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Dresdner Nachrichten : 03.01.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188701034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18870103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18870103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-01
- Tag 1887-01-03
-
Monat
1887-01
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.01.1887
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Nacht- einqeaan-e«. irr« » »tmm rütUe t« «una-a Nom. Vergangene Nacht wurde das Palai« OdeScalchi (durch seine Kunstsammlungen berühmt) durch Feuer theilweiie zerstört. DaS reicht Mobiliar V»S Fürsten, sowie viele Kunst- Gegenstände sind verbrannt. Der Schaden beträgt eine halbe Million. Da« Museum ist un». verfehlt. Der König bemerktes das Feuer von einem FensterV des QuirinalS auS. eilte herbei und ermutbigle die Rettungs- nronnichaiten Hageölalt für Politik, AllLerhMng. HksMsverkeyr, ISrsenötricßl. Aemöenrifle. Kanlschuk-Slempel- Zavrik sValsouIiaurnckr. 80. mit Klems^I 90 I'l. ^'oä-rltttlkor äo. 1ZLL. ?«zctisnmv,'«r «Io. 2>sk Xttwmstvns^vld'itf.lfd^ 9V l'i. lo t L« SOL*.'. ^ XVt«ä»rv»rkLuf«r ^"^1- VilttLiiia üöruxb^ustto. Lr»t« riurt Plrü«»tv HiM»- V.IIl0LttzsSLI'lIMtz! Vvrulrio« ln vvrrügl. äuavakl Mr Ilorrvn nncl Damen ! Max Iaoodl, ruftrLn» »vredrn »>ro»npt »trretntet. SvsIssl'isoli-u.Ln- fnsokunxsAsli'Snic, «t-rod» I»I Nu»ttll, U»,«»- ». Ui»»«»k»I»rrd. llkIWDN «L7I0XI r» d. x»ki»r>»6. I>re8«l«n, 8eo8lr«!tnv 20, ^evnsprcrtittoUo UL?. L. ^nnnin en-L^xp« «Mion für »Ile Loitnnxon. N. lttllet-Veeliaut lur <1>o Nre^änvr Ittvalar. UI. L^a« etell-t<,ntrvle unbor Olirnütiv. IV. <vlle,tloa äer ktleb». ^»ocletrlotterle. Lokales ««d LüchsischeS. — Die schon vorgestern erwähnt, wurde das Jubelfest unseres edlen Kaisers am Neujahrstag hier durch Revcittc emgeleitct. — DaS MusikkorpS des Kaiser Wilhelm Grcnadicr-NeginientS brachte bei dieser Gelegenheit auch dem König!, preußi'chen Ge- saudle», Grafen v. Tönbvss. eine» musikalischen Morgengruß dar. Ta der Kommandeur des Regiments. Oberst Frhr. d, Dodenberg, d>c Huldigungen desselben in Berlin dem kaiserlichen NegiinentSches persönlich überbrachte, leitete der etatsmäßige Stabsoffizier des Regimcnis, Obcrstlieutnant von Egidv. die Festlichkeiten. Um I I Uhr hatte derselbe das Regiment zum Appell in die restlich gc- ichmürlle Exerzierhalle berufen, zn dem sich auch der älteste Offizier des Regiments. Herr Geiicrallieutnant v. Montbö, sowie die Gencrallieutnnnts von Rudorfs, v. Funcke und Generalmajor v. d. Decken und viele andere Offiziere eingciunden batten. In schwuna- poUcn Worten sprach sich Oberstlirntnant v. (Lnidl, über die hone Bedeutung deS TagcS auS und forderte znm Schlüsse das Regi- iiient oui. der Verehrung für den kaiserlichen Che» durch ein drei- mcheS Hurrah huldigenden Ausdruck zu geben. In enthusiastischer Weiie entsprachen die Anwesenden dieser Aufforderung. Am Nach mittage versammelte sich das Offizicrkorps des Kaiser Wilhelm auswärts cingclroffcner Offiziere, die dem Regiment angehört hatten, lowie die Reserveoffiziere desselben theilnahmen. Aber auch den Unteroffizieren und Mannschaften war Gelegenheit gegeben, den Tag in festlicher Weise zu begehen. Elfteren war eine geschmack volle und reich anSgcslattetc Festtafel im Untcroffizirrskasino herae- l ichtct worden, während die Mannschaften in ihren Speisesälen fest lich bcwirthet wurden. — Von Sr. Hoheit dem Prinzen Albert von Sachscn- Allenburg ans Schloß AlbrcchtSberg wurde dem Hofschneider I. W Emmrich hier, das Prädikat .Hofschneider" verliehen. - Tie sogenannte Odersorstmeisterjagd wird morgen am 4. Januar stattfinden und sich von Wasewitz bis nach dem Großen Garten erstrecke» mciudcn bilden, verschlossene Briese gewerbsmäßig :>r bcsürdern, geht rnrS von unterrichteter Seite die Mittheilung zu. daß diese Frage aus Gmnd des Reichs-Postgesetzcs zu verneinen rst. '.'lach den Bestimmungen im 8 1 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs (vom W. Oktober 18,1) ist nämlich die Be- lörderunn aller veisicgelten, zugenähten oder sonst verschloffcncn Br,cse gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach an deren Orte» mit einer Postanstalt des In» oder Auslandes ans an dere Weise, als durch die Post, verboten, und im 8 27 desselben «Rietzes wird iin Falle der Zuwiderhandlung nicht nur der Beför derer. sondern auch der betreffende Absender mit Geldstrafe bedroht. - Von der Thalsache ausgehend, daß Gras Wilhelm BiSmarck als Landrath vcs Kreoes Hanau die jüngeren Lehrer vor dem zu vielen WirthShauSbcsuche gewarnt hat. lägt sich die .Straßburger Post" dahin vernehmen, daß. zu vtel, entschieden zu viel bei uns inDeutschland gekneipt wird". Die Regelmäßig keit der Gewohnheit, daö WirthshauS zu besuckien. glaubt das Blatt bekämpfen zu sollen. .Wer irden Tag mehrere Stunden in der Kneipe zubringt, der schadet sich erstens selbst, denn er macht keine richtige Anwendung von seiner freien Zeit. Aber er schadet auch seinem Amt oder seiner Familie, denn enlwedcr das Amt oder Ne Familie leidet unter dieser Bevorzugung des WirthShauics. Man sehe doch einmal zu. wie eS in den Familien geht, in welchen dcr Hausherr jeden Vormittag und jeden Abend zum Stammtische gebt . . . Uebcrall Lockerung der Sitten, Verminderung der Arbcits- 'ahigkcit, Schädigung des Nationalvermögens rc. Ter Schwer punkt des Lebens unserer Männer sollte im Berufe und in dcr Fa milie liegen, aber nicht in der Kneipe!" — Morgen Dienstag den 4. Januar hält dcr BeztrkS- verein dcr Wilsdruffer Vorstadt undFrieorich- sladt seinen 2. Familienabcnd in den Räumen des Gcwcrbchnuics ab. Tie Zusammensetzung des Programm«, bei welcher auch die heitere Mine reichliche Berücksichtigung gesunden, sowie der be absichtigte milde Zweck, welchem bas Fest dienen soll (Unterstützung der Volkskindcrgärlcn beider Stadttdeile) laden z» einer zahlreichen Äetheiligung Seitens dcr aus ein halbes Tausend sich beziffernden Mitglieder ein. — Bei der in Laube'S Restaurant vom 30. bis 31. Dezember slattgesundenen Prä miirung des ersten und ältesten Vereins >ür Kanarienzucht sowie Exoten, bei welcher die Herren Preisrichter Oberst v. Mcerheimb, Laude-Chemnitz. Klcindienst-Berlin, Porris- Niedergorbitz sungirten. fielen folgende Preise: 1. Ehrenpreis, die goldene Vereins-Medaille für die beste Kollektion der Ausstell ung. Herr Schöber-Frankfurt a. Main; 2. Ehrenpreis, "die goldene eines Mitgliedes Fresse erhielten die a. Mek — silberne Vereins-Medaille für die beste Lefftrin des Vereins. Herr Eniil Beer-Tresden. Erste P . Herren Oppermann-Chemnitz, Hromada-DreSden. Mehr-München, v-chöber-Franklurt a. M. Zweite Preise die Herren Tuda-Dresden. Vatschke-Kassel. Lromada-Drcsden, Nocke-Berlin, Schussenhauer- Ehemnitz, Höhne-Chemnitz, Bcer-Drcsdcn, Krienitz-Dresden, Wolf- Tresden, Hausse-Strehlen. Bcchler-Dresden^Langhammer-Chemnitz, Haase-Chemnitz, Reinbold-Leipzig. Weber-Chemnitz, Pekchel-Cotta. Erler-Dresden, Schöber-Frankturt. Hofffchild-Berlin, Bcllmann- Magdcburg, Kohl-Aiinabera, Weber-Sangcrhansen, Müller-Alten burg. Marttn-Allenburg. Antrag-Chemnitz. Haschkc-Tresden. Außer- dcni wurden noch b8 dritte Preise vergeben. Dcr Besuch war bis her sehr gut und wird sich auch noch heute bewähren, zumal zu der Verloosuna sehr preiswcrthe Thiere angckaust worden sind. — DteSchlittschuhbahnen aus dem Großen Garten teiche und den Carola-Seen sind im besten Gange. Schon gestern tummelte sich die muntere Fugend beider Geschlechter auf der Eis- stacke. allerdings immer in beschränkter Zahl, da das Eis noch nicht stark genug ist. — Während im Tag 3354 Telegramme Mer in den Taaen deS SchneefalteS rapid _ fördert am 21. Dezember 7006. am 22. Dez. 10,301. am 23. Dez. 10,t>20 und am 24. Dez. gar 10P91. An, 25. Dezember sank die Zahl wieder auf 4811. Im Ganzen sind also in 5 Tagen 43,628 Telegramme befördert worden. — Im Asyl für obdachlose Männer wurden im De zember 1500 Personen ausgenommen, 314 badeten. Davon für Rechnung des Stadtarmenamtr» 415 ausgenommen. 97 haben ae» badet. Vom 1. Oktober 1881 bis Ende v. M. 70,10!) Personen ausgenommen, 10,!>88 badeten. Holz gespalten haben vom 1. Jan. 188:1 luS Ende v. M. 0008 Personen, die neben Kost und Nacht lager Mk. 5732.77 cuiögczahlt erhielten. In den Schuhmacher- und Schneider-Werkstäten arbeiteten vom 3. März 1885 bis Ende v. M. 4399 Man», — Ucker die Kleidersrage plaudert dcr Westi. Merk, also: Wohl hat der Gebrauch von Amts-, Ordens- oder Staatsnm- tormen bei festlichen Gelegenheiten ein historisch-ästhettscheS Inter esse: aber es ist bedauerlich, daß für den Frack und den Cvliuder, in denen dcr nnfformlose Mensch seine Gliedmaßen zur seitlichen Schau tragen muß. noch nichts Anderes cingeführl worden ist. Daß dieses Andere etwas Besseres sein würde, versteht sich von selbst: denn alle Thersiresse und Marsycsse dcr ganzen Welt wären nicht im Stande, noch häßlichere und abscheulichere Kleidung zu erfinden, als wie unsere männlichen „Elegants" sie tragen. Cs giebt auch wohl keinen einzigen Menschen außerhalb der Irren häuser, welcher den „Schwalbenschwanz" nicht nir em abscheuliches Ding hielt. Und doch bleibt dieses Scheusal von Jahrzehnt zn Jahrzehnt bestehen, inmitten des steten Wechsels aller Tinge und der unanshaltsamen Flucht dcr Zeichen ein monumoutnm ac-rs poronnluv.üeln mwcrwüstliches Tentmal dcr Geschmacklosigkeit, ein Ahasver der unsterblichen Häßlichkeit. Tie Weibcrmoden sind ja auch — dem Himmel iei's geklagt! — ott häßlich genug: aber sie führen doch den Trost der Veränderlichkeit bei sich: ja, zur Freude der Modrnmacher uno zum Aergcr dcr jparsamen Familienhäupter sind sie sogar viel zu veränderlich. Aber dieses Uebct ist verschwin dend klein im Vergleich mit der unheimlichen, uiierttäglicheu Er starrung, in welcher sich die Männermode befindet. Wenn Herku les noch lebte, so würde ich ihn bitten, als dreizehnte, schwerste, aber verdienstlichste That die Reinigung der Kleidcrichränke von Fracks und Eylindern zu übernehmen. Ich laS türzlich, daß in Frankreich aus einem hochseudalcn Feste das Verschwinden des Ey- iliidcrhutcs angcbahnt sei. Wenn's nur wahr ist. Gerade m Frankreich ist die Ehlinder-Narrhcit iiirchtbar groß: in Paris sängt der anständige Mensch erst beim Cvlindcrträger an. Die deutschen Höre könnten aber wohl dem guten Geschmack eine Gasse brechen, »idem sie den Zwang zur Kellnertracht auchcben und eine vernüni- tige Kopf- und Leibumhüllung aus ihren Festen zuließen. Ta un sere Höfe alle militärisch Angeschnitten sind, w könnte man ja die Militärklcidung der verbe>jerlcn Mode zu Grunde legen. Ter Offizicksrvck ist ein. ganz vernünftiges und leidlich schönes Klei dungsstück : warum soll ein Civilist nicht auch in einem Rocke nach diesem Schnitt — natürlich ohne die blanken Kniiosr und bas zwei farbige Tuch — cour- und salonfähig sein k Wesyalb zwingt man den Civilisten. den Vordertheil der Schöße, den er zur Bcocckung gerade sehr nothwendig hat, schräg abzuschneiden und an seiner Hinterfront ein lümmerlicves Trapez herabbaumeln zu lassen ? Wenn Feldmarschall 6)ras Moltke mit emcr bequemen Mütze spazieren gehen darf, weshalb zwingt man mich, eine Anaströhre aus meine» plebejischen Schädel zn stülpen. Fürst Bismarck hat großen Wider willen gegen unsere moderne Civilklcidnng mit ihrem unsinnigen Schnitt und ihrer Ausstellung eiins brctlharten Hemddrciecks; ich begreife es vollkommen, daß er den Kürassierrock und die Kürassier mütze bequemer und hübscher findet, als Frack, Faltenhemd und Cyltndcr. — Die Bewohnerin einer Stube m dcr alten großen Infanterie- Kaserne hatte sich vorgestern Abend, wählend sie selbst am Arbeit war, die Stube Heizen lassen, nrd war der Oie» in s Ginbcn ge kommen. wodurch die in der Rabe desselben hängenden Kleider Feuer gefangen hatten. Vorübergehende Leute hatte» den Oualm geiehcn und sofort die Feuerwehr herbcigeholt, welche sehr bald deS entstanden » Feuers Herr wurde — Von dcr Albertbrücke hat sich gestern früh ein aus der Bautznerstraße dienendes Mädchen in dieElbc gestnrzt. wurde aber, obwohl sie schon in größter Lcdenögesahr schwebte, von Schiffern, welche den Sprung gesehen hatten, an§ den kalten Flutycn herauSgezogen. Die Unglückliche, welche Dicnststrcitigkeilen gehabt haben soll, wurde in das Stadlkrankenhaus gebracht. — Das unter dem Titel: „Die S e k u n d ä r b a h n cn des Königreichs Sachsen erschienene, in der Kgl. Gcneralduektiou der Slaalsbahnen bearbeitete Werk, ist für de» anßewrdenilich billigen Preis von 4 Mt. in dcr Burdgch'schcn Hofbuchbandlnng (Warnatz und Lehmann, hier, Schloßstraße) käuflich zu erlangen. Der Text des Werkes ist ein Sevaratabdruck aus der in Berlin erscheinenden Zeitung des deutschen Eiienbahnvercins. woraus der Truck des m- tercssanten Werkes ui Berlin sich von selbst erklärt. Tie nur dem Separatabdruckc beigcarbencn äußerst sauberen Karten und Plane sind in Dresden ausgettihrt. Sachsen ist mit dem Bau und Betrieb von Sekundäibahnen rasch und entschieden voraegangen, als der wirthschaftlicke Niedergang nicht nur die schärfste Cinichränkung des BetrichsanswandeS bei den nochleidcndcn Linieir. sondern auch das Einschlagen anderec Wege gebot, aus welchen auch den vcrkehrS- ärmercu Gegenden unseres Landes zum Anschluß an das Eisenbahn netz vcrholsen werden konnte. Eine crlchöptcndr Darstellung des Geschehenen bietet da- vorliegende Werk, welches dcr sächsischen StaatSeisenbahnvcrwaltung zur besonderen Ehre gereicht und be weist. wie auch dieieS zweitgcborene Kind des Verkehrs neben dem älteren zum Riesen herangcwachscncn mit gleichem Jnlcrcffe beo bachtet und mit gleicher Sorgfalt gepflegt wird. — Die Kanarienvogel-Ausstellung in Helbig's Etablissement ist noch heute und morgen geöffnet. Der Bestich dieser großartigen Ausstellung ist sehr lohnend und belehrend. Tie Verlobung findet am 4. dS. MtS. statt: als Hauptgewinn wurde em gutsprcchender Papagei mit prachtvollem Käfig aiiaekauit. — Von einem gegenwärtig in Zürich weilenden Dresdner er halten wir nachstehende Zuschrift: Vor einigen Wochen fand ick in den -DreSd. Nachr." eine Miltheiluna über das Verhalten einiger Heilsarmee-Offizier« im Äadnwaaen. Ich glaube nun, daß eS gewiß vielen Ihrer Leser von Interesse sein wird, einmal etwas Genaueres über die Heilsarmee selbst und deren Einrichtungen zu börrn. Ich war, wie nian zu sagen pflegt, der Wissenschaft halber, einige Male in den Versammlungen der Heilsarmee. Eines Nachmittags ging ich aus der Bahnbosstraße in Zürich spazieren, als ein Mann mit ziemlich gebeimnißvollcr Miene an mich heran- trot und mir. ohne ein Wort zu sagen, einen Zettel in die Hand drückte, dessen Hektographirter Inhalt dir Mittbeiluna enthielt, daß die Vcr- sammlurmen dcr Heilsarmee in Außcrsihl (Anßeugenieinde von Zürich) täglich Abends von 8 Uhr und Sonntags von früh 10 —12, 2—6 Nachmittags und Abends von 8 bis 10 Uhr statlsände und Gäste stets herzlichst willkommen seien. Schon an einem der nächsten Abend« ging ick in Belcituna eines Bekannten prach Außersihl, und da man von Weitem schon daS Singen Hörle, hatten nur daS Lokal bald gesunde». Wir traten in das Gottes haus der Heilsarmee, welches vor einigen Jahren als Schuppen oder Stall gedient haben mochte, ein. Das Lokal war durch einige primitive Netroleumhüngelcunpm erleuchtet. Im Hintergründe war (NUS ungehobelten Brettern ei» Podium errichtet, aus welchem die : Offiziere und Ottizierinnen standen, wahrend aus Bänken die Soldaten i und Svldatiune». die Mitalicder der Heilsarmee, laßen. Links die Frauen, rechls die Männer. Eben wurde ein Lied gesungen und wir waren nicht wenig iiberraichk, nämlich nach der Melodie „Sieb' ich in finstrer Mitternacht". Wie ans dein Liederbuch der Heils armee zu erlebe» ist, sind sämmlliche Lieder nach dem Volle be kannten Melodien einaenchlct, und 'o kommt es. daß man »n Gotteshaus geistliche Lieder nach den Melodien: „Morgenröte. Morqenrvth" — ..Wo Mutti und Kra't in denli'chen Seelen flammen" — „Gaudeamus igilnr" oder „So leben wir, so leben wir, l'o leben wir alle Tage" oder auch nach der Melodie „Eram bcimbnli" zu hören bekommt. Nach Beendigung des Gesanges er griff ein Offizier das Wort, verlas dann einen Abschnitt ans der Bibel »iid hieraus wurde wieder ein Lied gesungen. Nun trat eine ziemlich alle Offizierm ans und predigte, iortwübreird unter brachen von ironischen Bemerkungen der zahlreich anwesenden halb wüchsigen Burschen, die des Juxes wegen als Gäste kommen. Doch lassen sich die Offiziere und Soldaten hierdurch nicht störe», bitten sogar ihren Herrn Jesus, er möge mit dreien Leuten nicht in s Gericht geben :c. Tie eidgenössischen Gesetze verbiete» und bestrafen solche Rüpeleien dieser Burschen, doch wenn dcr Skandal nicht ärger ist, mischt sich die Polizei nicht ein. Em Soldat der Hciksarinee trinkt, raucht und ichnnott nicht, seine ciuz'gc Erholung ist, da weltliche Vergnügen überhaupt verpönt sind, in der Kirche zu singen und zwur viel zu singen nach den angegebenen bekannten Melodien. Früher haben die Hcilsarmeesoldatcn in der Schwei« Auszüge durch die Straßen veranstaltet, wobei sie langen und mnsicirten (als trommeln, pseisen, lärmen mit Klingeln), doch dies ist ihnen von dcr Kantonalpolizei bald verboten worden. Nach dem Gottesdienst gehen die Soldaten nach Haus, von den sie banielndcn halbwüchsigen Burschen begleitet. Sonntags finden bei schönem Wetter die Bmaninilungen im Walde statt, wo ein freier Platz ermielhet ist. aus dem Bänke anigerichttt sind. In der Mitte steht ein Tisch, ani welche» sich die Orsiziere oder Oisiziercnnen zum Predigen stellen. Tort im Walde ist der Skandal und das Lachen und Kröhlen >o grofi daß man kein Wort versteht. Bekehrt sich Jemand, io flüstert derselbe einem Offizier seine künden cn's Ohr und dann belct die Versammlung zn Galt, daß er dem neuen Er leuchteten seine Sünden vergeben möge. Die Offiziere tragen als Uniform krapprothe gestrickte Aermelwesten mit nmgclcgtcn blauen Kragen, in deren Ecken beim Schluß links und rechlS je em ll (Heilsarmee) ans Messing autaehcttel ist. Französische Heils-Aunce- ioldatcn tragen dort ein 8 (Armee du Salut). Tic Offizieüunen und Solbatiunen trage» dunkelbloue, wollene einfache Kleider nud ebenfalls oben am Kragen die beiden Meffingbuchitaben. Ter Hut der Oisizierinnen n id soldatimien ist ein schwarzer Schäserhiit. an der Seite etwas eingedrückt: er ist mit einem blau- und roth gestreuten Band geziert. Das Eine wesentlich Gute, daß entlassene Sträflinge, gefallene Mädchen rc., die gern wieder in bessere Bahnen rinlcnkcn mochten, aber von Niemandem in Stellung genommen werden, bei der Heilsarmee sofort Ausnahme finden und man ihnen mit Rath und Thal zur Seite steht. Dagegen ist die Art und Weise, wie die Heilsarmee ihre Veranstaltungen trifft, derart, daß man wirklich glaubt, man befindet sich unter einer Gesellschaft Geisteskranker. Trotzdem hat die Heilsarmee viele Anhänger. Tic Kosten der Heilsarmeegcmeindcn werden durch freiwillige Samni- lnngen aetrage». Tic Offiziere und Oisizierinnen, die sich onch, verheiralben können, erhallen das Geld zn ihrem Lebensunterhalt, doch leben diese sehr müßig. In Zürich soll ein Offizier i» der Gemeinde sei», der täglich nur 60 Centimes braucht, tziach Deutsch land mochte die Armee von der Schweiz aus auch cm Haupt ouattier leisen, doch hapert cs damit und man scheust dazu nicht die gehörige Kouragc zu haben. In dem Hauptquartier dcr Heils armee ist icit ß« Jahren eine Spaltung cinaetrcren, indem cmec der ersten Offiziere dem Gencinl Booth den Gehorsam verweigerte und eine eigene Gemeinde m Außcrsihl gebildet hat. während diejenigen Soldaten, welche sich dem General Booth unterwcricn, ihr Goltrs Haus in Hotlingen bei Zürich haben. — Konnlen wir in Dresden mit gewisser Befriedigung melden, daß die Neujahrsnacht zwar hier und da die althergebrachte fröh liche Belebtheit der Straßen zur Mitternachkszcil gezeigt habe, daß aber von Ausichreilungcn, von Rohheit und wüstem Lärm 'o gilt wie nichts bekamst geworden, so klingt die Kunde von der «hlvesternacht ans Leipzig anders. Torl hat es wieder hervor ragenden Svcktakel und Exccsse aus den Straßen gegeben : die Schutzleute mußten vielfach cingrcisen und eS mußten nicht wenlger als 43 Personen zur Arrctur gebracht weiden. Na — Prosit Neujahr I — In Meerane erschoß sich ein 25 Jahre alter Klempner Namens Robert Miiklig. Er hat schon beim Militär, als er diente, einen Selbstmordversuch gemacht und auch seine Schwester soll sich vor einigen Jahren selbst den Tod gegeben haben. — Tie Nachricht, daß der 'Licucraunclier Mühlbach aus Pensa im Schnee nmgekommcn sei. ist erfreulicherweise irrig Hen Mühlbach befindet sich ganz wohl. — Ans Grimma wird geschrieben: Um zur Befestigung des in hiesiger Gegend äußerst tübibaren Mangels an landwirlii- schaflüchem Gesinde beiziitrcigcn. bat dcr Agent Uhlrich in Gumma kürzlich eine vierzehn tägige Reise nach Nieder- und Obeuchlesicn bis au die russische und galiziiche Grenze unternommen. Es ist ihm auch gelungen, mehere Hundert männliches und weibliches Dienstpersonal zu miethc». — Ein Strumpfwirker aus Nicderrabenstein wurde in der Nacht znm 3l. Dezember ans dcr Nclchcnbrandcr Straße liegend blutend auiaciundc». Er gab an, daß er sich habe eine Pulsader durchschneieen wollen ans Acrger darüber, daß sein Vater spielte. In der That hatte er sich auch mit einem Rasirmesser einen Schnitt ans die obere linke Handfläche bcigebracdl, m dem Glauben, baß sich dort eine Pulsader befände. Ter Betreffende wurde vorläufig wegen Mangels an einer Wohnung im Orlsgciäng- niß nntergebracht. — Am Donnerstag wurde endlich dcr Tischlermeister TbomaS anS Grvßschirma, welcher in der Nacht zum 21. ds. Mls. aus dem Wege von Freiberg in den ungeheueren Schneemassen uingc- lommcn war, in der Nähe deS dortige» Rittergutes an'ge»indcn. — In B r e t t n i gt verzehrte man vor einigen Tagen bereiis Wellflciich, bevor das Fleisch des geschlachteten Schweines vom Trichinenbcschaucr untersucht worden war. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, daß dasselbe Trichnen enthielt. Ter Schreck war groß, zum Glück Hot aber das Verspeisen des Fleisches bis letzt für vre betheiligten Personen üble Folgen nicht gehabt. — Dcr Vorstand und der Verwaltiingslath deSNorschnß - Vereins in Pirna hat in seiner am Freitag ahgeoaltciieii gemeinschaftlichen Sitzung die Vorlage zur Umwandest»,« der Ge nossenschaft in eine Aktiengesellschaft einstimmig beschlossen. In einer demnächst abzuhaltenden außerordentlichen Geneialversanuir. Z 8
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