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' «r. A3 Seite 2 Zeit. wo nur dt« wirtschaftlich notwendigste» Dinge unter- nomwen werden sollen, »»meist überflüssig, wie z. B. der Vau von Sportplätzen, Radfahrbahnen und ähnlichen Bauten, rvenn man bedenkt, daß bei Industrie und Gewerbe Aufträge un- erledigt bleiben müssen, weil für ihre Finanzierung das Geld fehlt. Der Grundsatz muh heute der sein, ein System von Maßnahme« aufzustrlleu. die es er«»g- licheu, die ans gesunder Grundlage stehende« vetrietS» ftätten in Gang zu halten, u« d«d«rch die sonst «»t. wendigen Entlastungen zu vermeiden, Es ist zu erwägen, ob nicht die Gelder, welche stir die produktive Srwerds» loseufürsorge für 'Notftandsardeiten bestimmt sind, bester arbeitsfähigen Betriebe» »nr Bersügnng gestellt »erde«. Dieser Vorschlag pack! d«tS Nebel bei der Wurzel an. Ver meiden wir die iteiriebsetnsiellungen, sorgen wir dafür, daß dort, wo noch Auilrä>re vorhanden sind, gearbeitet werden kann. Die beste Erwerbslosensürsorge ist die Erhaltung der Betriebe, die beste Ern»erbslc>senfürsorge ist die Fürsorge für die Er- Haltung der Arbeit selbst. Zweierlei ist dazu notwendig. Zu nächst Hineingabe von Krediten und sofortiger Abbau der übermäßige» Belastung der Betriebe. Z u n ä ch si Kredite: Vor mir liegt der Brief eines v o g r l a n d i, ch e n T e x t i l n n t e r » c h m e r ö, der des wegen cilischränken und einen Teil seiner Belegschaft ent lassen mußte, weil er für Aufträge, die er hat, kein Geld hat und keinen Kredit zum Kauf dcS Rohstoffes erhält. In der Nähe von Dresden hat ein anderer kleiner, mir bekannter Ilntcrnchmer 80 Arbeiter entlasse» müssen, obwohl er Auf träge für Holland bat. Die Aufträge iedvch werde» erst im Früh jahr abgeuonnnen. biS dahin fehlen 10 000 Reichsmark .Kredit. Er muß also seine Arbeiter feiern lassen. Wie unsinnig! Denn einmal zahlt der Mann mich wenigen Monaten bas Geld mit Zinsen zurück, es geht alio nicht verloren, er erhält sich seinen Auslandskunden und ans den gezahlten Löhnen erhält -er Staat obendrein noch Stenern. Dan die Gewerkschastc-führer zur fal'chen Entwicklung mit beitragen, sei ans folgendem Bei spiel erkannt. Ein Betrieb hat einen sehr großen Auslands auftrag. der allerdingo nnr zu kehr unanSkömmlichen Preisen zu habe» ist. Die WerkSleitnng bietet den Arbeitern an, unter Verzicht ans eigene» Verdienst den Auftrag anznnehmen und ihn mit einem Loh» etwa fünf Prozent unter Tarif auS- zusnhreu. Die Arbeiterschaft zeigt Neigung, auf diesen Vor schlag einzugeheu, der Führer der Gewerkschaft macht sie iedoch daraus aufmerksam, daß sie nicht zur Lohndrnckerei bereit sein dürsten. Daraufhin Ablehnung dieses Auftrages und Ent lassung eines Teiles der 'Belegschaft. Diese Verhandlungen fanden unter Anwesenheit von NegierungSvertreter» statt. (Ls sei wiederholt: Die .Krise ist nur zum Teil eine Absatzkrise, wo Aufträge möglich sind, müßte alles, aber auch alles getan werden, uni uns die Arbeit zu erhalten. Mit Erleichterung von Krediten wäre sehr vieles getan. Aber haben wir denn auch Geld, um diese Kredite zu geben? Einmal, dasselbe Geld, das für die unproduktive, nur scheinbar produktive Erivcrbsloscnfürsvrge gegeben wird, kann restlos hierfür zur Vertilgung gestellt werden. Hier ist es produktiv im wahrsten Sinne dcS Wortes, lind dann sollten Reich, Länder und Gemeinden mit radikalem Schnitt alle Aus gaben meiden, die angesichts der 'Not nur irgendwie vermeid bar sind. Daß dabei manches an sich Wünschenswerte zurück- gestellt werden muß, ist klar. Nur einige Beispiele: Ans der Tagesordnung der öffent lichen Sitzung des Bezirksausschusses der Am ts Haupt- —. »Drodarr Xachrlchtgu* — Mannschaft Dresden stehe» «. a. Anträge auf Gewäh rung von Beihilfe« für den Reustau ste» Rathaus«» im Dorfe M lvandgemetnde mit 1880 Einwohnern), Neubau der Schulturnhalle in S. ll081 Einwohner). — Auf dem Gelände der Gekundogenitur in Dresden ist der Vau eine» neuen LandeSstnanzamteS geplant, der mehrere Millionen ver schlinge» soll. Die Stadt Dresden ist bestrebt, dt« LaudeSschul«, die auf dem Gelände der Gemeinde Klotzsche -ur-ett tm Bau befindlich ist, tn ihr Gebiet überwiesen zu erhalten, und ist zu der überraschend hohen Baubeihils« von 780 000 Mark bereit. Die wirkliche Erwerbslosensürsorge ist dt« Erhaltung unserer Betriebe dort, wo sic gesund sind, ilnst dazu sollte tn -er Not unserer Tage der letzte Pfennig zusammengesucht werben. Sin arme» Volk mutz verzichten können. Alle» Geld zur Erhaltung unserer Betrieb«. Aber nicht nur die», sondern auch der Abbau der Belastung mutz sofort nnd schnell in die Wege geleitet werden. Auch hier nur einige wenige Beispiele. Sie sind von Be- trieben genommen, die eben wegen dieser höheren Belastung nachweisbar nicht mehr konkurrenzfähig sind, die eS sofort wären, wenn ihnen diese Last erleichtert würde, die also sofort wieder cinstcllen könnten. Eine Möbel st ossweberet, die nach Zahl der Maschinen und der Arbeiter denselben Stand hat wie 1019, hat an Stenern folgende Lasten getragen: 1018: 102 000 Mark, 1021: 482 000 Mark. Auf ein Kilogramm erzeugte» Garn nmgercchnet ergibt sich 1019: 1« Pfennige Stenern, 1921: 81 Pfennige Stenern. Die Steigerung der Steuern beträgt also fast 40» Prozent auss Kilo Garn bezogen. Soziale Lasten: Arbcitgebcrbciträge, bezogen aus de» Kops des Arbeiters: Krankenkasse Jnualtdenverftcherung Nnsallverficheruiig Kriverdaloi'ensürsorge 1018 18.70 Mk. n.no Mk. 2,80 Mk. —Mk. IVB 20,00 Mk. 11.00 Mk. 8,1» Mk. 8.80 Mk. Gesamlsoziallast ans de» Kops des Arbeiters 1013: 21,00 Mark. 1021: 17/.0 Mark. Bezogen auf das Kilo Garn ergibt sich eine soziale Be lastung von 1013: 1,1 Pfennige, 1021: 10,il8 Pfennige. An Löhne«, ebenfalls aus das Kilo Garn bezogen: 1018 1021 1,88 Mk. Vöbne 2.10 Mk. tzöbnc 0.2,i Mk. Gehälter 0.148 Mk. Gehälter Die Folge dieser starken Belastung, die das Ausland.in derselben Höhe nicht zu tragen hat. ist der Verlust der Knnd- schast vor allem in Frankreich, Belgien und Italien. Es sei ausdrücklich bemerkt, daß dieses Beispiel keineswegs ver einzelt dasteht und eine Ausnahme bildet. Es kann beliebig in ungeheurer Menge vermehrt werden. Eine soziale Last, die über noch einmal so groß ist als 1011, eine Steuerlast, die bei manchen sogar das Zehnfache des Friedens übersteigt. Und dazu stehen wir erst im ersten Jahre der Dawes- Lcistiinaen. Auf dem falsche» Wege sehen wir die verantivortltche» Stellen allüberall. Es gibt nur noch ein Hilfsmittel unserer Not, das ist die Erhaltung unserer Arbeit. Die hefte Sorge für die Erwerbslosigkeit ist die Beseitigung ihrer Ursache» t» den giitgelctteten, gesunden Betrieben. Nnr weil man gegen diese Lehre gesündigt hat, ist unsere Not so un- gemessen groß, nur wenn man vom falschen Wege nmkehrt, kann uns noch Heilung werden. Wnesisch-russischer kisenbahnkonflikt. Ein russischer Personenzug von Chinesen übersatten. London. 10. Jan. Nach Berichten ans Moskau ist zwischen China und der S o w j c t r c g i e r u n a ein ernster Konflikt über die chinesische Ostbabn ausaebrocken. Der Verkehr südlich von Eharbin wurde am Montaa eingestellt, Moskau behauvtet, der Konflikt sei durch die Weiaerung der Eisenbahn verursacht worden, chinesische Soldaten umsonst zu befördern. Am Sonnabend bemächtigten sich chinesische Sol daten eines russischen Pcrsonenzugcs bei Kwanchenakc und setzte alle 'Beamten und die militärische Besatzung gefangen. In Eharbin wurde» Fluablätter verteilt, in denen eneraischcs Vorgehen gegen den russischen Direktor der Südmandschuri- schen Bahn acsordert wird. iT,-U.) Tschong marschiert auf Peking. Berlin, 20. Jan, Nach einer Londoner Meldung befinden sich die Truppen Tschangtwlins in einer großen Schlacht in der Gegend südlich Mulden und SchauHaiki»in uud dringen siegreich gegen Peking vor. sT.U.) „Jswesttja" über dieValkanpolilikCnglands Moskau, 10. Ja». In einem Leitartikel spricht.Fsswesiija" die Ueberzeugung ans, daß die nachdrücklichen Bemühungen Englands, einen Garanticpakt aus dem Balkan zustande zu bringen, keine Friedensliebe, sondern die Tendenz der Er weiterung dcS englischen Einslusics über Zentralcuropa Humus bedeuten. „Die englische Anregung", so führt das Blatt weiter ans, „eines Balkan-Locarnos ist aufs engste verknüpft mit dem Werk Ehambcrlains in Rapolla. In dem englisch-italienischen Zusammengehen ist auch Griechen land herangczvgcn worden, das schon vorher seine Flotte unter englische Kontrolle stellte. In weiterer Befolgung dieser Politik ist England nunmehr bestrebt, seinen unmittel baren Einfluß ans die Balkanländcr zu verstärken und deren eventuelle Annäherung an die Türkei zn verhindern. Dabei versucht England die Balkanländer durch das Phantom eines angeblich jugoslawisch türkisch-russischen Bündnisses ciiizu- schüchtcrn, dessen Anzeichen die englische Presse in dem Besuch Dewfik Nnschdi Beis in Belgrad erblickt. Die jugoslawische Negierung selbst hat den Gerüchten über die Absicht der Her stellung eines solchen Bündnisses widersprochen." Die kürzlich in der russischen Presse ausgesprochene Ueber- zengnng, daß angesichts der Gegensätze unter den Balkan- staatcn ein Balkan-Locarno unausführbar wäre, würde, so betont „Jswesliia", von Jugoslawien geteilt, dessen Außen minister Nintschitsch erklärte, daß der Abschluß eines Sicber- beitspaktes aus dem Balkan insbesondere infolge des Vor- bandcmeins vieler Streitfragen zwischen Jugoslawien nnd seinen Nachbarn, darunter die Salonikifrage, undenkbar sei. „JSwcsttia" weist daraus hin. daß England tn seinem Zn- sammcngchen mit Griechenland selbstverständlich die Salo nikifrage nicht in einem für Jugoslawien günstigen Sinne werde lösen können. Anderseits gebe die englisch-italienische Verständigung keinen Anlaß bet der Regelung der Streit fragen mit Italien eine Unterstützung durch England zu er hoffen, den» England würde nnr unter seiner Führung einen Sicherheitspakt auf dem Balkan schassen. Am Schluß der Auslassung heißt es: „Der sogenannte Locarno-Geist hat der Balkanhalbinsel, noch che er sich entfalten konnte, bereits seine Marke verraten: Made in England". (W. T. B.) grau Tichatkowsky «ich» Grofsflirttin Anastasia. Kopenhagen, 10. Jan, Nitzans Bureau ist durch de» Hofstaat der russischen Kaiierin-Witwe in Kopenhagen ermäch tigt, mitzutcilcn. daß zwischen der Großfürstin A » a st a. sia, der zweitjiliigsien Tochter des .Zaren Nikolaus, und der Person, die tn Berlin unter dem Namen Fra» Tichai- kowskn bekannt ist. und die sich für die Zarentochter aus gibt, nicht die geringste Verbindung besteht. Grotzsiirsti» Liga, eine Tochter der Kaiserin-Witwe, hatte sich persönlich nach Berlin begeben und sich durch Augenschein überzeugt »atz zwischen der Großfürstin Anastasia nnd Frau Tichaikowsku auch nicht die entfernteste Aehnlichkcit besteht. <W. T. B.) Die einyeeislen Dampser. (Durch Funlspruch.j Berl-n, >0. Jan, Das Linienschiff „Hessen" meldet am 10. Januar, daß cs in der alten Eisrinne zu den Dampfern „Faust" und „Traue" gestoßen sei und sic bei der Ekholm- tnsel ausgenommen hätte. Diese beiden Dampfer mußten von dem Gclcitzng, der am Sonnabend nach Neval eingcbracht wurde, zurückgclasscn werden. DaS Linienschiff „-Hessen" hat beide Dampfer mit Lebensmitteln versehen. Von den nach Reval eingelnachten Dampfern l-adcn außer .Dans Leonhardt" der Dampfer „Hvrnsee" und der russische D-ampser „Leutnant Schmidt" Neval noch gestern verlassen. In dem Abschnitt bei der Insel Hvgland liegen jetzt noch 18 Dampfer. Die 'Bemühungen, auch diese in Sicherheit zu bringen, sind in vollem Gange. sW. T. B.l Moskau, 20. Jan. Angesichts der SchiffahrtSschwierig- keiten in dem vereisten Finnischen Meerbusen hat das Han delskommissariat den Exporteuren vorgcschlagen, ihre Waren über die Häfen Neval, Niga, Königsberg oder Murmans aus- ziifnhrcn, für die nach Deutschland und Frankreich bestimmten Waren die direkte Eisenbahnverbindung zu be nutzen nnd den Gctrcideexport über Königsberg zu leite». Im Finnischen Meerbusen befinden sich noch 28 vom Eise cingcschlossenc Dampser, wovon 11 aus Petersburg kom- inende, mit Hilfe russischer Eisbrecher bis zum 21. Januar in eisfreie See geführt nnb elf bis ,zum 1. Februar nach Peters burg eingebracht werden sollen. sW.T.B.) Unruhen in Südafrika. London, 20. Januar. Nach in Jahannesbnrg ein- getrosfencn Meldungen haben vorgestern in Lonrenco Marques ernste Unruhen stattgesunden. Eine Bombe wurde nach einem der ersten Eiscnbahnbcamte«, während er im Earlton-Hotcl saß. geworfen. Bei den Unruhen aus den Straßen sind zwei Männer erschossen worden. (TU.) Die mexikanische Landbesttzgeseygebung. Paris, 20. Januar. Wie dem „New Bork Herold" aus Washington gekabelt wird, hat Staatssekretär Kellogg gestern den Inhalt der mexikanischen Antwortnote an dag Weiße Haus bekcnmtgcgebe». Die Antwort führt ans, daß Mexiko nicht daran denke, die Gesetzgebung über den Landbesitz z« ändern. Die mexikanische Note erklärt weiter, daß die Be stimmung, nach der in einem gewissen Zeitabschnitt jeder Land besitz Eigentum von Gesellschaften sein muß, deren Kapital zum größten Teil von mexikanischen Staatsbürgern ansge bracht wird, liberaler sei als dte amerikanischen Eimvandc- rungsbcsttmmungen. iTN.) Amerika un- der Wellqerichkshof. Washington, 19. Jan. Senator Borah «nter» nahm gestern im Senat einen neuen Angriff auf de« Borschlag, daß die Bereinigten Staate« dem Weltgerichtshof beitretcn sollte« und schlug vor, daß die Abstimmung Uber di« Entscheidung betresscnd den Beitritt der Bereinigte« Staate« am l». Februar stattslndcn sollte. Dieser Zeitpunkt lag jedoch den meisten Anhängern des Antrags z« weit entfernt. Da die Stenervcrmindcrungsvorlage die einzige dem Senat noch vor liegende Maßnahme ist, wird die Lage für die Gegner des WeltgerichtShoses schwierig. sW.TN.i Englands Rückgang im Welkschiffsbau. London. 10. Jan. Nach Lloyds Negister liefen in der ganzen Welt während des Jahres 1028 888 Schisse mit einer Gesamtverdränguntz von 2 102 000 Tonnen vom Stapel. Da von entfallen 1081000 Tonnen auf Großbritannien und Ir land, Im Bergleich mit 1921 ist Großbritannien um 888 OM Tonnen zurückgegangen, während-die übrige« Länder einen Fortschritt von mindestens 890 WO Tonnen zn verzeichnen haben. In der ganzen Welt übersteigt der Rückgang 81000 Tonnen, und im Vergleich mit dem Nekordsahr 1910 fünf Millionen Tonnen. Bon dem in Großbritannien vom Stapel gelaufenen Schiffsraum gehören 17800(1 Tonnen ausländischen Reedereien. iW. T. P.) Mittwoch, 20. Januar 1S2S ^ Allgemeiner Skevltztsmus. DaS Urteil der verllner Preise. tDrahtmeldung unsererverliner EchrtttlrlInntzF verli», SO. Jan. Da» neue RrschSkabtnett flnbet natür lich aus ketner Seite eine begeisterte oder auch nur war«« Ausnahme, selbst bei denjenigen Parteien nicht, di« in t-m vertreten sind. Man prognostiziert ihm, daß «» so schwer» wie sein Zustandekommen gewesen, auch a« seine« Dasein zu tragen baden wirb. Lange Daner wird lh« i« allgemeine» nicht prophezeit. Dte „Ta gl. Rundschau" meint iedoch, wenn die Koalitionsparteien entschlossen zusammenhalten, wenn ste ble Differenzen der nächsten Tage über der Er- süllung einer gemeinsamen hohen Aufgabe vergessen» so könne da» Kabinett Luther sehr wohl von Bestand sein. Di« „Deutsche Tageszeitung" bezeichnLt ba ue»« Retch»kabinett als da» Kabinett der linken Mitte und stellt fest, baß e» leider gerade hinsichtlich der Vertretung der Landwirtschaft sich noch ungünfttaer barstelle, al» nach der Aufstellung vom Sonnabend. Da Dr. Luther sein Kabinett mit vollem Bewußtsein so zusammengesetzt hat, daß ln th« die LtnkStendenze» besonder» stark hervortreten, so werbe dt« Haltung der Rechtsparteien zu der neuen Retch»- regierung entsprechend und demgemäß «ine negative lei». Die „Kreuzzettung" erklärt. eS für erstaunlich, wie Dr. Luther bei den diesmaligen Verhandlungen so ganK ver sagt habe. Immer wieder habe er erledigte Fragen von neuem aufgerollt, abgetretene Parteien bestürmt, sei er der sogenannten Große» Koalition und dann ihrem verkappten Ebenbild »achgeiagt, statt — wie alle Welt von ihm ei> wartete — vor Weihnachten ein sachverständiges Beamten kabinett zu bilden. Sieben Wochen RegterungSkrts« wären wahrhaft genug gewesen. Wenn sich die Krise geradezu ins Niesenhafte habe anSwachsen können, treffe Dr. Luther mit die Hauptschuld. Auch der „L o k a l a n z e t g e r" stellt fest. Hatz das neue Kabinett in seiner Gesamtheit eine starke Neigung nach link» anfweise. Dr. Luther stehe jedcnsalls vor einer sehr schwere», wen« nicht »or einer unlösbare« Ausgabe, wen» er mit diesem Kabinett eine nach beiden Seiten hin unabhängige Politik treiben wolle. Bezüglich des neuen NeichsministerS des Innern, D r. K ü l z. sagt das 'Blatt: Diesem Demokraten geht immerhin nach seiner bisherigen Lebensführung ein etwas anderer Nus voraus, als Herr Dr. Koch ihn für sich in Anspruch nehmen kann. So ist zu erklären, daß er sowohl von der Deutschen wie von der Bayrischen Volkspartet schließ lich akzeptiert worden ist. Für den zioeiten Demokraten, der neu in dte Regierung ctntritt, den sächsischen Finanzmtnister Reinhold, spricht die Tatsache, daß Dr. Luther ihn für einen fähigen, sachlich eingestellten Finanzmanu hält. Die ans der äußersten Rechten stehende „Deutsch« Zeitung" sagt dem Kabinett „Luther—Stresemann—Külz", das eS als ein Kabinett der Herausforderung bezeichuet» schärfste Opposition an. Das Zentrumöorgan, die „Germania", beantwortet dte Frage, ob die neue Regierung tm Volke Anklang finde» werde, dahin, wahrscheinlich werde die Befriedigung darüber, daß endlich der Vorhang vor dem unerquicklichen Schauspiel auf der parlamentarische» Bühne gefallen ist, größer sein, al» über dte Regierung selbst. Die Verhandlungen der letzte» Wochen hätten gezeigt, daß das Verantwortnngsbewußtset» noch nicht zu den stärksten Seiten aller Parteien gehört. Hoffentlich werde der Reichstag ans den offenkundigen Schäden, die sich tn diesen Tagen gezeigt haben, lernen. ES sei wichtig, daß trotz allem noch eine Regierung auf parlamen tarischer Grundlage zustandegekommen sei Mau werde de« Reichspräsidenten Dank wissen, daß er in ernster Fon» «och einmal einen Appell an die Parteien gerichtet und so zur endgültige« Beilegung der Krise mitgewirkt bat. DaS Zentrum könne in der neuen Regierung schon deshalb nicht sein Ideal erblicken, weil es ein starkes parlamentarische» Kabinett wünscht, das nun nicht zustande gekommen sei. Der sozialdemokratische „Vorwärts" ist im Gegensatz zu den rechtsstehenden Blättern der Meinung, daß der rechte Flügel innerhalb der Koalition der Mitte seinen ersten Sieg erstritten habe. Die Sozialdemokraten, die die Berufung Kochs zum NcichSmtnlster des Innern begrüßten, würde» durch sein Wicderverschwtnden gemahnt, mit ihrem Ber- tranen sehr vorsichtig umzugchen. Sicher sei auch Külz noch bester als Schiele, Neinhold besser als Schließen. Marx bester als Frenken. Luther bleibe Luther, Geßler bleibe Gehler. Brauns bleibe derselbe, Strescmann ebenfalls, und mit den kleineren Größen, wie Siingl und Krohne sei eS ebenso be stellt. Ob aber Cnrtius besser sei als Neuhaus? Koch ver schwinde, Cnrttns tauche auf — das kennzeichne di« Situation. Das „Scho de Parts" zur -eulschen Kabtuett»- bilbung. Paris, 20. Jan. Nur von einem Teil der Pariser Mora«», presse wird die Bildung des deutschen Kabinetts besprochen. Das „Echo de Paris" schreibt hierzu, daß die Anwesenheit de» niiauflöslichcn Trios, Luther, Strescmann und Geßler, ein ganzes Programm darstelle. Dtit einer wahr haft vollendeten Geschlossenheit und Beharrlichkeit würben diese Staatsmänner eine nationale Politik treiben. Di« Nicht teilnahme Kochs am Kabinett sei einem Einfluß der Deutsch- nationalen »uzuschreiben, die Koch wegen seiner reimbltraul ichen Ansichten als »u verdächtig betrachtet hätten. sT.U.) Wiederwahl des Dorsiandes des preutzifcheu Siaalsrais. Berlin, 10. Jan. Der preußische Staatsrat wählt« heule tn seiner ersten diesjährigen Sitzung zunächst den bisherige» Vorstand wieder. Als Schriftführer wurde der Sozialdemo, krat Czcmieskt-Dchöncberg neubcstellt. Das Präsidium führt wieder Dr. Adenauer sZentr.), erster Vizepräsident be» Staatsrats ist Graes iSoz.), zweiter Vizepräsident Dr. Jarrcs. Der StaatSrat erklärte dann dte letzte Stadtverovd- netenivahl in Berlin für gültig. Tschechische Gelüste aus Oberöskerrelch. Die Prager Zentrale zur Schaffung von tsche chischen Stützpunkten im Auslände unternimmt nach oberösterrcichischen Blättermcldungcn einen konzen trischen Angriff ans das Gebiet nördlich der Dona« von Oder» östcrreich. Den österreichischen Behörden war in der letzte« Zeit die starke Zuwanderung von Tschechen in die Linze« Gegend ausgefallen. Jetzt sind die tschechischen Minderheiten an verschie» den« Gemeinden mit dem Ersuchen um Unterstützung tschechischer Miuderheltsschulc« Heranse» treten. Diese Ersuchen wnrden iedoch abgelehut. Hand in Hand mit den tschechischen Änstcdelungen t« Oberöstcrretch gehen tschechische Hänscrerwerbunge« in der Gegend von Linz. Die Tschechen bedienen sich dabet der Mitwirkung von Mittelspersonen, so daß die deutsche« Verkäufer keine Ahnung haben, daß ihr Besitz in tschechische Hände gelangt. Den Tschechen stehen zu diesem Zwecke gau- bedeutende Geldmittel zur Verfügung Zersplitterung der Avenlinoppvklllon. Mailand, 10. Jan. Die Forderungen NtusioliniS, di« er am Sonntag für die Rückkehr der A v c n t i n o p p o s t t t o » In die Kammer stellte, haben zu deren weiteren Zer splitterung geführt. Mussolini selbst, wie aus Aeußerun- gen gegenüber Abgeordneten hervorgeht, betrachtet bereit» die gesamte Opposition für vollkommen erledigt. Die Mehrzahl der Abgeordneten der Katholischen Bolkspartei erklärten, bah sic nicht mehr an den parlamentarischen Arbeiten tetlnehme« würden. Einzelne Abgeordnete der anderen Oppositions parteien, sowie vier Bolksparteiler wollen dagegen bi« vo« Mussolini geforderte Erklärunaabgeben.um in» Par- lameüt zuritckkehreu zu können. lT. U.)