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Dies«» Blatt «ird de» Lelm, von Dresden «d Umgebung am Lage vorher bereit» als Abeisd-Asrsgabe zugrstellt. während es die Post-Avonnenten am Morgen m emer Gesamtausgabe erhalten SerugrgeMr: ««Nt^rUck, »,«« L«>». und ««l«««» «r rtmn-v , «t »»»>. d-ndau»«LrN«»»»m. »W»2r. , M. d«. , ««- «0 «. Su^kl>uu> durch di» «o»»««, iowrvrftelloelL». im»u»- Und mit en»vk»ch««drm Sulckl-ae. « «ckdr»ck «Mr »NM -- vrwwal- «ilttU«,»» --r «U d«u"Ich.r Li»U»»a««ad» <>Lrr»d. Nachr.-) nMil«. Iia»«ri>aUck» »«norar- anivrüch» dl«td»» «werücNiN»!^: —«kannikivt» w«dcu ^ a»fd«waLrr. »«!«,««»» »drelt« «,»» » «» »»»«»» 185V Nerlrro von Aiepseft L Ueirhardt. /lnrelgen-tarif. Annadmk von Ankündi-an-en bi» »achmittaas s UM Lonn- und kteiertai« nur Marikniiladt ss von II bis '/,itlkr. Die lipaiiiakBriuid- »eile ica s Silbkn, « Pt,.. vln künbiaunoen oui der Llwalnitr Leit« 2b Pta: die Sivaltioeüeilr alt .Elu- gelaudt" oder am Teitieitr so Psg. JnNummeni nach Sonn- und fteie» laaen I> de» rivalliae BmnL»«tIcu so. «0 de», «o und so Pf,, „ach de- ionderem Tarif. Audwäriiac Lut- träge nur gegen VorauSde»ablung. BcicgblLtter werden mit U Lig. brreckne,. yernsvrechanschkußr «ml l SU!. U und Rr. LOS«. kluL- ^üknsckepfsZöIine Dnerrlen xr. plsnenscliestr. 20 AufLÜAe sllen «eM l'rM-Selilsfi'iielle. LeMlMe. SclllMclre! 8c!ilsfi'«cll-k<l^e!'. ffsuenrl«'. 7. E'iinm tschauer A,eik. Neueste Lrahtt>erlct,»e b» »» V » iK» VPIkHl». Äerrchlsükthnubimigen. .Beuvcnuio Cellini", »Alt Heid.Ibeig'. Hoiiiachricliten, Zum Scbvnbuigscheu Eliej.ceit, Cei " ' ' Sumitini, UZ. Dezember Ivi-3. Are« Lrimrnitschauer Streik. Der Vorstand der Ortsgruppe Crimmitschau des Ver band«» von Arbeitgebern der Sächsischen Textilindustrie zu Chemnitz verseadet soeben eine Denkschrift über den Crimoutschauer Streik. Wir entnehmen dem Schr.ststücke folgen des.-Seit etwa drei Jahren hatten sich sozialdemokratische Führer die Ausgabe gestellt, die Arbe terschaft in de» einzelnen Fabriken für sich zu gewinnen, indem sie sie in benachbarten Schänke» »in sich versammelten um» ihnen Forderungen der versch edensien Art auidränglen. Es handelte sich dabei nicht bloß um Lohnforde rungen, sondern oftmals um ganz geringfügige Wünsch« in höchst untergeordneten Angelegenheiten, die ersichtlich durch den großen Apparat einer Arbeiterdeputation blök deshalb vorgelragen wurden, damit nur überhaupt Arbeiterforderungen geltend gemacht werden sollten. An mehreren Fabriken stellte man bereits die Forderung aus, datz die Arbeiter zu bestimme» hätten, wie und welch« Leute an den einzelnen Maschinen arbeiten sollten. In mehreren Fabriken legten die Arbeiter die Arbeit sofort nieder, wenn eine Kündigung gegen den W-llen der Arbeiterführer aus gesprochen worden war und erzwangen dadurch die Zurücknahme der ausgesprochenen Kündigung. Bei der Geltendmachung von Forderungen durch die Arbeiteransschüsse hatte man bereits die Praris eingeführt, daß man während der Dauer der Verhandlung sämtliche Maschinen stillstehen lieh. Im Kalle der Versagung eines Wunsches stellte man sofort den Streik in Aussicht und trat eventuell in denselben ein. Bisher hatten die Arbe ter so alle Forde- rangen durchgcseht, der Boden schien daher den Fübrcrn zu gröbe ren Unternebmnngen genügend vorbereitet zu sein. Auf einem Kon- aresse der Arbeiterorganisation war beschlossen worden, daß mit ver Devise des Zehnstundentages in Neumünster, Forst oder Criwm tschau in eine grohe Bewegung eingetrelen werden sollte. Nemnünster und Forst verhielten sich ablehnend. Crimmitschau aber erbot sich zur Durchführung der Sache, weil es über die meisten organisierten Arbeiter verfügt. Hier hat der Verband, wie er sich selbst ausdrückt, seine Kerntruppen, außerdem ist Crimmitschau diese» Fall hielt man ander« Federungen , ,-r Inszenierung gekommen sein. Für diesen A» ^ . - ^ in Reserve, sogar die, daß in Zukunft die Entlassung von Arbeitern überhaupt nicht »lehr Sache der Arbeitgeber, sondern einer Lrbeiterkommisiion sein sollte. Die Dinge waren also so weit gediehen, dak die Arbeitgeber llar erkennen mutzten, daß der hiesige Platz zu einer große» Machtentsaltung des Textilarbeiter-VcrbandeS auserkoren sei. und dak cs unter allen Umständen zum Streik kommen mutzte. Wohl oder übel mutzte man sich entjchsießen, den schweren Kampf aufzunehmen und energisch ourchzusühren. Deser Beschluß wurde von allen Textil-Industriellen von Crimmitschau und Umgegend einstimmig gefotzt, gewitz ein schlagender Beweis für die allaeme ne sichere Erkenntnis von der Notwendigkeit des Kamvses. Wenn schon Vieser Hergang beweist, daß es sich in Crimmitschau um eine grohe Macktvrobe handelt, io wird diese Tatsache auch von der Arbeiterpartei offen zugegeben. Ter Verband erklärt die Durchsetzung seiner Forderungen in Crimmitschau überall für eine gemeinschaftliche Aufgabe der Arbeiterschaft ganz Deutschlands und Oesterreichs. W'r stehen also liier im Vordertrefsen für die Textilindustrie ganz Deutschlands, -s'egt hier der Verband der Tertilarbe ter, so wird er bald einem anderen Platze dasselbe Schicksal bereiten. Unterliegt er hier, so ist diese bedrohliche Kampforganisation auf lange Zeit lahin- gelegt. — Wir sprechen es an dieser Stelle offen aus, datz wir ke neswegS Gegner von Verbesserungen d-r Fabrikcinrichlunge» und der Ausbesserung der Lage der Arbeiter sind. Wir sind viel- mclir aufrichtige Freunde unserer Arbeiter und haben deren Wohl mindestens ebenso, und jedenfalls viel ernstlicher im Auge als die sozialdemokratische Führung. Aber wir sind entschlossen, uns gegen die sozialdemokratische Verhetzung der Arbeiter zu schützen, wir dürfen letztere nicht danernd diesen Agitatoren ausliefern, und wir muffen endlich auf alle Fälle Herr m unseren Fabriken bleiben. In der Oessentlichkeit legen die Arbeiterführer ost mit be wegliche» Worten dar, der Stre k gelte einer großen Kultur- ausaabe, denn der Zehnstundentag werde von vielen Nationcil- Oekonomen und Sozialpolitik,.rn gefordert. Dem gegenüber können wir darauf Hinweisen, datz wir nicht an sich Gegner des Zchnftundentages sind, auch haben wir die Arbeiterschaft dringend ermahnt, abzuwarten, ob nicht vielle cht von der Reichsregiernng e ne gesetzliche Regelung der Arbeitszeit für Frauen cintriit. Die Sozialdemokratie konnte hiergegen nicht das Geringste anführcn. um so weniger, als die Re.chsregierung in so hohem Matze speziell arbeilcrsreundlich ist, datz sie ausdrücklich und fortgesetzt aus die grotzc Opserfrcudigleit aller anderen Volksschichten zu gunstcn der Arbeiter baut. Der Zchnstundentag ist also einen >o schweren Kampf in unseren Zeiten gar nicht wert, zumal wenn die Arbeits zeit jetzt schon blos lO'/r und 10^4 Stunden beträgt, wie dies h er meist der Fall ist. Jedenfalls aber waren wir nicht i» der Lage auf Len plötzlichen Befehl des sozialdemokratischen Verbandes hin ohne weiteres zu gehorchen, denn eS würden hiermit für uns io schwere Verluste verbunden sein, datz w r nicht konkurrenz- uni lebensfähig bleiben würden. Unsere gesamte Konkurrenz arbeitet noch heute fast ausnahmslos 11 Stunden bei meist billigeren Löhnen, jeder Einsichtige wird daher zu der Erkenntnis kommen daß ein Platz wie Crimmitschau mcht allen kürzere Arbeitszei und noch höhere Löhne einführen kann, nachdem er sich schon vor dem Streik ün Nachteile gegenüber den im Weltbewert stehenden bähten befunden hat. Eine beliebte Entstellung de» Sachverhalts ist cs. die ganze Crimmitschaucr Bewegung als eine re.ne Provokation der Arbeitgeber hinzustellen. Man behauptet, diese hatten ihre Arbeiter ausgesperrt, brutal auss Pflaster geworsen, ohne datz e n Anlaß Vorgelegen hätte, auf ihren Schultern laste die Ver antwortung. Der wahre Sachverhalt ist folgender: Tie Streik kommission unterbreitete zunächst ihre Forderungen für sämtliche Arbeiter sämtlichen Arbeitgebern. Noch während darüber ver handelt wurde, veranlatzte der Verband der Textil-Arbeiter, um feinen allgemein gestellten Forderungen mehr Nachdruck zu geben, . .... , obwohl ei derartig! . . durchsicht „ „ . .. man hoffte auf Uneinigkeit in unserem Lager, wollte uns durch einen partielle» Streik spalten, und zuerst die Besitzer der fünf Fabriken zur Nacbgieb'gkeit zwingen, um dann mit derselben Taktik in aller Ruhe »egen alle ankeren Fabriken vorzugehen. Unter getrenlicher Einhaltung der eingegangenen ehrenwörtlichen Verpflichtungen „nd mit B ll'gung des Verbandes von Arbeit- mchern der Sächsischen Tertilindustrie zu Chemnitz sind wir den fünf Fabriken sosort durch Kündisung der Arbe ler in den übrigen Fabriken beigespr,ingen, haben indessen durch öffentliche Kund- äebungen und Flugblätter, die unter alle Arbeiter verteilt wurde», diese darüber aufgeklärt, daß wir sämtliche Arbeiter unter Ans. bcbung unserer Kündigung zu den bisherige» Bedingungen in allen Fabriken weiter arbeiten lassen würden. Nunmehr rückt- der Text larbeiter-Verband mit seinem wirklichen Plane, den ganzen Platz i», die Bewegung zu verstricken, offen heraus, indem er die Arbeiterschaft auftordertc, in den Streik einzutreten und die Arbeit einmütig niederzulegen. Unser Zugeständnis, die Mittagspause um eine Viertelstunde zu verlängern, wurde nur noch als eine neue „Unverfrorenheit" der Arbeitgeber bezeichnet, sämtliche Ar- beiter dringend ermahnt, sich ja nicht zur izortictzung der Arbeit verlc ten zu lasse», sonder» die Arbeit niederzulegen, damit sämt liche Fabr ken zum Stillstand kämen. Die Erklärungen der Arbeiterführer führten herbei, datz die Arbeiter in sämtlichen Fabriken trotz unserer Warnnn» en geschlossen die Arbeit niederlegten. Sie bilden daher die historische Grund lage des Streikes und liefern schlechthin den Beweis, datz der kiesige Streik ein echter Streik, keine Aussperrung ist, denn er beruht auf der „Arbeitsniederlegung" seitens der Arbeiter, ans ihrer Weigerung, das Arbeitsverhaltnis fortzusetzen, eS würde ihnen denn durchgängig der reine Zchnstundentag bewilligt. Die >u, datz die hiesige ... . das war aber von vornherein der Fall, wie auch die äHere Signatur der ganzen Bewegung deutlich verrät, denn die Arbeiterschaft hat auch von Anfang an alles ausgebotcn, um den Eintritt von Arbeitswilligen — sei es aus den eigenen Reihen, sei cs von auswärts — unter allen Umfländeii zu vereiteln." Nachdem die Denkschrift sodann an zahlreichen Beispielen die Tonart gebührend gekennzeichnet hat, in der die Sozialdeniokratie in Wort und Schrift die Arbeitgeber vor der Oessentlichkeit blotz- zuslellen versucht, werden die Belästigungen und Bedrohungen von Arbeitswilligen im einzelnen geschildert. Hier heitzt es n. a.: ,,Zahlreiche Flugblätter vMichnen alle Arbeitswilligen als Sire korecher, 'Verräter, chrlcse Menschen und hetzten dadurch b'e Streikenden zu Ausschre tungcn gegen sie Arbeitswilligen ans. Wenn sich die Fabriken öffneten und wenn sie geschlossen wurden, standen die Streikenden in Scharen auf den ganzen Wegen, die das kleine Häufte n gehen mutzte, aus allen Fenstern schauten böhn sche Gesichter dicht gedrängt heraus, und überall hörten die Arbeitswilligen die Worte: „Streikbrecher, pfui!" Mehrfach sind die Fälle, tvo Arbeitswilligen oder vermeintlichen Arbeitswilligen auf offener Strotze Ohrfeigen angeboten wurden, ein ganzer Trupp batte sich ausgestellt, um, wie einer sagte, denen, die aus Leu Fabriken kamen, von einer versteckten Stelle im Dunkel» aus in-S Gesicht zu spucken, einem Arbeiter fpuckten auf dem Kaiserplatze nacheinander vier Mann ins Gesicht, ein Beamter wurde von, Babnbofe >m Dunkeln von einer ganzen Schar von Streikposten verfolgt und mit Schimpfworten ubcchäuft. An der Stadtarenze »ach Naundorf standen, so lange noch kein Gendarmerleaufgebot zur Stelle mar, die Streckenden zu Hunderten versammelt. So bald Arbeitswillige erschienen, wurden sie mit lautem, höhnischen: Hallo und Hurra empfangen. Sie mutzten auf einem schmalen Holzstege d'e Pleiße überschreiten. Diesen Steg hielten die Streckenden io dicht beietzt, datz sich die Bedauernswerten an ihnen vorbeidrücken mutzten, wobei cs an unverschämten Beleidigungen nicht gefehlt hat. OefterS kam es vor, daß die Arbeitenden durch eine seitentur aus cwjeits liegende Pfade binausgelaffen wurden. Sobald dies die Streikenden erfuhren, konnte man ganze Rotten durch diu Strotzen eilen sehen, um die Arbeitenden noch auffu- fangen. Besonders arg trieben es eine grohe Masse von Streiken den in den letzten Wochen, seitdem eine grötzere Anzahl von Ar- beitswilligen d e Arbeit ausgenommen hat. Alle forderte man ganz un geniert zum iosortigcn Aontraktbruch aus. versprach Geld, als dies nicht anzog, beleid pte und bedrohte man den einzelnen, riet, sich bei der Kasse fälschlich krank zu melden, erregte, sobald Arbeits willige mit der Bahn ankamcn, VolkScmfläufe und ergötz über sie und ihre Arbeitgeber eine Flut von Schimpftvorteu. Man kan« sich vorstellen, datz es bloß noch die Furcht isst die zahlreiche Arbeits willige unter dwsen Umständen abhält, sich zur Arbeit zu meK»en. Die Behörden haben deshalb bereits mit aller Energie etnschreitei. müssen. Zum Schluffe ihrer Ausführungen wenden sich die Arbeitgeber mit solgendem Appell an die nationalgesinnte Bürgerschaft: „Wir haben die freudige Gewißheit, daß nicht nur die gesamte deutsche Industrie, sondern auch olle rechtlich und vaterländisch gesinnten Kre se Deutschlands mit ganzem Herzen auf unserer Seite stehen und mit uns d'e gekennzeichneten Bestrebungen sozialdemokratischer Orcanisationen verurte len. Freilich haben wir schon bisher wah rend der Ibwöchentlichen Dauer des Streiks ungeheure Opfer ge bracht und werden noch weitere große Äerluste auf uns nehmen müssen, da das Ende des Streiks noch nicht abzusehen ist. Möge die deutsche Industrie die Vorkommnisse der letzten Jahre zum Anlaß nehmen, um sich z» organisieren und so den Gewerk schaften e ne geschlossene Macht entgegensetzen zu können. Nur dadurch ist es möglich, unberechtigten Anforderungen der Sozial demokratie mit dem gebübrenden Nachdruck becegnen zu können. Berccht'gte Wünsche der Arbeiter zu erfüllen, soll hingegen nach wie vor unser stetiges und ernstliches Bestreben bleiben/' Neueste Dratitmeidunnen vom 12. Dezember. Berlin. lPriv.-Tel j Ter Reichstag wird am Montag voraussichtlich keine Sitzung abhatten, da das Präsidium vom Kaiser in Potsdam cmpsangen wird. — Die Vorlage üver die deutsch-englischen Handelsbeziehungen wird im Reichstage nicht so glatt erledigt, wie man erwartet hatte. Vo» verschiedenen Leiten sind Anträge dazu cingcbracht, die daraus hinauslcmsen, die Vollmacht für den Bundesrat zur Verlängerung dcS Hgiidclsprovlsoriums b>s Ende 1904 zu beschränken. — Das Knust und Wissenschaft. tz* Wochen-Svrelvlan der König!. Hoftheater. Opernhaus. Sonntcmr „Manon". Montag: ..Dos Nhein- gold". Dienstag: „Die Walküre". M ttwoch: „DoS Nachtlager zu Granada". Donnerstag: ^Der Postillon von Lonjumeau". Freitag: 3. Sinfonie-Konzert, Serie k; solistische Mitwirkung: .yr. E. Petri: Sonnabend: „Siegfried". Sonntag: „Der Barbier von Sevilla": „Auf Japan". Montag, den 21. Dezember: „Hänscl und Gretel". — Schauspielhaus. Sonntag: nach mittags 3 Uhr: „Heilfricd": abends Halo 8 Uhr: „Der siebzigste Geburtstag". Montag: „Das vierte Gebot". DenStag: „Die Journchiswn". ^lliittwock,: „Der siebzigste Gebmtstag"^DonncrS- Sonnabeni 3 Uhr: ,/Heilfried": abends halb . ^ Montag den 31. Dez.: „JulmS Cäsar". tz* Si>»igl. Hofoper. Zur Zentenarfeier für Hektor nehmen dürste, dle Gegenwart verstünde ihn nicht bester, alb es von der Vergangenheit zu verlangen war. Indes gehen auch hierbei di« Ansichten weit auseinander und das, was uns vor Richard Wagner grotz und mächtig, außergewöhnlich erschien, dünkt uns heute als selbstverständlich, zum Teil ab» überwunden Trotzdem wird unS Berlroz immer als einer der ersten Meister gelten, und sein „Cellini" als eines seiner bedeutsamsten Schöp fungen. Zeigt er doch gerade in diesem Werke eine auch für, unsere Zm fast üoerrrästj "" . ttige Phantasie, «ine Erfindung von Kunst seiner Instrumentation, m der er auch heute noch uner- ^ dasteht. Daher überflügelt seine Gedanrengrötze, die.Kraft ihre ZV ht seiner Eingebung, wie gesagt, weit seit. Schon die Qwertüre gibt hiervon einen schlagenden Bewe S Es sinn mett und flackert in ihr ein Etwas, das an die Struktur des „TannbSuler" ««mahnt, und doch ist der ganze Jtzeengang, der ganze Gesichtskreis ein völlig anderer. Nach der Introduktion des Bcilducci hören wir eine Art Ständchen, den Gesang eines Maskcnzuges, ein parodiertes „vo prokuncki«". das in seiner originellen Fassung Vne ganz eigenartige Wirkung hcrvorrust. Wie meisterlich ist die Cava'ine Theresas und das solgendc Duett zwischen ihr und Cellini erfunden, und alle diele prächtd en Ein drücke werden wiederum durch daS solgendc Terzett „Man zcr schlägt keine Fensterscheiben" uberbown; das sprühende, in H °° und Eile hervoracstonene, instrumental virtuos illustrierte Pc londo „Zum Schluß oeS Karnevals", das Finale: „Karneval cnm dem Colonnaplatz", das Kolorit, das er nach Schilderung der toll sten Ausgelassenheit mit dem tödlichen Degenstich Cellinis, dem Ertönen der Kanonenschläge und dem unheimlichen Eintritt des Aschermittwoch noch den Ehormassen und dem Orchester zu ver- le hen weiß, die Darstellung des Gusses der Perse,lsstat»e, mit der Cellim sich das verwirkte Leben rettet, alle diese Stücke und andere mehr zwingen zur höchsten Bewunderung. Neben so viel Licht und Glanz weist daS Werk allerdings auch tiefe Schatten aus, die dem skeptischen Wesen Berlioz' entspringen. Zu öfterem entbehrt seine Musik den warmen Herzenston, die wahre Gläubig keit. ohne die sich poetisch und musikalisch nun einmal nichts Vollendetes schassen läßt. Auch Beweise, datz Berlioz, trotz seines külmcn Gedankenfluges, seines erweiterten Gesichtskreises, dem Geschmack« seiner Zeit Konzessionen machte, lasten sich erbringen, und einer der lautsprechendstcn hiervon ist das Duett im dr tten Akt: „Wenn hoch m seinem Felseichorst". Das packt und zündet anz und gar nicht. Aber zündet auch nicht >eder zickzackende ckl tz, der nlederschlägt, so bleibt es doch immer ein Blitz. — Man kann Berlioz' ganze Bedeutung, die sich voll in seinem „Cellini" ausspricht, nicht besser und schlagender charakterisieren, als durch daS Urteil seines kunstverwanvten Freundes LiSzt, der von ihm jagt: „Wie aber auch immer seine Mule gestimmt sein möge, herb oder mild, verzweifelnd oder lächelnd, fromm oder phantastisch, überall tritt sein GcniuS als eine der gewaltigsten Erscheinungen deS Jahrhunderts vor uns hin, als eine Erschei nung. der wir alle, die wir durch Stellung, Beruf, Wahl und Ueberzeuaung der Kunst angehören, mit Achtung, mtt Bewunde rung, unsere Huld gung darzubringen haben." Die Dresdner König!. Hofoper ist das einzige Theater des Kontinents — auch PsriS brachte zur Zentenarfeier sür Berlioz nur einige seiner sinfonischen Dichtungen zur Ausführung —, dos die Wiederkehr seines 100. Geburtstages mit einem seiner größten Bühnenwerke, mit „Cellini", feierte — eine künstlerische Tat, die wir vor allem der unermüdlichen Spannkraft v. Schuchs zu danken haben. Schade, datz die Pariser einer Vorstellung des gigant.scheu Werkes in gleicher Vollendung, wie cs gestern hier wieder gegeben wurde, in einem ihrer grotz en Theater nicht an- wohnen, nicht Zeuge sein können, mit welchem Aufwand von Genie und Fleiß nian ihren großen Meister ehrt. 'Denn in der Tat war wieder alles getan, um „Cellini" in allen seinen Vorzügen clänzen und die Aufführung als ein getreues Spiegelbild aller Intentionen seines Schöpfers erscheinen zu lassen. Schon die Ouvertüre, von der sich v. Schuch und die Königl. Kapelle keine einzige der ungezählten Feinheiten hatten entgehen tasten, schlug zündend ein und verdiente sich, gleich der vor dem zweiten B ldc eingelegten Ouvertüre „Römischer Karneval" den rauschenden Bei fall deS Hauses. Gleich virtuos, gleich temperament- und geist voll wurde das Werk in seinem ganzen Umfange wiedergegeven. Von den Darstellern gebührt Herrn Burrian das größte Ver dienst. Obgleich er den Cellini überhaupt zum ersten Male sang, ist er bereits völlig in der schwierigen Aufgabe ausgegangen. Das ist um so verdienstvoller^ weil die Nolle mindestens so unbequem liegt, w,e sie, in rechte .yände gelegt, schön und wirkungsvoll ist, besonders heikel und schwierig dadurch, daß sie selten Gelegenheit gibt, die Cantilenen zum vollen Austönen zu bringen. dag«en aber außerordentlich erschwert wird, durch massenhafte kleine Zuge, Mezzavoce-Köloraturrii, halb gesungene und halb gesprochene Reziiative, Presto-Parlcmdi und Falset-Pafsagen. Allen diesen riesigen Anforderungen wurde Herr Burrian vollkommen gerecht, und besonders schön und groß brachte er die machtvollen Momente im letzten Bilde, wo die meisten Cellini-Sänger gewöhnlich total zu velsagen pflogen, zur glänzendsten Wirkung. Nächst ihm waren es Frau Wedekind sTtzeresaj, die besonders ihre erst« Arie br flaut sang, und Herr '«cheidemantel sFieramosca), die vollen Anteil an dem Erfolge des Abends hatten. Der alte, polternde Schatzmeister Balducci fand in Herrn Greder einen gleich trefi- ttchen Vertreter, wie der Bildhauerlchrling Ascania in Fräulein v. Chavanne. Die übrigen Episoden waren mtt Herrn Nebnschka lKardin.alj und Erl sPompeoj gut besetzt. Nicht zuletzt rühmcnsioert ist die würdige äußere Ausstattung de» Wecke».