Volltext Seite (XML)
4 Johann Pohl. Von England, dem Lande, wo die Thierzucht überhaupt eine Werth- fchätzung erfährt wie nirgends und wo man dieferThatfache Fortfehritte verdankt, die reichen Segen über das Infelreich ausbreiten, hat man es nicht für angezeigt erachtet, in den Wettkampf einzutreten. Bei dem Umftande aber, dafs fich auf dem Continente ohnediefsfo zahlreiche nähere und entferntere Abkömmlinge englifcher Zuchten befinden und wir durch jährlich fich immer wieder erneuernden Import diefer herausgezüchteten Specialitäten in Kenntnifs ihres Werthes bleiben, darf das umfoweniger als eine beftehende Lücke angefehen werden, da anderweitig in der Ausftellung hochedles englifches Blut fehr entfprechende Vertretung fand, und gleichzeitig der Sachkenntnifs der augenblicklichen Befitzerfowie den Zuchten, denen es entflammt, alle Ehre macht. Auch in F r a n k r e i c h wird in letzter Zeit die Pferdezucht mehr Gegen- fland allgemeiner Würdigung und mancher Erfolg in derfelben fleht damit im Zufammenhange, der auch den englifchen Züchtern als beachtenswerther Wink gelten mufs An der Ausflellung betheiligte fich aus Frankreich nur ein Ausfleller und zwar der Eleveur Mr. de la Ville aus Bretteville für Odon mit 35 Nummern würdiger Repräfentanten der Normandie, die bei entfprechender Conformität. Maffe, Adel und Gang in einer Weife verbinden, wie es nur wünfehenswerth bezeichnet werden kann, und wie wir es an Vaterthieren zur Veredlung des hei- mifchen Materiales unter vielen Verhältnifien bedürfen. Hervorgehobene Eigen- thümlichkeiten verdienen defshalb noch befondere Erwähnung, da wir in Oefler- reich bereits Beweife befitzen, dafs diefelben auch von diefen Thieren vollgiltig auf die Nachkommenfchaft übertragen werden. Bei diefem Anlaffe fei auch der von Mr. de la Ville im Grofsen durch geführten Betriebsweife der Pferdezucht gedacht. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs die einflmalige Leiflungsfähigkeit des Thieres ebenfo fehr, wie durch die Tüchtigkeit der Eltern, auch durch die Erziehung, das heifst durch Fütterung, Haltung und Pflege in der Jugendzeit bedingt ift. Wenn man ferner bedenkt, wie fchwer, ja in der Regel geradezu unmöglich für den Befitzer eines oder weniger Fohlen es ift, folchen einzelnen die entfprechende Erziehung angedeihen zu lallen, fo wird man in Anbetracht der Natur der die Ei-ziehung des Pferdes ausmachen den Fadloren in einer Arbeitstheilung etwas überaus Zweckförderndes nicht ver kennen können. Auf diefem Gedanken ruht nun die von Mr. de la Ville gewählte Betriebsweife der Pferdezucht. Er kauft junge Fohlen von entfprechender Abkunft, das heifst, die in ihren Eltern berechtigte Hoffnungen zu bieten geeignet find, und pflegt fie bis zu ihrer vollendeten Gebrauchstüchtigkeit, während welcher Zeit fie im Hinblicke auf ihren einfligen Zweck gefüttert, gehalten und gepflegt werden. Durch den damit auch einerfeits bei geringerer Capitalskraft möglichen Betrieb der Pferdezucht im Grofsen, der fich allein nur die unumgänglich noth- wendige höhere Intelligenz zugefellen kann, ifl anderfeits auch der Kleinwirth herbeigezogen zur Theilnahme an ihren Vortheilen. Insbefondere dort, wo die Verhältnifle es empfehlen, letzteren für die Pflege diefes Wirthfchaftszweiges zu gewinnen, kann der Richtung nur Zukunft zuerkannt und Verbreitung gewünfeht werden. Wenn es mit ihr auch nicht möglich fein wird, den Zenith züchterifcher Leiftungen zu erklimmen, zumal die Einflufsnahme des Unternehmers erft nach der Geburt des Fohlens beginnt, fo wird die Pferdezucht doch dadurch in Kreife getragen, die ihr bisher und oft fehr begründeter Weife verfchloffen blieben. Italien zeigt, was man dort in neuefler Zeit anflrebt. Von den fechs vom Miniilerium für Ackerbau, Induftrie und Handel ausgeflellten Thieren waren drei Halbblutthiere zur Reprodu<flion von Carofliers und die anderen drei orientalifcher Abftammung, deren Abkömmlinge in ganz leichten Wagen Verwendung finden, und hinreichende Widerftandskraft gegen das heifse und trockene Klima Italiens und feine harten Wege befitzen follen.