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Dresdner Nachrichten : 13.10.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190310131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19031013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19031013
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-10
- Tag 1903-10-13
-
Monat
1903-10
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 13.10.1903
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auwilrter und Invaliden. Der LandeS-Verband erblickt darin eine vornehmste Wicht, unter den Mitgliedern die unverbrüch- ichr Treue gegen Kaiser und Reich, König und Vaterland. Ehr- urcht vor dem angestammten Herrscherhaus« und Achtung vor dem von alten Soldaten fordern darf. Angesichts dieses Grundsatzes toird der Laudes-Berband bei dem Streben nach Verwirklichung seiner Ziele vermittelnd eintreten und die berechtigten, in gemesse- nen Grenzen gehaltenen Wünsch« vereint den maßgebenden Stellen vortragen. Von diesen Wünschen der deutschen Militäranwärter und Invaliden sind ganz besonders zwei hervorzuheben, die An- rechnung einer Anzahl von Militäroienstiahren auf das Be soldungsdienstalter zur Erlanguiig des Höchstgehaltes in annähernd gleichem Lebensalter wie die Nichtmilitäranwärter und die Be- laffung der Militär-Jnvaliden-Pension neben dem Zivileinkommen in allen Lebenslagen. Gegenwärtig stehen die m den gleichen Stellungen befindlichen Militäranwärter gegen die gleich altrigen Nichtmilitärairwärter durchgängig um zwei bis drei Gehaltsstufen zurück. Ter Gehaltsausfall rm jähr- lichen Einkommen erreicht die Höhe von 200 bis 600 Mk., je nach der Stellung dos einzelnen und hört erst dann aus, wenn die Beamten sich im Genüsse des Höchstgehaltes ihrer Klasse befinden. Dieser Fall tritt bei den Nichtimsitäranwärtcrn durchschnittlich im 46. bis 60. Lebensjahre, bei den Militär auwärtern aber erst im 54. bis 58. Lebensjahre ein. Ter Unter schied im Gesamtgehalt zwischen beiden Klassen beträgt hiernach bei einer gleichen Dienstzeit, etwa vom 32. Lebensjahre ab ge rechnet, sowie bei gleicher Dienststellung, gleichen Examina und gleicher Arbeitsleistung 3000 bis j2000 Mk., ie nach der Beamten Nasse. Hinsichtlich des -weiten Punktes einpfindet es der Landes' Verband sächsischer M>Iitäranwärter und Invaliden in gleicher Weise wie der Bund deutscher Militäranwärter sehr hart, dag den Reichs- und Staatsbeamten die zuerkannte Militär-Jnvaliden- Pcnsion entzogen wird, wenn ihr Einkommen eine bcstimmle und nur niedrig bemessene Grenze erreicht. Von den Kriegsinvaliden ebenso auch von den langjährig gedient habenden Friedens- mvatiden hat ein guter Teil die Gesundheit derart eingebüßt, das; eine grobe Anzahl unter ihnen nicht mehr in der Lage ist, das Höchstgehalt zu erreichen, vielmehr infolge des im Militärdienste überkommenen Leidens den Zivildicnst v o rze it i a verlassen muh und vielfach mit einem gröberen Aufwande zur Bestrettung der durch Krankheit verursachten Unkosten zu rechnen hat Die Be lassung der Militär-Jnvaliden-Pension wäre nur ein billiger Aus gleich für die Einbuße an der Gesundheit. Ucbcrgchcnd zu den der landesgesetzlichcn Regelung bezw. der Regelung durch König liche Verordnung unterliegenden Wünschen des Sächsischen Landes Verbandes, mögen hiervon besondere Erwähnung finden: Ein sührung von Gehaltsstafscln unter Anrechnung einer Anzahl von Militärdienstjahre», dergestalt, daß jeder Beamte innerhalb seiner Klasse in gemessenen Zeitabschnitten ausrückt, sodoß ihm die Er langung des Höchstgehaltes nach einer bestimmten Dienstzeit und zwar in annähernd demselben Lebensalter, wie den Nichtmilitär' auwärtern gewährleistet ist. und Herabsetzung der Dienstalters' grenze, an welcher die bis dahin kündbare Anstellung in eine lebens längliche umgewandelt w:rd. Auch hinsichtlich anderweiter Regelung der unkündbaren Anstellung vertritt der Landes-Vcrband mir den Wunsch der gesamten Beamtenschaft der unteren Klassen. Nach dem gegenwärtig noch in Kraft stehenden Gesetze erfolgt die Anstellung aus Lebenszeit nach 25 im Zivilstaatsd.cnste zurück- gcleaten Dienstjahren. Die Militärdienstzeit kommt hierauf nicht in Anrechnung. Es ist jedoch vergeblich, nach einer Erklärung zu suchen, oie ss gerechtfertigt erscheinen liehe, unter den heutigen Verhältnissen die Militärdienstzeit gegenüber der Zivilstaatsdicnst- zeit als völlig wertlos zu beurteilen, wenn cs sich darum bandelt die unkündbare Anstellung von einer bestimmten Reihe von Denst. jahren abhängig zu machen. Die aus dem Militäranwärterstandc hervorgegangencn Staatsdiener werden durch dieft Bestimmung gegen die Nichtmilitäranwärter bedeutend zurückgeietzt; einem großen Teile derselben ist es infolge vorzeitigen Ablebens oder durch überkommene Dienstuntähigkeit wegen hohen Mters nicht vergönnt, eine unkündbare Anstellung zu erlangen. Für den Fall daß es auch in Zukunft nicht ganz ausbleibt, daß vereinzelte kom munale Anstclliiiigsbehörde» in ihrer Voreingenommenheit gegen die Militäranwärter sich der Verpflichtung zur Anstellung derselben ohne stichhaltige Gründe zu entziehen versuchen sollten, hält sich der Landes-Bcrband für berufen, die Interessen der Anstcllungs- berechtigten wahrzuuehmen. Jedem einzelnen seiner Mitglieder macht es der Landes-Berband zur Pflicht, wo sich Gelegenheit hierzu bietet, die Militäranwärter und Invaliden bei der Wahl ihrer Lebensstellung und Vorbereitung am dieselbe nach Kräften zu unterstützen. Tie Verbandsleitung gibt sich der zuversichtlichen Hofsnunfl hm. daß durch oie künftige Gesetzgebung die Behandlung und Versorgung der Militäranwärter und Invaliden in solche Bahnen gelenkt werden, daß ihre Wünsche, die mit Rücksicht am die heutigen Verhältnisse gewiß nicht unbescheiden sinv, wohl wollende Berücksichtigung finden möge». — Der neue Ehormeister der „Dresdner Liedertafel", Herr Karl Pembaur. ist 1876 als Sohn des speziell in Sänger- kreistn bekannten Komponisten und akademischen Musikdirektors Joses Pembaur in Innsbruck geboren, absolvierte das dortige Gymnasium und studierte dann an der Münchener Miisikbochjchule bei Rheinberger Orgel, Komposition und Direktion, bei Prmessor Werner Violoncello. Durch Verleihung von zwei Ehrenmüuzen für, hervorragende Leistungen in allen Fächern ausgezeichnet, trat er sodann als Korrepetitor in die Münchener Königliche Hofoper ein. bis er 1901 als Königlicher Hoforaanist sNachsolger von Prof. Kretschmers an die hiesige katholische Hofkirche und als Korrepetitor an das hiesige Hoftheater berufen wurde. Sein erstes Konzert mit der „Liedertafel" wird er am 23. Januar dirigieren. — Der König!. Sächs. Kriegerverein, welcher etwa 1000 MilRieder zählt, veranstaltete in seiner letzten, sehr gut besuchten Monatsversammliing eine Ehrung aller der Kameraden, welche dem Vereine in diesem Jahre 25 Jahre angehören. Nach einer Ansprache des Vorsitzenden, Kamerad Wolfram, wurden die Namen der 123 zu dekorierenden Mitglieder durch den Kassierer Neper verlesen. Ein jeder erhielt das zu diesem Zwecke gestiftete Eörenzeicken. Das Bundes-Präsidialmitglied Kamerad Blum be- glückwünschte den Verein, der eine so große Anzahl treuer Mit. plieder aufzuweisen habe. Mit einem Hoch aus die Jubilars und Tankesworte» eines Kameraden im Namen der Geehrten schlaft die einfache Feier. — Im Lause der Wintermonate werden in den Mitgliederversammlungen von einigen aufterordentlichen Mit- gliedern lehrreiche populäre VoMräge aus den, Gebiete der Rechts pflege, Hygiene und dergleichen gehalten werden. — Frau Thecla vcrw. l)r. H c> m m e r in B l a i ew r tz hat dem Gustav-Adolf-Frauen-Verein daselbst lctztwillig 500 Mark bestimmt. Amtliche Bekanntniachttnqen. Mit Genehmigung der Königlichen Krcishauptmannschaft Dresden hat der Rat beschlossen, die ortspolizeilichen Besinn mungen, das Schornsteinsegerwesen in der Stadt Dresden be treffend, vom 12. Oktober 1900 auch in der Vorstadt Trachau in Wirksamkeit treten zu lassen und -war rückwirkend vom 1. April 1903 an. Den Inhabern von Gasbeleuchtungsanlagen wird sorgendes zur Beachtung empfohlen: 1. Wird Gasgeruch in geschlossenen Räumen wahrgenommen, so sind zunächst etwa bren nende Flammen zu löschen oder zu beseitigen, Türen und Fenster sofort zu öffnen und der Hauptabschlußhahn der Gasleitung zu schließen. 2. Mit Licht dürfen Räume, in welchen sich Gas an- gciammelt hat. nicht betreten werden. 3. Das Nbleuchten von Gasleitungen zwecks Ermittlung von Robrundichtheiten ist unstatt- bait. 4. Die Brennerhähne sind während des Nlchtbrennens der Flammen geschlossen zu halten. 5. Gasenlweichungen oder sonstige Störungen an der Gasanlage sind ioiort dem nächsten Gaswerke oder der nächsten Gaswache zu melden oder es ist ein Gasschlosser zu Rate zu ziehen. 6. Die Gaswerke liegen in: Dresden-Neustadt, Lößnitzstrafte 14, DreSden-Trachau. Jndustrlestr. 19, Dresden-Reick. Dresden-Löbtau, Roonstr. 18, und sind von früh 6 bis abends lv Uhr geöffnet. 7. ÄaSwachen befinden sich: Könlastraße 13, »minterbrochen geöffnet. Concordienstraße 23. von früh 7 bis nachts 1 Uhr geöffnet, Scheffelstraße 9. ununterbrochen geöffnet, Kreuzstraße 23, CirkuSstraße 10. Pohlandstraße 23, Polier- ürafte 15. Ostbahnstraße 8, von früh 7 bis nachts 1 Uhr geöffnet, Dresden - Plauen. Habsburger Straße 1, von früh 7 bis abends 10 Uhr geöffnet. Wird in Grundstücken und Gebäuden. In welchen Gasleitungen nicht vorhanden sind. Gas geruch bemerkt, so wolle in gleicher Weise, wie vorstehend an gegeben. verfahren, besonders sofortige Meldung erstattet werden. Tage-geschicht». Deutsches Reich. In Rheinsbera fand die feierliche Enthüllung deSDenkmalS Friedrichs des Großen statt. Der deutsche Kronvrinz traf vormittags ein. Nach dem Frühstück «m Schlosse betrat der Kronprinz den Jestplah, worauf Rechtsanwalt Dr. Simongs die Fest- rede hielt, nach deren Schluß die Hülle von dem Denk- mal fiel. Beigeordneter Ortmann übernahm das Denkmal namens der. Stadt und brachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Der Kronprinz legte am Denkmal einen Kranz nieder. Nach dem Parademarsch der Ehrenkompagnie kehrte der Kronprinz in das Schloß zurück und trat bald darauf die Rückreise nach Berlin an. Bei dem nach dem Festmahl folgenden Kommers zur Ent hüllung dcS Po lener B iS ma rck-D en km a > S ergriff Minister v Rhefi'baben ganz unerwartet das Wort, weil eS ihn dränge, dem Eindrücke. den er hier erhalten. Worte zu verleihen. Der Minifler fordere arst. das Deutlchlum möge kräftig aui dem bisherigen Wege fort'chreiten; die Deulschen würden stets die kräftigste Unterrtiitzuag der Regierung finden (Brausender Beifall.) Der frühere deutsche Botschafter in Wien Fürst Philipp zu Ensen burg-Hertefeld, der während seines jüngsten Aufent haltes im kaiserlichen Jagdschloß Rominlen nicht unbedenklich er krankt war, ist in dem ihm vom Kaiser Wilhelm zur Versügung gestellten Neftrvesaionwanen auf seiner Besitzung Liebenberg in der Mark eingetrossen. Wie verlautet, ist der Fürst von einem akuten Gichtansall heimgcsucht worden, der ihn vorläufig ver hindert, der Einladung des Kaiserpaares nach Hubertusstock Folge zu geben. Die dem Reichstage zugehenden Militärforderungen werden sich, wie die „N. L. C." hört» in sehr bescheidenen Grenzen halten. Die deutsch-schweizerischen Handelsvertrags- Verhandlungen haben in Berlin begonnen. An mia»gebenden deutschen Stellen wird gehofft, ohne allzuviel Schwicrigke'.ten mit der Schweiz ein ucues Abkommen zu erreichen. Dieselbe An schauung und der gleich« gute Wille macht sich in der Schweiz geltend. So siihrt oie „N. Zürcher Ztg." u. a. aus: „Heute ist die Lage ungleich klarer als im Jahre 1891. Als günstiger Umstand kommt für die Verhandlungen noch dazu, daft die Landwirtschaft, die hüben und drüben sehr eifrig an der Schärfung des Zolltarifs mitgearbeitet hat, an dem zu fchasscndeu Vertrage wenig inter essiert ist. Aber es tvird auch so noch manches zähen Kampfes be dürfen, bis zwischen den auseinander prallenden Jnicreisen ein an nehmbarer Ausgleich gefunden ist. Was an Vorbereitungen für diese Unterhandlungen zu tun war, ist von unserer Seite geschehen. Bon vornherein sind d e Verhandlungen in der Weise in Äusücht genommen, daß sie nicht in einem Zuge zu Ende gerührt werden Bielmehr ist beabsichtigt, in den nächsten Wochen den neuen Ver- trag vorläufig durchzuberaten, gleichsam in erster Lesung. Mil Anfang November werden dann die Verhandlungen e.nen Unter bruch erleiden, indem aus jenen Zeitpunkt die Fortsetzung der Unter handlungen zwischen Deutschland und Rnsiland in Berlin an beraumt ist. Nachher, wie man heute glaubt, etwa im Dezember oder Januar, würde dann der schweizerisch-deutsche Vertrag in zweiter Lesung dnrchgenommen und — wenn die Schwierigkeiten wenigstens nicht unbesiegbar sind, endgültig scstgestellt. Es ist ernststch zu hoffen, daß der bcidcrscitiae gute Wille eine zuträg liche Bafts für den so reichen Handelsverkehr der beiden Länder finden lalle" Ter Flcischcrgesclle Moritz Lewy, der im Verlaufe der Konitzer Mordafsäre wegen Meineids zu einer mehrjährigen Zuclsthausstrase verurteilt worden war, wurde vom Kaiser begnadigt. Die gegenwärtige Lage des Handwerks wird in dem soeben erfchiencnen Jahresberichte der Handwerkskammer zu Altona mit folgenden Worten geschildert: Infolge der stetig zu nehmenden Konkurrenz der Großindustrie, der Warenhäuser und Konsumvereine sind die Existenzbedingungen für den Handwerker nur durch angestrengten Geschäftserser und Fleiß zu erfüllen. Mehr denn je ist daher der Ruf nach Zusammenschluß der Hand werksgenossen zur Bildung von Kredit- und Rohstoffgenossen schaften behiifs erfolgreicher Bekämpfung der Großindustrie laut geworden. Großen Schaden in der Gewerbtätigkeit haben aber auch die Mißstände im Snbmissionsversahren gezeitigt. Teil weise liegt hier die Schuld allerdinns an den Handwerkern selbst, indem sie bei Submissionen oft Kostenanschläge aufstellcn, nach welchen von vornherein von Verdienst nicht gesprochen werde» kann. Derartige Gebote müßten seitens der Arbeiten in Sub Mission ansschreibenden Behörden und Korporationen unberück' sichtigl gelassen werden. Seitens zahlreicher Innungen, namenv sich aus dem Baugewerbe, wird die Einführung des sogenannten Mittelpreisverfahrens empfohlen. Noch ein weiterer Faktor be einträchtigt die Existenz des Handwerkers: es ist die zu lange In anspruchnahme des Kredits seitens der Konsumenten. Sehr oft ist der Handwerker nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen in Bezug aus Bezahlung der ihm gelieferten Rohstoffe und Materialien nochzukommen, da seitens der Konsumenten oft ein Kredit von einem halben, zum Teil sogar einem ganzen Jahre und darüber hinaus in Anspruch genommen wird. So ist er denn vielfach ge zwungen, um seinen Lieferanten gerecht werden zu können, Dar lehen gegen hohe Zinsen auszunchmen und hat an seinen aussteben den Forderungen infolge des geforderten übermäßig langen Kredits selbst großen Zinsvcrlust, sodaß für ihn nur ein geringer Nutzen übrig bleibt. Geh. Rat Professor Dr. La den bürg erläßt gegenüber der kürzlich von der Kasseler Stadffpnode gefaßten Resolution folgende Erklärung in der „Kasseler Ällg.-Ztg.": Die Resolution der Kasseler Stodtsynode nötigt mich zu folgender Gegenerklärung Meine Rede war rein wissenschaftlich und hat in keiner Weise die Grenzen überschritten, welche durch logisch« T«duksioncn und wissenschaftliche Ergebnisse fcstgelegt sind. Eine Verletzung des religiösen Empfindens habe ich streng zu vermeiden gesucht und in dieser Hinsicht vor meiner Rede eine darauf bcziialiche Erklärung an den Vorstand und die Geschäftsführung der Gesellschaft deut- cher Naturforscher und Acrzte abgegeben. Nur ungenaue, tendenziös gefärbte Auszüge einiger Tagesblätter konnten zu den veröffentlichten Folgerungen Veranlassung geben. Jedenfalls hätte oie Stadtsvnode mit der Resolution warten muffen, bis eine authentische Wiedergabe me'Ncr Rede vorlag. In dem Prozeß der gräflich Potockischen Familie gegen den preußischen Fiskus um Anerkennung der Erbnachfolge in die bisher der fürstlich Snlkvwskiichcn Familie gehörige 40 (XD Morgen große Maioratslierr'chust Reffen, winde vom Oberlandesgericht Posen )ie Berufung der Klägerin abgewiesen. In der Besprechung des Prozesses Dippold weist die ,Dägl. Rdsch." aus die freche, ungehindert sich ausbrcitende Schandliteratnr hin. „Man mache doch nur einen Gang durch die Fricdrichstraße," schreibt das Berliner Blatt, „oder be- ehe auch nur die Schaufenster der Buchhandlungen kleinerer Städte — sieht es nicht aus, als ob das deutsche Volk für nichts mehr Sinn hatte, als für Pornographie? Es ist schändlich, sagte mir jüngst ein Buchhändler der Fricdrichstraße, ich würfe das "eng lieber ins Feuer; aber es ist der einzige Artikel, der geht Nr einigen Jahren war es eine Dresdner Buchhandlung, die ich mit derartigen überteuerten Werken ein Vermögen erwarb, >cute produzieren schon vier oder fünf deutsche Buchhandlungen nur solche Schandbücher, und daß sie gekauft werden, daß der Sinn für diese Perversität vorhanden ist, beweist eben die Tät liche, daß die Buchhändler ihre Schaufenster mit ihnen beschmutzen. In einer mitteldeutschen Provinzialstadt fand ich jüngst unter den 30 ausgestellten Büchern 12 pornographische, und diese am Ebrcnplatze. Wenn das Gift sich schon in Mittelstädten so cin- «fressen hat, darf man sich üher Berlin nicht wundern, wo es Richhandlungcn gibt, die, nach ihrer Auslage zu schließen, nur olchcs Giftzeug verschleißen, und wo halbwüchsige Bengels mit lüsternen Augen die ausgestellten Titelbilder besehen, die irgend einen Akt der Grausamkeit darstellen. Zeigt sich aber der Sinn stir eine derartige Perversität, die eine tiete Entartung der ge- unden Sinnlichkeit darstellt, so wach im Volke, wie cs die Buch wenn die Eltern di« Knaben zu Hause behalten und nicht mit dem Lehrer in die abgelegenen Orte Ziegenberg und Drosendorf geschickt hätten, so wäre diese Behandlung der Knaben gar nicht möglich gewesen. Man begreift es kaum, wie Eltern ihre Kinder mit einem Studenten auf einsame Gutshöfe zur Erziehung schicken können, statt sie in ihrem eigenen Hause unter ihren Augen unler- richten zu lassen. Der Vater wie die Mutter sagen, sie halten keine Zeit gehabt, sich UNI die Erziehung zu kümmern, der Vater wegen seiner Finanzgeschäfte, die Mutier wegen ihrer Rcpräsen- totlonspstichten. Aber was kann und darf Eltern höher stehen, als die Erziehung ihrer Kinder? Ist diese Pflicht damit erfüll,, daß sie ihnen einen Privatlehrer halten und sie dessen Erzichungs- künsten überlassen? Welche Erziehungskunst kann man über- Haupt von einem jungen Studenten erwarten, so daß man die Kinder, wie cs hier geschehen ist, ganz allein demselben ander- traut? Müssen hier die Ellern — Vater und Mutier — nicht immer die Erziehung kontrollieren? Von dieser Erstehungspflicht kann die Eltern nichts entbinden und nichts entschuldigen; aber leider wird es in gewissen reichen Kreisen imnier mehr Sitte, sich dieser Erziehungspflicht zu entledigen, und zwar werden schon von der Geburt an die Kinder fremden Händen übergeben, und die Eltern wollen sie nur sehen, wenn sie mit ihnen spielen oder vor Besuch mit ihnen renommieren können. Es ist ein Glück, daß unsere armen Studenten und Kandidaten, die gezwungen sind, Hauslehrerstellen anzunchmen, meistens brave, sittlich ernste Persönlichtciten sind; aber wenn sie cs auch sind, so können sie doch nie die Erziehung einer treuen Mutter oder eines sitt lich ernsten, verständigen Vaters ersetzen. Es ist schlimm genug, daß arme Leute, die tagnber außer dem Hause auf Arbeit sein müssen, ihre» Kindern nicht die nötige Erziehung zuwenden können, aber immerhin können sie sich dann noch abends und auch einmal in der Mittagsstunde den Kindern widmen. Daß aber diese Leute, denen alle Mittel zu Gebote stehen, sich die Erziehung ihrer Kinder vom Halse schassen, um durch dieselbe nicht belästigt zu ländler auf Grund ihrer geschäftlichen Erfahrunacn bekunden, o ist nicht nur etwas, sondern vieles faul im Volke, und der Gesetzgeber hat auf Abhilfe zu denken." — Der „Reichsbote" er örtert die Schuld der Eltern, indem, er schreibt: „So sehr man nun auch das teuflische Verhalten dieses Unholds Dipvold als Erzieher verurteilen muß, so kann man doch nicht umhin, auch den Eltern einen Teil der Schuld beizumesscn. Gewiß, ie sind im höchsten Maße zu bedauern über den schmerzlichen Tod ihres Kindes und über die treulose, verbrecherische Täuschung werden, das geht gegen d:c Natur und gegen die sittlichen Pflichten und kann nicht schar: genug gerügt werden. Solche Erzichunos- weile übt einen nachteiligen Einfluß auf die Familie, wie sie auch schon aus falschen Fcnmlienvcrhältniisen hcrvorgeht; sie ent fremdet die Kinder den Eltern und die Eltern den Kindern, und das. zerstört die Familien und übt dadurch auch die schlimmsten Einflüsse auf hie Gesellschaftaus. Hoffentlich trägt diese ent setzliche Erfahrung dazu bei, die reichen Familien wieder an ihre persönliche Erziehungspflicht zu gemahnen." — Die „Tisch. Tgszta. " bciiiäugelt die unzureichende Sühne, indem sie ausführt: „Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist 15 Jahre. Warum dem Angeklagten seine bisherige' Unbescholten heit in einem solchen Falle angercchnet worden ist, wo cs doch klar ist, daß seine verbrecherische Gesinnung völlig der des ab gefeimtesten Schurken gleich zu stellen ist. ferner die Triebfeder seiner verbrecherischen Gesinnung, die geschlechtliche Verrohung, ebenfalls als Mildcrungsgrund vom Staatsanwalt zugclsillsitt ist, vermag der Unbefangene nicht recht cinzusehcn." — In ähnlichem Sinne bemerkt die „Ttsch. Ztg.": „Man mag darüber streiten, ob das Scheusal Dippold nicht.zur gesetzlich zulä'sicieu Höchtt- strafe hätte verurteilt werden sollen, ob nicht für solche namen los gemeinen Verbrechen an unschuldiger Jugend die Prügel strafe wieder eingeiührt werden solle. Aber eine Lücke unserer Gesetzgebung und unseres Strafvollzuges ist klar: solch ein in allen Teilen perverses Individuum sollte nicht nach acht Jahren Zucht- Haus wieder unbewacht zur Menschheit zurückkeyren dürfen „Schlimmer als ein Lustmörder" nannte ihn einer der medizi nischen Sachverständigen. Sollte man solche Leute nicht nach der Strafhaft in dauernde Erziehungsbast nehmen, damit nicht noch ein mal ein Menschenleben in dieser oder jener Weise gefährdet wird?" Im Weftrvrw Heble», dem Sitze des Fübreis der braun schweigisch - w e I s i s ch e n Bewegung, des Grälen Schnlenburg, sind bei der Haupt- und bei der Stichwahl fast nur sozial demokratische Stimmen abgegeben worden. Jetzt hat die bärtige, etwa 100 Mitglieder zählende „Altbrannschweigische Ver einigung" diejenigen ih-cr Mitglieder, welche „gegen die Satzungen gewählt haben", nulgeiordert, ireiwillig aus dem Verein auSzu- tcheidcn. Infolgedessen hat ein Diittel der Mitglieder seinen Aus ritt augczcigt. Eine ähnliche Pcwegung ist in allen welfischen Vereinen des Herrogiums B>auwchweig im Gange. Man schreibt der „Schles. Ztg." aus Berlin: Der Verein der freiheitlichen Sozialisten (Anarchisten) veranstaltet heute in Berlin eine große Versammlung, um über das Thema; „lieber welche Kampfmittel verfügt das Proletariat zur Niederwerfung der Klassenherrschaft" zu beraten. Es soll für den Generalstreik Propaganda gemacht werden. Als Reierent ist Dr. Friedeberg angckündigt. Ein Dr. Jricdeberg war sozialdemokratischer Delegierter in Dresden und trat auch dort und ftüher in Berlin in Versammlungen für den Generalstreik ein. Es scheinen doch wirklich der Brücken viele aus dem sozialdcmokratsichen in das anarchistische Lager hinübcrzuführcn. An die dumme Phrase, daß sich Anarchisten und Sozialisten wie Feuer und Wasser gegenüber ständen, glaubt ja heute kein Mensch mehr, seitdem anarchistische Führer hervorragende Gewerkschastsstellen inne haben, seitdem Sozialisten zu anarchistischen Ehrengeschenken (Agnes Reinbold) beigcsteuert haben. Ungarn. Ter König hat die Grafen Julius Andrassv und Stefan Tisza, sowie Dcsidcr Perczel zu sich berufen, um sich über die Lage zu unterrichten. Der König empflna in Wien den Grafen Julius Andrass» in längerer besonderer Audienz und später den Grafe» Stefan Tisza in besonderer Audienz. — Aiisthsießend an den Empfang des Graft» Julius Andrass», Stefan Tiszas und DesiderPerczels bemerkt die „'Neue Freie Presse", man gewärtige raichcsteiis die Eriieittiung des ungarischen Ministeriums und glaube au sie Be rufung des Grafen Tisza. Indessen sei die Möglichkeit einer neutrale» Neberaangs regier» ng nicht ausgeschlosseii. Frankreich. Währeno des Festmahls in Clecmont Ferrand hielt Min inerpräsident Co mb es eine Rede, worin er ausführte, seit 16 Monaten sei ein Kamps gegen den Klerikalismiis entbrannt; dieser Kamvs könne nur zu gnnslen der gegenwärtigen Mehrheit enden, die sich zulammeiifttze aus den vier Gruppen der Linken. Die Liberalen wollten glauben machen, daß sie eine andere Majorität bilden könnten, das sei unmöglich; im übrigen würde kein Radikaler zustimmen, einer Majorität sich anzuschlicßcn, welche den Nationalismus einschlicßen und den Sozialismus ausjchsieftcn würde. Die gegenwärtige Majorität sei dieselbe, wie sie unter Waldeck-Rousscau gewesen sei; übrigens sei die Lage dieselbe ge blieben. Es wäre phantastisch und gefährlich, aus der Majorität die sozialistische Gruppe entfernen zu wollen, die schon unter dem Ministerium Waldcck unentbehrlich gewesen sei, ebenso würde er sich auch dem Ausschlüsse irgend einer der drei anderen Gruppen der Majorität entgegciistellen; wenn das Land die Fortsetzung des Kampfes gmen den Klcrikalismus wolle, und es habe gezeigt, daß es sie wolle, so müsse die Majorität unversehrt und ge eint bleiben und müsse sich beeilen, im Interesse des öffent lichen Friedens zu handeln, um zu verhindern, daß die Opposition eine unbegrenzte Agitation im Lande unterhalte. Eombrs ging sodann aus das Programm für die Arbeiten deS Parlaments ein und erklärte, das Budget müsse vor den, 31. Dezember genehmigt werden. Aus diese Weise könne die Kammer im Aivangr deS Januar mit der Beratung des Gesetzes über die zwciiährige Dienstzeit und der Abänderung des Gesetzes Fallonx beginnen, deren schleunige Erledigung notwendig sei. sodann dürften drei weitere wichtige Fragen das Parlament be schäftigen: die Einkommensteuer, die Altersversomnilgskassen und die Bestehungen zwischen Kirche und Staat. Die Opposition werde sich bemühen, die Mehrheit zu zersplittern bei Erledigung dieser Fragen, die Mehrheit weide aber einig zu bleiben wissen, stiegen über deni früher erhobenen Vorwürfe, er lasse sich am Gängclbandc führen, erwiderte EvmbrS: Für ihn könne eS keine Regierung ohne Einigkeit und ohne die dauernde Unterst»»»,,» der Mehrheit geben: es mache für ibn wenig a»S. ob das Ministerium bie Mehrheit leite oder die Mehrheit das Ministerium. Cvmbes trank aus die Mitglieder dcS Bloc, die revublikanilchc Mehrheit und ihre unauflösliche Vereinigung zur Vollendung ihres Werkes, das wesentlich demokratisch und weltlich sei. Die Rede des Minister präsidenten fand lebhaften Beifall. Es wurde sodann eine TageS- o dnung angenommen, in welcher den Ausführungen Conibes' zn- gestimmt wird. „Ganlois" will wissen, die Frage deS BelucheS des Präsidenten Lvubet im Vatikan lei „ach langen Verhandlungen in der Weise gelöst worden, daß Lvubet nicht verlangen werde, vom Papst empfangen ,n werden, der deshalb nicht genötigt sein werde, eine ablednende Antwort zu erteilen. An den Schulverhält nissen hat sich, wie einer Pariser ^ . ....... ^"chondenz der Boss. Ztg." zu entnehmen ist, durch die des Lehrers, der es verstand, sich unnicr >m besten, günstigsten Schließung der Ordensschulen m-t Beginn des neuen Schuliahrcs Lrchte zu zeigen. Aber wir muffen uns immer wieder sagen:!am 1. Oktober so gut wie nichts geändert. Der Andrang zu den Dresdner? Nachrichten. Ar. 281. Seite 3.»» Dienstag. 13. Oktober LÄV3
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