Volltext Seite (XML)
Unsre Nachbarn. Ich soll erzählen, was wir mit unser» Nachbarn ceulich erlebt haben wünscht meine Frau! Sie aal Schreibpapier auf den Tisch gelegt, eine neue Stahlfeder in den Halter gesteckt, folglich bleibt mir nichts übrig, als z» gehorchen, Der Mnnsch der fran ist für den wohlerzogne» Hatten Lefehl. llso los! Nachbarn hat jeder iNensch. In einsamen Hegenden ist der nächste Nachbar oft meilenweit nlsernt »nd in der grossen Stadt wohnt man so -Acht beieinander, dass man's hören kann, wenn der lachbar hustet, und das; man's riecht, wenn die lachbari» Sauerkraut kocht. Mir wohnen seit . fahren in ein »nd demselben Logis, aber unsre Nachbar» waren nicht so konservativ »nd haben im raufe der Zeit mehrfach gewechselt. Man kan» >ute, getreue Nachbarn haben, manchmal, sind sie ,ber auch sehr nnangcnehm »nd zänkisch. Ich ! mute davon mancherlei erzählen. Mir halten - me» Nachbar, der blies das Maidborn, der älteste oh» die Flöte, »nd der Meine geigte, und wenn ccbt der Klapperstorcb gleich zwei kleine Musikanten >us einmal gebracht hätte, die den ganzen Tag in Noll »nd Dur zweistimmig schrien so wären wir >e wohl niemals los geworden! Aber »»»mehr mar glücklicherweise die Mohnnng für die mnsika nbe Familie z» klein. Dann bekamen wir Nachbarn, die sich tagtäglich prügelten, und ibncn folgten Nachbarn die bei »ns »nanfhörlich borgten: Kaffee, Nlehl, Salz n, s, w. »nd nie ans Miedergebe» Nichten. Mir halten Nachbar», die »ns alles zum gossen taten »nd mit unsrer Christine ans Kriegs- äs; standen, so das; eines Tages beide Parteien an Lefenstielen bewaffnet aufeinander losgingen, Milans stand die Mahnung längere Zeit leer, bis ms der Mirt die Mitteilung machte: „Sie kriegen wieder neue Nachbarn! Aber diesmal sehr an- »äiidige Leute! Tine Mitwe mit zwei Töchtern!" Mie fehr wir »ns frenten, kan» sich der liebe Leser denken! Fra» Aurora Schnaiterlein zog ein mid machte »ns sehr bald mit ihren Töchtern Milbelmine „nd Florentine, die der Kürze wegen Mi" und „Flo" genannt wurden, einen Lesuch." Hott sei Dank! Mas für nette Damen haben wir letzt als Nachbarn!" sagte meine Fra», wie sich die drei unter vielen Kniren »nd Höflichkeilsrede» entfernt hatten. „Tine wahre Mohltat »ach den - bäuerlichen Trfahriingcn, die wir gemacht haben I Das sind Leute, denen man gern einen Gefalle» erweist »nd die ebenfalls gefällig sein werden," Sehr richtig! Gefällig waren Schnallerleins — ungeheuer gefällig! Sie fühlten offenbar das grösste Interesse für »ns und unsre häusliche» Tinrichtungen, als wären wir die nächsten ver wandten, oder ihrer Mbhnt anvertrante nnniündige Kinder. Als meine Frau unpäßlich war, wich ! Fra» Schnatlcrlein nicht von ihrer Seite »nd war ! unermüdlich mit gutem Kate, mit hnstentee und ^ pricßnitzilmschlügen bei der Hand. Hing Mi in - die Stadt, um Ankäufe zn machen, so klopfte sie ! gewiß vorher bei uns an die ct.i»c und fragte, ob ^ sie etwas für uns besorgen könnte, und als aus , den, Herde die Suppe übergelaufcn war, kam Flo uut der Gießkanne herbeigcstürzt, »m bei uns den j lusgebrochnen Lrand z» löschen »nd war offenbar lehr enttäuscht, das; bei uns nur Mualm und gar kein Feuer war. Tine Meile fand meine Tlementitie diese hilf- bereitschaft reizend, aber bald änderte sie ihre Alt sichle» und sagte: „Menu nur die guten Schnaller leins nicht gar so neugierig wären! Sie möchten stets wissen, was wir tun und treiben, was wir essen und trinken, wieviel vermögen wir habe» mit wem wir verkehren. Kommt Lesucb, so Horcht Mi an der Türe, oder fragt Thristlanen aus, Flo lauert jeden Morgen anf de» Lriesträger und will wissen, wer an mich schreibt, und als der Held briesträger neulich zn dir kam, hat sich die Mutier hinter ihm ins Logis eingcschlichc» mit einer sehr Ncic geharnischte Sonetten jetzige» Remitier üleisgen i» Dräsen, l«22. Der arme Aar! ;>etwal» cn mächlgcr Kaiser is äer Xar, Der jeder Millionen bann beledle», vcss Völker kaum ?.u nennen nnä rn räblen, Kaum seiner vnderdaiien Kiesenscdar Und schwebt doch alle Schlnnden in vclabr, ln seinen llrnnkgcmächcrn, seinen Sälen Muss er sich vag unä »acht mit Sorgen quälen vnd seines liebcns Sonnenrchei» i; rar! Vas llnglick sucht ihn heim aul allen Maden: Im Kriege Schladbe» ohne Unterlass Und aul da; regne Volk selbst kee» verlass, Schbottschlecht bedient »nd schlimmer noch beraden, — 0 Himmel, deitlich seh' ich's wieder ein: Ich möchdc alles, blos der -sar nickt sein! unwahrscheinlichen Ausrede, Ich glaube, man muß sich vor unser» Nachbarn in acht nehmen!" Ich nickte beislin,inend, denn mir war das nichts neues. Ich batte nämlich schon lange eitlen Pik anf schnallet leins, aber bisher gesthivlege» weil meine Fra» von ihnen eingenommen war. Unsre Aacbbarn waren nämlich nicht nnr bei Tage, sondern auch bei Aach« anf Vorposten kontrollierten sämtliche Lansbeivobncr, und wußten ganz genau, wen» jeder und jede heimkam, Mb sie niemals im Veit lagen nnd schliefen, kann ich nicht ver raten. aber sie horten stets, was anf der Straße passierte, nnd konnten Auskunft geben, ob in nnserm Lause ein Kind geschrieen, oder eitle Maus ge knuppert batte, Rain ich ans meinem Skatklnb oder ans dem Alpenverein Heini, so sah ich alle mal hinter dein kleinen Hncklocb in der vorjaal- türe die Brillengläser der Mutter fnnkeln, nnd wusste, das; Hittier dein vergitterten Korridorfenster Mi nnd Flo mit der Uhr i» der Hand anfpassten, als waren sie bei der Geheimpolizei anacstellt. Mir konnte das ja eigentlich Schnuppe seilt, aber als sie eitles morgens meiner Tlemenline mit gro;;,» Geschicklichkeit beigebracht batten: Ich wäre erst fünf Minuten vor s t5, »ach Laufe gekommen, während uh zn ibr gesagt: „Ts ist gerade Mitter nacht", da ärgerte ich mich, Mie kamen die Leute dazu, mir ansznpasfen und mich bei ineiner Frau anzuklattchen? Ich nenne so was unverschämt. Men» sich doch die Mutter lieber »in ihre Töchter bekümmern wollte, die gar nichts taten, als den lieben langen Tag zu klatschen nnd zu schwatze», UZj -ie lange, hagere Person mit der spitzen Aase, Flo, die kleine, kugelrunde! Tine so dumm wie die andere! Tigentlich sollte man sie wegen ihrer Aengier recht tüchtig allführen! Das war mein sehnlicher Mansch, der eber in Trsüllnna ging, als ich gehofft batte! Mir bekamen nämlich Lesuch von zwei Aeffe» : Mtto war Student und Fritz Sekundaner, Tin paar nette, muntere Jungen, die Lebe» ins Haus brachten und uns ordentlich anfheiterten, Schnalter- leins waren natürlich in großer Aufregung und ließen unsre Häste nicht ans den Augen,' Ich glaube, sie habe» in diesen Tagen ihren Leobach- Inngsposten nur selten verlassen, und dort stehend Kaffee getrunken nnd Mittagbrod gegessen. Die Jungen batten es bald weg, welchen kolossalen Tindrnck sie a»z dieAachbarinne» machten. „Du, Makel! die drei alte» Meibchen, die neben Tnch wohnen, sind ivobl höllisch neugierig?" fragte der Student eines mittags, „Aber Mtto! Mie kannst dn von alten Meibchen reden!" entgegnete seine Tante vorwurfsvoll, „Frau Schnatlerlcin ist noch in de» besten Jahren, und ihre Töchter sind hübsche, junge Mädchen," Mtto und Fritz brachen in ein schallendes Helächter ans, „Jung nnd hübsch ist was andres", meinte der jüngere Lender, nnd der ältere pfiff die Melodie: „Schier dreißig Jahre bist du alt!" Mir mußten lachen. „Aeugierig sind sie! Darm habt Ihr Recht!" und wir erzählten mancherlei, was wir mit den Nachbarn erlebt hatten, Mtto staunte. „Aa, die sollte man 'mal tüchtig hineinsenken! Mas meinst du, Fritz?" Der Sekundaner stimmte eifrig bei, und bald hatten sich die beiden einen Mk ausgedacht. Meine Lin- wtlligung bekamen sie sofort, von der Tante nach einigem Miderstrcbcn, und Christine, die gleichfalls ins Geheimnis gezogen werden mußte, gab freude strahlend das verspreche» der tiefste» Verschwiegen heit, Am nächsten Morgen ging der Spaß los, Geld hat er nicht gekostet, nnr über die Sticfelsohlen unserer Neffen ist's hergcgangen. Die beiden liefen nämlich „»anfhörlich treppauf, treppab, als hätten sie wichtige Lestellnngcn zn machen, Fritz bolle ans dem Keller einen Korb mit Flaschen, die aber leider ganz leer waren, Mtto brachte mächtige Pakete »ach Lause, die nur aus Papier