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Dresdner Nachrichten : 03.06.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187406031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-06
- Tag 1874-06-03
-
Monat
1874-06
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.06.1874
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es,«,-. -- M.. Mül,- zm.- v-»d«» c«. t» mmkfurl a. M. — e» V«tL» tn liiemnt«. — s»- »I, L»Ltt«. Kaller » v«. Ar. 4S4. Reiuizctznter Jahrganq. Politische». Außer der direkten Wirkung, welche die nächsten Kammer- keschlllsse auf den sächsischen Eisenbahnbau auSüben werdm, — für viele Orte ist die Bahnfragc von großer Wichtigkeit, für andere ge radezu eine Existenzfrage — werden die Verhandlungen auch eine indirekte Wirkung üben. Die zurückgesetzten Orte werden bei den Opportunitätsgründen der Kammer nicht Beruhigung fassen und naturgemäß auf die Sondirung der Frage hingedrängt werden, ob und unter welchen Verhältnissen die Schöpfung von Secundär- bahnen empfehlenswrrth oder nöthig sei. Gerade Sachsen, mit sei ner lebhakten Industrie, seiner dichten Bevölkerung, seinen Montan- erzeugnifsen und seiner geographischen Lage, wird die Secundär- bahnfrage zu lösen berufen sein, wie es vor circa 35 Jahren den Eisenbahnbau überhaupt zuerst förderte. Warum Srcundärbahnen, warum nicht schlichtweg Normal eisenbahnen? ist leicht entscheidbar. Secundärbahnen kosten bloü Az bi« i/z derNormalbahncn und sind auch da anwendbar, wo Nor- Nialbahnen nicht zweckdienlich sein würden. I in Allgemeinen (nicht in jedem Fall!) ist das sächsische Bahnnetz so dicht, daß ziem lich alle lucrativen Bahnen gebaut sind. Sollen die nichtrcn- tablen umgebaut bleiben und ganze Distrikte verarmen? Oder will man billigere Bahnen bauen, die ihre Zinsen tragen? Letztere Nöthigung führte auf den Secundärbahnbau. Was macht die Normalbahnen thcuer? Die Solidität der Ausführung, die mit Tunnel und Brücken herzustellendc annähernd geradeste Linie. Wozu die Solidität? Weil 1. die Größe und Schwere der Waggons (bis zu^Achsenh 2. der Locomotiven, 3. die Schnelle des Fahrens, 4. die Sicherung des Nachtdienstes, 5. die hierbei er forderliche Beamtenzahl, den Bau und den Betrieb vertheuern. Für den Weltdurchgangsverkehr wird das nie sich ändern lassen. Wo aber z. B. zwei Orte je an einer Normalbahn liegen, zwischen sich ein industriereiches wohlbevölkertes Binnenland haben, und durch diese« querdurch sich untereinander verbinden wollen — da tritt die Secundärbahn ein. Ihre Rentabilität bedingt sich durch billigeren Betrieb ; e« ent fallen die schweren Durchgangsgüter- und die Schienen wie Bahn körper bald ruinircnden Courierzüge; die Schimen dürfen daher schwäche-', die Schwellenlage leichter, die Bahndämme billig«, con- struirt werden; auch bleibt e« offene Frage, die Spurweite enger und daher die Waggons billiger und leichter zu fabriciren. Der Nachtdienst mit allen Vertheuerungen fällt fort. Da e» nicht da rauf ankommt, zwei Weltstädte geradlinig schnell zu verbinden, son dern möglichst vielen kleinen zwischenliegenden Orten zu nützen, so sucht die Secundärbahn keine gerade (theuere) Linie auf, sondern Fabriken, Mühlen, Weiler, Dörfer, und wird im Wesentlichsten dem Lauf der Flüsse, den Windungen der Thäler, dem Tract der Straßen sich anschmiegen und möglichst allen Verkehr an sich bringen durch ausreichend viele Haltepunkte. Im Flachland müssen theure Grund- coinplexe (z. B. zum Wegreißen, xpie es die Normalbahn erfordert) vermieden, im Gebirge nur allmälige Steigungen gebaut, von Sprengungen und Uebersetzungen abgesehen werden. Auf diese Art Bahnen findet das Wort des Ministers v. Friesen: sic seien verbesserte Chausseen, vollste Anwendung. Zu ihnen bedarf es selten der Staatshilse. Gemeinden und Industrielle werden meist die Bausummen selbstständig aufbringen und durch sparsamen Be trieb und verständige Fahrpläne amortisiren können — jedenfalls genügend verzinsen. Jene Gemeinden und Private also, die aus dem Füllhorn der Kammerbewilligungen diesmal nichts erhalten, die niedergeschlagenen Blickes ncidvoll auf die beglückteren Concurrcnten rechts und links schauen — die mögen muthig und unverdrossen der Frage nahe treten , ob ihnen nicht durch Secundärbahnen zu helfen sei Unter manchen Schriften, welche hierüber belehren, ist die vom Obcrbau- rath Sorge verfaßte die empfehlenswertheste, da sic speciell die Se cundärbahnen Sachsens bespricht. Der Normalbahnbau ist ohne Frage in ein neues Stadium ge treten. Die Ücberproduction an Bahnen hat Liquidirungcn und Fusionen im Gefolge gehabt. Einige gute Linien — z. B. Dresden- Cchandau Landesgrcnzc und einige andere — wird man noch in Sachsen bauen und sie werden dem Staat oder den Unternehmern goldene Früchte tragen. Im Landinnern, im Gebirge, zur innigen Verbindung der Localinteressen, wird aber nur noch der Secundär bahnbau eine Zukunft haben, und es ist nützlich, das jetzt in das Auge zu fassen. Lokale» und Sächsisches. — Der Großherzog und die Großhcrzogin von Baden haben gestern die hervorragendsten Kunstsammlungen besucht. Das Diner fand wieder in Strehlen statt. Nach dem Diner gedachten Ihre Majestäten, wenn das Wetter schön blieb, mit Ihren hohen Gästen eine Partie nach der Bastei zu unternehmen; die Abreise nach Berlin erfolgte heute früh 4 Uhr 20 Minuten. — Die öffentliche Verloosung der in den Jahren 1852,1855, 1858,1859, 1862,1866,1868 und 1869 creirten4proc.Staats- schulden-Cassenscheine, der an Stelle der ehemaligen Albertseisen- bahn-Actien ausgefertigten 4proc. Staatsschulden-Caffenscheine vom Jahre 1870, und der im Jahre 1871 durch Abstempelung in idOyproc. und beziehendlich 4proc. Staatspapiere umgewandelten Löbau-Zittauer Eisenbahn-Actien, deren Rückzahlung planmäßig den 2. Januar 1875 zu erfolgen hat, soll den 22. d. M. und folgende Tage, Vormittags von 10 Uhr an, im hiesigen Landhause 1. Etage stattfinden. Die am 30. Juni zahlbaren Kapitalien und Prämien )er c uSgcloosten 4proc.sächs.-schlesischen Eisenbahn-Actien, der4proc. Sta cöschulden-Cassenscheine von den Jahren 1852/68, derAlbertS- eise ,'ahn-Prioritätsobligationen, der 4proc. Staatsschulden-Cassen- sche ne vom Jahre 1869, und der an Stelle der Mbertseisenbahn- Acts.n getretenen 4proc, Sta-tSschulden-Cassmscheine vov Jahre 1870, ingleichen auch die Zinsen von allen königlich sächsischen Staatspapicren, welche am 30. Juni oder 1. Juli d. I. fällig sind, können bereits vom IS. Juni d. I. an gegen Rückgabe der betreffen den Kapitaldocumente und Zinscoupons bei der Staatsschuldencasse Hierselbst oder bei der Königlichen Lotterie-Darlehnscasse in Leipzig erhoben werden. — Landtag. 2. Kammer. Der Antrag der 2. Deputa' tlon (Rek. Philipp): „Die 2.Kammer wolle In,Vereine mit der 1. Kammer dem Landtagsauöschusse zu Verwaltung der Staats schulden rücksichtlich der von demselben über diele Verwaltung auk das Jabr I87«> abgelegten Rechnungen Justistcatlonsschein ertbellen". lanb einstimmige Annahme. — Wegen-Ausnahme einer neuen 4>/»proccntigenAnleihe beide»,NeichSinvalibenfond, welchc Deckung der Bedürfnisse teö außerordentlichen Budgets sick- acht. ' zur , nötbig macht, hatte die Staatsregierung um die Ermächtigung nachgcsucht, die Summe von 8 Millionen beim ReichSinvaliden- lond auszunebmen, die Maiorität der Finanzdeputation schlug jedoch vor, den von der Verwaltung des gedachten Fonts dargc- botcnen Credit von 18 Millionen voll cmSznnutzen und daher ein Darlehen von 8 Millionen anzunchme», um die durch den Ver kauf von 4procentigen Staatspapleren au'zunehmende Summe im Interesse des Staatscredits und der möglichste» Aul rcchtcrhaltung des gegenwärtigen CouröstandeS dieser Pa piere aus ein möglichst geringes Mas, znrückzuiühren. Von der Deputation wurde zuerst die Regierung ersucht um Mit tbeilung über die disponiblen Mittel; de», wurde von der Re gierung entsprochen und beantragte darauf die Deputation In ihrer Maiorität: den Antrag dahin zu ändern, statt 8 Millionen 8 Millionen den, Invalieeniond zu entnehme», co würden dann immer noch '-MI». bis lr , Mill. Fehlbetrag iür das außer ordentliche Budget cintretcn, zu deren Deckung aber bei den jetzi gen günstigen Courövcrhällnissc» eine größere Anzahl von Staats papieren zu verkausen. Die Minorität >v. Ocbljchlägel, Dehnst- che») schlagt vor, nur 8 Millionen zu entnehmen, dagegen eine gehörige Serie von LtaatSpgvicrcn G » zur Deckung dcö De- stcttb zu benutzen, da, ialls zwei Papiere am den Markt gewor sc» würden, emS das andere drücken müsse. Die-«-Procent. Sach sen stünden übrigens last pari. Tic Debatte war seb> iutcressant, Indem Fahnauer nicht weniger als viermal heilige Angriffe gegen die Negierung richtete. Das, was tu Maiorität fordert, sei eine Mchrbcwllilgung, welcher dir Regierung beigetrctcn; er bewillige aber keiner megierung mehr, als sie verlange, n l e. Die Regierung habe 5 Millionen in de: Casse und trpv dem mache sie der Kammer weiß, sie brauche elnc Anleihe. Er wolle überhaupt wissen, wie cS mit den 5 Millionen stände, sind sie wirklich da, oder nicht. Der Minister wolle auch rmr mit möglichst viel«eid umgeben. Minister von Friesen antwortete mit der Ihm eigenes, «vnyömmke: der verehrte «bg. Fahnauer befinde sich in einen, kleinen IMhum; eine Mehrsor- derung läge nicht vor, ,md eigentlich sei cs unter bewantten Umständen und nach Lage der Tacke ziemlich gleichgiltlg, ob nack dem Wunsche der Majorität 8 Millionen oder 8 Millionen aufgenommen würden; er halte aber daö ersten für besser. Die von Fahnauer bezweifelten 5 Millionen und nock etwas mehr seien in der Staatskasse ganz richtig vorhanden Fahnauer: DaS, waö der Minister da getagt, seien jesuitische Grundsätze. Präsident vr. Sckaffratb: Bei der jetzigen Be deutung teö Wortes Jesuit müsse er diesen Ausdruck wider die parlamentarische Ordnung erkläre». Fahnauer meinte noch: mau möge über seine Meinung denken: 'S ist eine Fahnauer'jche; das sei ihm glclchglltig, er habe gesprochen, wie er gemußt. Für die Majorität ergreifen ganz kurz, meist gegen Fahnauer gewendet, noch der Referent Ilr. Pi inckwItz, Jordan und M chnerI das Wort, für die Minorität in, Sinne Fahnaucrö, aber bedcu tend milder, v. Oeblschlägel. DaS ganze Teeret wurde nack: dem MajoritätSantrage gegen die 8 Stimmen der Abgg. Riedel. Selviffrath, Scknoor, Wiggrd. Beyer, Fahnauer, Gensel und Leusck'ner angenommen. Die I. Kammer hatte gestern den! Bericht ihrer zweiten De putatlon <Res. v. ErdmannSdorff) über die Petitionen zu Her stellung von StaatSciseubabnen resp. Conccsstonen zu Privat cisenbahncn zu beratbcn. Fast ohne jegliche Debatte wurden die Beschlüsse der Deputation angenommen, zuerst daß die Regierung bei Ertheilung von Conccsstonen zu Privatcisenbalmcn die zu er egende Caution in einer Höhe von mindestens 5 Procent des Nonstnaiwerthcö sestsctze. Eine» Antrag der l. Kammer übe, daS System der Secundärbahnen (wag dies ist. brauchen wir. da es im heutigen Blatte unter „Politisches" genugsam erklärt ist, nicht noch einmal zu sagen) wurde tal in angenommen, daß man daS Ministerium austordcre, sorgfältige Erörterungen darüber und deren Anwendung in Sacksen anzustelien. das Resultat den Ständen aber initzuthcilen. Auch hier fand keine Debatte statt. Einzig und allein nur bei eiimn'Z e b in e n'scycn Anträge, welcher dahin ging, daß verfallene Caiitioncn von Bahnen den durch Er- propriirung geschädigten Grundstücksbesitzern zu überweisen, falls sic noch nicht von den Bahnerbauern entschädigt worden seien. Dielen Antrag hielt für sehr wichtig der Antragsteller und auch die Kr. trat dessen Anschauungen bei, trotzdem Minister von Friesen ihn für mindestens überflüssig erklärte. Ferner brachte die De putation nock, einen sehr wichtigen und wie uns scheint, auch sehr richtigen Gesichtspunkt zur Sprache. Anderwärts hat man mit sehr gutem Erfolge die Maßregel ergriffen, bei Eisenbahnprojecten, deren Finanzlrung auf Schwierigkeiten stößt, die Gegenden zur Mitlcidenheit zu ziehen, welche von der Bahn durchschnitten wer den und an dem Zustandekommen derselben wesentliches Interesse haden. Man hat i» solchen Fällen die Hälfte des erforderlichen Cavitals durch Stammactlen, die emdereHälfte blwchPrioritäts aktien. welche an den Markt kommen, aufgebracht, und Städte, großen Grundbesitzer und GewerbSetabliffementS, welche von der Bahn hauptsächlich Nutzen ziehen, veranlaßt, den auf die Stamm aktien entfallenden Anthe» auizubrliigen und die Garantie zu übernehmen, aus Zinsen io lange zu verzichten, dis die Inhaber der Prioritätsaktien 5 Procent haben. Meistens erwächst den Stammactlonären aber außer den großen aus der Benutzung der Bahn gezogenen wirthschastlicken Vortheile» noch immer, wenn die Bah» nur halbwegs lcbensiähig ist, auch noch eine Baarvcr- zinsung ihrer Stammactien, so daß sie dann einen doppelten Ge winn haben. Die PrioritätSactionäre sind aber leicht zu verschaffen, da eben eine iünsprocentlge Verzinsung garan- tirt ist. Aus diese Weise sind schon so manclvr Gegend die Segnungen deö Bahnverkehrs zugettihrt worden. Befremden muß eS nun, daß dieser Weg In Sachsen noch gar keine» Boden gewinnt. So manche Gegend, welche keinen Land tag auk brr Registrande der Elsenbahnpetitionen fehlt und kort und fort um Staatsban bittet, oder nach allen Seiten hin auf Geldmänner fahndet, Ist noch immer nicht dazu gelangt, sclbst- thätla Hand und Fuß zu rühren, oder richtiger gesagt: den eige nen GeldsSckel zu öffnen. Bei der fast ganz dcbattcloscn Ver handlung der einzelnen Linien trat man nur in 7 Punkten den Beschlüsse» der jenseitigen Kammer bei. Bei allen übrigen Linien wurde «Vereinigung mtz der 2. Kammer erzielt. Waö besonders , die rechte Elbuser-LinieDrcsden-Tetschen betrifft, welche uns Dres dener am meisten inicreisirt, so wnd beschlossen, dicConccisioniiir den Ban im Interesse der Staatsbahn nicht zu gewähren. Sticht weniger als 23 Linien-Petitioncn lagen vor und sämmlliche wur den abgelehnt. Die Bahn Mehltheuer-Plauen, welche Seiler warm vcrthcltigte, verfiel ebenfalls diesem Schicksal, nur die Kohlenbahn Oelsuitz-Hohenstein kam besser weg, da die Regierung beauftragt wurde, Vorarbeiten zur zweckmäßigsten, alle Interessen befriedigende Feststellung einer Linie vorzuncbmen, aber den Bau aus Staats kosten abzulchncn. Das Resultat war also ein rein negatives. Man wollte bei der großen Entwickelung der Bahnen in Sachsen, so hieß es im Bericht, nicht ein festes Princip lStaatsbau» auf zwängen ; bei jedem einzelnen Falle müßte genau und sorgsam geprüft werden, was ist ta§ Bessere:. Staats- oder Privatbau? Die Gesamwtentwlcklung des Verkehrs müsse stets naturwüchsig gewahrt werden. Bel Expropriationen müsse ferner der Staat nur berechtigt sein. daS Eigenlhum des Grundbesitzes zu ent- äußern, wenn unabweisbares Bebürmiß vorliege oder bas Staat-« interesse es erheische. > — Im „Dr. Journ." wird officiös gemeldet, daß die König!. Staatöregierung die mit der Chemnitz-Aue-Adorser Bahngcsellschaft geführten Verhandlungen über den Ankauf der Bahn abgebrochen Hab«, nachdem sie aus der Bilanz ersehen, daß derselben noch sehr bedeutende baare Geldmittel zur Verfügung ständen. Sollte es der Regierung mit der Erwerbung der Bahn überhaupt Ernst gewesen sein — und wir denken nicht daran, dies zu bezweifeln — so ver stehen wir wenigstens die Motive nicht, aus denen die Regierung ihr früheres für die von der Bahn berührten Gegenden höchst segens reiches Vorhaben aufgegebcn hat. Soviel nnS bekannt, drohen der Vahngcsellschaft schon in nächster Zeit ernste Verlegenheiten daraus, saß der mit der Sachs. Eiscnbahnbaugesellschafr abgeschlossene Ge neralbauvertrag zu den größten Differenzen Veranlassung giebt. Die bisherigen Versuche, diesen Bauvertrag zu lösen, sind daran ge icheitert, daß die Ballgesellschaft in Verbindung mit der Baunöer- nahmc einen sehr starken Posten Stammaktien der Bahn gezeichnet hat, von denen sie dann befreit werden müßte. Einen andern Zeichner für diese Acticn zu finden, ist bei der jetzigen Krise aber unmöglich und würde daher nach Austritt der Bauges-Schaft, der euch von dieser gewünscht werden soll, eine nicht unbeträchtliche Summe »ur Fertigstellung der Bahn fehlen. Wie wir hören, war auch bei jenen Verhandlungen ein sehr ansehnliches Opfer, weiches sie Bahngesellschaft dem Staate bringen wollte, in's Auge gefaßt. Wir sollten daher meinen, die Regierung hätte die vortheichafte Ge legenheit, da» Retz ihrer StaatSbahncn billigst zu vergrößern, zugleich aber dem oberen Erzgebirge die längst ersehnte Bahnverbindung zu sichern, nicht so rasch wieder von der Hand weisen sollen. — Die inLeipzigam Sonntag Nachmittag im Eldorado stattgcfundene Versammlung der Fortschrittspartei des 13. Wahl kreises war von ungefähr 100 Personen besucht. Götz aus Lindcnau verbreitete sich über die Principien der zu gründenden Fortschritts Partei und äußerte unter Anderem: Der ideale Zug für Freiheit and das Ringen nach politischen Rechten sei bei der Jugend verloren gegangen. Wir leben in einer Zeit des fortwährenden Erwerbes und raschen Genusses; schnell erringen, wenig arbeiten und sich be gnügen mit den von'den Alten gemachten politischen Errungenschaf ten, dies sei das Princip unserer jetzigen Jugend. Redner unterzog sie gegenwärtig bestehenden politischen Parteien einer Charakteristik- welche darauf hinzielte, daß es unbedingt nöthig sei, eine neue poli tische Partei, eine Fortschrittspartei zu gründen. Als allgemeine Stellung und Ziele derselben bezeichnet« Redner: Auf dem Boden des Gesetzes stehen, uns der politischen Errungenschaften freuen, jedoch Schritt vor Schritt dem Ziele zustreben, daß der Wille des Volkes zur Geltung gelange, vor Allem aber Bildung im Volke an- zustreben, damit dasselbe sich au« der politischen Erschlaffung aufraffr und nicht itur dafür sorge, daß nur der Magen gefüllt werde. D^ jetzige Forschrittspartei habe in letzterer Zeit sich als solche nicht be währt und wäre es zu bedauern, daß unter den parlamentarischen Persönlichkeiten sich so viele Wetterfahnen befänden. Die zu grün dende Fortschrittspartei muffe sich bestreben, den Anstand zu wahren, den übrigen Parteien gegenüber Toleranz üben und freundschaftlich mit ihnen verkehren, denn in jeder Partei sei etwas Wahres. Nie dürfe die Fortschrittspartei in den Fehler verfallen, andere Parteien zu verleumden und zu verdächtigen, wie dies stets von Seiten der national-liberalen Partei hauptsächlich durch ihr Organ, das ,/Leipz. Tageblatt" geschehen sei, denn wer nicht der national liberalen Partei angehöre, werde von derselben als Reichsfeind verschrieen. Nach Beendigung dieses Vortrages versuchten verschiedene Socialdemo kraten, welche in großer Anzahl in der Versammlung erschienen waren, Opposition gegen das Zustandekommen der Fortschrittspartei zu machen, ja einer dieserHerren behauptete sogar, es gäbe überhaupt nur zwei politische Parteien, dies wären die sogenannten Reichs freunde und Socialdemokraten, zu welchen Letzteren eigentlich auch die Fortschrittspartei gehöre. Diesen Auslassungen wurde allerdings entschieden entgegengetreten, doch verursachten die Herren Social demokraten so viel Störungen, daß man sich gezwungen sah, den Saal zu verlassen, um im kleinen Saale in Berathung der von dem provisorischen Comitce entworfenen Statuten einzutretcn. — Der Thierschutzverein hält heute eine General versammlung AugustuSstraße 4,111. — Bei den jetzigen hoben Holz- und Kohlenpreisen ist eine Kochmaschine, welche mit Petroleum geheizt ivird, eine außerordent lich nützliche Erfindung. Dieselben eignen sich ganz vorzüglich für- kleine Familien, welche mit einem Gericht verlieb nehmen, doch läßt sich bei einiger Praxis Verschiedenes auch daraus lochen. Reis, Graupen, Erbsen, Linsen, Bohnen, nebst dem dazu bestimmten Fleisch, kocht mit ganz geringen Kosten an Petroleum. Wasser zum Kaffee oder Thee kocht in 10 Minuten und genügt ein Schwcfclholz, um die Flamme anzubrenncn, auch hat man nicht von der strahlenden Wärme, die besonders in der jetzigen Jahreszeit in beschränkten Wohnungen höchst lästig wird, zu leiden. Dabei wird eine Menge von Arbeit erspart. Das Verfahren mit der Kochmaschine ist sehr leicht und begreift es jede intelligente Hausfrau, wie Schreiber be-.
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