige Nolle, die die sowsctrusstsche Presse sowohl im Gefüge deS bolschewistischen Staates, wie für die Pro pagierung bolschewistischer Ideen in der ganzen Welt spielt. ES verlohnt daher wohl, bas Zeitungswcsen de» Sowjet- reichs auf seine äußere Entwicklung, auf seine innere Struktur, auf seine Vorzüge und Mängel hin zu untersuchen. Die heutige russische Presse weist nicht die geringste Wesensverwandtschaft mit der alten russischen Presse der Zarenzeit aus. Während diese, parteipolitisch zersplittert, sich an» ausgesprochenen Feuilleton- und Boulevardblättern, auS rcgierungSoffiziösen und durch die Negierung finanzierten und aus zahlreichen Zeitungen aller oppositionellen Rich tungen zusammensetzte, ist die heutige bolschewistische Presse tn hohem Maße vereinheitlicht, zentralisiert und einheitlich von bolschewistischem Geiste durchtränkt. Die gesamte TagcS- prcsse Sowjctrußlanös ist halb oder ganz „offiziös" geworden — kein Wunder, daß die Sowjctregicrung daher auf LaS Mlttcl der Zensur zur Kontrolle der Presse verzichten kann. Rein äußerlich betrachtet, hat sich das russische Zeitung», wesen während -er Bolschewikcnherrschaft stark entwickelt. Gerade das lctztvergangene Jahr zeigt einen neuen Auf- schwung der Tagespresse. Während am 1. Januar 1925 in der U. d. S. S. R. 579 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 6,9 Millionen Exemplaren erschienen, zählte man am 1. Februar 1926 bereits 699 Zeitungen mit einer Gesamt auflage von 8,9 Millionen Exemplaren. Die hauptstädtische» amtlichen Zeitungen .Hswestija" und „Prawda" erscheine» in besonders großem Format und in bedeutender Stärke. Gesonderte NrchtvauSgaben, Gesetzessammlungen, Monats zeitschriften sind ihnen beigegeben. Die Auflageziffern jeder dieser Zeitungen unterschreiten nur wenig die halbe Million. DaS neu« RedaktionSgcbäude -er Moskauer -ZSwestija" ist ein zwölfstöckiges Turmhaus aus Glas und Beton. Kurz, der äußere Eindruck der Entwicklung der bolschewistische« Presse ist ein sehr günstiger. Der Zahl nach am bedeutendsten sind die sogenannte« Bauernzeitungen mit retn ländlichem Abonncntenkreise. deren eS 181 mit 1L Millionen Exemplaren gibt. Ferner gibt eS 58 Arbeiterzeitungen mit 1,27 Millionen Exemplaren, 17 Fachblütter mit 870 000 Exemplaren, 190 Blätter der vcr» schtcdenen Nationalitäten mit 929 000 Exemplaren, 68 Blätter der kommunistischen Jugendorganisationen mit einer Auflage von 471500 Exemplaren, 15 militärische Blätter mit 98 000 Exemplaren. Eine besondere Gruppe sind die sogenannten „führenden Zeitungen", von denen 8 in einer Gesamtauflage von 4,6 Millionen Exemplaren erscheinen. Die übrigen 10« Blätter weisen eine Auflageziffer von 1F Millionen Exemplaren auf. Die größten Auflagen haben natürlich die Moskauer und Petersburger Zeitungen. Zum 1. Januar dieses Jahres hatten 70 dieser Zeitungen eine Auslagcnhöhe von 4,6 Millionen Exemplaren gegenüber 4,8 Millionen Exemplaren, aus denen die Gesamtauflage der 521 Provinz- blätter besteht. Fast alle russischen Tageszeitungen werden durch die russische Telegraphen-Agentur 7^88 (früher U08'r^1 mit amtlichen Material versorgt. Diese Agentur hat einen rein regternngSoffiziöscn Charakter, der dadurch, -aß sie formell ein selbständiges Unternehmen auf kommerzieller Grundlage ist, nur verdeckt wird. Ins Ausland gelangen die russische« Zeitungen verhältnismäßig wenig, da die Beherrschung -er russischen Sprache ja dort gering ist. Dagegen wird di« Inseratenwerbung im Ausland gemeinschaftlich durch amt liche Stellen — in Deutschland bisher durch die amtlich« Annoncenexpedition VVVI6^TI-U.-Berlin — betrieben. Der Inhalt -er bolschewistischen Zeitungen weicht sehr wesentlich von dem ab, was die westeuropäischen Leser tn ihren Blättern zu finden gewohnt sind. Auffallend ist zu- nächst, daß jeder Untcrhaltungsstofs ängstlichst vermiede« wirb. Einen Teil „unter dem Strich" gibt eS nicht, lokal« Plaudereien und EntreftletS sind sehr seiten. Unterhaltungs beilagen sind streng verpönt, ja selbst die harmlose Rätselecke ist verbannt. Nach bolschewistischer Ausichi soll die Zeitung zur Verbreitung politischer, und. tn hohem Maße, wirtschaftlicher Tatsachen uw- Tatsnchenbctrachiungen dienen, nicht aber dcr Unterhaltung der Leser. ES hängt daS aufk engste mit dem HauptwesenSzug der Bolschewikenpreffr. dem Propaganda-