Volltext Seite (XML)
44 Johann Pohl. künftlicher Mittel die nöthigen Lebensbedingungen geboten werden, und doch macht die Zucht desfelben keine weiteren Fortfehritte. Der Verbreitung der Sei- denraupen-Zucht müffen eben diefsfeits der Alpen andere Schwierigkeiten im Wege flehen, die nicht fo fehr in den natürlichen Grundlagen als vielmehr in den anderweitigen Verhältniffen begründet find. Das die meifte Seide producirende Land Europas, Italien, hat fich recht anfehnlich an der Ausftellung betheiligt. In elfter Linie möge hier genannt fein die reichhaltige, die Natur des Seidenfpinners und feiner Rivalen, gleichwie alle Beniitzungsweifen zur Darftellung bringende Sammlung von M teftri Angelo Cav. Dott in Pavia, woran fich dann anreihen die vom 1 and wi r thf ch af11 i che n Vereine in Com o ausgeftellten Geräthe für Grainirung, die anatomifchen Prä parate des Eichenfpinners Saturnia Yama-mai von Profeffor Brizzolari Aleffandro in Arezzo u.f.w.Hinter den vonAbate L u z i a r d i in Padua angefertigten intereffanten Modellen gefunder und kranker Seidenraupen fleht die flazione bacolopico di Padua unter Leitung des Dr. V e r f o n, der längere Zeit in Görz neben Haberlandt wirkte. Von Frankreich wäre mehr zu erwarten gewefen. Abgefehen von eini gen befcheidenen Coconsproben, war es blofs die fonfl im Allgemeinen fo inhalts volle Ausftellung der Minifteriums für Ackerbau und Handel, bei der man für diefen Zweck einen Augenblick zu verweilen veranlafst wurde. In einer kleinen Tabelle deutet fte die Hauptmomente des heutigen Standpunktes in der Seiden zucht an, und die fchon mehrmals angezogene, vonHenz£ abgefafste Schrift theilt uns mit, dafs die Seidenproduftion Frankreichs in Folge der Körperchenkrank heit vom Jahre 1854 mit 25,000.000 Kilogramm bis zum Jahre 1869 auf 8,000.000 Kilogramm gefunken war. Oefterreichs bezügliche Ausftellung kann nur für die Sachlage fehr bezeichnend und gleichzeitig fehr anfehnlich genannt werden. Die Vielfeitigkeit der Betheiligung zeigt einerfeits, wie grofs die Anflrengungen allerorts find, der .Seidenzucht gröfsere Ausdehnung, zu verfchaffen, und die Befchaffenheit der ausgeftellten ObjecTe anderfeits, dafs man fich nicht begnügt, blofs die Entdeckun gen 0 und Erfahrungen anderer Länder einfach zu benützen, fondern auch fucht, felbftthätig in die Entwicklung diefes Wirthfchaftszweiges mit einzugreifen. Aus den meiflen Kronländeru hat man oft fehr gefchmackvoll angeordnete Colleflionen eingefendet. Das kann jedoch nicht viel fagen; hinter ihnen fleht keine erwähnenswerthe Produclion und die Frage der Rentabilität ift noch nicht irelöft. Befonders reichhaltig und intereffant waren die ausgeftellten Objefte des dritten internationalen Congreffes der Seidenzüchter in Roveredo und der k. k. Seidenbau-Verfuchsftation in Görz. In diefen fahen wir den heutigen Standpunkt der Seidenzucht vollkommen entrollt vorgeführt, fo dafs fich wohl die Behauptung aufftellen läfst, dafs in der landwirthfchaftlichen Ausftellung kein anderer Zweig fo bezeichnend für die augenblickliche Situation vertreten war, wie diefer. Nicht genug daran, hier war auch gleichzeitig am vollftändigflen der Erfolg ernflen wiffen fchaftlichen Strebens und damit gleichzeitig die hohe Bedeutung der Wiifenfchaft für die Praxis überhaupt dargethan. Im Jahre 18bj zur Zeit der Ausftellung in Paris fetzte die Flecken- oder Körperchenkrankheit noch unaufhörlich ihre verheerenden Wirkungen fort, nebft der europäifchen fchien auch bereits die orientalifche Seidenzucht in Frage geftellt und eine für grofse Ländereien fehr ergiebige Einnahmsquelle drohte gänzlich zu verfiegen. Derweilen fich die Seidenzüchter in einem ganz rathlofen Zuftande befanden, fchon von verfchiedenen Seiten vergeblich Hilfe erwartet hatten und fich mit dem traurigen Schickfale langfam zu verföhnen begannen indem fie ihre Hoffnung auf die Benützung anderer Seidenfpinner richteten, arbeitete der franzöfifche Gelehrte M. Louis P a ft e u r bei Alais unermüdlich daran, die Mittel zur Befiegung des böfen Feindes zu entdecken. Nach fünfjänriger harter