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72. Jahrgang. SSS Abenö-Ausgabe Freitag. 2. Dezember 1S27 Gegründet 183k Draktanlchrlst! Nachrichten Dresden Feniwrtcker-Sammcinuminer! 28 241 Nur ttli NachiaclvrScke: 20 011 vom l. insIk.Dezember imn de, iäa.tch rweimaliger Zultelluna ire, Haus i.rv Atk ük^Ug5'G6l)Uyl Postbezuasvrels >ür Monai Dezember - Mark obnc -Loslzustellunasaebübr. Einzelnummer >0 Plennia. Die 'Anzeigen werde« nach Gdldmard berechne! bie einivaNige mm breite <1fr,,oi^ar,-Mnoila. Zeile nl> P'g-, 'ür au»wSrt» ,» Pt». Familienanzeigen und Licllenaeiuche obnc ^lkölsö. Rabali Ib Pia., autzerkalt». r5 Pig. die Ni mm breiie Reklame.,eile -'Mi Big. rlNiHIa l?^er>enaebiibrniiPla Ansiv. Aniiräac aeaen Borausbezabla. auiierkalb SLriiileilnng und Hauvlgeich-Iiisslelle: Niarienllraiie 33 42 Druck u. Berlaa von Vievich L Reichard« in Dresden Boslicheck-Konlo 1283 Dresden Nachdnich nur m» deullicher Oueilcnnngabe .Dresdne, Slachr.'' »ulüilig. Unverlnngie Lckriiis,ticke werden n,ch> auibewabrl. Irinkl Qualitälsmarken, ker- gestellt aus eälen deinen Neue Terrorwelle in KW-Lothringen. Ser Aulonomistenfiihrer Rosse verhaftet. - KrisengeMte bedrohen die Strafrechtsreform. Das Kakakombendaiem -er „Zukunft". Paris. 2 Dez. Der elkässische Autonomisten- sührcr. Chcsrcbakteur des elsässischcn „Kuriers". Rosse. ist gestern nach einem längeren Verhör durch den UntcrsnchnnaS- rlchtcr in Kalmar wegen „antisranzösischer Um triebe" verhaftet worden. Die Verhaftung Nosies er folgte bezeichnenderweise an dem Tage, an dem die Organi sation der Lehrer des „Departements Lbcrrhein" die Neu wahl ihres Vor st andcs vornahm, für den Rosse kandi dierte. Trotzdem hat ein grober Teil der Lehrer für Rosst gestimmt. Wie sehr es sich die Regierung angelegen lein läht. -er Antonomlstrnbcwcgung Herr zu werden, zeiat. dab bei de« erwähnten Wahlen der Präfekt de» Departement» im BersammlungSlpkal «rsch^n. und die Verhaftung NosiSS dhn Lehrern mit der Bemerkung mitteilte, dab er im Auftrag feiner Vorgesetzte« Behörde unerbittlich mi« allen gesetzlichen Mitteln gegen die Anhänger der Nutonomistcnbcwegung Vorgehen werbe. Die Verhaftung Rostes ha« nicht nur in der Lehrerschaft, sonder» auch in politischen Kreisen grobes Aussehen erregt. Nach einer Meldung de? «Echo de Paris" aus Straß- burg erscheint bie autoiivmistische „Zukunft" trotz dem Verbote. Ihre Verbreitung erfolge l> e i m l i ch. Der Polizei sei es bisher nicht gelungen, die Druckerei aussindig zu machen. Im Zusammenbau«, mit dem Rundschreiben, das die elsaß-lothringischen Sparer einlud ihr Geld nicht mehr in der staatlichen Sparkasse unterznbringen. sind in Ttraß- bnrg und in Hagenau weitere Haussuchungen vor. genommen worden. Um die NeNe -er Selbflverwalsung. Abschaffung der selbständigen Eiscnbahnvcrwaltung. Paris, 2. Dez. In der gestrigen Sitzung der Kammcr- koiinuissivn für Elsaß-Lothringen teilte der Arbeits- Minister Tardieu mit, daß die Negierung eine Nenderung des Status der elsaß-lothringischen Eisenbahn und die Schaffung einer selbständigen Eiscnbahiivcrwaltnng in Elsas,-Lothringen ab lehne, da sie schwere wirtschaftliche Schädigungen zur Folge haben würde. Die Negierung sei entschlossen, in dieicr Angelegenheit die Vertrauens frage zu stellen. <TU.) Noch schlimmer in Sii-liroi! Willkür bis in die Auswahl des Lcscstosscs. Berlin 2. Dezember. Einer Meldung aus Innsbruck zufolge bestimmt eine Verordnung der faschistischen Behörden in Südtirol, datz in den Gasthäusern mindestens eben so viele italienische Zeitungen anslicgcn müssen wie deutsch«. Auch in den Bibliotheken sollen nach einer bestimmten Frist ebenso viele italienische wie andere Werke zur Verfügung stehen. „Unser Vaterland ist Flandern!" Die flämische Fronde in der belgischen Kammer. Rriistel, 2. Dez. In der Schlußdebntte zur Regierungs erklärung am Donnerstag kam es in der belgischen Kammer zu einem Zwischenfall, als der flämische Deputierte Dcclcrcq erklärte, Belgien müiie zer stört werden. Der Kammerpräsident wandte sich 'chars gegen den Deputierten, woraus dieser wieder erklärte, das; dem Präsidenten nicht das Recht zustche, die freie Mcinungs- äufscrung eines Volksvertreters zu kritisieren. Der Kammer präsident wies auf seine Liebe für das belgische Vaterland hin, was den flämischen Abgeordneten wieder zu den Worten veranlagte: „Unser Vaterland ist Flandern, nicht Belgien!" Britischer Gesandtenwcchsel. ViSconnt Chilston, biS- § her britischer Gesandter in Wie», ist zum Gesandten in Kopenhagen ernannt worden. Der Gesandte in Bern, Sperling, wird nach Sofia versetzt. Ein Briefwechsel zwischen Zr. Kahl und Marx. Das Reichskabinett geaen vorzeitige Reichslaqsauslö unq. Berlin, 2. Dez. Im NcichStagsauSichuki iür.die Straf rechtsreform gab nach Beratungen über die Bestimmun gen über Verlust des Wahl- und Stimmrechtes und seine Wicdcrvcrlcihung der Vorsitzende Abg. l). Tr. Kahl dcni Ausschuß Kenntnis von einem Brlciwcchiel zwischen ihn, und dem Reichskanzler. Der Vorsitzende Abg. v. Dr. Kahl iD. Vp.l hatte am 27. November an den Reichskanzler ein Schreiben gerichtet, in dem er erklärte, daß er cs iür leine Pslicht halte, der Ncichsrcgicrung davon Kenntnis zu geben, daß durch die vielen unkontrollierbarcn Gerüchte über eine baldige, spätestens im Frühfahr 1028 zu erwartende NeichstagSans- lösung eine stgrke Beunruhigung nicht nur unter den Mit gliedern dcS zuständigen NeichötagSausichnsscs, sondern auch in weiteren au der StrasrechtSrcsorm beruilich intcrrsficrlcn Kreisen cingctrcten sei. Infolge dieser Stimmung hgbc sich auch die schwere Sorge sestzusetzen begonnen, daß das notwendige Gesctzgcbungswerk nach 25>ähriger Vorbereitung wiederum scheitern könnte. Nach der Art und Welle der Einführung dcS LtrasgesetzentwurseS durch de» Reichs- lustizmtnister tm Juni 1627 sei anzunehmen. daß ein lolchcs Schicksal des Entwurfes weitab von den Absichten und Wünsche» der Rcichsregicrung gelegen ist. Selbstverständlich bin ich mir bewußt, schreibt Dr. Kahl, daß politische Situationen entstehen können, in denen eine N c i ch s t a g s a » i l ö i u » g unvermeidlich erscheint, aber ichvn eine Gewißheit darüber, das, bei etwa eintretendc? Eriväguna über eine Auslösung vvr Ablauf der Legislatur Periode die Notwendigkeit der Verabschiedung de» Tiralgesctzeiitwurse» eine entsprechende Würdigung uni Be- rttcksicbtiaimg linden werde, würden in jeder Hinsicht geeignet sein, die entstandene VeunruhIanng zu beIcIti. gen »nd die Arbeit an den, schwierigen Werk zn fördern. Ich bitte von Ihnen, hochverehrter Herr Reichskanzler, die Be. stätigung einer solchen Absicht der NcichSrcgierung, wenn es ihr irgcndmöglich ist. erbalten z» dürfen. Auf diesen Brief antwortete der Reichskanzler: Sehr verehrter Herr Geheimrat! Der Retchsregterung und auch mir war nicht entgangen, daß im Zusammenhang mit de» erwähnten politischen Ge rüchten über eine bevorstehende NeichstagSnnflöinng vielfach auch die Frage erörtert wird, ob eine Fortführung icr Arbeiten des Strafrechtöanöichnstcs unter diese,, Umständen noch zweä'dientich sei. Ich habe diese Frage zum Gegenstand einer Aussprache im Rcichskabinctt gemacht. Das Rcichskabinctt steht einstimmig aus dem Standpunkt, das, die Nelchsrcgierung alles daran setzen sollte, eine positive Erledigung dcS Strasgcsetzentwnrss noch in der lausenden Tagung des Reichstags zu erreichen. Für diese Anssastung spricht der von Ihnen hcrvorgchobenc Gesichtspunkt, daß es kaum zu erwarten ist, dieses überaus bedeutsame Ke- ketzgcbungswcrk nach 25 jähriger Vorbereitung nnn wie derum aus ganz unbestimmte Zeit scheitern zu lassen. Bon der unbedingten Notwendigkeit der parlamentarischen För derung des Strafgesetzentwurss mit allen Mitteln bat mich Icrner mein kürzlich erfolgter Besuch bei der österreichischen Bundesregierung in Wien überzeugt. Es wird ein Markstein in der Entwicklung des deutschen Volkes sein, wenn eine gleichmäßige «nd glcichzcitigr Schasiung eines neuen deutschen Strafrechts in Oesterreich und Deutschland demnächst ge lingen sollte. Noch Aufsasiunp der NctchSregierung wäre es außer- ordcntlio zn beklage», wen» die bisher geleistete überall»' wertvoll» Arbeit umsonst getan fein sollte. Selbstverständlich kan» bie Neicharegterung keine Gewähr dafür übernehmen, dat der Reichstag nnn auch tatsächlich bi» zur Erledigung dieie» WeietzgebungSwerke» znsammenbleibt. Immerhin liegt die Erreichung diese» Ziele» In der feste» Rhsichi der Reichs- regierung. Ich würde e» begrüßen, wenn diese meine Mit- teilung über die einmütig»- Aussassnn» des Rcichskabtnetts, der, wie ich hinzuiüge,, darf, auch der Herr Reichs präsident vollinhaltlich zu stimmt, zur weiteren Förderung der Arbeiten beitragen würde. iLichc auch T Leite. , Der koloniale Gedanke. Von Georg v. Stieglitz, München. Die unsachlichen und lügenhaften Beschuldigungen gege« die deutiche Koloniiativnsfähigkcit sind in der Presse und in einzelnen Schriften eingehend widerlegt und von den Sicgerstaate» indirekt fallen gelassen worden, da im Herbst lü25 bei den Locarno-Verhandlungen grundsavlich Deutsch land das Recht zngestanden wurde, Kolonialmandate zu er halten. Das ist also mittelbar die Anerkennung unserer Eignung für die Verwaltung von Kolonialmandaten. Nie dürfen wir vergessen, was unsere Kolonien durch unsere Energie einst geworden sind, und was sie uns wieder werden sollen, wenn mir de,, kolonialen Gedanken nicht untergehen lassen, und wenn die Zeit gekommen ist. Im Falle eines europäischen Krieges sollen keinerlei kriegerische Handlungen auf koloniale Gebiete der krieg führenden Staaren übertragen werden. Der Krieg soll auf europäischen Schlachtfeldern ansgekämpft, das Schicksal der Kolonien in, Mutterland«: besiegelt werden: So haben ein mal auserlesene Vertreter hervorragender Großmächte ent schieden. Es mar richtig. Jeder Kulturmensch mußte be greifen. daß das Ansehen der Weißen nur Schaden erleidet, wenn sic sich gegenseitig den Schädel einschlagcn. Die ganzen inhaltschweren und wcltbcglückendcn Gedanken der versam melten Diplomaten wurden zu Papier gebracht, von den Signatarmächtcn gegenseitig anerkannt und beglaubigt. Das Kind wurde feierlich unter dem Namen ,,.K ongo - Aktc" aus der^Taufe gehoben. So schien die schlimmste Gefahr von den Kolonien der Völker »bgewendet. Die „Kongo-Akte" sollte nun bei Ausbruch des Welt- kricgcö in ihren wesentlichen Bestimmungen zum erstenmal praktisch in Erscheinung treten. Für die erste Kolonialmacht der Welt, England, blieb die Frage offen, was mehr Vor» teil brachte, de» Pakt zu respektieren oder ihn als wertlosen Papicrfetzcn unter de» Tisch zu werfen. Die Gelegenheit, »ns unsere ostasrikanischc Kolonie zu entreißen, kehrte sobald nicht wieder. Die englische Realpolitik kalkulierte nun folgen dermaßen: Blieb Deutschland in Europa Sieger, io hatte man wenigstens ein Kompensationsobjekt in Händen, verloren mir den Krieg, so hatte der Brite ein von „nfcrcn Knltnrpionieren trefflich vvrgcackertcs und verwaltetes Gebiet außerdem „leicht und siegreich" erobert. Der Zusammenbruch der Mittelmächte trat ein, aber „leicht und siegreich" gewann England nicht Ostafrika, denn im Wappen von Lctkoiv-Vorbcck stand mit ehernen Lettern der Spruch: „Bricht der Anker, hält der Mann!" Nachdem der Engländer unser DarcSsalam, den „Hasen des Friedens", wo bei Kriegsausbruch als Zeichen von „Militarismus und Weitbedrohiing" vor unseren Bc- zirksamtsgebändc sichtbar zwei ganze 71 er Kanonen standen, tapfer beschossen hatte »nd Regimenter von Engländern und Indern endlich gelandet waren, kam die Schlacht von Tanga, das Ruhmesblatt in der Kriegsgeschichte unserer Kolonien. Durch die Treue der Askaris, ein Zeichen, daß wir alS Kolonisten Vertraue» und Achtung bei den Einheimischen uns erworben hatte», blieben wir am 4. November 1014 Sieger. Wir streckten dort nie die Massen. Als der Waffenstillstand kam. hörten wir nur ans zu kämpfen. Das Schicksal der Heimat mußte unsere Kolonie teilen. So verloren wir den Boden in fremden Weltteilen, wo einst unvergeßliche Männer, wie Karl PeterS, Nachtigall. Gra- ncnrcuth, Dominik u. a. mit manchen Anfeindungen, auch seitens eines KirchtnrmhorizonteS von Bürokraten, am grünen Tiiche der Heimat, uns ein Einfuhr- und NnS- siihrgcbiet schufen, um das andere Kolonialmächte unS be neideten, und das sie jetzt, durch unseren Knlturdiingcr glän zend dastehend, anösaugen und zu verwalten versuchen. Im Herbst 1027 wurde nun Gehcirnrat Kastl, gescliäftS. führendes Präsidialmitglied des ReichsoerbandeS der Deut schen Industrie, zum deutschen Mitglied der Mandatskvm- missio» vom Völkerbundsral in Gens ernannt. Dr. Ludwig Kastl, aus dem banrischen Landesdienst hcrvorgegangcn, war früher lange im Dienste der deutschen Kolonialvcrwaltung. Er amtierte als Bezirksrichter In Windhuk, als Hilfsarbeiter im ehemaligen Rcichökoionialamt und bis zur Ncbergabe des Schutzgebietes 1020 als Rcgicrungsral beim Generalgouverne ment Windhuk, io daß er als .Kolonlalsachmann und gleich zeitiger Vertrauensmann der deutschen Industrie, wohl den kolonialen Gedanken am besten im In- und Auslande ver treten kann. Wa» wir an unseren »elonlen verloren, sin» hohe Mil« liardenwerte. Der verstorbene Engländer More, ein Kolo- ntalpolittker von Ruf. hat ihren Wert höher eingeschäkt, alS die gesamten Kriegskosten -er Alliierten! Man wird die Frage nicht zahlenmäßig glatt licantivorten können, ohne ein gehend zu untersuchen, welche ZukunstSmertc in den einzelnen Gebieten erschlossen waren, alS wir sie verloren, und welcher Werte an Rohstoffen wir besonders beraubt wurden, deren