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7«. Fahrsang. w 416 Sonrrkag» 5. September 1926 Gegründet 18S6 Draklanichnll! «l.chrtchl.» Dr,,»,n. ckernlprecher-Sammelnummer > 2S 241 Nur >Ur Nachlqelpritcke: 20 011. vom l. dt» >5. September I»2« bei Mal. zweimaltgergufteUuna Irrt Kaue I SO Ml- ^ WLvUttr Pollbezuaspreir (ur NIonal September 1 Mark ohne PoslrulteUungsaedübr. Slu.,rlnum«»r I» Psennlp. Di« Nnzelaen werden nach Goldmarb derechnri: die »inwalttae 1V mm »reilr Anzeigen-Preise: ÄL?e"VL'Ä" aulierbalb 200 PIp. Osserlenqebudr IO Psp. Ausw. Aullriiae aeaen Doraiisbr^nbl. Schrtstlrlluna und tiauplaeichLttsIIete: Warienslrak» SS,42. Druck u. Verlag von Ulepsch L Velchardl in Dresden. Posllcheck.Avnlr lass Dresden. Nachdruck nur mit benllicher Quellenangade („Dresdner >1Iachr"' «uliillig. Unverlnnqie Schr(lllllicke werden nick! aulbewakrl 11/50 6-^vH^^SI'-/^utOMO!0ilS Ppslss sb i-ssiubtti-g: voll s^dck. SS40.— sb »utorlst.rtar Vvrlrslsr für 0»e»»ol,» ^utomodü-kspsrsturvfsrkststt u. -Vertrieb / 0r, «sns Verksrrtt, lli^k üen jl Mmplstr 5 »Ä Spanien kündigt ernste Ereignisse an! Wichtige Konferenz mit Italien. — Panguas über die kommenden Entschlüsse. Die Entscheidung über Deuischiands Ralssih gesaiien. - Frankreich beginn! zu sparen. —Ein amtlicher Bericht über das Unglück von Leiferde. „Sisloriscks Ereignisse sind im Werden." London, 4. Scpt. Nach einem Bericht der „Dailn Mail" von der spanisch-französische» Grenze l>at gestern abe.id in San Sebastian der spanische Außenminister B a n g u a s zn Ehren des italienischen Botschafters ein Bankett gegeben, dein unter den gegenwärtige» Umständen große Be deutung beigelcat wird. Unter den Anwesenden befand sich auch der Sekretär des Königs Alfons, Graf de Tvrres. Um 5 Uhr früh fuhr der spanische Außenminister im Automobil nach Madrid zurück, nm an einem Kabincttsrat tcilznnehmen. Bor seiner Abreise erklärte Aängnas, die van dem Ministerrat z» tresfcnde» Entscheidungen seien von größtem Ernst und würden grüftere Sensationen verursachen, als seiner zeit die Bildung der Diktatur durch Primo de Rioera. Hi st arische Ereignisse seien im Werden. Die Oefsent- lichkett werde bald darüber Aufklärung erhalten. tT.-tt s Splinlsche Kritik an der Genfer Ralsregelung. Madrid, -1. Scpt. Die Zcitniig „Liberal" beschäftigt sich in langen Ausführungen mit der Ratssrage und kommt zn dem Ergebnis, das! die Entwicklung dieser Frage den Interessen der BolkerbiindSversammlung widerspricht. An den l>a l bjtä n d i g c n Sitzen, die das Blatt als eine Er sindnng Lord Robert Eccils bezeichnet, wird in dem Artikel bemerkt, daß diese Sitze den britischen Interessen ent sprächen. Diese Sitze böten ihren Inhabern keinerlei Sicher heiten, da nach dem englischen Entwurf die Völkci bundSver- sammlung sie in jedem ihr geeignet erscheinenden Augenblick wieder anfhebcn könne. Wer könne, so fragt das Blatt, eine Garantie dafür übernehmen, das» diejenigen Staaten, die jetzt einen solchen halbstündigen Sitz erhalte», in drei Jahren rviedergewählt würden? Sollte die jetzt ins Auge gefaßte Reform durchgcfiihrt werden, so würde sich der Rat ans vier zehn Mitgliedern zusamnicnsetzcn, von denen fünf ständige Mitglieder und nenn gewählte Mitglieder wären. Obwohl nun diese die absolute Mehrheit hätten, so würde doch angesichts der Tatsache, das; drei der gewählten Mitglieder halbständige Litze hätten, leicht vvraus.znsagen sein, welche Intrige» die Großmächte unternehmen würden, um die Stimmen dieser halbstündigen Mitglieder zu fangen, die sich ans diese Welse eine Wiederwahl sichern würden, und zwar auf Kosten der gerade bei ihnen io notwendigen Unabhängigkeit und Ge rechtigkeit. Das Blatt gibt schließlich der Meinuna Aus druck. daß sich der demokratische Teil des Völkerbundes, der die Mehrheit darstclle, von der Gefahr Rechenschaft gegeben hat, da, wenn schon der Völkerbund mit ständigen Sitzen ein Uebel sei, er mit halbstündigen Sitzen zu einem »och viel größeren Uebel werde. <W. T. B.j Englische Hoffnungen auf ein Verbleiben Spaniens im VölkerbunS. . London, 4. Scpt. „Daily Chroniclc" meldet ans Genf, die Hoffnung, Spanien im Völkerbund zu halte», sei wieder anfgelebt. Ehambcrlain »nd Vriand Hütten die Lage mit einer Anzahl prominenter Mitglieder des Völkerbundes erörtert. Es sei beschlossen morden, in einem Telegramm den Rat z» bitten, seinen Einfluß beim Madrider Kabinett zu gebrauchen, um Spanien zu überreden, im Völker bünde zn bleiben. Diese Aktion werde vielleicht nicht ohne Erfolg sein. «W.T.B.j Ausnahme Deutschlands in den Rat. Der entscheidende einstimmige Ralsbeschtutz. Gens, 4. Sept. Der Völkerbundsrat hat heute mittag t Uhr einstimmig den Bericht «nh hie Vorschläge des Prü fungsausschusses zur Zusammensetzung des Bölkerbundsrats genehmigt und mit der entsprechenden Entschließung bestimmt, ans Grund seiner ans Artikel 4 des Bölkerbundspaktcs be gründeten Vollmachten Deutschland den Charakter eines st ä n d i g e n R a t s m i t g l ic d c s voin Augcn - blick seines Eintritts in den Völkerbund zn erteilen. Mit der gleichen Entschließung wurde die Zahl der nicht ständigen Ratsmitglicdcr von sechs aus nenn erhöht. Der schwedische Vertreter linden gab eine Erllärnng zn Protokoll des Inhalts, daß nach der Auslassung der schwedischen Regierung die Vermehrung der eiahl der Ratsmilglieder mit ll n z u t r ä g l i ch k c i t c n verbunden sei. Die schwedische Regierung sei aber bereit, ihre Haltung anfzugebe». Sic erinnere an die im Priisnngsansschnß von ihrem Vertreter goltendgcmachten Vorbehalte und hoffe, daß mit dem jetzigen Ratsbeschlnß eine Lösung der Krise erfolgen werde. Weiter wurde ans Vorschlag des Präsidenten Benesch be schlossen, der ans Antrag von Lord Robert Eccil vom Priisnngsansschnß genehmigten Entschließung an die Adresse Spaniens z u z u st i m »i e n. Der Generalsekretär wurde beauftragt, diese Entschließung dem spgnischcn Natö- miiglied zu übersenden. In einem von Lord Robert Cecil erstatteten und vom Rat genehmigten Bericht wird dem Priisnngsansschnß und insbesondere seinem Präsidenten Motia für ihre Arbeiten der besondere Dank ausgesprochen. Paris verteilt -te Ratssitze. Paris, 4. Scpt. Die französische Presse beschäftigt sich heute mit der Frage der Kandidatur der halbstündigen Rats- sitzc. Ter „Petit Parts tcn" nimmt an. daß Polen »nd Ehina einen halbstündigen Sitz erhalten werden. Was die n i ch t st ä n d i g c n Sitze anbelangt, so würden Belgien und Uruguay wtedergewählt werden. Zwei weitere süd- amerikanische Republiken, darunter wahrscheinlich Kuba, würden gleichfalls Sitze erhalten. Die Tschccho-Slowakei werde Numänicn Platz machen »nd Schweden Holland- Saucrwein teilt im „M a t i n" mit, ihm sei von annlifi- zicrtcn Staatsmännern erklärt worden,'die Krise des Völker bundes sei ans dem Wege, überwunden zn werden. Die ge heimen und die öffentlichen Verträge, die znm Zwecke der Auflösung des Völkerbundes geschlossen seien, Hütten Bankrott gemacht. Der Völkerbund werde gestärkt aus dieser Prüfung hervorgehen. Wenn cs Austritte gebe, so könnten sie »nr vorübrrgclrend sei«. Der Völkerbund bestehe aus einem ständigen Direktorium und ans einem Parlament. Deutsch land erhalte jetzt die Vorrechte der ständigen Mitglieder und werde nicht ans die besonderen Rechte ans dieser Stoliang verzichten. Auch Italien, dessen Diktatur manchmal starke Zweifel an dem Völkerbund gehabt hätte, habe ein wesent liches Interesse daran, im Völkerbundsrat vertreten zn sein. Daher werde Italien nicht siir Spanien cintrclen. Die Krise, die durch sic Haltung Spaniens entstanden sei, könne nicht ernsthaft sein. Das Parlament des Völkerbundes könne gestört werden, und dies werbe noch oft geschehen, aber der Vcrwaltungsrat stütze sich nunmehr aus die Zusammen arbeit zwischen England, Frankreich und Deutsch land, mithin ans eine europäische Kombination von »»- beschrcibbarcr ttrast. <T-U.» Der „Temps" propagier! die Ansprüche Polens. Paris, 4. Sept. Der „Temps" setzt seine Vcstrcbnngen, die sich auch in der übrigen Presse seit kurzem bemerkbar machen, fort, die Frage des p olni s ch e n R atssitzes er neut anfziiwersen und erklärt heute, Polen müsse da auch ver trete» sein, wo Deutschland seine Vertreter habe Ob Spanien sich ans Genf zurnckzichc oder nicht, der Aniprnch Polens bleibe der gleiche. Es sei nicht wahr, daß Deutschland, wie cS die Ansicht der „Täglichen Rundschau" sei, nach seinem Eintritt die Hände völlig frei habe. Dentschland habe sich an den Be ratungen der Stndicnkommissio» beteiligt, somit sei seine mora lische Verantwortung die gleiche, wie die der anderen in der Kommission vertretene» Lander. Deutschland habe die gleichen Verpflichtungen gegen Polen übernommen wie die anderen Staaten. Gauh in Berlin eingelroffen. Berlin, 4. Sept. Ministerialdirektor Dr. Gauß Ist heute vormittag 8,50 tthr in Berlin wieder cingetroffcn. Er wird im Lause des heutigen Tages dem Neichsanßenministcr »nd dem Reichskanzler anssiihrlich Bericht über die bisherigen Ergebnisse der Genfer Besprechung erstatten. Kablnctts- bcsprechnngen sind nicht vorgesehen. (T.-U.) Berlin, 4. Sept. Gestern nachmittag fand im Auswärtigen Amt eine Besprechung der deutschen Delegation für Gens statt, bei der auch die zur Teilnahme an der Delegation be rufenen Parlamentarier zugegen waren Laut ,Tägl. Rundschan" handelt cö sich dabei in -er Hauptsache um Fragen sormalcr Natur. Wie der „Vorwärts" wissen will, wurde sestgestellt, daß in die sechs Kommissionen der Völkcrbnnds- vcrsammlung Relchsministcr Dr. Strcsemann. der Staats sekretär im Auswärtigen Amt und die vier Relchstagö- nbgcvrdlicten cintreten werden. Der sozialdemokratische Nb- gcordnel- Dr. Brcitscheid löcrdc Deutschland in der Kom mission : > ( n niläce Fragen vertreten. Wehrhaftigkeit, Reichsbanner unb Pazisismus. Bor dem Kriege und der Revolution waren Sozialisten und Kommunisten völlig einia darüber, daß der bestgehaßte Militarismus der Vater aller Uebel sei, und daß cs der Menschheit im allgemeinen und Dentschland im besonderen nicht eher gut gehen könne, bis alles militaristische Wesen bis ans die Wurzel ausgerottet sei. Die allgemeine Wehrpflicht wurde als die schmachvollste aller Sklavereien bezeichnet, die je über den Menschen verhängt morden sei. und ihre Ab schaffung gefordert. Seit der Umwälzung haben sich aber die Ansichten im linkSradikalcn Lager in diesem Punkte ivcsentlich geändert. Reichsbanner und Roter Frontkämpserbnnd haben sich stramm nach dem alten, ehemals so verfemten militärischen Muster organisiert und betonen mit Vorliebe ihre durch- gcblldcte Wehrhaftigkeit, die mit einem Schlage Huir-ert- tansendc von wassencrprvbten Anhängern auf den Plan rufen »nd jeden reaktionäre» Anschlag auf die Republik znntchte mache» könne. Die jüngste Nürnberger Massenkundgebung des Reichsbanners stand ganz im Zeichen dieser ncurepubli- kanischen Wehrhaftigkeit und ließ erkennen, daß die früheren Feinde des militärischen Geistes sich bedeutend gewandelt haben und Drill und Disziplin nicht mehr so verächtlich be handeln wie damals, als eS noch keine Republik in Deutsch land gab. Die gleiche militaristische Gesinnung tritt auch ganz »iivcrhüNt in einer Schrift zutage, die den österreichischen Sozialistcnführcr Julius Deutsch zum Verfasser hat. Ter Genannte hat in seiner Heimat das Gegenstück zum Deutschen Reichsbanner in Gestalt des Republikanischen Schutzbundes gegründet, der als „proletarische Miliz" dem Oberbefehl der sozialdemokratischen Parteileitung untersteht, um im Falle bürgerlicher Anschläge gegen die Republik „der physischen Ge walt cbcnsvlchc Gewalt ciitgegcnznsetzcn". Der Republi kanische Schutzbund rekrutiert sich ans der jugendlichen Arbeiterschaft »nd aus der sozialdemokratischen „Wchr- ttirnerschaft". Die Ausbildung ist ganz militärisch, Inter essant ist an der Schrift namentlich das ungeschminkte Be kenntnis zn allem, was mit dem früher so leidenschaftlich ver dammte» Militarismus innerlich und äußerlich znsammcn- hängt. Da wird die Notwendigkeit eines disziplinierten Heeres betont und offen zugegeben, daß ein solches nur nach der alten Methode zu schaffen sei. Uniformen und Fahnen und „die ganze Buntheit des öffentliche» Auftretens militäri scher Abteilungen" seien auch für Prolctaricrhcere nicht zn entbehren. „Der trotzige Schritt der Bataillone", heißt es wörtlich, „reißt nicht nur den mit, der in Ncih und Glied marschiert, sondern nicht minder diejenigen, die dem Schau spiel beiwohnen," Das Dresdner Parteiorgan der LinkS- sozialistcn beschäftigt sich auch mit der Offenbarung des mili taristischen Geistes des Genossen Deutsch, vermeidet es aber sorgfältig ans io heikle Stellen, wie die vorerwähnte, ein- zugchen und bringt cs fertig, ans der Schrift hcranSznlcscn, daß ihr Grundgedanke der Kampf gegen de» Geist des Mili tarismus sei, „da sie die Wehrhaftigkeit als Entschlossenheit zur Verteidigung, als Uebcrwindnng eines feigen Sich- drückenS. alS Fähigkeit, die Körperkräftc gebrauchen zu können, z» einer allgemein anerkannten proletarische» Tugend mache". Ein Spiel mit Worten, nichts weiter. Die Wahr heit ist, daß der Militarismus als gut »nd vcrehrnngs- würdig gepriesen wird, wenn er den Zwecken des Linksradi kalismus dient, während man einen Popanz ans ihm macht, wenn er bürgerliche Einrichtungen schützen soll. Es ist begreiflich, daß die Pazifisten, und zwar vor allem ihre durch besondere theoretische Querköpfigkeit ausgezeichnete deutsche Abart, sich durch derartige militaristische Ketzereien höchst unangenehm berührt fühlen. Sozialisten »nd Kom munisten galten bisher alS die pazifistische Leibgarde, und nun muß man sv etwas erleben! Kein Wunder, daß unter solchen Nmständcn bei denen um Herr» Gcrlach und Genossen starke Gemütsdepression herrscht, der u. a. der Kapitän zur See a. D. PersinS in folgenden in ihrer Art klassische» Ncußcriingen Ausdruck gibt: „Der nüchtern die Sachlage Ucbcrschaucnde wird keineswegs die fernere Entwicklung des Reichsbanners zu», Militarismus hin a»f die leichte Achsel nehme». Der Hang des Deutschen znm Wafsenhandwerk. seine Freude am militaristischen Wesen, sei» nnanSrottbarcr Untertanengeist, der sich freudvoll selbst vom Kasernen- und Unteroffizierston berauschen läßt, können nicht abgestritten, dürfen nicht ver gessen werden." Was soll man dagegen tun, wie kann -er