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2 Dr. Wilh. Fried. Gintl. Stärke und Stärkegummi. Als in dem Organismus der Pflanze fertig gebildetes Produd des Vege- tationsproceffes kann die Stärke nur infoferne als ein ProduÄ der chemifchen Induftrie angefehen werden, als ihre Abfcheidung und Gewinnung aus Pflanzen- theilen unter Umftänden auf dieMitwirkung chemifcher Proceduren bafirt ift, und man fleh doch bei der Herftellung derfelben in handelsgerechter Form des Chemismus nicht ganz entfchlagen kann. Für die fabriksmäfsige Gewinnung der Stärke, deren Vorkommen im Pflanzenreiche ein fehr allgemeines ift, kommen, wiewohl viele, namentlich tropifche Pflanzen, einen fehr erheblichen Stärkemehl-Reichthum auf- zuweifen haben, gegenwärtig nur wenige in Betracht. Vornämlich find es die Knollen der Kartoffel, dann die Weizen- , Reis- und Maisfrucht, weiters aber auch die Wurzel von Maranta arundinacea (Pfeilwurz), dann die Knollen der Batata, von Iatropha Manihot, fowie von Helianth. tuberosus, das Mark der ver- fchiedenen Sagusarten, endlich die Früchte der Eiche und der Rofskaftanie, welche in gröfseren Maffen zur Stärkegewinnung herangezogen werden. Für techrifche Zwecke haben indefs blos die Stärkemehle aus Kartoffeln, dann aus Weizen, Mais und Reis, fowie die Bataten und Maniocftärke, denen fleh etwa noch die aus Eicheln und Kaftanien gewonnene Stärke anreiht, Bedeu tung, während alle anderen Stärkemehl-Sorten faft ausfchliefslich als Nahrungs mittel Verwendung finden oder doch nur ausnahmsweife technifchen Zwecken dienen. ... 0 r i. In den Gewinnungsmethoden der technifch wichtigen Stärkeforten hat lieh feit der Zeit, als wir die Stärkemehl Induftrie auf der Parifer Ausftellung fahen, nur wenig geändert. Zumal ift dieMethode der K a r t o ff e 1 ft ä r k e-Gewinnung, die auch heute noch vornämlich in Deufchland und Oefterreich geübt wird, die alte geblieben und nur fehr langfam finden die Fortfehritte, welche die jüngften Jahre auf dem Gebiete der Mafcbinentechnik gefehen haben , in diefem Zweige der landwirthfchaftlichen Induftrie allgemeinen Eingang. So finden wir noch manche Kartoffelftärke-Fabriken , zumal Oefterreichs , in welchen die alte , nach dem T h i e r ry’fchenPrincipe conftruirte Reibe neben Rüttelfieben oder wohl gar Hand- fieben in Verwendung fteht , und nur einzelne Fabrikanten haben den alten Schlendrian verlaffen und durch Einführung rationeller Vorrichtungen gewifs nur fleh felbft den beften Dienft geleiftet. Bei den entfehiedenen Vorzügen, welche die neueren, befonders durch Fesca* eingeführten, Mafchinen für Stärkefabrikation bieten, ift die verhältnifs mäfsig geringe Verbreitung derfelben fchwer begreiflich , und wohl nur theil- weife durch den Umftand erklärlich, dafs für die fo glimpflich befteuerte Stärke- induftrie der Sporn fehlt, der zur Erhöhung des Ertrages durch Vervollkommnung des Betriebes aufmuntern würde , und dafs insbefondere durch die verhältnifs- mäfsig fo fcliwere Belaftung der Branntweininduftrie eine folche Fülle von Roh material der Stärkefabrikation zur Verfügung bleibt, dafs der weniger ftreng calculirende Fabrikant keinen direÄen Anlafs findet, an eine vollkommnere Aus beutung feines Rohmateriales zu denken. Indefs follte das Auskommen des Fabrikanten hier nicht allein mafsgebend fein , und es möchte namentlich nicht vergeffen werden, dafs gewifle Fortfehritte im Betriebe nicht nur die Ausbeute erhöhen helfen, föndern, wie das namentlich von der Benützung guter Extratftions- mafchinen und etwa der Anwendung von Centrifugen , unter ihnen befonders der Fese a’fchen Raffinirungscentrifuge, gilt, neben der gewifs nicht nebenfäch- lichen Erfparnifs an Zeit und Arbeitskraft, fowie endlich an Räumlichkeiten auch eine nicht zu läugnende Verbefferung des Produaes in feiner Qualität * Auch Völkner und in neuererZeit Direflor Markei haben recht brauchbare Extradtions- mafchinen conftruirt.