Volltext Seite (XML)
26 Jakob Falke. Das deutfche, ruffifche und franzöfifche Glas. ift hier eine ähnliche Uebeitragung gefchehen, wie m der Goldfchmiedekunft. Die Formen diefer Gefäfse find meift fteif und gradlinig, und auch dafür find die Motive im Holz zu fuchen, in den hölzernen Gefäfsen, deren fich der ruffifche Bauer bedient. Das Genre ift fomit wohl intereffant und beachtenswert!!, aber nicht allzu originell, noch befonders reizvoll. Hat die ruffifche Fabrik von den alten orientalifchen Glasgefafsen das Motiv genommen, fo war das Intereffantefte, was F r an k r e i c h an Glas zur Wie ner Weltausftellung gefendet hatte, eine diretfte, in den meiften Fällen ganz genaue Copie derfelben. Diefe orie ntalifchen Glasgeräthe, meift Mofcheelampen, feltener flafchenartige Gefäfse oder Schalen, find eine gefuchte, theuer bezahlte Antiquität. Diefer Umftand hat einen Parifer Künftler, B ro c ar d, veranlafst, fie getreu nachzuahmen, und mit diefen Copien, die eine anfehnliche Vitrine füllten, ift er auf unferer Weltausftellung erfchienen. Die Gegenftände find in verfehle- dener Beziehung intereffant. Einmal bieten fie in der Genauigkeit des ftark erha benen Farbenauftrags technifche Schwierigkeit, welche von Brocard vortrefflich überwunden erfclieint; fodann enthalten fie meift originelle und vorzügliche For men und Ornamentationen, die verwerthbar find, und drittens fleht der Kunft- freund in ihnen genaue Copien feltener und zum Theil berühmter Gegenftände, die ihm fonft, weil im Privatbefitz, nicht zu Gefleht kommen würden. Augenblick lich ift das Hauptintereffe an diefen Gegenftänden noch das antiquarifche, aber es ift fchon öfter (z. B. bei den Fayencen) gefchehen, dafs das antiquarifche Intereffe fleh in ein eminent induftrielles verwandelt hat. Bei der Lebhaftigkeit, mit welcher die Franzofen das Neue zu ergreifen pflegen, ift es auch hier möglich. . Von den übrigen franzöfifchen Glasarbeiten wollen wir wenigttens noen einer Specialität gedenken, der matt und farbig geätzten Glastafeln von J. D op- ter & Co. in Paris. Die Gefäfse in gefchliffenem Glafe der Verreries de la Loire et du Rhone zu Rive de Gien waren völlig unbedeutend, während St. Gobain wenigftens gutes Kathedralglas für farbige Fenftergemälde gebracht hatte. Die Luftres mit Kryftallglas bei Barbödienne, deren wir fchon oben gedacht haben, gehören m ehr in die Bronze-Induftrie, als in die Glasfabrikation, aber einige Spiegel mit Rahmen erregten noch unfere Aufmerkfamkeit. Zwar gab es darunter fehr Verfehltes, z. B. einen koloffalen Spiegel von Alexandre jeune in Paris, deffen Rahmen ganz naturaliftifch von farbigem Glafe gebildet war, mit Palm zweigen, die frei heraustraten, und mit verfllberten Bronzefiguren dazwifchen, die Luftres trugen Es war eine Monftrofität, wie fie zuweilen dem franzöfifchen Gefchmack paffiren kann. Dagegen hatte eine andere franzöfifche Firma, L o r emy G ri - f e y & Co., einige Spiegel mit Glasrahmen ausgeftellt, die, gleich ausgezeichnet in Conftruftion und Ornament, mit zu den reizendften Arbeiten auf der Ausftel- lung gehörten. In reiner Renaiffance gehalten, waren fie wieder ein Zeichen, dafs auch auf diefem Gebiete die Franzofen zu einem edleren Gefchmack zurück kehren. Sie liefsen nur bedauern, dafs die franzöfifche Glasausftellung fo fehr dürftig ausgefallen war und insbefondere im modernen Tafelgeräth auch gar nichts geliefert hatte, was nur der Rede werth fleh zeigte.